Gedanken zu Nachgedacht … (249) Adventsserie Teil 1 – Besinnlichkeit?!

Lesezeit: ~ 5 Min.

Gedanken zu Nachgedacht … (249) Adventsserie Teil 1 – Besinnlichkeit?! … Originalbeitrag verfasst von Christina Lander, veröffentlicht am 03.12.2017 von Osthessennews

In der nun angebrochenen Adventszeit werde ich mich in einer vierteiligen Serie um das Thema Advent und Weihnachten kümmern, denn ich weiß, dass viel Halbwissen und wenig Konkretes zu einem der wichtigsten Feste im Christentum kursieren.*

Kaum erstaunlich, dass über eine knapp 2000 Jahre alte Legende nicht mehr als Halbwissen und wenig Konkretes kursiert. Denn es gibt schlicht nichts Konkretes.

Und noch viel weniger, was man tatsächlich wissen könnte. Das einzige, was man über das, was Christen an Weihnachten feiern wissen kann ist das, was im biblischen Geburtsmythos des Gottessohns niedergeschrieben worden war.

Dabei handelt es sich um eine Kopie von damals schon existierenden, teils gleich lautenden Gottessohnlegenden. Das war’s eigentlich schon, was man wissen kann.

Besinnlichkeit zur Weihnachtszeit

Fragt man auf dem Weihnachtsmarkt eine beliebige Menge an Menschen […] was für sie Weihnachten bedeutet, dann gibt es eine Top-Drei, die da lautet: Besinnlichkeit, Familienfest, Geschenke.

Dieses Ergebnis erstaunt kaum. Der christliche Hintergrund des Festes spielt für immer weniger Menschen überhaupt noch eine Rolle.

Während Besinnlichkeit noch am ehesten irgendwie mit der religiöser Mythologie in Verbindung gebracht werden kann, haben Familienfest und Geschenke keinen christlichen Ursprung.

Zur Wintersonnwende und zum Jahresende zu feiern, geht auf viel ältere Riten zurück. Und auch die alten Römer beschenkten sich wohl schon um diese Zeit. Alles nur geklaut, sozusagen.

Besinnlichkeit – aber worauf eigentlich besinnen?

[…] Es ist ja gut und schön, diesen Schlagbegriff [Besinnung] zu nennen. Und dass sich Menschen in der Adventszeit vor Weihnachten besinnen sollten, ist ja gar nicht so dumm. Nur wie müsste dann die nächste Frage lauten? Wohl folgende: „Worauf möchten Sie sich denn besinnen?“ Und hier würde die Antwort womöglich dünn werden. Wüssten Sie denn eine Antwort?

Gerne: Als Christ könnte man sich zum Beispiel mal darauf besinnen, dass man ehrlicherweise auch im zurückliegenden Jahr wieder genau nichts in einen tatsächlichen ursächlichen Zusammenhang mit dem Wirken eines außerirdischen Wesens bringen konnte.

Man könnte sich darauf besinnen und darüber freuen, dass auch dieses Jahr wieder Dinge geschehen sind, die man als positiv, beglückend, erfreulich wahrgenommen hat. Und vermutlich auch Dinge, die nicht schön waren.

Weitere Besinnlichkeit könnte dazu führen, dass die Welt insgesamt betrachtet ja eigentlich so gar nicht danach aussieht, als werde sie von einem allmächtigen wohlmeinenden Gott gelenkt. Und dass mit diesem Gott deshalb irgendwas nicht stimmen kann.

Mit noch etwas mehr Besinnlichkeit könnte man darauf kommen, dass man ja gar keine biblischen Mythen aus der Bronzezeit und aus dem Vormittelalter braucht um wissen zu können, wie man sich verhalten sollte.

Warum kommt Gott nicht einfach zu uns?

Ich versuche es einmal so: Grundsätzlich sollte sich ein Christ darüber gewahr sein, dass Gott jedes Jahr aufs Neue den Versuch wagt, zu uns zu kommen und in unsere Herzen hinein geboren zu werden.

Wenn es einem allmächtigen Wesen ein Anliegen wäre, in die Herzen einer bestimmten Trockennasenaffenart, die er selbst erschaffen hat „hinein geboren zu werden“, dann sollte das doch ein Kinderspiel für ihn sein. Wieso braucht es dann jedes Jahr einen neuen Versuch?

Was ist das für ein seltsames Spiel, das er mit den Menschen da treibt? Und warum hat er, verglichen mit der Weltbevölkerung, nur so wenige Anhänger?

Wir feiern jedes Jahr Weihnachten, weil Gott an diesem Tag Mensch geworden ist. Er hat unsere Gestalt angenommen, um uns ganz nah zu sein.

Gott ist an diesem Tag genauso „Mensch geworden“ wie der Froschkönig am 27. Juli durch einen Kuss in einen Prinzen verwandelt worden war.

Jesus: Geburtsdatum unbekannt

Im Ernst: Das Datum des Tages, an dem die menschliche Vorlage der literarischen Kunstfigur Jesus Christus geboren worden war, ist nicht überliefert worden. Nicht mal das genaue Jahr. Wer etwas anderes behauptet, sollte diese Behauptung belegen können. Und zwar nicht mit der biblischen Mythensammlung.

Genaugenommen existieren aus dem ersten Jahrhundert nach Christus keine außerbiblischen Quellen, die zumindest mal die Existenz des Menschen Jesus belegen. Weder griechische, noch römische. Und die hatten damals alle möglichen Ereignisse dokumentiert.

Gerade über einen so außergewöhnlichen Menschen wie den biblischen Jesus sollte man deshalb eigentlich jede Menge Textbelege erwarten. Das Gegenteil ist der Fall.

