Sicher mit Christophorus? – Das Wort zum Wort zum Sonntag

Lesezeit: ~ 10 Min.

Sicher mit Christophorus? – Das Wort zum Wort zum Sonntag von Lissy Eichert, veröffentlicht am 28.07.2018 von ARD/daserste.de

ACHTUNG: Dieser Artikel enthält Darstellungen von brutalen Folterszenen, die auf nicht christlich indoktrinierte Menschen verstörend (oder gestört) wirken könnten.

Viele Menschen tragen das Bild des Heiligen Christophorus als Anhänger am Schlüsselbund. Auch, wenn sie nicht besonders religiös sind.*

Wie viele hier tatsächlich noch „viele“ sind, sei mal dahingestellt.

Auch wenn die Zahl der verkauften Christophorusplaketten vermutlich in ähnlichem Umfang zurückgehen dürfte wie die Zahl der Gläubigen: Es könnte tatsächlich sein, dass ein Heiligen-Aberglaube wie der an eine beschützende Plakette noch länger verbreitet bleibt als der zugrundeliegende religiöse Aberglaube.

Es soll ja heute auch noch ansonsten rational und aufgeklärt denkende Menschen geben, die trotzdem an Horoskope oder Schutzengel glauben. Daran, dass Traumfänger wirklich gegen böse Träume helfen. Oder Menschen, die an eine medizinische Wirksamkeit von Zuckerkügelchen glauben.

Christophorus als eine Art Vollkasko

Christophorus als eine Art Vollkasko. Mit ihm fühlt man sich rundum besser beschützt.

Genau das ist es, was der Glaube an die Unterstützung von Heiligen bieten kann: Eine Einbildung, sich „rundum besser geschützt“ zu fühlen.

Für dieses Gefühl spielt es keine Rolle, dass es bei Licht betrachtet völlig absurd ist zu glauben, eine hundsköpfige Legendenfigur bewahre Menschen, die eine Plakette mit ihrer Darstellung mit sich führen davor, dass ihnen etwas zustößt.

Heilige erfüllten viele Aufgaben

Heilige spielten dereinst eine wichtige Rolle in der christlichen Lehre. Sie waren quasi als Mittler zwischen dem notorisch notleidenen Gläubigen und dessen Gottesvorstellung in die christliche Mythologie hineinerfunden worden.

Außerdem konnte man mit Heiligen ganz bequem eventuell schon vorhandene andere Götter im Glauben der Menschen ersetzen, die bis zu ihrer Christianisierung noch an diese anderen Götter geglaubt hatten. Viele Heiligen-Biographien ähneln auch frappierend übereinstimmend Biographien anderer Figuren, die in früheren Kulten als „heilig“ gegolten hatten.

Und schließlich dienen diejenigen, die in den Heiligenlegenden als Märtyrer oft auf brutalste Art und Weise wegen ihres Glaubens zu Tode gequält worden sein sollen bis heute dazu, das christlich-dualistische Feindbild der Un- und Andersgläubigen aufrecht zu erhalten und zu befeuern.

Heilige Märtyrer erhalten das Feindbild

Noch heute finden sich in katholischen Kirchen brutalste Darstellungen von Heiligen. Zum Beispiel Dionysus, der seinen eigenen abgetrennten Kopf in Händen hält und als Nothelfer für Kopfschmerz [kein Witz!]) gilt.

Oder Sebastian, von Pfeilen durchbohrt und deshalb treffenderweise Schutzpatron u. a. der Soldaten. Bei Halsschmerz hat sich in der christlichen Phantasiewelt schon immer bewährt, die heilige Lucia anzurufen. Heute noch dargestellt mit einem Schwert, das links und rechts aus ihrem Hals herausragt.

Außerhalb von Kirchen findet man solche Darstellungen heute kaum noch. Auch das Wissen um die „Zuständigkeiten“ der so genannten „14 Nothelfer“ dürfte mit Verflüchtigung der Volksfrömmigkeit heute schon weitgehend in Vergessenheit geraten sein.

Es spielt für die Lebenswirklichkeit von Menschen im 21. Jahrhundert schlicht keine Rolle mehr. Zumindest für die Wirklichkeit der Menschen, die erkannt haben, dass Heiligenfiguren außerhalb menschlicher Phantasie genausowenig ins Geschehen eingreifen wie Götter und andere magische Himmelswesen auch.

