Heimat – Das Wort zum Wort zum Sonntag

Lesezeit: ~ 13 Min.

Heimat – Das Wort zum Wort zum Sonntag von Elisabeth Rabe-Winnen (ev.), veröffentlicht am 10.3.2018 von ARD/daserste.de

Die Heimat ist nun Teil des Innenministeriums.*

Der Tagesspiegel bringt die Problematik so auf den Punkt:

  • Der Gedanke, dass es eine „Heimat“ gibt, die gegen Angriffe (der Moderne, der „Fremden“, der Globalisierung) verteidigt werden muss, wird Institution. Auch im Koalitionsvertrag wird im Kapitel „Heimat und Zukunft“ ein besseres Leben in ländlichen Räumen in einem Atemzug genannt mit dem Kampf gegen den radikalen Islam. (Quelle: Tagesspiegel)

Ich habe den Eindruck, dass es sich hier in erster Linie um einen wenig subtilen Versuch handelt, den zur AfD abgewanderten Wählern so weit entgegenzukommen, dass diese wieder zur CSU zurückfinden können.

Allzu gut lässt sich mit dem Begriff „Heimat“ die Kund- bzw. Wählerschaft erreichen, die unter Heimat ihr rückwärtsgewandtes 1950er-Jahre-Welt- und Wertebild verstehen. Und das wissen auch Herr Seehofer und Konsorten.

Die Idee einer Heimat dürfte etwa zur gleichen Zeit entstanden sein wie auch die ersten Religionen. Es war dies die Zeit der großen Agrarrevolution. Also als die Menschen begannen, sesshaft zu werden, um Ackerbau und Viehzucht zu betreiben.

Gesellschaftlicher Zusammenhalt

Es soll unter anderem für den gesellschaftlichen Zusammenhalt zuständig sein. Darunter fällt auch der Dialog der Religionen.

HeimatDer gesellschaftliche Zusammenhalt war dereinst ein sehr wichtiger, wenn nicht sogar der eigentliche Zweck von Religionen. Gerade die monotheistischen Religionen eignen sich hervorragend, den Zusammenhalt zu stärken. Allerdings freilich nicht den Zusammenhalt der ganzen Gesellschaft. Oder gar der Weltbevölkerung. Sondern nur den Zusammenhalt der „Zugehörigen.“

Dies geschieht durch eine Abgrenzung der Gläubigen („in-group“) gegen alle Un- und Andersgläubigen („out-group“). Dieses abgrenzende Element braucht nicht in z. B. die christliche Ideologie hineininterpretiert zu werden. Im Gegenteil: Sie ist integraler Bestandteil monotheistischer Religionen.

Abgrenzung und Partikularismus ziehen sich als roter Faden durch die ganze Bibel. Kaum erstaunlich, wenn man bedenkt, zu welcher Zeit und zu welchen Zwecken sich Menschen dereinst Religionen ausgedacht hatten. Eine offene und freie Gesellschaft, in der alle Menschen eine Heimat finden können, zählte wahrlich nicht zu den Zwecken.

„Wir“, die Gläubigen, bilden uns ein, das Volk zu sein, das der allmächtige Gott allen anderen Menschen gegenüber bevorzugt. Nicht, weil wir irgendwie „besser“ wären oder weil sich unser Gott irgendwie mehr um uns kümmern würde als um andere Menschen. Sondern nur, weil unsere Gottesvorstellungen den selben Namen tragen.

Die 10bändige Kriminalgeschichte des Christentums zeigt erschreckend eindrucksvoll, wozu eine solche religiös begründete Abgrenzung Menschen bringen kann. Und dass kaum etwas so stark eint wie ein gemeinsamer Feind, war auch schon früher kein Geheimnis.

Glaube eint – und trennt

Genauso, wie der Glaube an einen bestimmten Gott die Gläubigen eint, trennt er die Gläubigen von den Un- und Andersgläubigen. Nicht, weil die Anhänger des einen Gottes höhere ethische Standards hätten als die anderen. Sondern nur, weil sie (fast immer von ihren Eltern und fast immer schon vom Säuglingsalter an) erzählt bekommen haben, dass sie zur dieser und eben nicht zu einer anderen oder keiner Glaubensgemeinschaft „gehören.“

Die Frage, welcher Glaubensgemeinschaft jemand angehört, ist in den allermeisten Fällen keine Frage des Glaubens. Sondern einfach nur eine Frage, wann und wo jemand geboren wurde. Und welcher Gott heute noch wie und schwerpunktmäßig wo verehrt wird, geht ebenfalls in den allermeisten Fällen ganz profan auf politische Entscheidungen zurück. Um es mal ganz neutral zu formulieren.