Wie oben schon angedeutet: Die Geburt von Jesus wurde sehr viel später auf dieses Datum gelegt. Die anonymen Verfasser der biblischen Mythen hatten sich wahrlich haarsträubende Geschichten ausgedacht, um ihre Legende irgendwie passend zum Alten Testament hinzubiegen.

Wer ist Gott?

Jesus zeigt dann als Erwachsener, als Wanderprediger, den Menschen, wer Gott ist.

Und das scheint gar nicht so einfach gewesen zu sein. Wie würden die Menschen wohl heute reagieren, wenn ihnen jemand das erzählt:

  • Jesus sagte zu ihnen: Wenn Gott euer Vater wäre, würdet ihr mich lieben; denn von Gott bin ich ausgegangen und gekommen. Ich bin nicht von mir aus gekommen, sondern er hat mich gesandt. Warum versteht ihr nicht, was ich sage? Weil ihr nicht imstande seid, mein Wort zu hören. Ihr habt den Teufel zum Vater und ihr wollt das tun, wonach es euren Vater verlangt. Er war ein Mörder von Anfang an. Und er steht nicht in der Wahrheit; denn es ist keine Wahrheit in ihm. Wenn er lügt, sagt er das, was aus ihm selbst kommt; denn er ist ein Lügner und ist der Vater der Lüge. Mir aber glaubt ihr nicht, weil ich die Wahrheit sage. (Joh 8, 42-45 EU)

Geht man davon aus, dass Jesus ein jüdischer Endzeitsektenprediger war, dann sah er seine Aufgabe darin, den Juden die vermeintlich unmittelbar bevorstehende Ankunft seines Gottes zu verkünden. Allerdings stellte sich Jesus seinen Gott keineswegs als den „lieben Gott“ vor, wie es viele Christen heutzutage tun.

Lieber Gott? Von wegen…

Denn der Gott, den Jesus verkündigte, hat Eigenschaften, die so gar nicht zur Vorstellung eines „lieben Gottes“ passen. Zusammengefasst lautet seine Botschaft: Liebe mich, oder ich bestrafe dich auf unbegrenzte Zeit. In der Bibel liest sich das zum Beispiel so:

  • Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden. (Mk 16,16 LUT)

Und das ist freilich nicht die einzige Stelle dieser Art. Der biblische Jesus erklärt in etlichen Gleichnissen, wie sich das für Gottessöhne offenbar gehört, wer Gott ist. Ein weiteres Beispiel soll genügen:

  • Er antwortete und sprach zu ihnen: Der Menschensohn ist’s, der den guten Samen sät. Der Acker ist die Welt. Der gute Same, das sind die Kinder des Reichs. Das Unkraut sind die Kinder des Bösen. Der Feind, der es sät, ist der Teufel. Die Ernte ist das Ende der Welt. Die Schnitter sind die Engel. Wie man nun das Unkraut ausjätet und mit Feuer verbrennt, so wird’s auch am Ende der Welt gehen. Der Menschensohn wird seine Engel senden, und sie werden sammeln aus seinem Reich alle Ärgernisse und die, die da Unrecht tun, und werden sie in den Feuerofen werfen; da wird sein Heulen und Zähneklappern. (Matthäus 13,37-42 LUT)

Frau Landers Personal Jesus

Das (und viele weitere Stellen mit ähnlichem Inhalt) passt nicht wirklich gut zum Personal Jesus von Frau Lander. Den stellt sie sich so vor:

Er heilt Menschen und wendet sich ihnen bedingungslos zu, zeigt ihnen damit die Liebe Gottes und er erzählt den Menschen in Gleichnissen von seinem himmlischen Vater.

Das mit dem Heulen und Zähneklappern und die Androhung ewiger Verdammnis kommt hier erwartungsgemäß nicht vor. Dabei steht dem Heilsversprechen in der Bibel immer die Androhung schlimmster und zeitlich unbegrenzter Dauerfolter gegenüber.

Und von wegen bedingungslos: Die angeblichen Wunder vollbrachte der biblische Jesus, um seine Göttlichkeit unter Beweis zu stellen. Und um Menschen dazu zu bringen, sich seinem Gott unterzuordnen.

Um damit die Chancen auf eine postmortale Belohnung zu erhöhen und der als unvorstellbar grausam beschriebenen Bestrafung für Un- und Andersglauben zu entgehen.

Gottessöhne gabs schon viele…

Also wäre es am einfachsten, zu sagen: „Gott wird Mensch, das ist für uns Christen Zentrum unseres Glaubens. Darauf möchte ich mich besinnen, weil das das Großartigste ist, was für mich als Christ, als Mensch, passieren kann.“

Das wäre vielleicht einfach, entspricht aber bis zum Beweis des Gegenteils nicht der Wahrheit – und offenbar auch nicht mehr der Lebenswirklichkeit von immer mehr Menschen.

Ist das Zentrum des christlichen Glaubens nicht der temporäre Foltertod des Gottessohnes? Den sein Vater (wahlweise sein erstes Drittel) nötig hatte, um den Menschen, die an ihn glauben ihre Schuld zu vergeben, die er ihnen vorher selbst angedichtet hatte? Und an den Besucher in ausnahmslos jeder christlichen Kirche erinnert werden?

Wie wäre es stattdessen mit:

Ich möchte mich darauf besinnen, dass ich die paar Jahrzehnte meines Daseins als Mensch dazu nutzen möchte, ein glückliches und erfülltes Leben zu führen. Und versuchen, die Erde als eine friedlichere / lebenswertere / sauberere / … zu verlassen, als die, die ich vorgefunden hatte.

*Die als Zitat gekennzeichneten Abschnitte stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Originalbeitrag zum Thema Besinnlichkeit.

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