Die Marke Christophorus

Aber zurück zu Christophorus. Der soll der Legende zufolge zwar auch enthauptet worden sein. Er wird aber zumeist nicht als Märtyrer, sondern als „Christusträger“ dargestellt.

In meiner Gemeinde, St. Christophorus, gibt es ihn als Aufkleber, für das Fahrrad, das Auto, den Kinderwagen und die Arbeitstasche. Christophorus ist der Schutzheilige für Menschen, die unterwegs sind. Damit passt er gut in die Urlaubszeit.

Genau darum geht es bei den Heiligenlegenden: Die unverständliche, geheimnisvolle Gottesvorstellung, deren Verständnis Theologen vorbehalten ist (jedenfalls behaupten die das), für Anhänger einer naiven Volksfrömmigkeit passend und greifbar zu machen.

Und so lässt sich dann bei Bedarf auch ein Bezug zur gerade beginnenden Urlaubszeit zusammenbasteln. Wobei zu der Zeit, als sich diese Legende in den Köpfen von Gläubigen ausbreitete, Urlaub noch gar nicht erfunden war.

Wie werde ich meine Angst los?

Seine Geschichte ist höchst aktuell. Der Überlieferung nach ist er ein bärenstarker Mann und – ganz modern – ein Suchender. Christophorus suchte nach einer Lösung für ein Problem, das wohl jede und jeder gut kennt: wie werde ich meine Angst los. Wie tragisch ist es, wenn ich mit meiner Angst allein bin! Wo gehe ich mit ihr hin?

Wenn die Angst so groß ist, dass sie dauerhaft die Lebensführung beeinträchtigt, ist es ratsam, sich professionelle Hilfe zu holen. Angststörungen aller Art sind heute recht gut erforscht und es gibt verschiedene erfolgversprechende Behandlungsmöglichkeiten.

Der Legendenheld Christophorus hatte diese Möglichkeit noch nicht. Und kam deshalb zu einem anderen Schluss:

Christophorus denkt sich: „Ich werde meine Angst los, wenn ich mich mit dem Stärksten verbinde.“

Genau diese Denkweise ist es, von der Machthaber aller Art profitieren. Wenn sich Menschen nicht auf sich selbst, sondern auf einen vermeintlich „Stärksten“ verlassen, dann geben sie ihre Selbstbestimmung auf. Im Grunde tauschen sie ihre Angst nur gegen eine Abhängigkeit ein.

Es ist das gleiche Muster wie bei Alkohol- und Drogenabhängigen, aber auch bei Populisten, die ja ebenfalls menschliche Ängste für ihre Zwecke instrumentalisieren.

Angst zur Erzeugung von Abhängigkeit

Der Trick ist recht einfach zu durchschauen: Sorge dafür, dass die Menschen Angst haben und rede ihnen dann ein, dass ihre Angst nur dann verschwindet, wenn sie sich dir unterordnen. Das funktioniert in der Politik genauso wie in der Religion:

Das ist für ihn damals der König. Doch bald merkt er: Der König hat auch Angst! Vor dem Teufel. Der schien noch mehr Macht zu haben.

Mut vs. AngstDie Botschaft hier ist klar: Menschen werden niemals von sich aus in der Lage sein, angstfrei zu leben. Weil sie immer noch von einer „höheren bösen Macht“ bedroht werden.

Das Outsourcing des Bösen auf eine personifizierte Teufelsgestalt könnte man heute als geschickten, wenn auch perfiden Marketing-Schachzug bezeichnen.

Denn so konnte man auch bei denen Angst erzeugen, die, weil sie getauft und gläubig waren, keine Angst vor einer ewigen Dauerbestrafung durch Höllenqualen haben mussten (vgl. Mk 16,16).

Wer ist eigentlich der Teufel?

Nun ist die jenseitige „Erlösung“ nur ein Bestandteil christlicher Mythologie. Und somit bis zum Beweis des Gegenteils eine frei erfundene und eingebildete Angelegenheit. Die Hoffnung darauf folglich eine Illusion.

