Wort zum Wort des Bischofs zur Datenschutzverordnung: Schützt Gott eigentlich unsere Daten?

Lesezeit: ~ 5 Min.

Wort zum Wort des Bischofs: Schützt Gott eigentlich unsere Daten?, Beitrag zur Datenschutzverordnung veröffentlicht am 03.06.2018 von domradio.de

Quelle: domradio.de

Ich kenne einen, dem ist die neue europäische Datenschutzverordnung total egal. Er hält sich gar nicht daran. Auch die hohen Strafandrohungen sind ihm völlig schnuppe. Für ihn gelten offenbar andere Gesetze.*

Das stimmt natürlich. Phantasiewesen unterliegen nicht der europäischen Datenschutzverordnung.

Ich kenne übrigens noch jemand, der die hohen Strafandrohungen der neuen EU-Datenschutzverordnung völlig schnuppe sind: Die katholische Kirche. Denn die hat wiedermal von ihrem Recht Gebrauch gemacht, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln.

Ergebnis: Statt Umsetzung der neuen EU-Datenschutzverordnung gibts jetzt ein neues kirchliches Datenschutzgesetz (KDG).

EU-Datenschutzverordnung gilt nicht für die katholische Kirche

Trotz der Anlehnung an die europäische Datenschutzverordnung gibt es etliche Unterschiede zwischen der EU-DSGVO und dem KDG. So wurde zwar immerhin eine bisher nicht vorhandene Sanktion bis zu 500.000 € für Verstöße eingeführt.

Was, verglichen mit den in der EU-Datenschutzverordnung vorgesehenen Sanktionen und in Anbetracht des Milliardenvermögens der katholischen Kirche allerdings geradezu lächerlich gering erscheint:

  • In Bezug auf Sanktionsmöglichkeiten bei Datenschutzverstößen erfährt das KDG gegenüber der KDO (diese sah lediglich die Möglichkeit einer formellen Beanstandung vor) eine erhebliche Steigerung: Nach § 51 Absatz 5 KDG können Geldbußen von bis zu 500.000 € verhängt werden. Allerdings wird damit bei weitem nicht der Sanktionsrahmen der DSGVO erreicht (bis zu 20 Mio € bzw. 4 % des gesamten weltweiten Jahresumsatzes). Zudem wird gemäß § 51 Absatz 6 i.V.m. § 3 Absatz 1 KDG der Kreis derjenigen, gegen die Sanktionen verhängt werden können, erheblich eingeschränkt. (Quelle: datenschutz-notizen.de)

Wenns ums Geld geht, geht die katholische Kirche lieber auf Nummer Sicher. Schon praktisch, so eine eigene Parallel-Gesetzgebung…

„Gott weiß, was ich zum Leben brauche und schenkt es mir“

[…] Einem aber vertraue ich blind, selbst wenn der sich an keine Datenschutzrechtlinie hält: Unser Vater im Himmel! Er weiß alles über mich. Er kennt mich durch und durch. Blickt in mein Herz und hat jedes Haar auf meinem Haupt gezählt. Gott weiß, was ich zum Leben brauche und schenkt es mir.

Natürlich ist es Ihre Privatangelegenheit, wem oder was Sie vertrauen, Herr Woelki. Wenn Sie sich mit der Vorstellung, ein magisches Himmelswesen interessiere sich für Ihr Innerstes besser fühlen – warum nicht. Die Gedanken sind dank Aufklärung und Säkularisierung frei.

Aber wenn ausgerechnet Sie öffentlich behaupten, Sie bekämen das, was Sie zum Leben brauchen von Ihrem Gott geschenkt, dann dürfen Sie sich nicht wundern, wenn jemand unter anderem Ihr Verhältnis zur Wirklichkeit wiedermal stark in Frage stellt. Um es mal ganz diplomatisch auszudrücken.

Haben Sie eigentlich eine Erklärung dafür, warum Ihnen Ihr Gott das, was Sie zum Leben brauchen schenkt (wenngleich er dazu offensichtlich den doch recht umständlichen Umweg über die Staatskassen gewählt hat)?

Während er unzählige andere Menschen, die mindestens genauso fest auf diesen Gott vertrauen wie Sie und die er Ihrer Auffassung zufolge ja genauso „durch und durch“ kennt nicht beschenkt?

Und zwar Menschen, bei denen es nicht wie bei Ihnen um ein 5stelliges Monatsgehalt, Dienstwohnung und Dienst-BMW geht, sondern ums nackte Überleben?

Halten Sie Ihre Vorstellung in Anbetracht dieser Tatsache nicht auch für reichlich arrogant, egozentrisch und realitätsfern?

Kognitive Verzerrung

Manchmal verstehe ich nicht sofort, was Gott mit mir vorhat. Mein Gott, denke ich dann, warum läuft das jetzt nicht so, wie Du das willst? Gott, was soll das jetzt? Aber spätestens im Rückblick erkenne ich: Unser Vater im Himmel meint es doch gut mit mir. Er zeigt mir den richtigen Weg. Er ist immer bei mir und lässt mich niemals allein.

Auch hier tritt wieder diese schon bekannte, geradezu widerwärtige klerikale Überheblichkeit zum Vorschein. Die Arroganz eines fürstlich bezahlten Kirchendieners, der zeitlebens ausgesorgt hat, indem er Menschen Geschichten aus seiner religiösen Phantasiewelt erzählt. Und der natürlich auf dem richtigen Weg unterwegs ist, weil Gott persönlich ihm ja den Weg weist.

GebetslogikHerr Woelki, ich habe für Ihre hier beschriebene „Wahrnehmung“ eine andere Erklärung: Sie haben die starke Glaubensgewissheit (in nicht-religiösem Kontext würde man wohl von Wunschvorstellung, fixer Idee, oder, wenns klinisch wird, von kognitiver Verzerrung sprechen), dass Ihr Leben von einem magischen Himmelswesen geleitet wird. Von einem Gott, der es gut mit Ihnen meint.

