Wer erschuf Gott?

Lesezeit: ~ 3 Min.

Im Youtubekanal mitdenkend.de versucht ein evangelikaler Youtuber, die Frage „Wer erschuf Gott?“ zu bewältigen:

Jori Wehner** hat mitgedacht. Und liefert die Antwort aus wissenschaftlich-rational-skeptischer Sicht:

Fakt: Wir wissen nicht, wie der Urknall zustande gekommen ist.

Es gibt zwei mögliche Alternativen:

  1. Alternative: Es war ein geplantes, absichtlich geschaffenes Ereignis.
  2. Alternative: Es war eine absichtslose Folge naturgesetzlicher Abläufe.

Das Video behauptet ohne jede Begründung oder Rechtfertigung: „Es war 1! Ein absichtlich geschaffenes Ereignis.“

Das ist eine leere Behauptung.

Diese Behauptung ist extrem unplausibel.

Hunderte ungeklärte Naturphänomene sind mittlerweile aufgeklärt worden. Noch nie haben sich die vermuteten übernatürlichen Akteure als Ursache bestätigt.

Im Gegenteil: Alle mittlerweile verstandenen Phänomene sind absichtslose Folge naturgesetzlicher Abläufe. Höchstwahrscheinlich auch der Urknall.

Die Natur zeigt eine Entwicklung vom Einfachen hin zum Komplexen: Urknall, uniforme Energie, leichte Atome, Kernfusion, schwere Atome, Galaxien, Biochemie, Leben, Bewusstein, Intelligenz usw. Alle bekannten Phänomene zeigen diese Entwicklung vom Einfach zum Komplexen.

Die Gottesbehauptung postuliert das Gegenteil: Im Anfang war zufällig größte Komplexität (Gott).

Das ist unplausibel.

„Gott wars!“ ist nicht nur eine leere Behauptung, sondern eine sinnlose Pseudoerklärung. Mal angenommen, unser Universum würde kein Leben erlauben. Warum? „Weil Gott es so wollte!“

Mal angenommen, wir würden in einem Universum leben, in dem wir jede Minute einen Urknall beobachten. Warum? „Weil Gott es so wollte!“
Mal angenommen, es hätte nie einen Urknall gegeben. Warum? „Weil Gott es so wollte!“

„Gott wollte das so!“ ist eine unsinnige Pseudoerklärung, die über jeden beliebigen Zustand der Realität übergestülpt werden kann.

„Wer erschuf Gott“ – ist eine Frage, die ein Logikproblem in die Sprache der Gläubigen übersetzen will.

Gläubige meinen: „Das Universum ist zu komplex, um ohne Erklärung auszukommen. Es muss eine Erklärung her. (Gott war’s!)“

Skeptiker wenden ein: „Aber Gott ist doch noch viel komplexer als die Realität! Und der soll ohne Grund, ohne Erklärung zufülligerweise einfach da sein?“

Wer erschuf Gott?

Liebe Gläubige. Wenn Ihr die Existenz des Universums nicht einfach „ohne Erklärung“ hinnehmen könnt, dann solltet Ihr die zufällige Existenz Gottes noch viel weniger hinnehmen können. Der ist noch viel komplexer. Der erfordert eine noch viel komplexere Erklärung.

Gläubige wenden hier einen diskursiven Doppelstandard an:

„MEINE hochkomplexe Ursache braucht keine Erklärung! Aber DEINE viel weniger komplexe Ursache (z.B. eine Quantenfluktuation) braucht eine!“

Das ist logisch inkonsistent. Gläubige beugen die eigenen Regeln zu Gunsten der eigenen Lieblingshypothese.

Der Skeptiker bleibt hier ehrlich: „Wir wissen nicht, welche Ursache der Urknall hatte. Die Frage bleibt derzeit offen.“

Die Nullhypothese

Ehrliche Erkenntnisgewinnung über die Welt startet immer mit der sog. „Nullhypothese“. Das weiß jeder, der mal ernsthaft empirische Fragen beforscht hat. In allen Fragen, in denen wir an der wahren, faktisch korrekten Antwort interessiert sind, muss die Methode der Nullhypothese angewendet werden. (Um den wahrscheinlichen alpha-Fehler (Fehler 1. Grades) zu minimieren, der eine unwahre Hypothese irrtümlich als wahr akzeptiert.)

Jeder Angeklagte gilt bis zum Beweis des Gegenteils als unschuldig. Jedes Medikament in einer Zulassungsstudie gilt bis zum Beweis des Gegenteils als unwirksam. Jeder statistische Gruppenvergleich geht bis zum Beweis des Gegenteils davon aus, dass KEIN Unterschied zwischen den Gruppen vorliegt.

So funktionierts:

1. Bilde eine Hypothese.
Aussage X ist wahr.

2. Bilde die Verneinung dieser Hypothese (Nullhypothese).
Aussage X ist unwahr.

3. Die Nullhypothese wird zunächst als wahr betrachtet.
Aussage X ist unwahr.

4. Sammle Beobachtungsdaten.

5. Die Nullhypothese wird erst aufgegeben, wenn sie nicht länger mit den gesammelten Daten vereinbar ist.

Gläubige missachten dieses Prinzip.

Sie betrachten ihre Lieblings-Hypothese (Gott) primär als wahr. Sie weigern sich, die Möglichkeit des eigenen Irrtums in Betracht zu ziehen und ergebnisoffen zu untersuchen.

Wie immer: Glaube kann nur aufrecht erhalten werden, indem man alle Prinzipien ehrlicher und wirksamer Erkenntnisgewinnung missachtet.

Daran erkennt man Irrtümer und Fehlurteile.

Jede bisherige Beobachtung dieser Welt ist vereinbar mit der Nullhypothese: „Es gibt keinen Gott“.

Wer an der Wahrheit interessiert ist – an der faktisch korrekten Antwort – muss also vorerst an der Nullhypothese festhalten. Es gibt keinen Gott.

*Quelle des Videos: Youtube
**Quelle des Kommentars: Jori Wehner via Facebook

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