Ängste von Menschen können allerdings auch ganz reale, wirkliche Ursachen haben. Das irdische Leid und die Ungerechtigkeit personifizierte man als Teufel. Der, je nachdem, welche Bibelstelle man bevorzugt, von Gott geschaffen worden war. Oder auch nicht.

Während manche besonders rückständige konservative Kirchenvertreter vom Teufel (bzw. von obskuren „bösen Mächten“) selbst heute noch sprechen, als handle es sich dabei um eine auf irgendeiner esoterischen Ebene eigenständig agierende Macht, belassen es Mainstreamchristen lieber bei dieser Interpretation:

Teufel – ein Bild für das Böse. Lug, Betrug und Gewalt … das ganze Programm.

Hier wird der Teufel zu einem Sinnbild, das offenbar menschliches Fehlverhalten symbolisiert. Was zur Folge hat, dass der Teufel nicht als eigenständiger Akteur mit bestimmten Absichten in Erscheinung tritt. Vielmehr dient er als Metapher für Menschen, die sich (nach nicht näher definierten Maßstäben) falsch verhalten.

Angst vor Gott

[…] Christophorus entdeckt: Auch der Teufel hat Angst – und zwar vor Gott.

Christentum
gefunden bei Die Atheisten

Wieso sollte sich der Teufel vor Gott fürchten? Für den Allmächtigen wäre es ein Kinderspiel, das Böse mit einem Schlag einfach und ein für allemal zu eliminieren. Sonst wäre ja schließlich kaum als allmächtig zu bezeichnen.

Offenbar hat Gott seine Gründe, warum er seine „Krone der Schöpfung“ dem „Bösen“ aussetzt. Womit er allerdings nicht mehr als allgütig bezeichnet werden kann.

Wie man es dreht und wendet: Sobald man anfängt, auch nur an der Oberfläche der christlichen Mythologie zu kratzen, fällt das ganze windschiefe Konstrukt wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Hier passt einfach hinten und vorne nichts.

Praktisch jedes Volksmärchen, jeder Phantasyroman ist konsistenter und schlüssiger als die biblisch-christlichen Narrative. Und Märchen erheben nicht den Anspruch, von einem allmächtigen Gott als endgültige Wahrheit geoffenbart worden zu sein.

Gott suchen und finden…

Jetzt will er sich mit Gott verbinden, weiß aber nicht wie. Auf seiner Suche fragt er einen weisen Menschen: „Wie kann ich Gott finden, um ihm zu dienen?“ Der Weise antwortet: „Indem du deine Stärken einbringst und den Menschen dienst.“ Er zeigt Christophorus einen gefährlichen Fluss, der keine Brücke hat und ermutigt ihn: „Hilf anderen, sicher über den Fluss zu kommen. So findest du Gott“

Auf den ersten Blick klingt die Message dieser Legende ja ziemlich vernünftig: Ob jemand seine Stärken einbringt und Menschen dient, weil er sich davon Nähe zu seiner Gottesvorstellung verspricht oder ob er es einfach so, um seiner Mitmenschen willen (und natürlich auch um seinetwillen, denn es fühlt sich gut an, Menschen zu helfen) tut, macht für den Geretteten keinen Unterschied.

Aus anderer Perspektive betrachtet sieht es allerdings schon anders aus: Denn wozu braucht es eine Einbildung von Gottesnähe, wenn man Menschen auch ohne diese Illusion helfen kann? Einfach um der Mitmenschen willen?

…aber wozu?

Moderne offene und freie Gesellschaften zeichnen sich dadurch aus, dass sie eben nicht mehr auf Götterfiktionen beruhen. Sondern auf der Würde und Freiheit des Individuums als übergeordnete Werte.

Damit können sie als allgemeinverbindliche Werte vereinbart werden. Werte, die unabhängig davon gelten, zu welchen Göttern sich jemand hingezogen fühlt. Zu Göttern, die fast immer die gleichen Götter sind, die auch schon die Eltern und Großeltern verehrt hatten.

Also: Menschen aus dem Wasser zu retten, schon damals! Genau das tut Christophorus. Dafür wird er nicht kriminalisiert, sondern heiliggesprochen.

Die Frage, wie das mit einer Heiligsprechung konkret funktioniert und welche Voraussetzungen jemand erfüllen muss, um heilig gesprochen werden zu können, wäre ein eigenes Thema für sich.

