Raushalten! – Das Wort zum Wort zum Sonntag

Lesezeit: ~ 8 Min.

Raushalten! – Das Wort zum Wort zum Sonntag, gesprochen von Annette Behnken (ev.), veröffentlicht am 21. September 2019 von ARD/daserste.de

Darum geht es

Frau Behnken versucht in dieser Fernsehpredigt, die kirchliche Einmischung in politische Themen zu rechtfertigen. Dazu bastelt sie einen Strohmann und umschifft die Schattenseiten der christlichen Lehre, indem sie ihren eigenen Glauben definiert.

Raushalten! Ja bitte.

[…] Kirche soll sich raus halten aus der Politik, sagen viele. Glaube sei Privatsache.
(Quelle der so als Zitat gekennzeichneten Abschnitte: Raushalten! – Wort zum Sonntag gesprochen von Annette Behnken (ev.), veröffentlicht am 21. September 2019 von ARD/daserste.de)

Hier gilt es zu differenzieren. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass gemäß Artikel 140 GG in Deutschland keine Staatskirche besteht. Der Staat ist zu weltanschaulicher Neutralität verpflichtet.

Dass Deutschland noch meilenweit von der gesetzlich verbrieften Säkularität entfernt ist, gilt als einer der Hauptkritikpunkte am Gebaren der christlichen Kirchen in Deutschland.

Wenn wir also von der Institution Kirche sprechen, so hat sich diese tatsächlich rauszuhalten aus der Politik. Wie massiv die politische Einflussnahme des Klerus in Deutschland tatsächlich ist, lässt sich beispielhaft am Lobbynetzwerk der katholischen Kirche erahnen.

Macht was ihr wollt

Anders sieht es aus, wenn es um das geht, was die Kirche selbst tut oder lässt:

Kirche kauft ein Schiff, um Flüchtende vor dem Ertrinken im Mittelmeer zu retten. Und auch da: Protest: Haltet Euch da raus. Spielt euch nicht zu Moralaposteln auf. Dafür hat Kirche selbst zu viel Dreck am Stecken und zu viel Unheil angerichtet in der politischen Vergangenheit.

Was die Kirche tut oder lässt, ist erstmal ihre Sache. Solange sie dazu ihr eigenes Geld verwendet und keine gleichberechtigten Interessen Anderer verletzt, ist dagegen grundsätzlich sicher nichts einzuwenden.

Wer zum Beispiel der Meinung ist, die Kirche solle keine Seenotrettung betreiben, weil dies nur moralisch unbedenklichen Institutionen vorbehalten sei, der kann ja aus der Kirche austreten.

Schwerer haben es dann hier mitunter die Parteien, die sich ihrerseits gerne ein paar christliche Federchen ans Revers stecken. Und die vielleicht manche Dinge anders beurteilen als die Kirche.

Ein Jäckchen für den Strohmann

Eine solch schwache Argumentation kommt Frau Behnken natürlich gelegen. Weil sie diese sehr einfach entkräften kann. Sicherheitshalber strickt sie ihrem Strohmann aber noch ein schönes Jäckchen. Indem sie ihren Kritiker als unflätigen, beleidigenden Nörgler darstellt:

Und fast immer, wenn ich ein Wort zum Sonntag gesprochen habe, bekomme ich Mails: Du Pastorin, misch dich nicht ein in politische Themen. Halt entweder die Klappe oder erzähl uns was vom Glauben und von Gott.

Nach dieser einleitenden Vorbereitung sind die Kritiker an der kirchlichen Einmischung in die Politik perfekt für die Verteidigungsrede präpariert.

Okay! Erzähl ich Ihnen was von meinem persönlichen Glauben. Glaube fängt oft sehr persönlich an. Bei mir da, wo ich fühle, dass ich mein Leben geschenkt bekommen habe. Von etwas. Jemand. Den ich Gott nenne. In meinem Glauben ist Gott ein Gott der unbedingten Liebe zu allem, was lebendig ist.

Es sei Frau Behnken freilich unbenommen, sich ihre Gefühlswelt und auch ihre Weltsicht so zusammenzubasteln, wie sie ihr gefällt. Oder wie es ihr tröstlich, hilfreich, glaub-würdig oder gar sinnvoll erscheint.

