Gedanken zu: Impuls von Stadtpfarrer Stefan Buß: Der Adventskranz – was er uns sagen kann

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Gedanken zu: Impuls von Stadtpfarrer Stefan Buß: Der Adventskranz – was er uns sagen kann, veröffentlicht am 29.11.20 von Osthessennews

Darum geht es

Stefan Buß aus Fulda meint es gut: Der Stadtpfarrer und Märchenonkel möchte Menschen Hoffnung machen. Zumindest Menschen, denen es egal ist, ob sie dazu angeschwindelt werden.

Jede Kerze am Adventskranz, die wir mehr anzünden – jede Kerze möchte uns sagen: „Gott will dir sein Licht schenken, wenn es dunkel ist bei dir. Wenn du dich einsam fühlst und allein und trübe Gedanken dich plagen: ER will dir seine Nähe zeigen – wie er dir zur Seite ist, dich trägt, dir Kraft gibt Tag um Tag. Wenn du in Not bist und nicht mehr weiter weiß, wie es denn werden soll; wenn du voller Sorgen nur noch schwarzsiehst: ER will dir wieder Hoffnung schenken. Dass du ihm vertrauen kannst: Er hat einen Weg für dich; seine Hand führt dich weiter, Schritt für Schritt.
(Quelle der so als Zitat gekennzeichneten Abschnitte: Impuls von Stadtpfarrer Stefan Buß: Der Adventskranz – was er uns sagen kann, veröffentlicht am 29.11.20 von Osthessennews)

…das hat dir die Kerze gesagt!

Pfarrer Buß und seine sprechenden KerzenIndem Herr Buß Kerzen für sich sprechen lässt, entzieht er seine Aussagen einer kritischen Prüfung auf Plausibilität. „Das sage ja nicht ich! Das wollen uns die Kerzen sagen!

Und um wirklich sicher zu gehen, dass ihn und seine Kerzen auch wirklich niemand beim Wort nehmen kann, lässt Herr Buß die Kerzen nur sagen, was Gott angeblich will. Nicht, was er tatsächlich, also überprüfbar tut.

Wie man als erwachsener, geistig gesunder Mensch im 21. Jahrhundert so etwas tatsächlich als Hoffnung stiftend empfinden kann, erschließt sich mir nicht.

Bei Licht betrachtet sind diese Aussagen in etwa so plausibel wie zum Beispiel:

  • Mein Teddybär möchte mir sagen, dass mir Dagobert Duck jeden Monat 10.000 Taler überweisen will und dass die Heinzelmännchen die Wohnung aufräumen wollen, Tag für Tag.

Während ich mich über die absurden Kerzenmärchen von Herrn Buß nur lustig mache, meint dieser ja, Menschen, denen es an Hoffnung mangelt, tatsächlich etwas Gutes zu tun, wenn er ihnen von Kerzen erzählt, die angeblich wissen, was ein bestimmter Wüstengott, den sich Menschen in der Bronzezeit aus früheren Gottesbildern zusammengebastelt hatten so alles will.

Aber: Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Absichten oder Handlungen magischer Himmelswesen und irdischem Geschehen lässt sich redlicherweise nicht feststellen, sondern nur behaupten. Wäre das anders, müsste ja niemand mehr glauben.

Bis zum Beweis des Gegenteils lassen sich Aussagen über Absichten und Handlungen von Göttern nicht von rein menschlichen Wunschphantasien und Einbildungen unterscheiden. Und solange noch nicht mal klar ist, wer oder was konkret mit Gott gemeint sein soll, ist alles Andere sowieso hinfällig.

Hoffnungsvolle Illusion vs. tatsächliche Hoffnung

Wer jetzt also anderen Menschen (oder auch sich selbst) Hoffnung machen möchte und wem dazu nichts besseres einfällt als sprechenden Kerzen fiktive göttliche Willenserklärungen in den nicht vorhandenen Mund zu legen, der kann einem fast schon wieder leid tun. Dem ist zu wünschen, dass er vielleicht doch nicht nur fiktive, sondern auch noch andere Quellen haben möge, aus denen er nicht nur hoffungsvolle Illusionen, sondern tatsächliche Hoffnung schöpfen kann.