Wie viele andere Aspekte des christlichen Glaubens auch ist auch der der Abgrenzung heute vielen Christen eher peinlich. Den Vorwurf, dass ihre Religion künstliche Gräben schafft, weisen sie oft empört von sich. Freilich nicht alle: Schließlich gibt es auch eine Vereinigung von „Christen in der AfD.“ Die wissen dann ganz genau, wo die „Nächstenliebe“ endet. Was sie problemlos biblisch „begründen“ können.

Was stimmt mit dem Fundament nicht?

Interessanterweise sind heute die Christen am verträglichsten, die sich am weitesten von ihrer biblischen Glaubensgrundlage entfernt haben. Zu Fundamentalisten ihres eigenen Fundamentes haben sie oft ein ähnlich distanziertes und kritisches Verhältnis wie Un- und Andersgläubige auch.

Kritisiert man die negativen Aspekte der christlichen Lehre, wird man nicht selten mit dem Vorwurf konfrontiert, dass „sowas“ heute ja „nur noch“ christliche Fundamentalisten glauben würden. Offenbar besteht also doch noch berechtigte Hoffnung, dass auch die christliche Lehre dereinst genauso überwunden sein wird wie es die allermeisten Religionen heute schon sind. Jahwe darf getrost den vielen tausend Göttern folgen und sein unrühmliches irdisches Gastspiel in den Köpfen seiner Anhänger beenden.

Zurück zum Thema: Die christliche Religion hatte einen entscheidenden identitätsstiftenden Einfluss auf Gemeinschaften. Von der kleinen Dorfgemeinschaft bis hin zur staatlichen Großmacht.

Das Praktische: Um „dazuzugehören“, ist es nicht mal erforderlich, die Glaubenslehre zu kennen oder gar zu befolgen. Es genügt heute, getauft zu sein und nicht aus der Kirche auszutreten. Und das schafft nun wirklich jeder. Auch über Aussagen wie diese empören sich Christen, denen ihr Glaube tatsächlich noch etwas bedeutet, oft energisch.

Trotzdem kann es sich die Kirche freilich nicht leisten, „Taufscheinchristen“ zu bitten, die Herde konsequenterweise zu verlassen. Und weil Christen mitunter ja der Auffassung sind, auch Atheisten würden an etwas glauben, würde man die am liebsten auch gleich als Gläubige in die Statistik aufnehmen.

Interreligiöser Dialog

A propos interreligiöser Dialog: Natürlich ist es immer zu begrüßen, wenn Menschen miteinander reden. Somit ist auch ein Dialog der Religionen natürlich besser als wenn sich Anhänger verschiedener Götter (oder gar nur verschiedener Konfessionen) gegenseitig die Köpfe einschlagen. Wie es im Fall des Christentums die meiste Zeit der Fall war, solange es noch die Macht dazu hatte.

Allerdings frage ich mich, was sich die Religionsvertreter davon eigentlich versprechen. Die sich ja jeweils im Besitz der übergeordneten, absoluten Wahrheit wähnen. Ziel dieses Dialoges kann es da wohl kaum sein, die jeweils anderen davon überzeugen zu wollen, dass die jeweils selbst geglaubte Religion wahrer ist als alle anderen.

Das aber beanspruchen zumindest die meisten monotheistischen Religionen für sich. Wobei es, wie schon angedeutet, sogar zwischen einzelnen Konfessionen offenbar so unüberwindbare Differenzen gibt, dass schon ungezählte Menschen ihr Leben lassen mussten, etwa weil katholische und protestantische Christen unterschiedliche Auffassungen darüber haben, wie ihr Gott denn nun am liebsten verehrt werden möchte. Es ist so grotesk lächerlich, dass man fast laut loslachen könnte, wenn es nicht so traurig wäre.

