These: Leid und Elend gibt/gäbe es, auch ohne Glauben auf dieser Welt weil der Mensch nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist. Würde der Mensch das, was der Christ als Gebote oder durch Vorbild Jesus gesagt bekommt oder durch die Humanistische Weltanschauung gesagt wird praktizieren, wäre alles gut!
Auch wenn dadurch, dass Menschen oft auf ihren eigenen Vorteil bedacht sind ohne dabei Interessen anderer zu berücksichtigen (DAS ist das eigentliche Problem!), natürlich viel Leid und Elend entsteht, ist der Umkehrschluss, es werde alles gut, wenn sich die Menschen nur an die Gebote eines bestimmten Gottes halten oder sich humanistisch (also ethisch korrekt) verhalten würden, ein Trugschluss (ebenso wie es ein Trugschluss ist, christliche Gebote, die lange vor Erfindung von Grund- und Menschenrechten basierend auf einem Weltbild und einer Wertevorstellung der Menschheit in der ausgehenden Bronzezeit basieren) auf eine Bedeutungsstufe mit einer humanistischen Weltanschauung zu stellen…).
Der Frage, warum Gott Leid und Elend zulassen kann, liegen mehrere Irrtümer und Denkfehler zugrunde:
- Für die Art und Weise, wie bzw. warum alles geschieht, gibt es eine logische, schlüssige, einfache und einleuchtende Erklärung: Den Determinismus. Alles, was geschieht, ist die Folge von etwas, was dem Geschehen vorausgegangen ist. Alles ist die Folge einer Ursache. Nichts geschieht „aus sich selbst heraus.“ Alles was geschieht, kann man auch als eine unvorstellbar komplexe Ursache-Wirkung-Kette verstehen. Das bedeutet natürlich nicht, dass man alle Zusammenhänge aus Ursache und Wirkung erkennen oder gar erklären kann, trotzdem kann man davon ausgehen, dass dieses Prinzip unserer Realität und unsere Realität diesem Prinzip entspricht. Alles, was angeblich nicht auf Ursache->Wirkung beruht (wie zum Beispiel die Idee eines „freien Willens“ des Menschen) ist deshalb (bis zum Beweis des Gegenteils) nicht als Erklärung akzeptabel.
- Die Idee, dass ein Gott etwas „zulassen“ oder „nicht zulassen“ könne würde voraussetzen, dass wir nicht nur die Existenz eines Gottes (für die es keinerlei seriösen Anhaltspunkt gibt) annehmen müssten, sondern auch noch, dass dieser Gott einen bestimmten Plan, ein bestimmtes Ziel verfolgen würde.
Da wir aber schon erkannt haben, dass in Wirklichkeit alles „nur“ eine sehr komplexe Abfolge von Ursache und Wirkung ist wird schnell klar, dass diese Abläufe eben kein erkennbares Ziel verfolgen und deshalb keinen für uns erkennbaren Sinn haben. Alles, was geschieht, geschieht.
Natürlich haben Lebewesen Ziele, nämlich alles zu tun, was ihr „Wohl“ steigert und was ihr „Wehe“ mindert. Schon die Evolution, ebenfalls eine schier unvorstellbar komplexe Kette aus Ursachen und Wirkungen, verfolgt kein bestimmtes Ziel, sie geschieht einfach und es ist ihr egal, was daraus in der noch verbleibenden Zeit wird.
- Angenommen, es gäbe einen Gott und angenommen, er würde tatsächlich ein bestimmtes Ziel mit seiner Schöpfung verfolgen, dann entzieht sich dieses Ziel unserer Kenntnis und Wahrnehmung und ist dadurch für uns nicht relevant. Zumindest scheint dieses vermutete Ziel nicht zu sein, dass eine bestimmte Trockennasenaffenart die Welt als „gerecht“ empfindet.
Dieser Gott hätte dann vermutlich einen anderen Wertemaßstab als wir. Da es aber nun mal keinen einzigen seriösen Beleg für einen Gott gibt, handelt es sich bis zum Beweis des Gegenteils um eine reine Fiktion, die genauso wenig real ist wie jede andere, beliebige Fiktion auch. Ich könnte mich also genausogut fragen: „Wie kann Papa Schlumpf™ das alles zulassen!?“ oder „Warum tut Harry Potter™ nichts gegen das Elend auf der Welt!? Oder Frau Holle? Oder Witwe Bolte?“
- Wer trotzdem an dieser bestimmten Gottes-Fiktion festhalten möchte, stößt zwangsläufig auf weitere Probleme. Nicht mal aus Menschensicht ist eindeutig klar, was denn „gerecht“ oder „ungerecht“ ist. Da können die Meinungen stark auseinandergehen, wenn man zum Beispiel mal Anhänger verschiedener Götter fragt, ob sie Selbstmordattentate für „gerecht“ halten.