Während der Aufklärung und Säkularisierung hatten Menschen die Werte wie Gedanken-, Weltanschauungs- und Redefreiheit gegen der erbitterten Widerstand des von ihr vertretenen Christentums erkämpft. Werte, von denen auch die Frau Pastorin heute profitiert.

Subjektive Gefühle und Wunschvorstellungen taugen nicht als Argumente

RaushaltenMit dem Aufstellen schon dieser ersten Prämissen (Ich habe mein Leben von Gott geschenkt bekommen und dieser Gott hat eine bestimmte Eigenschaft) liefert Frau Behnken selbst den Grund dafür, warum sie nicht erwarten kann, in einer politischen oder sonstigen Diskussion, die nicht nur ihre religiöse Phantasiewelt betrifft, nicht erwarten kann, von irgendwem ernst genommen zu werden.

Denn ganz egal, ob sie sich ihren Gott als Liebes- oder Rachegott imaginiert: Sobald in einer Argumentation Götter, Geister oder Gottessöhne vorkommen, ist diese Argumentation hinfällig.

Dies hat weder mit einer Kritik an der Institution Kirche zu tun, die sich in einem Säkularstaat gefälligst von der Politik fernzuhalten hat (und umgekehrt). Noch hat es etwas damit zu tun, dass die Kirche in Anbetracht ihrer eigenen Kriminalgeschichte höchst unglaubwürdig erscheint, wenn sie heute als „Moralapostel“ auftritt.

Nicht zu vergessen auch die Teile des Christentums, die gegenwärtig Diktatoren, Nationalisten und Populisten bereitwillig und aus ihrem christlichen Glauben heraus zur Macht verhelfen.

Nein. Hier geht es schlicht und ergreifend darum, dass vermeintliche Eigenschaften und Absichten angeblicher Götter für das irdische Geschehen irrelevant sind. Argumente, die auf diesen Prämissen beruhen, sind ungültig. Jedenfalls außerhalb der religiös erweiterten Phantasiewelt.

Da könnte ja schließlich jeder kommen.  Und irgendwelche Dinge fordern, die ihm sein jeweiliger Gott, Kobold oder Flaschengeist eingeflüstert und aufgetragen haben soll.

Wozu die Verkündigung?

Nun stellt Frau Behnken ja klar, dass sie hier von ihrem Privatglauben erzählt. Dann frage ich mich allerdings, warum sie sich vor die Kamera des öffentlich-rechtlichen Fernsehens stellt, um das Publikum an ihrer (zwar intellektuell unredlichen, trotzdem aber völlig legitimen) Realitätsflucht teilhaben zu lassen?

Und noch mehr frage ich mich, warum sie das nicht auf eigene Kosten tut. Wenn es ihr – warum auch immer – ein Anliegen ist, dass theoretisch alle Welt davon erfährt, dass sie am Glauben an eine absurde monotheistische Mythologie festhält, die sich ein Wüstenvolk in der Bronzezeit erdacht hatte.

In meinem Glauben zählt das Gebot der Nächstenliebe: Du sollst deinen Nächsten lieben, wie dich selbst.

Frau Behnken, wieso verschweigen Sie an dieser Stelle das höchste und erste Gebot Ihrer Religion? Die Liebe zu Gott?

  1. Jesus aber sprach zu ihm: »Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt« (5. Mose 6,5).
  2. Dies ist das höchste und erste Gebot.
  3. Das andere aber ist dem gleich: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst« (3. Mose 19,18).
    (Mt 22, 37-39 LUT)

Spielt die Liebe zu Gott keine Rolle (mehr), wenn man die offenbar einfach so weglassen kann? Ist die Einbildung dieser Liebe vielleicht gar überflüssig geworden? Wieso sollte dann das Doppelgebot der Selbst- und Nächstenliebe noch gelten, wenn die Gottesliebe irrelevant ist?

Und was ist eigentlich mit den Menschen, die sich selbst nicht lieben?

Gelten diese biblischen Gebote auch noch?