Heute geht es, zumindest hierzulande, den meisten Christen nicht mehr darum, andere von der Überlegenheit ihrer Religion überzeugen zu wollen. Vielmehr geht es darum, wenigstens noch irgendwelche Elemente der christlichen Lehre in die Gegenwart zu retten.

Viel übrig geblieben ist nicht. Religionen sind längst als das entzaubert was sie sind: Ein sozio-kulturelles, geographisches, mythomotorisches Phänomen. Im Falle der „Buchreligionen“ basierend auf einer Mythen- und Legendensammlung aus der Bronzezeit und aus dem Vormittelalter.

Heute kann es regnen, stürmen oder schnei’n…

Dies Gefühl – verwurzelt zu sein und geborgen – habe ich bei dem Menschen, mit dem ich durch das Leben gehe. Der da ist, in allem, was stürmt, und in allem, was sich wandelt. Und dies Gefühl habe ich bei Gott, der mit mir geht, egal, was ist.

Frau Rabe-Winnen, es freut mich aufrichtig für Sie, dass Sie offenbar einen Menschen gefunden haben, auf den Sie sich jederzeit voll verlassen können. Was ich nicht nachvollziehen kann: Wie können Sie dieses Gefühl einem Gott entgegen bringen?

Wenn Sie mal ganz, ganz ehrlich zu sich sind, dann dürften Sie bemerken, dass es sich (auch) bei diesem Gott um eine Einbildung handelt. Eine Wunschvorstellung von einem imaginären Freund und Beschützer, basierend auf dem Gott der Religion, die Sie vermutlich von Ihren Eltern „vererbt“ bekommen hatten.

Sicher könnten Sie viele Beispiele nennen, warum Sie sich auf Ihren (menschlichen) Partner verlassen können. Wenn dieser Mensch für Sie da ist, dann können Sie sicher sein, dass er es ist.

Anders bei Ihrem imaginären Freund: Natürlich können Sie alles Beliebige als Zeichen extra für Sie veranlasster göttlicher Gnade deuten. Von welchem Gott dieses Zeichen tatsächlich kam, können Sie nicht sagen. Weil sich nichts, was geschieht, in einen ursächlichen Zusammenhang mit Wesen bringen lässt, die sich per Definition der menschlichen Erkenntnis und damit einer Bestimm- und Zuordenbarkeit entziehen.

Gott geht mit?

Ich hoffe, dass ich mich irre, aber vermutlich dürfte es auch in Ihrem Leben schon Ereignisse gegeben haben, in denen Ihr Gott entweder gerade anderweitig beschäftigt war oder mal wieder seine sadistischen fünf Minuten hatte.

Was würden Sie von Ihrem (menschlichen) Partner denken, wenn der Sie zum Beispiel in einer existentiell schwierigen, gar lebensbedrohlichen Situation wissentlich und absichtlich völlig alleine lassen würde? Wenn er Sie, statt Sie vor Leid zu bewahren, wort- und tatenlos Ihrem Schicksal überlassen würde? Obwohl Sie der Meinung sind, sich blind auf ihn verlassen zu können? Hätten Sie dann hier auch weiterhin das Gefühl, dass Ihr Partner immer für Sie da ist, in allem, was stürmt und in allem, was sich wandelt?

Genauso so verhält sich Ihr Gott. Und zwar nicht nur Ihnen gegenüber. Der Gott, von dem Sie sich einbilden, er gehe immer mit Ihnen, egal was ist.  Nicht nur gegen Sturm und Wandel, auch gegen Not, Elend, Hunger, Schmerz, kurz: Leid aller Art tut Ihr Gott – nichts. Egal, wie sehr Menschen auf die Hilfe des Allmächtigen hoffen.

Natürlich ist es Ihre persönliche Angelegenheit, worauf Sie hoffen. Wenn Sie das dann aber im öffentlich-rechtlichen Fernsehen verkündigen, dann erlaube ich mir die Frage, ob bzw. inwiefern Sie als erwachsener, ansonsten vermutlich vernünftig denkender Mensch die Hoffnung auf einen imaginären Beschützer für irgendwie vernünftig, sinnvoll oder tatsächlich hilfreich empfinden können. Von der intellektuellen Redlichkeit mal ganz abgesehen.

