Bischof Chalupka: Gott straft nicht

Lesezeit: ~ 7 Min.

Das österreichische KRONEN-Skandalblatt hatte seinen Leser*innen jetzt etwas ganz, ganz Wichtiges mitzuteilen: Gott straft nicht!

Darum geht es

Der österreichische Bischof lässt KRONEN-Leser wissen: Gott straft nicht. Erstaunlich, denn in der Bibel wird Gott als Bestrafungs-Großmeister dargestellt.

Gott straft nicht!

Das jedenfalls behauptet Michael Chalupka in der Rubrik „Von Gott und der Welt“. Und als evangelisch-lutherischer Theologe und Bischof muss er es ja wissen.

Screenshot krone.at via FacebookAndererseits stellt sich natürlich die Frage, welche Kompetenz jemand eigentlich vorweisen können müsste, um pauschale Aussagen zu treffen, die tatsächlich für „uns Christen“ und die damit ja für alle gelten würden, die sich als Christen bezeichnen.

Die katholische Abteilung leistet sich zur Beantwortung kniffliger Fragen eine oberste Entscheidungsinstanz. Ein päpstliches Dogma beendet bei Bedarf jede Diskussion. Oberhirte sticht Unterhirte. Und zur Not gibts immer noch das Dogma als Mittel der beliebigen Wahrheitsfestlegung qua Behauptung.

Bei den Evangelen hingegen scheint es zu genügen, österreichischer Bischof zu sein, um öffentlich allgemeingültige Aussagen zu christlichen Grundsatzfragen treffen zu können.

Klare Antwort? Allerdings.

Immerhin mit einer seiner Aussagen liegt Herr Chalupka sicher richtig: Tatsächlich gibt die biblische Mythologie auf die Frage, ob der liebe Gott straft oder nicht eine für biblische Verhältnisse erstaunlich klare und unzweifelhafte Antwort.

Die besagt allerdings das genaue Gegenteil von dem, was Herr Chalupka behauptet.

Geht man, was man auch als noch so weichgespülter Mainstream-Christ ja eigentlich tun sollte, von eben jener biblischen Mythologie aus, dann findet sich darin ein Gottesbild, das sich im Lauf der Zeit verändert.

Ja, auch Gottesvorstellungen unterliegen der Evolution. Götter repräsentieren stets die Moralvorstellungen und den Erkenntnisstand derer, die sie sich ausgedacht haben.

So beschreibt die Bibel den lieben Gott zunächst als gnadenlosen und ständig zornigen Berge-Wetter-Wüsten-Kriegs-Rache-Stammesgott. Also als eine Art wirkmächtiger Warlord. Eben gerade so einer, wie er den Wunschvorstellungen und Sehnsüchten eines unterdrückten primitiven Wüstenvölkchens in der ausgehenden Bronzezeit entsprochen haben dürfte.

Dass auch der Bibelgott zunächst nur einer von vielen war (und gemäß der biblischen Mythologie sogar liiert) und sich erst nach und nach zum Monogott hocharbeiten musste, ist vielen Christen heute gar nicht bewusst. Kein Wunder: Das Christentum propagiert ein monotheistisches Gottesbild.

Und andere, oft verblüffend ähnliche Götter- und Gottessohnmythen sind Christen natürlich weniger präsent als ihre eigenen. Die sie oft schon vom Babyalter an eingetrichtert bekommen haben.

Eine der ersten göttlichen Amtshandlungen: Bestrafung

Nachdem der liebe Gott mit der Schöpfung soweit durch ist, stellt die Bestrafung einer Schlange und seiner bevorzugten Trockennasenaffenart quasi die erste göttliche Amtshandlung dar:

  1. Da sprach Gott der HERR zu der Schlange: Weil du das getan hast, seist du verflucht vor allem Vieh und allen Tieren auf dem Felde. Auf deinem Bauche sollst du kriechen und Staub fressen dein Leben lang.
  2. Und ich will Feindschaft setzen zwischen dir und der Frau und zwischen deinem Samen und ihrem Samen; er wird dir den Kopf zertreten, und du wirst ihn in die Ferse stechen.
  3. Und zur Frau sprach er: Ich will dir viel Mühsal schaffen, wenn du schwanger wirst; unter Mühen sollst du Kinder gebären. Und dein Verlangen soll nach deinem Mann sein, aber er soll dein Herr sein. 
  4. Und zum Mann sprach er: Weil du gehorcht hast der Stimme deiner Frau und gegessen von dem Baum, von dem ich dir gebot und sprach: Du sollst nicht davon essen –, verflucht sei der Acker um deinetwillen! Mit Mühsal sollst du dich von ihm nähren dein Leben lang.
  5. Dornen und Disteln soll er dir tragen, und du sollst das Kraut auf dem Felde essen.
  6. Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen, bis du wieder zu Erde wirst, davon du genommen bist. Denn Staub bist du und zum Staub kehrst du zurück.
    (1. Mose 3, 14-19 LUT)

Gott straft nicht? Doch. Laut biblischer Mythologie schon immer, von Anfang an

Damit ist die Frage „Gott straft nicht“ eigentlich schon beantwortet: Sein höchstselbst geoffenbartes, eigenes Wort „belegt“, dass sich die Menschen, die sich diesen Gott ausgedacht hatten, ihn natürlich als einen strafenden Gott zusammenphantasiert hatten.

Diese göttliche Initial-Strafe für das Obst-Diebstahlsdelikt war freilich nicht die einzige:

Das Motiv der Bestrafung zieht sich wie ein blutroter Faden durch das ganze „Alte Testament.“

Erst ist es Gott selbst, der straft. Die Sintflut ist nicht nur ein beliebtes Motiv für Kinderbibel-Illustrationen. Sondern auch die Schilderung einer Quasi-Komplettvernichtung sämtlicher Landlebewesen.

In der biblischen Mythologie piesackt der liebe Gott seine Schöpfung. Zum Beispiel mit in sadistischer Ausführlichkeit geschilderten Plagen. Einschließlich derer, alle erstgeborenen Kinder der Eltern ermorden zu lassen, die einen anderen Gott als ihn verehren.

Nun könnte man einwenden, dass diese Geschichten ja von Menschen aufgeschrieben wurden, die sich ihren Gott damals eben so vorgestellt hatten. Deshalb sei der ja noch lange nicht tatsächlich so.

„Das ist doch nur die Meinung eines einzelnen“, sagte neulich ein Christ, angesprochen auf einen biblischen Aufruf, Menschen anderen Glaubens zu hassen.

Nach Belieben festzulegen, welche biblischen Passagen „nur die Meinung eines einzelnen“ und damit vernachlässigbar und welche aber hingegen natürlich universal und wortwörtlich wahr sein sollen, ist nur eine der vielen Unredlichkeiten, derer sich Christen im Umgang mit der biblischen Mythologie bedienen, um das jeweils gewünschte Ergebnis zu erhalten.

Gott straft nicht? Herrn Chalupkas persönliche Gottesvorstellung vielleicht nicht.

Gottes Methoden, Kinder zu tötenDer biblisch-christliche Gott: Auf jeden Fall und immer wieder.

Später überträgt der liebe Gott die Aufgabe der Bestrafung erstmal seinen Anhängern. Und die biblischen Heldenlegenden derer, die Un- und Andersgläubige im vermeintlichen Namen und Auftrag ihres Gottes zu dessen Ehre gnadenlos verfolgen und nach Möglichkeit vollständig vernichten, lesen sich wie Splatter-Romane der übelsten Sorte:

Da rollen tausende von Köpfen. Die siegreichen Gotteskrieger stehen bis zu den Knöcheln im Blut ihrer Feinde. Unzählige Leichen säumen die Wege. Und zum Beweis des Sieges über die Feinde werden stolz tausende abgeschnittene Vorhäute präsentiert.

Über weite Strecken ist die Bibel nicht nur ein gähnend langweiliges Werk, sondern sie legitimiert und verherrlicht Mord und Völkermord im Namen Gottes.

Es ist mir nach wie vor völlig unverständlich, dass ein Buch wie die Bibel nach wie vor ohne entsprechende Warnhinweise (FSK 18) uneingeschränkt und auch für Kinder zugänglich in den Handel gebracht werden darf.

