Spot aus! Licht an! – Das Wort zum Wort zum Sonntag von Gereon Alter, veröffentlicht am 8.8.2020 von ARD/daserste.de
Nun ist endlich mal wieder ein Notruf zu uns durchgedrungen. Von den Toten, Verletzten und Obdachlosen in Beirut.
(Quelle der so als Zitat gekennzeichneten Abschnitte: Spot aus! Licht an! – Wort zum Sonntag von Gereon Alter, veröffentlicht am 8.8.2020 von ARD/daserste.de)
Wohl niemand würde auf die Idee kommen, dass sich dieses „endlich“ auf das vorausgegangene Unglück beziehen könnte. Und nicht auf das Durchdringen des Notrufes.
Und trotzdem bietet das biblisch-christliche Glaubenskonstrukt denen, die sich strikt an die Aussagen in der zugrunde liegenden Textsammlung halten auch die Option, die Explosion im Hafen von Beirut (oder auch jedes andere Unglück) als untrügliches Zeichen für den Beginn der seit rund 2000 Jahren angekündigten Apokalypse, dem göttlichen Endgericht zu deuten.
Ein Ereignis, auf das sich alle Christen wie verrückt freuen. Obwohl ihnen ja bekannt und bewusst sein müsste, dass der himmlischen Herrlichkeit laut biblischer Mythologie eine unvorstellbar brutale, göttlich beauftragte irdische Gewaltorgie vorausgeht. Mit der qualvollen Vernichtung irdischen Lebens kennt sich der liebe Gott jedenfalls bestens aus.
Wenn sich die Zeichen mehren…
Und die Fundamentalisten, die sich tatsächlich am Textfundament ihrer Religion orientieren, statt dieses zurechtzustutzen und fast bis zum Humanismus zu verbiegen, die können sich über jedes Unglück freuen.
Weil sie das Ereignis ja als Beleg dafür ansehen, dass ihr Gott jetzt aber wirklich mit der Umsetzung seines Heilsplanes begonnen haben muss. Ausgerechnet zu meinen Lebzeiten! Halleluja!
Und weil die gnadenlose und vollständige Vernichtung Un- und Andersgläubiger ganz oben auf der göttlichen Agenda steht, passt es natürlich erst recht gut ins (Feind-)bild, wenn es Un- und Andersgläubige trifft.
Die irrige Vorstellung, Gott hätte die finale irdische Destruction Sequency gestartet, begleitet Christen, seit es das Christentum gibt.
Ein solcher Standpunkt ist im Mainstream-Christentum heute praktisch gar nicht mehr anzutreffen. Da hat man den eifersüchtigen und zornigen Rachegott zum völlig harmlosen lieben Gott umfunktioniert. Der tut nix, der will nur geliebt werden.
Aber, und deshalb auch die Erwähnung: Auch die fundamentalistischen Vertreter profitieren von jedem noch so gut gemeinten und im Grunde zumindest unverfänglich formulierten „Wort zum Sonntag.“
Wenn der Verfügbarkeitsfehler zuschlägt…
Aber wie war das noch vor wenigen Tagen? Da ist unsere ganze Aufmerksamkeit von ein paar „Querdenkern“ in Anspruch genommen worden. Von einer kleinen Gruppe, die auf die Straße gegangen ist, weil sie meinte, uns alle befreien zu müssen. Tagelang wurde darüber berichtet, und alles andere ist hinten rüber gefallen.
Diesem Umstand liegt ein Verfügbarkeitsfehler (availability error) zugrunde: Ereignisse, zu denen mehr Informationen verfügbar sind, werden stärker wahrgenommen als Ereignisse, zu denen weniger Informationen verfügbar sind.
Selbst dann, wenn diese viel gravierender sind als die stärker wahrgenommenen Ereignisse. Eine so verzerrte Wahrnehmung kann eine ebenfalls verzerrte Gewichtung zur Folge haben.
Mehrere Faktoren können diese Verzerrung begünstigen: Einseitige/selektive Berichterstattung in den Medien, aber auch eine unterschiedliche Gewichtung aufgrund von schon vorhandenen (Vor-)urteilen oder der eigenen Einstellung.
