Missbrauchsopfer: Papst nimmt Christen in Sippenhaft

Lesezeit: ~ 2 Min.

Diese Woche berichtete die Mainpost im Artikel „Papst: Kirche hat Missbrauchsopfer ignoriert“ darüber, wie das katholische Kirchenoberhaupt „alle Glieder [sic!] des Volks Gottes“ für die von der katholischen Kirche zu verantwortenden Missbrauchsfälle „in die Pflicht“ nimmt.

Missbrauchsopfer

Wenn es, wie von Papst Franziskus behauptet, unmöglich sei, „sich eine Umkehr des kirchlichen Handelns vorzustellen ohne die aktive Teilnahme aller Glieder des Volks Gottes“, dann bedeutet das im Umkehrschluss: „Alle Glieder des Volks Gottes“ trifft zumindest eine Mitschuld am Leid der Missbrauchsopfer. Nämlich dann, wenn sich die Gläubigen nicht für eine „Kultur des Schutzes und des ‚Nie wieder‘ gegenüber jeder Art und jeder Form von Missbrauch“ einsetzen.

Als ob das der Grund für den weltweiten, tausendfachen, teils systematischen und so umfangreich und lange wie möglich vertuschten Kindesmissbrauch durch katholische Priester über viele Jahrzehnte hinweg (und vermutlich auch noch länger) wäre.

Und als ob sich katholische Priester, die Kinder missbrauchen davon abhalten lassen würden, was ihre Kundschaft  „gegenüber jeder Art und jeder Form von Missbrauch“ denkt.

Wer hat Schuld am Leid der Missbrauchsopfer?

Die Worte des Papstes klingen umso heuchlerischer und verlogener, wenn man bedenkt, dass der katholische Kirchenkonzern die Missbrauchsfälle so lange wie irgend möglich vertuscht hatte.

Von den Gläubigen weltweit jetzt moralische Unterstützung einzufordern, ist für eine Institution, die von sich behauptet, ihrerseits im Besitz einer überlegenen, ja sogar der einzig wahren, weil göttlichen Moralquelle zu sein gerade zu lächerlich paradox.

Am Leid der Missbrauchsopfer trifft die Herde der gläubigen Schafe keine direkte, wohl aber eine indirekte Schuld. Diese besteht jedoch nicht darin, nichts gegen den Missbrauch unternommen zu haben. Der vor den Gläubigen ja genauso verschwiegen und vertuscht worden war wie vor dem Rest der Welt.

Das archaische, absolutistische Vorgehen, Menschen für die Schuld Anderer zur Verantwortung zu ziehen bzw. sie zu bestrafen, lässt sich biblisch problemlos rechtfertigen. Der liebe Gott selbst scheint die so genannte „Sippenhaft“ für ein angemessenes Instrument zu halten (Hervorhebung von mir):

  • […] Denn ich bin der HERR, dein Gott, ein eifersüchtiger Gott: Ich suche die Schuld der Väter an den Kindern heim, an der dritten und vierten Generation, bei denen, die mich hassen; […] (5. Mo 5,9 EU)

Jetzt aus der Kirche austreten!

Indirekt mitschuldig macht sich der gemeine Katholik, indem er durch seine Mitgliedschaft in der katholischen Kirche eine Organisation unterstützt, in der solche Missbrauchsfälle erst möglich sind.

Ein Rücktritt des Papstes und aller, die er mit „wir“ meint, wenn er einräumt, „nicht rechtzeitig gehandelt“ zu haben, als „wir den Umfang und die Schwere des Schadens erkannten“, ist in einer undemokratischen Wahlmonarchie wie der katholischen Kirche nicht zu erwarten.

Natürlich wird der Papst seiner Kundschaft kaum zu einem Anbieterwechsel raten. Oder gar, sich bei dieser Gelegenheit einfach gleich ganz von der Bindung an die katholische Kirche zu befreien.

Warum du jetzt aus der Kirche austreten solltest, erfährst du hier.