Direkt im Anschluss an das Gebot der Selbst- und Nächstenliebe finden sich noch weitere Anweisungen, die Gott laut biblischer Mythologie den anonymen Bibelschreibern als ewige göttliche Wahrheit geoffenbart hat:

  1. Meine Satzungen sollt ihr halten: Lass nicht zweierlei Art unter deinem Vieh sich paaren und besäe dein Feld nicht mit zweierlei Samen und lege kein Kleid an, das aus zweierlei Faden gewebt ist.
  2. Wenn ein Mann bei einer Frau liegt, die eine leibeigne Magd ist und einem Mann zur Ehe bestimmt, doch nicht losgekauft oder freigelassen ist, so soll Ersatz geleistet werden. Aber sie sollen nicht sterben, denn sie war noch nicht freigelassen.
  3. Der Mann soll aber als seine Buße dem HERRN vor den Eingang der Stiftshütte einen Widder zum Schuldopfer bringen;
  4. und der Priester soll ihn entsühnen mit diesem Widder vor dem HERRN wegen der Sünde, die er getan hat, so wird ihm seine Sünde vergeben werden, die er getan hat.
  5. Wenn ihr in das Land kommt und allerlei Bäume pflanzt, von denen man isst, so lasst ihre ersten Früchte stehen, als wären sie unrein wie Unbeschnittene. Drei Jahre lang sollen euch die Früchte wie unbeschnitten gelten; sie dürfen nicht gegessen werden;
  6. im vierten Jahr sollen alle ihre Früchte unter Jubel dem HERRN geweiht werden;
  7. erst im fünften Jahr sollt ihr ihre Früchte essen, auf dass sie euch weiter ihren Ertrag geben; ich bin der HERR, euer Gott.
  8. Ihr sollt nichts essen, in dem noch Blut ist. Ihr sollt nicht Wahrsagerei noch Zauberei treiben.
  9. Ihr sollt euer Haar am Haupt nicht rundherum abschneiden noch euren Bart stutzen.
  10. Ihr sollt um eines Toten willen an eurem Leibe keine Einschnitte machen noch euch Zeichen einritzen; ich bin der HERR.
    (1. Mo 19, 19-28 LUT)

Zählen diese Gebote Ihres Glaubens auch noch, Frau Behnken? Verzichten Sie auf das Tragen von Mischgewebe und aufs Haareschneiden, wie der HERR es befiehlt? Sollten Christen Bärte tragen und auf Tattoos verzichten?

Falls nicht: woher wissen Sie, welche biblischen Gebote heute noch gelten und welche nicht?

Würde, Glanz…

In meinem Glauben gilt, dass jeder Mensch, jedes Lebewesen, eine unantastbare Würde und einen eigenen Glanz hat.

Nanu, haben Sie sich etwa vom Christentum befreit und sind zum Humanismus gewechselt, Frau Behnken? Die Würde des Menschen ist im Grundgesetz und in den Menschenrechten festgeschrieben. Nicht in der Bibel.

Laut biblisch-christlicher Mythologie ist jeder Mensch ab Geburt mit Erbsünde belastet. Im christlichen Glauben beginnt die Menschheitsgeschichte mit einer Demütigung. Im Falle der Frau:

  1. Und zur Frau sprach er: Ich will dir viel Mühsal schaffen, wenn du schwanger wirst; unter Mühen sollst du Kinder gebären. Und dein Verlangen soll nach deinem Mann sein, aber er soll dein Herr sein. (1. Mo 3, 16 LUT)

Verstehen Sie das unter „Würde und Glanz“?

…und Höllenqualen

Im weiteren Verlauf der biblischen Mythologie hat Gott keine andere Möglichkeit, als praktisch seine gesamte Schöpfung samt ihrer unantastbaren Würde und eigenem Glanz zu ersäufen. Weil er unzufrieden mit ihr war.

Und während es der biblisch-christliche Gott im 1. Teil seines heiligen Wortes noch bei profaner Ermordung aller seiner Gegner belässt, potenziert sich die gnadenlose Gewalt gegen Glaubensfreie und Andersgläubige im Neuen Testament durch die Einführung ewiger Höllenqualen ins Unermessliche.

