Ohne Erbsünde war die Kreuzigung sinnlos

Lesezeit: ~ 3 Min.

In einem Facebook-Kommentar erklärt Jori Wehner, warum das christliche Kreuzigungsopfer ohne die Existenz einer Erbsünde sinnlos ist:

ErbsündeDas Christentum behauptet eine prinzipielle Sündhaftigkeit, eine Schuldhaftigkeit von Geburt an, eine Erlösungsbedürftigkeit aller Menschen.

Diese Erbsünde sei durch das Vergehen Adams und Evas entstanden, die im biblischen Mythos von der verbotenen Frucht gegessen haben. Ihre Schuld sei durch direkte Vererbung auf alle ihre Nachkommen und damit auf die gesamte Menschheit übergegangen.

Zur Lösung dieses Problems habe Gott seinen Sohn auf die Erde geschickt und als unschuldigen Sündenbock hinrichten lassen, um die Menschheit von der Erbsünde reinzuwaschen. Das behauptete Ereignis dieser Hinrichtung markiert den Beginn des Christentums.

Es gab nie ein „erstes Menschenpaar“ und folglich auch keine Erbsünde

Humangenetische Untersuchungen zeigen, dass Adam und Eva nie existiert haben. Es gab nie ein „erstes Menschenpaar“, sondern eine kontinuierliche menschliche Ahnenkette, die zurück in das Reich der nichtmenschlichen Tiere reicht.

  • EvolutionEs gab nie einen Sündenfall.
  • Und es gab nie eine „gefallene Schöpfung“.
  • Es gab nie eine Erbsünde, die durch das Blut eines Sündenbocks hätte abgewaschen werden müssen.

Ein Kreuzigungsopfer ist damit sinnlos.

Das Christentum (der Weg zur Überwindung der Erbsünde) ist damit so überflüssig wie ein Apparat zum Vertreiben von Poltergeistern. Es gibt keine Poltergeister. Es gibt keine Erbsünde.

Durch die Erkenntnisse der Evolutionsbiologie wird das Fundament der christlichen Theologie vollständig ausgehebelt.

(Quelle: Jori Wehner via Facebook)

Ergänzende Gedanken

In Diskussionen mit gläubigen Christen habe ich schon mehrfach gehört, dass das Alte Testament ja nicht mehr gültig, weil durch das Neue Testament aufgehoben sei.

Dass der biblische Romanheld Jesus im Neuen Testament ausdrücklich bestätigt, dass er nicht gekommen sei, um das Gesetz (gemeint sind die Inhalte des Alten Testaments) aufzuheben, sondern um es zu erfüllen, ignorieren sie dabei gerne.

Ebenso den Umstand, dass mit dem Wegfall des Alten Testamentes auch jegliche Grundlagen wegfallen, auf denen das Neue Testament basiert.

Und da gibts dann plötzlich doch wieder jede Menge Ausnahmen, die dann selbstverständlich doch wieder gelten sollen. Wie zum Beispiel die 10 Gebote. Was zu offensichtlich falsch und absurd ist, erklärt man einfach als „metaphorisch gemeint.“ Wie zum Beispiel die Geschichte mit der Erbsünde oder die von der Sintflut.

Denn die Annahme einer Erbsünde ist nun mal unentbehrlich, wenn man das vorübergehende Kreuzigungsopfer als irgendwie sinnvoll oder erforderlich ansehen möchte.

Glaube ohne Denkverzicht: Unmöglich

Statt die aus dem offensichtlichen Wegfall einer Erbsünde entstehenden Konsequenzen anzuerkennen, denken sich Theologen allerhand Bewältigungsstrategien aus: Natürlich sei die Erbsünde nicht auf dem in der Bibel geschilderten Weg in die Welt gekommen. Vielmehr sei damit die grundsätzliche Sündigkeit des Menschen an sich gemeint. Der nun mal allein durch seine bloße Existenz gar nicht sündenfrei sein könne. Zum Beispiel deshalb, weil er ja nicht gegen alles Leid der Welt etwas unternehmen könne.

Selbst wenn ein Mensch nur einen einzigen Beitrag für weniger Leid in der Welt leistet, hat er sich damit schon moralischer verhalten als der allmächtige allgütige Christengott.