Einem Gläubigen ist es vermutlich egal, ob Kerzen oder Priester zu ihm sprechen. Oder seine eigene innere Stimme. Solange diese Stimmen lauter Dinge sagen, die er gerne hören möchte.

Test faith - Netzfund
Netzfund

Dass er dabei in die Irre geführt wird bzw. sich selbst etwas in die Tasche lügt, kann er für gewöhnlich leicht aushalten (besonders dann, wenn ihn niemand darauf anspricht und solange alles halbwegs gut für ihn läuft). Zu verlockend ist die Vorstellung, das höchste magische Himmelswesen persönlich nehme Anteil am eigenen Schicksal.

Die Hoffnung auf göttliche Unterstützung ist eine Hoffnung, die nicht über den Placebo-Effekt hinaus geht.

Wobei gar nicht fest steht, ob sich eine solche, rein imaginäre, fiktive Hoffnung tatsächlich immer positiv auswirkt.

Stellen wir uns Eltern vor, deren Kind gerade an einer unheilbaren Krankheit verstorben ist: „ER will dir wieder Hoffnung schenken. Dass du ihm vertrauen kannst: Er hat einen Weg für dich; seine Hand führt dich weiter, Schritt für Schritt.“

Stefan Buß weiß, was Götter wollen. Oder sein Adventskranz

Und tatsächlich hält Herr Buß seinen Gott, der es trotz Allmacht bevorzugt, sich vermittels von sprechenden Kerzen zu offenbaren, auch in Ausnahmesituationen für tröstlich:

Wenn du traurig bist, weil ein lieber Mensch gestorben ist: ER will dich trösten und will dir wieder Frieden ins Herz geben. Er will dir die Gewissheit schenken, dass uns nichts trennen kann von ihm und seiner Liebe. […] Weil Gott mit seiner unendlichen Liebe für immer zu uns hält, deshalb brauchen wir auch in schwierigen Zeiten nicht verzagen. Wir dürfen eine feste Hoffnung im Herzen tragen. Und diese Hoffnung gerade in der Adventszeit uns immer wieder neu schenken lassen.

Wenn Gott trösten will und „wieder Frieden ins Herz geben“ will, wieso tut er es dann nicht? Wieso überlässt er es der Einbildungskraft seiner Anhänger, als Trostspender unmissverständlich und eindeutig erkannt zu werden?

Wie oben schon sind auch hier wieder die Formulierungen so gewählt, dass niemand Herrn Buß, seine Kerzen oder gar seinen Gott auf irgendetwas festnageln kann. Wer trotz seines Glaubens und trotz seiner Hoffnung auf seinen Gott verzagt, der ist dann einfach selbst schuld. Denn Gott wollte ja trösten und helfen!

An ihm, Gott kann es also nicht gelegen haben, wenn jemand trotz seines Glaubens verzagt. Sondern am mangelhaften Vertrauen des Gläubigen. Der hatte sich dann vielleicht nicht genug neu beschenken lassen wollen in der Adventszeit.

Fail – ohne oder mit Gott

Quelle: Netzfund
Quelle: Netzfund

Um die absolute göttliche Teilnahmslosigkeit am irdischen Geschehen zu bewältigen, wenden Berufsgläubige verschiedene Strategien an.

Manche (wie zum Beispiel Pastorin Behnken in diesem „Wort zum Sonntag“) lassen Gott in ihren Verkündigungen einfach praktisch komplett aus dem Spiel. Und verkünden statt der „Hoffnung Gott“ die „Hoffnung Mensch.“

Gott erscheint da dann oft nur noch wie ein Klotz am Bein, der mühsam irgendwie mitgeschleift werden muss. Diese Verkündigungen würden genausogut (bzw. noch besser) ohne irgendwelchen religiös-mythologische Bezüge funktionieren.