Wie kaum anders zu erwarten wenn (in diesem Fall religiöse) Mythologie im Spiel ist, hat auch eine Heiligsprechung nur sehr entfernt mit der irdischen Wirklichkeit zu tun, wenn man davon ausgeht, dass es auf der Welt „mit rechten Dingen“ zugeht.

  • Christophorus wurde 1962 aus der Liste der kanonischen Heiligen zwar gestrichen, weil seine Existenz legendär sei, er blieb aber im deutschen Diözesankalender erhalten; 2001/2004 wurde er auch wieder ins Martyrologium Romanum aufgenommen. Er ist einer der Nothelfer. (Quelle: heiligenlexikon.de)

Die Gedankengänge von Theologen, die zu solchen Streichungen und Wiederaufnahmen führen, sind für die irdische Wirklichkeit, vor allem aber natürlich für den gemeinen Gläubigen irrelevant. Es handelt sich lediglich um Scheinprobleme einer angemaßten Wissenschaft.

Der Durchschnitts-Wischi-Waschi-Christ begnügt sich mit der wohligen Vorstellung, ein Talisman, ein Aufkleber, eine Plakette hätte einen Einfluss darauf, ob ihm etwas zustößt oder nicht.

Chronischer klassischer Bestätigungsfehler

Und da es in der Regel wohl bei den meisten Menschen viel öfter vorkommt, dass nichts Schlimmes passiert, können Gläubige alles, was halbwegs gut für sie läuft, als Beweis für die Wirksamkeit ihrer Christophorus-Plakette (oder ihrer Gebete) interpretieren. Dass es sich dabei um einen klassischen Bestätigungsfehler handelt, dürfte sie kaum stören.

Oder, um mit Otto zu sprechen:

Quelle: [6-16] Aberglaube ‒ Die Otto Show VI (1978) via Youtube

Und für den Fall, dass doch mal ein Auto trotz Christophorus-Plakette von der Straße abkommt, haben Gläubige allerlei Bewältigungsstrategien zur Auswahl. Das war dann eben eine göttliche Prüfung. Oder so.

Einfach so helfen reicht offenbar nicht…

Da geht Christophorus ein Licht auf: Wenn ich anderen helfe, finde ich Gott.

Mitmenschliches Verhalten dient hier also nicht einfach nur dem Mitmenschen, sondern es bekommt einen höheren Sinn zugeschrieben: Gott zu finden.

Die Konsequenz aus dieser Vorstellung wäre die Frage, wie es wohl um die moralischen Standards und um die Psyche dieses Gottes bestellt sein mag, der Menschen absichtlich (schließlich ist er allmächtig) Gefahren aussetzt, damit andere Menschen ihn (Gott) finden können, indem sie diese Menschen retten.

Die Geschichte des Heiligen Christophorus hat für mich viele faszinierende Momente.

Welche der zahllosen Legenden, die die Menschheit zu diesem Narrativ im Lauf der Jahrhunderte schon dazugedichtet hat, sind wohl als Bestandteil dieser Geschichte zu betrachten und welche nicht? Das lässt sich bei Phantasy-Romanen  meist nicht so genau sagen…

Zusammenhang…!?

Besonders, dass meine eigene Angst kleiner wird, wenn ich anderen helfe und damit auch Gott diene.

Dieser Zusammenhang, um den es Frau Eichert ja offenbar geht, erschließt sich mir nicht wirklich. Um welche Angst geht es überhaupt? Und welche Rolle spielt Gott in diesem Fall? Klarer wird es mir auch mit der von ihr gelieferten Erklärung leider nicht:

Ich muss ja nicht gleich die ganze Welt retten, aber eben mit meinen Mitteln Beistand leisten. So kreise ich nicht länger nur um mich und entdecke: Wo Gott ist hat Angst keinen Platz.

In der christlichen Mythologie ist Gott omnipräsent, also allgegenwärtig. Also auch in den zahllosen Formen der Angst. Wenn man das für wahr hält, ergibt die Behauptung, wo Gott sei, habe Angst keinen Platz keinen Sinn.