Was das vorübergehende Todesopfer des biblischen Gottessohnes allerdings an einer wie auch immer entstandenen Erbsünde geändert haben soll, können auch die Theologen nicht schlüssig erklären.

Auch zu den grundlegenden Fragen, die sich in diesem Zusammenhang ergeben, gibt es keine allgemeinverbindliche Aussage:

Was hat der Kreuzestod konkret bewirkt, also tatsächlich und nicht nur in der menschlichen Vorstellungswelt? Sind damit alle Menschen erlöst, oder nur die, die sich diesem Gott unterwerfen? Was ist mit denen, die nicht „erlöst“ wurden?

Und was ist mit denen, die vorher gelebt haben? Oder denen, die nie von diesem Gott gehört haben? Dürfen Neandertaler oder Vertreter des Homo erectus auch auf Erlösung hoffen? Was ist mit bewusstseins- und empfindungsfähigen Tieren? War das eine Menschenopfer ausreichend, um die ganze Menschheit zu „erlösen“? Oder ist damit zu rechnen, dass sich Gott wiedermal einen seiner Nachkommen zu seiner eigenen Befriedigung zu Tode foltern lässt?

Wie man es auch dreht und wendet: Ohne einen gehörigen, grundlegenden Denkverzicht ist der Glaube an die biblisch-christliche Mythologie unmöglich. Und Ideologien, die einen Denkverzicht voraussetzen, sind mir immer besonders suspekt…

 

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4 Gedanken zu „Ohne Erbsünde war die Kreuzigung sinnlos“

  1. Sehr schöner Beitrag 🙂
    Wenn allerdings auch noch die Evolutionstheorie geläugnet wird, zieht das Argument leider nicht mehr. Generell ist das alles viel zu rational für gläubige Christen.

    Ändert aber nichts an der Richtigkeit!

    Antworten
  2. Wenn es keinen Sündenfall gab, und folglich keine Erbsünde, und wenn es folglich auch keinen Grund gab, diese zu sühnen: dann stellt sich die Frage umso dringender, ob es tatsächlich einen „Jesus“ als Sohn Gottes gegeben haben kann.

    In den Ergänzungen zum Facebook-Artikel wird das gut dargestellt: Altes und Neues Testament hängen zusammen, weil das eine die Grundlage ist für das andere. Ebenso ist die Erbsünde durch Adam und Eva die Grundlage für das Erscheinen von Jesus Christus. Fällt das eine, fällt auch das andere.

    Der christliche Klerus tut gerne so, als ob die Evolutionslehre keinen Einfuss hätte auf den Glauben an Jesus Christus. Ich sehe das anders. Die Zwangsläufigkeit der evolutionären Prozesse einerseits, und die ununterbrochene Abfolge dieser Prozesse vom ersten Bakterium bis zum heutigen Menschen andererseits, lassen keinen Platz für einen Schöpfergott. Und ohne Schöpfergott macht auch Jesus keinen Sinn.

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  3. Gott ist der Schöpfer des Universums, dessen Entstehung wir vom Urknall bis zum heutigen Entwicklungsstand naturwissenschaftlich beschreiben können. Der Mensch steht am Ende dieser Entwicklung. Jesus lebte vor 2000 Jahren im heutigen Israel. Seine Lehren und Einfluss wurden von den herrschenden politischen und religiösen Kräften als aufrührerisch angesehen. Er wurde deshalb hingerichtet. Viele von denen, die ihn kennenlernten verbreiteten seine Lehren, auch unter Verfolgung und Lebensgefahr.

    Antworten
    • Hallo Robert, vielen Dank für deinen Kommentar. Menschen haben sich schon tausende Götter ausgedacht und sie verehrt, von denen vielen ebenfalls die Schöpfung des Universums zugeschrieben wird. Woran kann man erkennen, welche Schöpfungsgeschichte tatsächlich stimmt und welche frei erfundene Mythologie ist?

      Du schreibst weiter, dass Menschen die Lehre des biblischen Jesus auch unter Verfolgung und Lebensgefahr verbreiteten. Was sagt dir das?

      Antworten

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