Im Neuen Testament wird alles besser? Nein, im Gegenteil.

Bis hierher könnte der Herr Bischof noch versuchen, sich durch Ziehen der altbekannten Notbremse aus der Affäre zu ziehen: „Das ist doch das Alte Testament. Das wurde doch durch das Neue Testament aufgehoben…“

Ist das so? Nein. Im Gegeteil.

Zunächst ist festzuhalten, dass das „Alte Testament“ ganz genauso Teil des göttlich geoffenbarten bzw. inspirierten (klingt weniger absurd) „Wort Gottes“ ist.

Somit können sich Verbrecher aller Art problemlos immer wieder auf die unmoralischen, brutalen und unmenschlichen Passagen beziehen, um ihre Verbrechen biblisch zu rechtfertigen. Und zwar unabhängig davon, ob das der Privatvorstellung eines österreichischen Bischofs entspricht oder nicht.

Auch innerhalb der biblischen Mythologie ist und bleibt das „Alte Testament“ natürlich unverzichtbarer Bestandteil, der keinesfalls einfach so weggelassen oder mit Euphemismen verharmlost werden kann.

Ohne die Idee der Erbsünde ergäbe die ganze Kreuzigungs- und Erlösungsgeschichte keinen Sinn. Wobei niemand sagen kann, was dieses temporäre innerfamiliäre Menschenopfer denn nun eigentlich konkret überhaupt bewirkt oder verändert haben soll.

Oder man denke an die alttestamentarischen „10 Gebote.“ Die sogar heute und sogar von nicht wenigen Glaubensfreien fälschlicherweise noch für überragend moralische, sinnvolle und brauchbare Handlungsanweisungen genuin christlichen Ursprungs gehalten werden.

Ihr habt gehört… ich aber sage euch…

Ihren Romanhelden Jesus Christus lassen die anonymen Geschichtenschreiber allerdings unmissverständlich sinngemäß klar machen: „Nee nee, das gilt schon noch alles, was da so drin steht. Bis aufs letzte Komma.“

Und manche der unmenschlichen Androhungen aus dem Alten Testament verstärkt Jesus sogar noch („Ihr habt gehört, dass… – ich aber sage euch…“)

Auf den ersten Blick erscheinen Teile des „Neuen Testaments“ friedlicher und weniger brutal.

Zumindest, was das irdische Geschehen angeht. Und natürlich erst recht im Vergleich zu den göttlich vollzogenen und initiierten Gewaltorgien im ersten Teil.

Dieser Eindruck ändert sich jedoch schnell, wenn man die Texte in ihrer Gesamtaussage betrachtet.

Hölle, Hölle, Hölle

Durch die Einführung des Konzeptes der Hölle wurde die Bestrafung für das einzige Vergehen, dass Gott keinesfalls ungestraft lassen kann (Un- und Andersglaube), zur „Chefsache“ gemacht und in ein fiktives „Jenseits“ verlegt.

Das bringt denen, die sich diese Geschichten ausgedacht hatten den Vorteil, dass sie hier alles Beliebige zusammenspinnen können, ohne dass irgendwer die Plausibilität dieser Schilderungen überprüfen könnte.

Die Bibel-Autoren scheinen sich geradezu daran aufgegeilt zu haben, die Höllenqualen so drastisch und plastisch wie es ihnen nur möglich war zu beschreiben.

Kein Wunder: Schließlich musste das Versprechen, dass sich Gott dereinst selbst um die „ausgleichende Gerechtigkeit“ durch gnaden- und endlose Bestrafung Un- und Andersgläubiger kümmern wurde so stark und überzeugend erscheinen, dass sich die Anhänger auch wirklich darauf verlassen konnten.

Und obwohl die Bestrafung Gottes durch das Konzept der Hölle ins Jenseits outgesourced wurde, bietet die Offenbarung des Johannes dann doch nochmal Bestrafungsphantasien, die die Behauptung, der Gott der Christen sei kein strafender Gott als geradezu lächerlich offensichtliche Falschaussage entlarven.