Nochmal, um Missverständnisse zu vermeiden: Es liegt mir fern, Ihnen Ihren persönlichen Glauben madig machen zu wollen. Die Gedanken sind seit Aufklärung und Säkularisierung (wieder) frei. Aber was genau halten Sie an diesem irrationalen und irrealen Umgang mit der Wirklichkeit tatsächlich für so empfehlenswert, dass Sie Menschen in TV-Verkündigungen dazu anregen?

Selbsterkenntnis

Und du fragst dich: Wer bin „ich“ denn, wer bin ich eigentlich? Inmitten dieser schnellen Welt?

Der Beantwortung dieser Frage kann man sich auf viele unterschiedliche Weisen nähern. Wenn Sie tatsächlich davon ausgehen, dass sich ein bestimmtes magisches Himmelswesen  um Sie kümmert, dann sind Sie jemand, der ein Weltbild pflegt, das nicht mit der irdischen natürlichen Wirklichkeit übereinstimmt. Sie führen sich damit selbst an Ihrer eigenen Nase herum.

Eine Dame aus unserem Ort floh vor 73 Jahren. Sie konnte kaum etwas mitnehmen: Was aber mitkam, war dies: Das Bild der Erinnerung an den Garten ihrer Heimat. Und der Glaube an den christlichen Gott. Dieser Gott hat keinen festen Wohnort. Er beheimatet sich in uns.

Nicht Gott beheimatet sich. Menschen beheimaten eine Wunschvorstellung, eine Einbildung in sich, wenn sie auf Götter hoffen. Und das funktioniert tatsächlich ortsunabhängig.

Solange sich noch Menschen finden, die an einen Gott glauben, kann dieser Gott tatsächlich allgegenwärtig sein. Als Vorstellung in der menschlichen Phantasie. Auch wenn niemand wirklich sagen kann, wen oder was er sich unter Gott eigentlich konkret vorstellt. Phantasiewesen können alle beliebigen Eigenschaften bekommen. 

Auf in die neue Heimat – angeführt von der allmächtigen Wolken- und Feuersäule

Die Bibel erzählt es so – er wandert mit seinem Volk. Als Wolkensäule am Tag. Und als Feuersäule bei Nacht.

Vieles deutet darauf hin, dass der biblische Gott Jahwe vor seinem heutigen Job als „lieber Gott“ schon in anderen Berufsfeldern tätig war. Als Berge-, Wüsten-, Wetter- und Kriegsgott.

Erstaunlicherweise hat der biblische Gott der Christen frappierende Ähnlichkeit mit einem unbesiegbaren, kriegsmächtigen und gnadenlosen Warlord, wie ihn sich ein kleines, verfolgtes Hirtenvolk vor ein paar tausend Jahren in der Wüste wohl sehnlichst gewünscht hätte:

  • Als nun die Zeit der Morgenwache kam, schaute der HERR auf das Heer der Ägypter aus der Feuersäule und der Wolke und brachte einen Schrecken über ihr Heer und hemmte die Räder ihrer Wagen und machte, dass sie nur schwer vorwärtskamen. (2. Mo 14,24 LUT)
  • Auch wird man es sagen zu den Bewohnern dieses Landes, die da gehört haben, dass du, HERR, unter diesem Volk bist, dass du von Angesicht gesehen wirst und deine Wolke über ihnen steht und dass du, HERR, vor ihnen hergehst in der Wolkensäule am Tage und in der Feuersäule bei Nacht. Würdest du nun dies Volk töten wie einen Mann, so würden die andern Völker, die solch ein Gerücht über dich hören, sagen: Der HERR vermochte es nicht, dies Volk in das Land zu bringen, das er ihnen zu geben geschworen hatte; darum hat er sie hingeschlachtet in der Wüste. So lass nun deine Kraft, o Herr, groß werden, wie du gesagt hast: »Der HERR ist geduldig und von großer Barmherzigkeit und vergibt Missetat und Übertretung, aber er lässt niemand ungestraft, sondern sucht heim die Missetat der Väter an den Kindern bis ins dritte und vierte Glied.« (4. Mo 14, 14-17 LUT)
  • Fremde Völker hast du aus dem Land vertrieben und unsere Väter darin wohnen lassen. Die Fremden hast du hart geschlagen, damit unsere Väter in Freiheit leben konnten. Sie haben zwar das Land erobert, doch nicht durch ihre Schwerter kam der Sieg und nicht durch ihre eigene Kraft: Durch deine Hand und deine Macht und deine Gegenwart ist es geschehen, denn du liebtest sie! Du, Gott, bist unser König, du gibst2 den Nachkommen Jakobs den Sieg. Mit deiner Hilfe stoßen wir die Gegner nieder, durch deine Macht zertreten wir unsere Feinde. Wir verlassen uns nicht auf unseren Bogen, wir erwarten nicht, dass unser Schwert uns rettet: Nur du befreist uns von unseren Feinden und stürzt die in Schande, die uns hassen. Alle Tage wollen wir dich rühmen und dir, unserem Gott, ohne Ende danken! (Psalm 44, 3-9 LUT)