Whatabout…
Haben Sie die kleine Meldung gelesen, dass im Darfur-Konflikt mittlerweile 300.000 Menschen niedergemetzelt worden sind? Denken Sie gelegentlich noch daran, dass in den syrischen Flüchtlingslagern immer noch Hunderttausende vor sich hinvegetieren? Ist Ihnen bewusst, dass nach wie vor etwa 800 Millionen Menschen unter Hunger leiden?
Wenn wir schon mit Whataboutism-Argumenten arbeiten, dann ergänze ich:
Erinnern Sie sich noch an die tausende bekannt gewordenen Fälle von Sexualverbrechen an Kindern, die von katholischen Priestern verübt und von der katholischen Kirche Jahrzehntelang systematisch vertuscht worden waren und deren Aufklärung bis heute von der Kirche erschwert wird?
Und daran, wie Kardinal Marx erst durch massiven Druck von außen mit hochroter Birne und den Tränen nahe mit erstickter Stimme angekündigt hatte, dass die Kirche diese Verbrechen lückenlos aufklären und die Opfer angemessen entschädigen würde? Wie ist denn da eigentlich der aktuelle Stand? Und wieso hört und liest man davon so gut wie gar nichts mehr?
Keine Frage: Trotz erstaunlicher Fortschritte, die oft genug auch nicht wahrgenommen werden, steht die Erdbevölkerung noch vor vielen Problemen, die es zu bewältigen gilt.
Wenn Menschen auf die Straße gehen, haben sie irgendein Anliegen. Unabhängig davon, ob wie berechtigt, sinnvoll oder absurd dieses Anliegen ist. Ein Verweis darauf, dass es viel gravierendere Probleme gibt als das, was sie (vorder- oder hintergründig) dazu bewegt hat, auf die Straße zu gehen, wird kaum dazu führen, dass diese Leute die Relevanz ihres eigenen Anliegens selbstkritisch und differenziert überdenken.
Man braucht nur mal ein paar Kilometer in Wanderschuhen zu laufen, die einem drei Nummern zu klein sind, und schon verschiebt sich die eigene Problemwahrnehmung spürbar.
Wenn ein Priester zur Vernunft mahnt…
Gemessen daran sind die Probleme, mit denen wir es in Deutschland zu tun haben, doch überschaubar. Und dennoch gelingt es einer kleinen Gruppe, sie derart verzerrt und übersteigert darzustellen, dass man meinen könnte, Deutschland sei das korrupteste und rettungsbedürftigste Land der Welt. – Wie bitte?
Wir haben eines der besten Gesundheitssysteme der Welt. Wir haben genug zu essen. Wir können unsere Meinung sagen – auch wenn sie noch so absurd klingt. Wir haben Medien, die im Großen und Ganzen einen ordentlichen Job machen und nun wirklich nicht „gleichgeschaltet“ sind. Und wir haben eine Regierung, von der Menschen in vielen anderen Ländern nur träumen können und keine, „die uns eine Schlinge um den Hals legt“, wie es immer wieder heißt.
Ein Berufsgläubiger, der seinerseits ein absurdes und bis zum Beweis des Gegenteils falsches Weltbild vertritt und verbreitet, mahnt zu einem objektiven Umgang mit der Wirklichkeit.
Das entbehrt nicht einer gewissen Ironie.
Zumindest, wenn man außer Acht lässt, dass seine Kirche dafür milliardenschwer staatlich subventioniert und in beispielloser Art und Weise sonderprivilegiert wird, wenn es um die Verbreitung ihrer absurden und in im Grunde unmenschlichen Mythologie geht.
Es kommt selten genug vor, dass Berufschristen auf positive Umstände hinweisen, die sie sich nicht selbst auf die Fahnen schreiben können. Für gewöhnlich gerieren sich Kirchenvertreter als Mahner, um dann ihr Glaubenskonstrukt als Lösung für das jeweilige Problem ins Gespräch zu bringen.
Nicht in die Irre führen lassen, sagt der katholische Priester
Heute präsentiert Herr Alter einen Standpunkt, der beim überwiegenden Teil seines Publikums auf Zustimmung stoßen dürfte. Zumindest bis hierher spielen Kirche oder Glaube für diesen Standpunkt keine Rolle.