Trotz einiger Nachdenkleistung komme ich nur zu dem Schluss, dass es sich hier vermutlich um nichts weiter als um eine klassische theologisch-rhetorische Nebelkerze handelt. Eine nebulöse Umschreibung von: Wenn ich mir einbilde, meiner Gottesvorstellung damit zu dienen, wenn ich Menschen helfe, dann fühlt sich das irgendwie gut für mich an.

Religion und Angst…

In diesem Zusammenhang bin ich auf einen lesenswerten Artikel in „bild der wissenschaft“ gestoßen. Daraus dieser Ausschnitt:

  • UNSICHERHEIT MACHT RELIGIÖS
    Viele Studien haben auch einen engen Zusammenhang zwischen Ängstlichkeit und Religiosität nachgewiesen. Einerseits sind religiöse Menschen ängstlicher, andererseits kann Religion die Angst auch mindern. Dies ist eine weitere Erklärung, warum in kritischen Situationen und instabilen Ländern mehr Menschen gläubig sind.
    Wie sich das konkret auswirkt, hat ein Psychologenteam um Christopher Lewis von der Glyndwˆ r University in Wrexham, Wales, am Beispiel Nordirlands gezeigt, wo Protestanten und Katholiken strikt getrennt leben. Männer sind dort weniger ängstlich als Frauen, und Protestanten sind weniger ängstlich als Katholiken. Katholische Frauen haben im Schnitt die meiste Angst. Außerdem sind regelmäßige Kirchgänger weniger ängstlich als seltene Kirchgänger. Und so besuchen männliche Protestanten einen Gottesdienst nicht so häufig (im Schnitt alle paar Monate) wie weibliche Katholiken (alle zwei Wochen). Aber auch innerhalb derselben Gruppe zeigt sich der Beruhigungseffekt: Gläubige, die seltener in die Kirche gehen, sind etwas ängstlicher. Zumindest in Nordirland fühlen Frauen und Katholiken also größere Risiken, und sie kompensieren das stärker durch ihren Glauben. (Quelle: bild-der-wissenschaft.de Ausgabe 1/2013, Seite 58: GÖTTLICHE GESELLSCHAFTEN von Rüdiger Vaas)

Zwischen Angst und Religion gibt es also durchaus Zusammenhänge. Und jede Menge Studien und Untersuchungen, die sich mit diesem Thema befassen. Wenn auch ohne eindeutige Ergebnisse.

Laut diesem Artikel auf spiegel.de haben tief Gläubige weniger Angst vor dem Tod – genauso wie Atheisten.

Bei Gläubigen, die aufgrund ihrer religiösen Verhaltensweisen nicht als tief gläubig zu bezeichnen sind (was den allergrößten Teil der Herde beschreibt), nimmt die Angst vor dem Tod durch die christliche Glaubenslehre zu.

Angst und Religion

Auf einen umgekehrten Zusammenhang – zwischen Ängstlichkeit und Religion – deuten viele Studien hin. Nochmal aus dem Beitrag in bild der wissenschaft:

  • ÄNGSTLICHKEIT UND RELIGION
    Viele Studien haben gezeigt: Menschen mit einer stärker ausgeprägten Autoritätsgläubigkeit sind oft ängstlicher und religiöser. Aber der Glaube kann die Angst auch reduzieren oder sogar umgekehrt verstärken. Hier das Fazit einiger neuer Untersuchungen (in Klammern die Namen der Forscher):