Sippenhaft für die Christenheit

Der Papst spricht unter höchstem Zwange
– vor diesem Rundbrief war ihm bange –
zu seinen Schafen, die er kaum kennt
und daher kurz „Volk Gottes“ nennt.

„Missbrauch“ klingt es durch Kirchenhallen!
Das wird vielen nicht gefallen.
Drecksgedanken in heiligen Räumen
ließen sich einstmals nur einzelne träumen.

Doch jetzt soll jeder (!) in Reue und Scham
– und das ist einfach nur infam –
ob er dabei war oder nicht,
sich fühlen wie ein schuldiger Wicht.

So sind mit diesem frommen Scheine
Schuldige und Schweiger nicht ganz alleine.

„Sippenhaft“ für die Christenheit!
Wer das mitmacht, ist nicht ganz gescheit.

– Sybille

 

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2 Gedanken zu „Missbrauchsopfer: Papst nimmt Christen in Sippenhaft“

  1. Ich hege den Verdacht, dass Christen möglicherweise tatsächlich eine kollektive Schuld an den Missbräuchen haben könnten. Zwar nicht als Täter. Aber doch in der Schaffung einer Konstellation, die solche Taten ermöglicht und begünstigt.

    Im Katholizismus gelten Leichtgläubigkeit, Kritiklosigkeit und Unterwürfigkeit zu den größten Tugenden für die Gläubigen („Selig sind, die nicht sehen und doch glauben“, Joh. 20,29). Für den Klerus wird eine Überhöhung zelebriert, eine Aura der Unantastbarkeit und der absoluten Rechtschaffenheit.

    Die Täter nutzen diese Konstellation aus.

    Keiner der zwei Seiten wird auf diese Eigenschaften verzichten wollen. Je gläubiger die Gläubigen sind, desto mehr suhlen sie sich in Unterwürfigkeit gegenüber dem vermeintlich Göttlichen, und je mehr wollen sie im Klerus auch ein Abbild dieses Göttlichen sehen. Der Klerus spielt diese Rolle natürlich gerne mit, ist dabei aber auch auf die Leichtgläubigkeit der Gemeinde angewiesen. Beide Seiten bedingen und verstärken sich gegenseitig.

    Was tun?

    Der Klerus müsste die Überhöhung seiner Priester zurücknehmen, weil die Unantastbarkeit der Priester ein wichtiges Machtinstrument gegenüber den Kindern (und den Erwachsenen!) darstellt. Das wird jedoch nie geschehen, weil der religiöse Betrug nur vermittels dieser Überhöhung funktioniert.

    Die Gläubigen müssten weniger leichtgläubig sein und sich mehr in kritischem Denken üben, und zwar schon ab dem Kindesalter. Daran haben jedoch gläubige Eltern kein Interesse, und so wird den Kindern eben kritiklose Wundergläubigkeit und falsche Vertrauensseligkeit beigebracht.

    Die Gläubigen werden den Mut nicht aufbringen, die Dinge kritisch zu hinterfragen, weil sie alle insgeheim ahnen, dass dann das ganze Kartenhaus zusammenbricht. An diesem Selbstbetrug sind aber nicht nur die Priester schuld, sondern auch die Gläubigen selbst. Jeder Atheist weiß aus Debatten mit Gläubigen, wie sehr die Gläubigen an ihrer Rolle in diesem Theater festhalten, und wie stark die Weigerung ist, unbequeme Fragen auch nur in ihre Nähe kommen zu lassen.

    Am Ende werden beide Seiten diese unglückliche Konstellation sogar noch verstärken: Es muss jetzt, in diesen schweren Zeiten der Prüfung, noch mehr gebetet, noch mehr bereut und noch mehr in die Kirche gegangen werden. Der Papst ruft gar die ganze Christenheit zur Hilfe auf! Jehowa!

    Der Artikel arbeitet diesen Wahnsinn gut heraus.

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