Nicht von einer kleinen Gruppe vereinnamen lassen
Versuchen wir doch, mit den Füßen auf dem Boden zu bleiben und uns nicht in die Irre führen zu lassen. Und weiten wir unseren Blick über das hinaus, was uns eine kleine, ideologisch überdrehte Gruppe das wichtigste aller Probleme verkaufen will. Es gibt so viel, das wir ganz konkret tun können, um unsere Welt ein gutes Stück besser zu machen.
Wenn man nicht wüsste, dass diese Sätze aus dem Mund eines katholischen Priesters stammen, könnte man fast denken, es ginge hier um die Kirche.
Die führt Menschen in die Irre, in dem sie ihnen vorgaukelt, sie habe die (einzige) Lösung für alle Probleme. Und ihre Angestellten tun so, als könnten sie mit magischen Phantasiewesen kommunizieren und dieses durch Gebete dazu bewegen, seinen ewigen göttlichen Allmachtsplan zu ändern. Auch sie sind überzeugt, unsere Welt damit ein gutes Stück besser zu machen. Ideologisch überdreht trifft es wohl auch hier ganz gut.
Zur Schau gestellte Empörung
In meinem Freundes- und Bekanntenkreis beobachte ich, dass immer mehr genau das wollen und tun. Sie sind diese ideologisch aufgeladenen Diskussionen leid, diese zur Schau gestellte Empörung und dieses narzisstische um-sich-selber-Kreisen. Sie wollen sich an der Lösung von tatsächlichen Problemen beteiligen.
Meine erste Assoziation hierzu war die Bewegung „Maria 2.0“, also das Engagement von Frauen, die aus mir unerfindlichen Gründen für Gleichberechtigung von Frauen in der katholischen Kirche kämpfen. Aber die meinte Herr Alter natürlich nicht:
„Ich hab mich als Wahlhelferin gemeldet“, hat mir gestern noch eine Freundin gesagt. „Das habe ich noch nie gemacht. Aber jetzt habe ich einfach das Bedürfnis, etwas Konkretes für unsere Demokratie zu tun.“
Und, was haben Sie geantwortet, Herr Alter? Haben Sie, hat die katholische Kirche auch das Bedürfnis, etwas Konkretes für unsere Demokratie zu tun?
Was könnte eine undemokratisch und patriarchialisch strukturierte Wahlmonarchie wie die katholische Kirche überhaupt konkret zur Demokratie beitragen? Eine weltweit agierende Großsekte, die nichtmal die Voraussetzungen erfüllt, um die Menschenrechte ratifizieren zu können? Und die daran offenbar auch kein Interesse hat?
Gott will es – egal, was
Diese Fragen richten sich an den Kirchenkonzern und seine Vertreter. Nicht die Schafe, die immernoch an die Legende von der christlichen Moral glauben:
[…] Eine Gruppe in meiner Kirchengemeinde macht sich gerade jetzt wieder stark für Menschen in Afrika und Lateinamerika – eben weil sie aus dem Blick geraten sind und weil die Spenden eingebrochen sind.
In Lateinamerika, genauer in Brasilien (aber längst nicht nur dort) beruft sich gerade ein größenwahnsinniger Politiker auf genau den selben Gott, um seine katastrophale Politik zu rechtfertigen, die dazu führt, dass immer mehr Menschen in seinem Land auf Spenden angewiesen sein werden. „Gott will es“ – was er will, scheint ihm völlig egal zu sein.
Hilfe statt Missionierung
Gegen mitmenschliches Engagement ist grundsätzlich natürlich nichts einzuwenden. Wobei das übergeordnete, eigentliche Ziel von christlichem sozialem Engagement immer die Missionierung, also die Verbreitung des eigenen Aberglaubens ist. Oder es zumindest sein sollte, wenn es nach den Funktionären geht. In Spendenaufrufen taucht der Begriff „Mission“ heute zumeist nur noch versteckt auf. Religiöse Indoktrinierung wird da dann gerne mal zum Bildungsangebot umetikettiert.
Wer auf fremde Hilfe angewiesen ist, dürfte sicher empfänglicher für Missionierungsversuche sein als jemand, der selbst halbwegs über die Runden kommt.
Entgegen der bischöflichen Vorgabe, dass beim Helfen immer auch ein bisschen zu missionieren sei, weiß ich auch von stark gläubigen Christen, die bei ihrer Hilfstätigkeit auf jeden religiösen Bezug verzichten.