Wir sind die Guten, uns straft er nicht

Wenn man die Behauptung des Bischofs jetzt mit rhetorischer Kniefiesligkeit analysiert, dann könnte man ihm noch ein letztes Hintertürchen öffnen. Denn schließlich schreibt Chalupka, dass die Christen nicht an einen Gott glauben, der sie bestraft.

So gesehen hätte er freilich Recht: Ein getaufter, gläubiger Christ kann sich einfach auf Markus 16,16 berufen und ist fein raus. Egal, ob er zeitlebens selbstloser Menschenfreund, aber eben auch Hedgefondsmanager, Massenmörder, Diktator, Gewaltverbrecher oder Kinderschänder war:

  • Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden.
    (Mk 16,16 LUT) 

Auf diese Spitzfindigkeit wird sich Herr Chalupka allerdings kaum berufen wollen. Zumale er ja abschließend noch behauptet, Gott handle nicht durch Strafe.

Fazit

Netzfund
Quelle: Netzfund

Vorausgesetzt, wir sprechen von dem Gottesbild, das die Bibel zu bieten hat und auf dem der christliche Glaube beruht, dann würde dieser Gott selbstverständlich durch Strafe handeln.

Wenn es ihn gäbe.

Eine globale Krise mit so gravierenden und vor allem so unmittelbaren weltweiten Auswirkungen, die sich nicht verheimlichen lassen, entlarvt Lügner. Egal, ob sie politisch, religiös oder sonstwie ideologisch motiviert sind.

Jetzt zeigt sich, welche Maßnahmen tatsächlich wirksam sind. Und welche nicht. Unabhängig davon, was jemand glaubt oder behauptet.

Das gilt für Impfgegner und Ignoranten genauso wie für Politiker, die meinen, die Pandemie ignorieren oder per Aufforderung stoppen zu können. Und natürlich auch für Heilsverkäufer aller Art.

Vor gar nicht allzu langer Zeit (und in etlichen christlichen Kreisen auch heute noch) dürfte die Behauptung „Gott straft nicht“ als Gotteslästerung, als reine Blasphemie bewertet worden sein.

Schon allein, dies nur in Frage zu stellen konnte den Ketzer schnell das Leben kosten.

Und heute?

Vom Mainstream-Christentum werden die Christen, die heute noch an einen strafenden Gott glauben, nicht selten als nicht repräsentative, fundamentalistische Randgruppe abgetan: „Das sind doch keine wahren Christen!“

Das eigentliche Problem ist jedoch das biblische Fundament. Denn ganz egal, wie weit „liberale“ Christen ihre Glaubensehre auch bis zur Unkenntlichkeit verwässern und vernebeln, um sie damit scheinbar gesellschaftsfähig zu machen: Das ändert nichts daran, dass die christliche Lehre auf einem unmoralischen und unmenschlichen Belohnungs-Bestrafungskonzept  beruht.

Der biblisch-christliche Gott ist kein Gott der Liebe. Sondern ein Gott der Nötigung. Und natürlich auch ein Gott der Strafe.

Wie schön, dass es ihn gar nicht gibt.

Interessant wäre jetzt eine Betrachtung, was es generell mit Menschen macht, wenn sie heute noch an Götter glauben. Das würde jedoch den Rahmen dieses Beitrages sprengen. Hier ging es nur darum, die Behauptung von Bischof Chalupka: „Gott straft nicht“ zu widerlegen.

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2 Gedanken zu „Bischof Chalupka: Gott straft nicht“

  1. Tja so ist das nun mal mit frei interpretierbaren Texten und selektiver Wahrnehmung…
    Die einen schreien Weltuntergang, die anderen rufen zum Kreuzzug, der nächste erkennt die vollkommene Liebe, die sich in einem Virus offenbart, usw….
    „Wir machen uns die Welt, wiedewiedewie sie uns gefällt, lalalallalaaaa!!!“

    Always look on the bright side of life…

    Antworten
  2. Hier zeigt sich der Schwachsinn in seiner ganzen Pracht. Nach 2000 Jahren Christentum kommt ein Bischof daher und entdeckt eine elementare Eigenschaft seines Gottes. Ich fage mich, was haben die ganzen anderen Bischöfe die letzten 1500 Jahre so gemacht?

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