- Warum trotzdem Dinge passieren, die unser individuelles oder auch kollektives Gerechtigkeitsempfinden verletzen und wir uns fragen, wie sowas überhaupt sein kann, ist leicht nachvollziehbar, wenn man weiß, dass der Determinismus, der der tatsächliche „Mechanismus“ hinter allen Abläufen ist, kein „gut“ und „böse“, kein „gerecht“ oder „ungerecht“ kennt. Vielmehr handelt es sich dabei um eine rein logische Abfolge von Ursachen und Wirkungen, genauso „gerecht“ oder „fair“ wie eine Addition oder Multiplikation oder wie die Schwerkraft.
Taugt Jesus als „Moralapostel“? Wer meint, ein ethisch korrektes Verhalten für Menschen im 21. Jahrhundert ausgerechnet aus den Aussagen von Jesus ableiten zu können, sollte sich zunächst damit auseinandersetzen, was genau denn überhaupt historisch belegbar dessen Aussagen waren und welche Aussagen ihm viel später von kreativen Evangelisten in den Mund gelegt worden waren. Darüber gibt es heutzutage aufgrund wissenschaftlicher Untersuchungen überwiegend als allgemein gültig anerkannte Erkenntnisse.
Wer sich mit diesem Thema objektiv befasst, wird schnell erkennen, wie wenig Jesus als „Vorbild“ für eine moderne Weltethik geeignet ist. So richtete sich Jesus als Jude zum Beispiel mit seinen Aussagen nur an Juden und ausdrücklich nicht an „Heiden“ oder Andersgläubige. Die meisten Aussagen, die heute gerne zur Untermauerung eines bestimmten Bildes verwendet werden, stammen nachweislich nicht von Jesus, sondern wurden diesem erst Jahre nach seinem Tod (Jahre und Jahrzehnte, in denen die Geschichten über ihn nur mündlich überliefert worden waren) untergeschoben.
Besonders prekär: Jesus hatte sich ganz offensichtlich mit seiner wichtigsten Aussage geirrt: Die von ihm ausdrücklich für die nahe Zukunft angekündigte „Erlösung“ durch einen Gott hat bis heute nicht stattgefunden. Er selbst war nicht der „Erlöser“, diese Rolle wurde ihm erst nachträglich zugeschrieben, was für ihn als Jude natürlich vollkommen ausgeschlossen gewesen wäre. Weitere Infos zu Jesus, einem der am meist überschätzten Menschen der Weltgeschichte, gibts hier (einfach zusammengefasst) und hier (ausführlich).*
Mit diesen Erkenntnissen ist es einfach zu verstehen, dass es sinnlos ist, in allem, was geschieht, einen Sinn in Form einer bestimmten Absicht erkennen zu wollen.
Allerdings entbindet uns diese Erkenntnis auch nicht davon, uns trotzdem ethisch fair zu verhalten, auch wenn „sowieso alles kommt wie’s kommt.“ Diese Herausforderung stellt allerdings kein Gott an uns, indem er von uns ein bestimmtes Verhalten und das Einhalten „seiner“ Regeln (die in Wirklichkeit Regeln sind, die sich Menschen kurz nach der Bronzezeit für eine scharf abgegrenzte Gruppe ausgedacht haben) fordert, sondern das natürliche „Prinzip Eigennutz“, das jedes Lebewesen verfolgt und das ich an anderer Stelle schon ausführlich beschrieben habe.
Und eben weil sich diese Aufgabe nicht auf die Vorgaben und auf die Moralvorstellungen einer bestimmten Religion, sondern auf das höchste Gut, die individuelle Freiheit aller Individuen bezieht, ist sie auch für alle Menschen unabhängig von Alter, Geschlecht, Gruppenzugehörigkeit, Glaube, Wohnort und Weltsicht verbindlich: „Tue was du willst, ohne dabei gleichberechtigte Interessen anderer zu beeinträchtigen.“
Die Frage nach einem WARUM (Warum lässt Gott das zu) ist genauso berechtigt oder sinnvoll wie die Frage: Warum lässt Gott es zu, dass 2+2 = 4 und nicht 22 ist?
Und nochmal zur eingangs aufgestellten These: Würden sich Menschen ethisch korrekt verhalten, könnten sie die Wahrscheinlichkeit, dass die Erde noch eine gewisse Zeit ein für Lebewesen geeigneter Lebensraum bleibt (oder wieder wird), tatsächlich erhöhen.
Allerdings könnte auch ethisch einwandfreies Verhalten nicht verhindern, dass zum Beispiel ein Komet, determiniert durch seine Flugbahn, in die Erde stürzt und alles Leben vernichtet. Shit happens 🙂
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