In einer Facebook-Diskussion erklärte Volker Dittmar, warum Transzendenz gleich in zweifacher Hinsicht Unsinn ist:
Transzendenz meint den Bereich, über den man aus der Erfahrung heraus nichts wissen kann.
Wenn ich also definiere:
- (Religiöser) Glauben = vorgeben, zu wissen, was man nicht weiß
dann trifft diese Definition den Sachverhalt exakt: „Glauben“ bedeutet, dass man so tut, als ob man etwas über einen Bereich wüsste, über den man nichts wissen kann – weil eben ein Bereich gemeint ist, über den man nichts wissen kann.
Glauben, dass man es wüsste
Sicher kann man glauben, dass man es wüsste – aber das bedeutet, dass man es eben glauben muss, weil man nichts weiß. Dann tut man aber so, als ob man durch das Vehikel „Glauben“ darüber doch etwas wüsste.
Der Verweis, dass man Transzendenz nur über den Glauben „erfahren“ könnte, sagt nichts weiter, als dass man eine Erfahrung von etwas hat, über das der Definition nach niemand eine Erfahrung haben kann. Man hat etwas „erfahren“ von dem man nichts erfahren kann – man tut aber so. Kurz, man gibt vor, etwas zu wissen, was man nicht weiß.
Genau DAS ist der Unsinn. Man kann keine Erfahrung und kein Wissen von oder über etwas haben, was der Erfahrung nicht zugänglich ist. Dass man das „glauben“ kann bedeutet nichts weiter als:
Man kann vorgeben, man wüsste etwas, was man nicht weiß. Man kann sich selbst und/oder anderen vorschwindeln, man wüsste etwas.
Transzendenz: Alles, was wir nicht wissen (können)
Dass es Sachverhalte gibt, über die wir nichts wissen, sollte wohl eindeutig jedem klar sein. So gesehen beschreibt Transzendenz erstmal alles, was wir nicht wissen (können).
Ich weiß jetzt beispielsweise nicht, ob ich im Keller noch Kaffee habe. Gehört das damit der Transzendenz an? NEIN. Denn ich kann es in Erfahrung bringen, irgendwie. Nur wenn es keinen Weg für mich gibt, ich es prinzipiell nicht erfahren kann, dann können wir von Transzendenz reden. Kurz, Transzendenz ist eine Teilmenge dessen, was wir nicht wissen, mit der Besonderheit, dass wir es prinzipiell nicht wissen können.
Oder: Transzendenz = Unwissen, Nichtwissen.
Eine Aussage darüber kann nur Spekulation sein. Warum nennt man es nicht so? Weil man Leichtgläubigen vorgaukeln möchte, dass man etwas weiß, was man nicht wissen kann (daher nennt man das dann „glauben“).
Grenzenlos
Der zweite Unsinn besteht darin, dass man keinen Bereich abtrennen kann, von dem man prinzipiell behaupten könnte, dass man nichts darüber wissen kann.
Man kann dem Wissen keine Grenze ziehen, d. h., man kann nicht im Voraus sagen, was man nicht wissen kann. Denn dazu müsste man wissen, was man nicht weiß.
Oder man müsste allwissend sein, aber dann gibt es nichts, was man nicht weiß (Transzendenz ist dann eine leere Menge). Außer einem – man kann auch dann nicht wissen, was man nicht weiß.
Ich kann nicht einen Bereich des Wissens abtrennen, ihn „Transzendenz“ nennen, und dann so tun, als ob ich doch irgendwie etwas darüber weiß. Man kann nicht einmal die Grenzen dessen bestimmen, weil man die Grenzen des Wissens nicht kennen kann. Wenn man es doch versucht endet das zwangsläufig in Schwurbelei.
Ich denke, dass ich damit bewiesen habe, dass es sich um Unsinn handelt: einen künstlich hergestellten Bereich des Nichtwissens, über den man genau dann nichts wissen kann, wenn die Definition trifft.
Sorry wegen der Länge: Aber der Aufwand, Bullshit zu zeigen ist um eine Größenordnung größer, als ihn zu produzieren (Brandolinis Gesetz).
*Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Autors.
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