Im christlichen Glauben hängt die Würde des Menschen davon ab, ob er sich dem richtigen Gott unterworfen hat oder nicht.

Das einzige, was da dann glänzt (abgesehen von den Augen der Rechtgläubigen natürlich), ist vielleicht noch der Schweiß auf der Stirn derer, die der liebe Gott im brennenden Schwefelsee zeitlich unbegrenzt dauerfoltert. Für das Vergehen, sich zu Lebzeiten ihm nicht unterworfen zu haben.

Amen, ich sage euch: Fight for your right to Party!

In meinem Glauben wurzelt die Überzeugung, dass wir das Leben feiern und auskosten sollen.

Zumindest in der Bibel ist mir keine Stelle bekannt, in der es heißt: Feiert euer Leben und kostet es aus! Gefeiert wird da in erster Linie Gott. Und dann erst wieder im Jenseits. Aber natürlich nur nach Bestehen der Glaubensprüfung, die das Leben aus biblischer Sicht darstellt.

Und allem, was lebt, mit Liebe und Respekt begegnen.

Schöne Worte – aber wie realistisch ist diese Vorstellung, bei Licht betrachtet? Zu „allem was lebt“ gehören auch lebensbedrohliche Bakterien, Mikroben und Parasiten, tödlich infektiöse Stechmücken, Nesselquallen…

Und natürlich auch Menschen, die man aufgrund ihres Verhaltens sicher nicht auch noch lieben möchte.

Im Glauben wissen?!

In meinem Glauben weiß ich, dass ich das alles nicht immer hundertprozentig hinkriege. In meinem Glauben bin ich aber sicher, dass, wenn wir uns auf unsere tiefste und innerste Überzeugung hin befragen, auf unsere Herzenswerte, dass wir dann Gutes entdecken können und dass wir aus dieser Quelle handeln sollen.

Frau Behnken, was meinen Sie konkret mit Formulierungen wie In meinem Glauben weiß ich…? oder In meinem Glauben bin ich aber sicher…? Was können Sie dank Ihres Glaubens wissen, was Sie ohne Glaube nicht wissen würden?

Und was ist denn nun Ihre Moralquelle: Der biblisch-christliche Glaube? Oder Ihre persönliche, tiefste und innerste Überzeugung?

Oder entspricht Ihre tiefste und innerste Überzeugung dem biblisch-christlichen Glauben? Dann frage ich mich, mit welchem Trick Sie die menschenverachtenden, unmoralischen Aspekte Ihrer Glaubenslehre haben verschwinden lassen.

Wie kann man einen Glaubensirrtum feststellen?

In all dem weiß ich genau, dass mein Glaube, dass der Glaube auch irren kann und ich nicht immer recht habe, dass ich manchmal meine Meinung ändern muss. Aber mein Orientierungspunkt bleibt dieser Glaube an den Gott der Liebe.

Frau Behnken, wie haben Sie festgestellt, dass Sie sich in Ihrem Glauben auch irren können? Welche Glaubensgewissheit haben Sie schon aufgegeben, weil Sie festgestellt haben, dass Sie sich damit geirrt hatten?

Und was würden Sie als Beleg anerkennen, dass Sie sich mit Ihrem Glauben an einen Liebesgott geirrt haben? Weil dieser Gott eben nicht nur ein Liebes- sondern mindestens genauso unzweifelhaft auch ein gnadenloser, brutaler Rachegott ist? Oder auch, weil es sich dabei lediglich um eine menschliche Erfindung, Einbildung, Wunschvorstellung handelt?

Ein einziger valider Beweis würde genügen, um mich von der Existenz eines beliebigen Gottes zu überzeugen. Können Sie sich irgendetwas vorstellen, das Sie dazu veranlassen würde, Ihren Götterglauben aufzugeben, weil Sie erkannt haben, dass Sie sich damit geirrt haben?

Oder spielt vielleicht die Existenz Ihres Liebesgottes für Ihren Glauben an ihn gar keine Rolle mehr? Dann ist Ihre Gottesvorstellung von einer beliebigen Wunschphantasie nicht unterscheidbar.