Wie groß der missionarische Anteil an kirchlichem sozialen Engagement tatsächlich ausfällt, dürfte nicht nur von den Helfenden, sondern besonders auch von der Situation und Einstellung der Hilfsbedürftigen abhängen:
In einem „Seelsorgegespräch“ hierzulande dürften Götter, Geister und Gottessöhne sicher seltener auftauchen als zum Beispiel in Regionen, in denen Glaube oder magisch-esoterisches Denken allgemein noch stärker verbreitet ist.
Herausgepickte Gelassenheit
Es gibt so viele Möglichkeiten, sich an der Lösung von Problemen zu beteiligen und sich nicht in ideologisch aufgeladene Diskussionen hinein ziehen zu lassen. Mir hilft dabei ein kleines Gebet, das ich schon seit vielen Jahren immer wieder mal spreche: „Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“
Interessanterweise wird dieses Gebet praktisch immer auf den ersten Satz reduziert zitiert. Auch hier ist der Gottesbezug nicht nur entbehrlich, sondern sogar hinderlich:
Genausogut ließe sich dieser Wunsch auch einfach als Wunsch („Ich wünsche mir,….“) oder als Vorsatz („Ich will versuchen,…“) beschreiben. Statt noch ein magisches Himmelswesen ins Spiel zu bringen, mit dessen Unergründlichkeit man sich immer rausreden kann, wenn etwas doch anders kommt als gewünscht oder wie erbeten.
Gelassenheitsgebet, Director’s cut
In einem anderen Licht erscheint dieses Gebet um Gelassenheit, wenn wir uns die Gesamtaussage der ungekürzten Version anschauen. Denn erst durch den Kontext erfahren wir etwas über die eigentliche Intention des Verfassers:
- Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.
Einen Tag nach dem anderen zu leben,
einen Moment nach dem anderen zu genießen.
Entbehrung als einen Weg zum Frieden zu akzeptieren,
sie anzunehmen, wie Jesus es tat:
diese sündige Welt, wie sie ist,
und nicht, wie ich sie gern hätte,
zu vertrauen, dass Du alles richtig machen wirst,
wenn ich mich Deinem Willen hingebe,
sodass ich in diesem Leben ziemlich glücklich sein möge
und im nächsten Leben für immer überglücklich.
Amen.
(Quelle: Freie Übersetzung des Gelassenheitsgebetes des US-amerikanischen Theologen Reinhold Niebuhr, Zit. n. Wikipedia)
Der im ersten Satz angetäuschte, auf den ersten Blick realistisch und einigermaßen vernünftig erscheinende Umgang mit der Wirklichkeit (nur einigermaßen, weil man mitunter Dinge doch ändern kann, die man vielleicht zeitlebens für unabänderbar hingenommen hatte) wird in den folgenden Zeilen mit religiös verstrahlten und ethisch höchst fragwürdigen Vorstellungen und Behauptungen wieder komplett zunichte gemacht.
…wenn ich mich Deinem Willen hingebe…
Was bedeutet es konkret, wenn jemand darum bittet, „diese sündige Welt“ so anzunehmen „wie sie ist, und nicht, wie ich sie gern hätte?“ Und zwar gerade im Hinblick auf die vorher geäußerte Bitte, Dinge hinnehmen zu können, die ich nicht ändern kann? Wer sollte sie denn sonst ändern können?
Klar: Als Theologe lebte Herr Niebuhr ja von dem Vorhandensein von „Sünde.“ Somit hatte er wenig Grund, die sündige Welt nicht bereitwillig hinzunehmen.
Für wieviel Leid mag allein nur die Vorstellung „Entbehrung als einen Weg zum Frieden zu akzeptieren“ – besonders in Form eines so lautenden Befehles – wohl schon gesorgt haben?
Wer darauf vertraut, dass ein Götterwesen alles richtig machen wird, wenn man sich seinem Willen hingibt, der gibt sich einer absurden Illusion hin – und die Verantwortung an eine Phantasiegestalt ab.
Der so Betende eröffnet sich damit die Möglichkeit, alles Beliebige auf sein fiktives Überwesen zu schieben. Dessen Wille bei Bedarf praktischerweise als unergründlich entschuldigt werden kann. Bevorzugt immer dann, wenns mal nicht so läuft wie erbeten.