Und dann gibt es noch Verkündiger wie Herrn Stadtpfarrer Stefan Buß: Der behauptet einfach (oder lässt Kerzen behaupten) irgendwelche angeblich göttliche Willensbekundungen, die sich in Wirklichkeit genauso Menschen ausgedacht haben wie den Gott, um dessen Willen es angeblich geht.

Ein kurzer Abgleich mit der Wirklichkeit zeigt, dass all dies nichts weiter als rein menschliche Wunschvorstellungen sind. Die christlich-religiöse Edition von „des Kaisers neuen Kleidern.“ Natürlich kann man sich alles Beliebige einbilden. Plausibel oder gar wahr wird es dadurch noch lange nicht. Sogar Liebe kann man sich einbilden. Wie jeder Teenager beweist, der unsterblich in sein oder ihr Popidol verliebt ist.

Je nach Bedarf geben Gläubige vor, ganz genau zu wissen, was ihr Gott will. Das steht freilich im Widerspruch zu der Aussage, ihr Gott würde sich der menschlichen Erkenntnis entziehen. Das tut er offenbar immer dann, wenn sich Differenzen zwischen der irdischen Wirklichkeit und der religiösen Wunschphantasie auftun.

Natürlich sei es Herrn Buß und allen Gläubigen unbenommen, alles für hoffnungsvoll zu halten, was ihnen hoffnungsvoll erscheint. Und sei es noch so absurd und offensichtlich menschlicher Phantasie entsprungen.

Warnung vor Glauben

Gerade in Zeiten, in denen noch (oder auch wieder) erschreckend viele Menschen den größten Unsinn einfach glauben, weil ihn irgendwer ohne irgendwelche Beweise behauptet hat, halte ich es allerdings für geboten, ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass es sich bei diesen Hoffnungsversprechen um rein menschliche Wunschphantasien handelt, die nur innerhalb der menschlichen Phantasie existieren.

Spätestens wenn es ernst wird, sollte sich niemand tatsächlich auf göttliche Unterstützung verlassen. Sondern lieber nach Hilfe und Hoffnungsquellen suchen, die nicht nur in der eigenen Einbildung und Wunschvorstellung existieren.

Der Aufruf von Herrn Buß, auf seinen Gott zu hoffen, verleitet Menschen dazu, Dinge für wahr zu halten, die bis zum Beweis des Gegenteils nicht wahr sind. Herr Buß suggeriert mit seinen, hinter strümpfigen Vernebelungsformulierungen versteckten Aussagen, sein Gott sei tatsächlich zur Stelle, wenn es jemand an Hoffnung mangele.

Bestenfalls mag eine solche Illusion jemandem tatsächlich hoffnungsvoll erscheinen. Schlimmstenfalls kommt zu der Hoffnungslosigkeit der Situation aber auch noch die Enttäuschung dazu, dass auch diesmal wieder – wie immer – kein einziger Gott nachweislich irgendetwas am irdischen Geschehen verändert hätte. Was ja tatsächlich dafür sprechen würde, auf ihn zu hoffen.

Ein wichtiger Teil der Ausbildung zu pseudomedizinischen Berufen besteht darin, die Wunderheiler dafür zu sensibilisieren, Menschen, die tatsächlich wirksame Hilfe benötigen, zu einem richtigen Arzt zu schicken.

Gleiches sollte auch für religiöse Heilsverkäufer wie Herrn Buß gelten.

Mein Vorschlag für einen Disclaimer, der jeder religiösen Verkündigung vorangestellt werden sollte:

Die Behauptungen im folgenden Text, die nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmen, sind frei erfunden. Wenn Sie sich bei der Unterscheidung nicht sicher sind oder falls Sie statt einer Illusion tatsächlich wirksame Unterstützung benötigen, suchen Sie sich bitte umgehend professionelle Hilfe.

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