Auf Wunsch gehts natürlich auch konkreter:

Wie zum Beispiel in dieser biblisch-göttlichen Anleitung zum Angriffskrieg. Ob Gott sein auswerwähltes Volk da gerade als Wolkensäule oder als Feuersäule begleitete, ist meines Wissens allerdings nicht überliefert:

  1. Vielleicht seid ihr in Sorge und denkt: »Die Völker im Land Kanaan sind viel stärker als wir. Die können wir nie vertreiben!«
  2. Habt keine Angst vor ihnen! Denkt doch daran, wie der Herr, euer Gott, den Pharao und alle Ägypter seine Macht spüren ließ.
  3. Denkt an die Plagen, die er ihnen geschickt hat, und an all seine Staunen erregenden Wundertaten. Denkt daran, wie er euch mit starker Hand und ausgestrecktem Arm aus Ägypten herausgeführt hat! Genauso wird er die Völker, vor denen ihr jetzt Angst habt, seine Macht spüren lassen.
  4. Er wird einen panischen Schrecken über sie kommen lassen, bis auch noch die letzten Überlebenden, die sich irgendwo vor euch versteckt haben, umgekommen sind.
  5. Ihr braucht keine Angst vor ihnen zu haben; denn der Herr, euer Gott, ist bei euch. Er ist stark und mächtig und alle seine Feinde müssen sich vor ihm fürchten.
  6. Er wird diese Völker vor euch vertreiben. Allerdings lässt er euch nicht von heute auf morgen mit ihnen fertig werden. Sonst würden sich die wilden Tiere zu stark vermehren und euch Schaden zufügen.
  7. Der Herr, euer Gott, wird die Völker im Land euch preisgeben; er wird sie in Furcht und Schrecken versetzen, sodass ihr sie völlig vernichten könnt.
  8. Er wird ihre Könige in eure Hand geben; keiner von ihnen wird sich gegen euch behaupten können. Ihr werdet sie alle vernichten; nicht einmal an ihre Namen wird man sich noch erinnern.
  9. Die Standbilder ihrer Götter müsst ihr ins Feuer werfen. Lasst euch auch nicht dazu verleiten, den goldenen und silbernen Belag abzulösen und an euch zu nehmen. Das würde euch Unheil bringen; denn solches Gold und Silber verabscheut der Herr, euer Gott.
  10. Und was der Herr verabscheut, sollt ihr nicht in eure Häuser bringen, sonst seid ihr genauso wie diese Bilder dem Bann verfallen und müsst sterben. Behandelt sie als etwas Abscheu- und Ekelerregendes, das vernichtet werden muss.

Ist das Ihr Gott, Frau Rabe-Winnen?

Ist es tatsächlich dieser Gott, auf den auch Sie Ihre Hoffnung setzen, Frau Rabe-Winnen? Der Gott, der mit Ihnen geht, egal was ist?

Und falls Sie jetzt einwenden sollten, dass das Alte Testament ja durch das Neue geupdatet worden sei: Sie haben mit der wandelnden Wolken- und Feuersäule angefangen, Frau Rabe-Winnen.