Glauben Sie doch, was Sie wollen

Also: Wenn ich von Gott und vom Glauben erzählen soll, dann kann ich die Welt nicht auslassen. Glaube mag sehr privat beginnen, aber er hört nie im Privaten auf. Und umgekehrt: Wenn ich politisch denke und rede, steckt da Glaube drin.

Das mag ja sein. Nur: Was versprechen Sie sich davon, das öffentlich-rechtliche Fernsehpublikum an Ihrem irrationalen Umgang mit der Wirklichkeit teil haben zu lassen?

Und Kirche? In meinem Glauben ist Kirche da Kirche, wo sie für andere da ist.

Der ursprüngliche, eigentliche, übergeordnete Grund für jegliches kirchliche Sozial-Engagement war und ist die Verbreitung des Glaubens.

Sicher gibt es heute viele, in kirchlichen Einrichtungen ehrenamtlich oder beruflich tätige Menschen, die diesen Missionierungsauftrag längst aufgegeben haben. Und die einfach aus Mitmenschlichkeit für andere da sind. Oder eben, weil sie damit ihr Geld verdienen. Für beides braucht es weder Kirche noch Glauben.

…und wenn nicht?

In meinem Glauben ist Kirche da Kirche, wo sie anderen ein Segen ist.

Da müsste man erst mal wissen, was konkret mit „Segen“ gemeint sein soll. Denn Gläubige halten durchaus auch die Verbreitung ihrer Glaubensinhalte für segensreich.

Kirche ist eben auch da Kirche, wo sie anderen kein „Segen“ ist. Oder vorrangig nur ein Segen für sich selbst.

Wie praktisch, dass man sich mit der Methode des Glaubens die Wirklichkeit so zusammenbasteln kann, wie sie einem gefällt.

Negative Aspekte kann man so einfach ausblenden. Diese verschwinden dadurch freilich nicht wirklich. Wohl aber aus dem eigenen Sichtfeld. Da wird dann der Bibelgott zum lieben Gott. Oder die Kirche zur Kirche, solange sie anderen ein „Segen“ ist.

Fazit

Wer im Diskurs zu politischen oder sonstigen Themen, die die Allgemeinheit betreffen ernst genommen werden möchte, sollte auf religiöse und und sonstige Esoterik in der Argumentation verzichten. Denn wer beabsichtigt, mit göttlichen Absichten und Forderungen zu argumentieren, möge sich bitte tatsächlich – raushalten.

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1 Gedanke zu „Raushalten! – Das Wort zum Wort zum Sonntag“

  1. Ich bin dafür, dass öffentlich debattiert wird. Da können auch gerne die Kirchen oder einzelne Gläubige mitmischen.

    Nach meiner Erfahrung wird jedoch vorausgesetzt, dass Ansichten, die mit dem eigenen Glauben begründet werden, als unantastbar gelten.

    Frau Behnke will einerseits ihren Glauben in die öffentliche Debatte einbringen, aber sie beschwert sich andererseits über kritische Äußerungen ihrer Zuhörer. Doch Kritik gehört nunmal zu einer Debatte. Wenn sie dazu nicht bereit ist, kann sie eben nicht teilnehmen.

    Ich würde es sehr begrüßen, wenn religiöse Standpunkte vermehrt in der Öffentlichkeit debattiert würden. Die Kirchen haben sich dieser Debatte viel zu lange entziehen können. Es ist nämlich genau andersherum, also Frau Behnke uns weismachen möchte: Nicht die Gesellschaft hat die Debatte verweigert, sondern die Kirchen. Die Kirchen sind genau in dem Augenblick verstummt, als die Debatte öffentlich und demokratisch wurde und sich jeder zu Wort melden konnte.

    Wer hat Papst Benedikt daran gehindert, sich einem öffentlichen Streitgespräch mit Wissenschaftlern zu stellen? Wer hat Papst Franziskus daran gehindert, mit Historikern über die Bibel zu debattieren? An den Wissenschaftlern oder Historikern hat es nicht gelegen.

    Die Kirchen wissen ganz genau, dass sie bei solchen Debatten nur verlieren können.

    Das ist der Grund, warum die Kirchen dieser Debatte ausweichen, und das ist der Grund, warum ich diese Debatte befürworte.

    Amen.

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