Die Geschichte, wie Gottergebenheit die Welt nicht besser, sondern schlechter gemacht hat, füllt 10 Bände – und da fehlt noch die jüngere Vergangenheit bis zur Gegenwart.
Christlicher Egoismus
Im Fokus dieses Gebetes steht nicht etwa eine fairere, gesündere, friedlichere Welt im Interesse aller Lebewesen. Hier geht es um das eigene Lebensglück.
Fürs Diesseits gibt man sich mit einem „ziemlichen Glück“ zufrieden. Wohl wissend, dass es sich nun mal nicht leugnen lässt, dass es hienieden „pures Glück“ nicht gibt. Das „vollkommene Glück“ verlegt man deshalb einfach in ein fiktives Jenseits, wo man alles Beliebige behaupten und einer Überprüfbarkeit entziehen kann.
Offenbar scheint sich Herr Alter, sollte es ihm überhaupt bewusst sein, sehr sicher zu sein, dass sich niemand aus seinem Publikum tatsächlich inhaltlich näher mit dem auseinandersetzt, was er da so alles in die Kamera erzählt, wenn wiedermal die Sendezeit mit „irgendwas Religiösem“ gefüllt werden muss.
Während Herr Alter sein Publikum ja gerade dazu auffordert, die Augen auch nicht vor den Problemen zu verschließen, von denen man sich vielleicht nicht unmittelbar selbst betroffen fühlt, suggeriert dieses Gebet das genaue Gegenteil. Indem es dazu rät, es sich im Gottvertrauen bequem zu machen und darauf zu vertrauen, dass auch hinter den größten Sauereien und den fatalsten Katastrophen irgendwie ein göttlicher Wille stehen müsse.
Und gegen den komme ich ja sowieso nicht an, deshalb kann ichs auch gleich sein lassen und mich auf meine Belohnung für meine Unterwürfigkeit freuen.
Das biblisch-christliche Glaubenskonstrukt bietet dem Gläubigen eine egozentrische und egoistische Weltanschauung, was ein Grund dafür sein dürfte, dass es so lange so erfolgreich war und es in Teilen der Welt bis heute ist.
Fazit
Herr Alter kritisiert eine verzerrte Wahrnehmung der Probleme, mit denen Menschen weltweit zu tun haben.
Dass die Erwähnung des „Gelassenheitsgebetes“ sein Anliegen nicht etwa unterstützt, sondern, zumindest in der Gesamtaussage betrachtet sogar schwächt, scheint ihm nicht bewusst oder egal zu sein.
Das Fürwahrhalten von und das Festhalten an magisch-esoterischen Fiktionen steht im Widerspruch zu einer kritisch-rationalen, vernunftbasierten Weltanschauung.
Gerade durch das Erstarken von Verschwörungsmythologien aller Art wird ganz aktuell deutlich, wie unbrauchbar und potentiell gefährlich die Methode des „Glaubens“ ist, wie sie genauso auch im religiösen Kontext unverzichtbar ist.
Und auch in Bezug auf ethische Überlegungen erweisen sich archaische Göttermythen und religiöse Phantasien einmal mehr als denkbar ungeeignete Grundlage, wie der weggelassene Gebetstext belegt.
>>Der so Betende eröffnet sich damit die Möglichkeit, alles Beliebige auf sein fiktives Überwesen zu schieben. Dessen Wille bei Bedarf praktischerweise als unergründlich entschuldigt werden kann. Bevorzugt immer dann, wenns mal nicht so läuft wie erbeten.<<
Das ist die grundlegene Gebetslogik!
Mich würden viel mehr die Alternative(n) interessieren, die sich ergibt, wenn für dies oder jenes, nicht gebetet wird! Geht dann alles schief? Gelingt nur den Gläubigen etwas, die für ihr anstehendes Vorhaben beten und somit auf Gott vertrauen? Was ist z.B., wenn ich vor meinen Augen, unmittelbarer Zeuge eines schrecklichen Verkehrsunfalls werde? Soll ich dann erst beten, selbstgerecht mit den Schultern zucken und erwarten, dass sich alles hier im Willen Gottes fügt, oder rufe ich direkt die 112?