    • Ängstlichkeit, Kontrollverlust und Autoritätsgläubigkeit – an Gott oder Regierung – hängen eng zusammen (Kristin Laurin, Aaron Kay), und Menschen, die Religion für wichtig halten, sind meist ängstlicher (Chris Jackson, Leslie Francis).
    • Physiologische Angst-Indikatoren sind stark ausgeprägt bei Menschen, die Patriotismus, Todesstrafe, höhere Militärausgaben und Krieg stark befürworten (Douglas Oxley u.a.).
    • In ängstlichen Situationen steigt die Zustimmung zu religiösen Aussagen, auch zu Märtyrer-Aktionen und höheren Militärausgaben (Thomas Pyszczynski, Abdolhossein Abdollahi).
    • In Ländern mit stärker verbreitetem Höllenglauben sind Menschen ängstlicher – in überwiegend muslimischen, orthodoxen und katholischen mehr als in protestantischen (Daniel Treisman).
    • Glaube an gutes/schlechtes Jenseitsleben reduziert/fördert Psychosen (Kevin Flannelly).
    • Der Glaube an einen mächtigen Gott kompensiert den Mangel eigener Einflussmöglichkeiten (Aaron Kay).
    • Religiöse haben einen reduzierten „Fehler-Alarm“ im Gehirn und deshalb weniger Angst vor Fehlern (Michael Inzlicht).
    • Die Angst vor Fehlern wächst aber, wenn sie an Gott denken (Tina Tooburen, Brian Meier).
    • Religiöse fürchten Arbeitslosigkeit weniger (Andrew Clark).
    • Religion reduziert finanzielle Sorgen (Matt Bradshaw).
    • Menschen beschreiben sich als religiöser, wenn in ihnen Einsamkeitsgefühle ausgelöst werden (Nicholas Epley) oder sie an ihre Sterblichkeit erinnert werden (Ara Norenzayan).
    • Ältere Menschen sind oder werden religiöser, weil ihnen ihre Sterblichkeit bewusster ist (Tom W. Smith).
    • Beten reduziert Ängstlichkeit (Janie Wilson), ebenso häufige Gottesdienstbesuche (Chris Lewis).
    • Gläubige schreiben Zufallsereignisse Gott zu (Kurt Gray).
      (Quelle: bild-der-wissenschaft.de Ausgabe 1/2013, Seite 58: GÖTTLICHE GESELLSCHAFTEN von Rüdiger Vaas)

Die Moral von der Geschicht?

Das verbinde ich mit Sankt Christophorus: auf ihn zu schauen und heute als moderner Christophorus – moderne Christophora – zu leben. Dass wir uns mit den eigenen Möglichkeiten einbringen und Menschen heute durch Gefahren des Lebens geleiten.

Moral vs. ReligionWeil in einer Legende ein Weiser einem hundsköpfigen Hühnen, der sich nur dem allermächtigsten Herrscher unterordnen möchte, weil er sich davon erhofft, weniger Angst zu haben, geraten hat, sich mitmenschlich zu verhalten, um so zu Gott zu finden, sollte man sich ebenfalls mitmenschlich verhalten?

Das halte ich für einen reichlich absurden Grund. Um es höflich auszudrücken.

Ich frage mich, wie Menschen im 21. Jahrhundert solche Geschichten noch für irgendwie bedeutsam halten können. Für so bedeutsam, dass sie damit ihr Fernsehpublikum unterhalten.

Bleiben Sie beschützt!?

Gibt es denn nicht viel einleuchtendere und näherliegende Gründe, weswegen man sich mitmenschlich verhalten sollte? Als ausgerechnet die Einbildung, dadurch seiner Gottesvorstellung näher zu kommen? Ich setze mich für dich ein, weil ich mir davon verspreche, so meinem Gott näher zu kommen? Ernsthaft?

Und dann auch noch ausgerechnet diesem Gott, der unangenehmsten Gestalt menschlicher Fiktion? Einem Gott, der trotz Allmacht und Allgüte nichts gegen das vielfältige Leid auf Erden unternimmt?

Wieso wählten so viele Gläubige andere Wege, ihrem Gott näher zu kommen, zum Beispiel, indem sie Un- und Andersgläubige verfolgten, ausbeuteten und ermordeten?

Bleiben Sie beschützt. Eine gute Nacht.

MemeFrau Eichert, ist Ihnen wirklich nicht bewusst, wie viele Menschen gerade jetzt in diesem Augenblick eben nicht beschützt sind?  Weder von Ihrem Wüstengott, noch sonstwie? Die einen Satz wie „Bleiben Sie beschützt“ als blanken Hohn, als arroganten Zynismus auffassen würden?

Egal, welche Eigenschaften und Absichten Sie Ihrer persönlichen Gottesvorstellung andichten: Dem biblisch-christlichen Gott scheint das Schicksal seiner Schöpfung völlig egal zu sein.

Wir Menschen sind schon selbst gefragt, in unserem eigenen und im Interesse unserer Mitlebewesen für eine gerechtere, fairere und weniger leidvolle Welt zu sorgen.

*Die als Zitat gekennzeichneten Abschnitte stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Originalbeitrag.

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