Mit dem Erscheinen von Jesus im Neuen Testament wird es genaugenommen sogar noch viel schlimmer: Denn hier geht Gott dazu über, Un- und Andersgläubige für ihren Un- und Andersglauben nicht mehr nur durch eine profane, aber wenigstens nur einmalige Vernichtung zu bestrafen. Sondern mit pausenloser physischer und psychischer Qual in Form von zeitlich unbegrenzter (!) Höllenfolter.

Ist das tatsächlich der Gott, für den Sie Gefühle wie für Ihren Partner hegen? Oder für Ihre Heimat? Und wenn nicht: Was hat Ihre Gottesvorstellung dann noch mit dem biblischen Gott zu tun?

Dieser Gott, der mit geht mit seinen Menschen, der nicht fest an einen Ort gebunden ist – an solch einen Gott glauben wir Christen und die Juden und die Muslime. Wie kann ein Land Heimat sein für Menschen mit unterschiedlicher religiöser Heimat? Und wie kann ein Ministerium dabei helfen? Mit dem Blick auf das Gemeinsame.

Für das Herausfinden von Gemeinsamkeiten in den diversen religiösen Mythologien braucht es kein Ministerium. Damit mögen sich die Gläubigen gerne selbst und bitte auf eigene Kosten befassen. Zum Beispiel bei ihrem interreligiösen Dialog.

Menschen, hauptsächlich auch solche, die sich nicht zu „seinen“ (Gottes) Menschen zählen, kümmern sich derweil darum, dass Sie Ihren Fiktionen auch in Zukunft ungestört und ungestraft frönen können.

Heimat in einer offenen und freien Gesellschaft

Damit ein Land Heimat sein kann für Menschen mit unterschiedlicher religiöser Heimat, muss es sich um ein Land handeln, in dem eine offene und freie Gesellschaft lebt. Mit modernen, säkular-humanistischen ethischen Standards, Normen und Gesetzen.

Solche Gesellschaften können auf der Grundlage der sechs europäischen Grundwerte entstehen. In einer offenen und freien Gesellschaft können alle beliebigen Glaubens- und Weltanschauungen gepflegt werden, solange sich dies innerhalb des rechtlichen und gesetzlichen Rahmens bewegt.

Einer dieser Werte ist die Trennung von Staat und Kirche. Ohne einen weltanschaulich neutralen Staat ist die Freiheit der Gesellschaft gefährdet. Ungeachtet der Tatsache, dass sich die Relevanz christlichen Glaubens hierzulande quasi im freien Fall befindet, funktioniert das beispiellose christliche Lobbynetzwerk nach wie vor wie geschmiert.

Wie im Hinblick auf Muslime, Juden und Christen darauf, dass der eine Gott einer ist, der seine Menschen begleitet, wo auch immer sie sind.

Der Hinweis darauf, dass es sich bei diesem Gott um ein und denselben handeln soll, ist blanker Hohn, wenn man bedenkt, wie viele Millionen von Menschen sich gegenseitig ermordet haben, weil sie (oder genauer: ihre Machthaber) unterschiedliche Vorstellungen von den Eigenschaften, Absichten und Bedürfnissen dieses einen Gottes hatten.

Schon allein innerhalb des Christentums hatten unterschiedliche Auffassungen schon nur über die „richtige“ Verehrung dieses Gottes ungezählte Tote zur Folge. Und bis heute gelten schon nur die konfessionellen Unterschiede für viele Kirchenfunktionäre als dauerhaft unüberwindbar.

Gemeinsamkeit: Abgrenzung

Eine Gemeinsamkeit gibt es in den Textgrundlagen aller drei Buchreligionen tatsächlich: Die strikte Abgrenzung zwischen der eigenen Gemeinschaft (die Gläubigen, die Guten, die ingroup) gegenüber den anderen (die Un- und Andersgläubigen, die Bösen, die outgroup). Unsere Lehre, bzw. unser Verständnis unserer Lehre ist die einzige, die gottgegebene, unumstößliche Wahrheit. Wer nicht für mich ist, ist gegen mich.

Eine offene und freie Gesellschaft sollte stark genug sein, auch solche Ansichten auszuhalten. Unsere modernen ethischen Standards und unsere rechtlichen Normen orientieren sich jedoch nicht mehr an abrahamitischer Wüstenmythologie oder Esoterik.  Sondern an der Würde und Freiheit des Individuums.