In allem, was Ihnen widerfährt, meinen Sie das Wirken Ihres Gottes zu erkennen. Alles, was Ihnen aus Ihrer Sicht positiv erscheint, ist für Sie ein Beweis für die Wirkmächtigkeit Ihres Gottes.

Negatives bewältigen Sie, indem Sie zum Beispiel einfach mal abwarten und das Ereignis nachträglich zur „göttlichen Prüfung“ deklarieren. Oder Sie nehmen Ihren Gott aus der Kritik, indem Sie sich selbst die Schuld geben. Dafür, dass Sie von dem freien Willen, mit dem Ihr Gott Sie ausgestattet hat, Gebrauch gemacht haben.

Götter sind beliebig austauschbar

Faktisch macht es keinen Unterschied, welchen Gott Sie sich einbilden. Genausowenig wie es faktisch einen Unterschied machen würde, ob ich ein Gebäude segne oder Sie.

Warum Sie sich ausgerechnet vom biblisch-christlichen Wüstengott Jahwe & Sohn begleitet fühlen, dürfte ausschließlich bio- und geographische und in der Folge berufliche Gründe haben.

Die Taucher, die gerade die Kinder aus der Höhle in Thailand gerettet haben, sind mindestens genauso fest davon überzeugt, dass Brahma (oder welche Gottheit auch immer dort für Höhlenrettungen zuständig ist) für den Erfolg der gefährlichen Mission gesorgt hatte. Woran könnten die erkennen, dass es in Wirklichkeit the one and only Monogott Jahwe war, der hier seine Finger oder was auch immer im Spiel hatte?

Welche dieser beiden Erklärungen ist plausibler: Ein magisches Himmelswesen, das mit Menschen etwas „vorhat“ und dessen Wirken sich meist erst im Nachhinein „erkennen“ lässt, oder ein wunschgemäßes Hineininterpretieren einer bestimmten Gottesvorstellung in die eigenen Wahrnehmungen und Erlebnisse?

Vor Gott verantwortlich?

Ich weiß, dass Gott mir auch meine Freiheit lässt. Ja – ich bin natürlich dann auch für mein freies Handeln vor Gott verantwortlich. Und am Ende der Tage wird Gott mir schon den Spiegel, das Buch mit den Daten meines Lebens vorhalten und mich dafür natürlich zur Verantwortung ziehen.

Woher wissen Sie das, Herr Woelki? Woher wissen Sie überhaupt irgendetwas darüber, was Gott tut oder tun wird?

Haben Sie sich schon mal gefragt, was das für ein Gott sein muss, der Menschen mit einem freien Willen ausstattet und sie dann bestraft, wenn sie davon Gebrauch machen? Wie kann man einen solchen Willen dann als frei bezeichnen? Frei wovon?

Zu Ihrer Vorstellung, am Ende der Tage (was genau meinen Sie damit?) von Ihrem lieben Gott für Ihre zeitlebens begangenen Fehler zur Verantwortung gezogen zu werden, könnte ein Psychologe oder Psychiater sicher mehr sagen als ich.

Was ich Ihnen allerdings sagen kann ist dieses: Was Ihr Gott Ihrer Vorstellung zufolge mit Ihnen „am Ende der Tage“ veranstaltet, betrifft nur Sie allein. Für Ihre Verantwortung, die Sie zu Lebzeiten für Ihr Handeln haben, ist dies jedoch völlig irrelevant. Und Menschen vorzugaukeln, Dinge zu wissen, die man nicht wissen kann, halte ich für hochgradig verantwortungslos. Sie haben Ihr Handeln und Ihre Behauptungen nicht vor Gott, sondern vor Ihren Mitmenschen zu verantworten.

Vermischung von Phantasie und Wirklichkeit

Aber doch nicht wie ein kleiner menschlicher Buchhalter, sondern wie ein guter Vater, der mich ohne jeden Datenschutz durch und durch kennt.

Wenn Sie sich an der biblischen Grundlage Ihres Glaubens orientieren, brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen: Denn da genügt es, getauft zu sein und zu glauben.

Wer das tut, wird erlöst werden (Mk 16,16). Nur wer nicht getauft ist und nicht (oder an den falschen Gott) glaubt, der wird dafür zeitlich unbegrenzt mit physischen und psychischen Höllenqualen bei vollem Bewusstsein bestraft.

Demzufolge scheint es Gott herzlich egal zu sein, was Sie während Ihres irdischen Daseins sonst noch so behauptet, getan oder gelassen haben.

Bischof Woelki tröstet sich mit einem Kinderlied

Ich hoffe dann auf seine Gnade und Barmherzigkeit.

Brauchen Sie als getaufter und gläubiger Christ doch gar nicht! Sie können sich voll und ganz aufs Diesseits konzentrieren. Die Fahrkarte zur himmlischen Herrlichkeit haben Sie ja schon in der Tasche.

Bis dahin lebe ich getrost in der Gewissheit des Kinderliedes: „Weißt Du wieviel Sternlein stehen, an dem blauen Himmelszelt?“ „Gott der Herr hat sie gezählet, dass ihm auch nicht eines fehlet, …kennt auch Dich und hat Dich lieb!“

naiver KinderglaubeKinder schaffen es in der Regel, im Lauf ihrer Entwicklung zwischen Phantasie und Wirklichkeit zu unterscheiden. Offensichtlich klappt das nicht immer…

*Die als Zitat gekennzeichneten Abschnitte stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Originalbeitrag von domradio.de zum Thema Datenschutzverordnung

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