Und zugleich mit der Offenheit für das Fremde.

Offenheit für das Fremde muss man erst mit viel List und Tücke in die Bibel hineininterpretieren, wenn man sie aus ihr herauslesen möchte. Viel leichter tut man sich, wenn man einen ab- und ausgrenzenden Standpunkt biblisch „begründen“ möchte:

  • Nimm nicht jeden bei dir auf; denn die Welt ist voller List und Tücke. (Jesus Sirach 11,29 LUT)
  • Denn wenn ihr diese Gebote alle halten werdet, die ich euch gebiete, und danach tut, dass ihr den HERRN, euren Gott, liebt und wandelt in allen seinen Wegen und ihm anhangt, so wird der HERR alle diese Völker vor euch her vertreiben, dass ihr größere und stärkere Völker beerbt, als ihr es seid. Alles Land, darauf eure Fußsohle tritt, soll euer sein: von der Wüste bis an den Berg Libanon und von dem Strom Euphrat bis ans Meer im Westen soll euer Gebiet sein. Niemand wird euch widerstehen können. Furcht und Schrecken vor euch wird der HERR, euer Gott, über alles Land kommen lassen, das ihr betretet, wie er euch zugesagt hat. (5 Mo 11, 22-27 LUT)
  • »Wenn die Welt euch hasst, dann denkt daran, dass sie mich zuerst gehasst hat. Die Welt würde euch als ihre Kinder lieben, wenn ihr zu ihr gehören würdet. Aber ich habe euch aus der Welt herausgerufen und ihr gehört nicht zu ihr. Aus diesem Grund hasst euch die Welt. (Joh 15, 18-19 LUT)

Heimat für das Fremde?

Der Glaube des auserwählten Volkes an den einzigen „richtigen“ Gott ist also wichtiger als ein friedliches Miteinander. Dass mal eine Zeit kommen würde, in der es der Welt völlig egal ist, welche Götter jemand verehrt, solange er damit nicht gleichberechtigte Interessen Anderer verletzt, hätte sich das zweite Drittel des allwissenden Allmächtigen offenbar nicht träumen lassen.

Fremdsein und Heimat sind sich sehr nah. Sie öffnen sich gegenseitig die Tür, um einander zu verstehen.

Und was soll die biblisch-abrahamitische Lehre damit zu tun haben?

Vielen Menschen wohnt der Glaube im Herzen, ortsunabhängig.

Wie oben schon beschrieben: In einer offenen und freien Gesellschaft ist es allen Menschen selbst überlassen, wen oder was sie in ihrem Herzen wohnen lassen. Die Glaubens-, Meinungs- Gedanken- und Redefreiheit sind Werte, die die Kirche mit allen Mitteln bekämpfte, solange sie noch die Macht dazu hatte.

Heute profitierern ihre Anhänger davon, wenn sie an Orten leben, in denen der klerikale Einfluss auf die Gesellschaft schon weit genug entmachtet werden konnte. Aber sie profitieren nicht nur von den Werten, die ihre Glaubensbrüder dereinst bekämpften: Viele von ihnen, bevorzugt gerade auch wieder die in der Politik Tätigen schreiben sich diese Werte heute als angeblich „christliche“ auf ihre Fahnen.  Und immernoch fallen die Menschen auf die Legende von der christlichen Moral herein.

[…] Mir gibt mein christlicher Glaube Wurzeln und Flügel zugleich. So kann ich stehen und gehen. Wo auch immer ich bin.

Hier kommt es auf ein kleines Wörtchen an, das den Unterschied macht: „Mein“.  Denn es sind Ihre persönlichen ethischen Ansichten und Wertvorstellungen, die Sie in die christliche Glaubenslehre hineinbasteln. Indem Sie sich herauspicken, was Ihnen nützlich erscheint und den ganzen großen Rest ausblenden.

Das kann man natürlich machen, aber warum sollte man das tun? Na gut, Sie haben tatsächlich einen triftigen Grund: Sie verdienen Ihr Geld damit. Aber sonst…?

*Die als Zitat gekennzeichneten Abschnitte stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Originalbeitrag zum Thema Heimat.

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