Gedanken zu: Impulse von Stadtpfarrer Buß: Was ist in meinem Leben wesentlich?, veröffentlicht am 19.06.21 von osthessennews.de
Darum geht es
Für Pfarrer Buß scheint der Sinn des Lebens darin zu bestehen, nach seinem Gott zu suchen, obwohl der sich ja angeblich der menschlichen Erkenntnis entzieht. Diese Suche solle das Wesentliche im Leben sein, um damit die eigenen Chancen auf eine postmortale göttliche Belohnung zu erhöhen.
Ist das heute noch ein Thema? Ja und nein…
Mit einer klaren Aufforderung beginnt ein Text des Propheten Jesaja: „Sucht den Herrn, er lässt sich finden, ruft ihn an, er ist nah!“ (Jes. 55,6) Gottsuche – ist das heute noch ein Thema?
(Quelle der so als Zitat gekennzeichneten Abschnitte: Impulse von Stadtpfarrer Buß: Was ist in meinem Leben wesentlich?, veröffentlicht am 19.06.21 von osthessennews.de)
Gottsuche ist nur ein Thema für Leute, die es aus irgendwelchen Gründen für wesentlich halten, nach jemand oder etwas zu suchen und sich an jemand oder etwas zu wenden, der oder das bis zum Beweis des Gegenteils nur in der menschlichen Phantasie und Wunschvorstellung existiert.
Gleichwohl war man damals offenbar noch der Auffassung, auch Menschen, die an keine oder andere Götter glauben, müssten sich an der Suche nach dem ja eigentlich allgegenwärtigen, seltsamerweise aber verschollenen Gott beteiligen. Damit dieser ihnen vergeben könne, dass sie bisher noch nicht nach ihm gesucht hatten:
- Der Gottlose verlasse seinen Weg und der auf Frevel Bedachte seine Gedanken und kehre zum HERRN zurück, daß er sich seiner erbarme, und zu unserm Gott, denn er übt reichlich Vergebung.
(Jes. 55,7 MENG)
Das hier beschriebene göttliche Verhalten erinnert stark an das eines beleidigten Kleinkindes.
Missionierung: Nicht mehr in
Anders als damals haben es zeitgenössische Verkündiger zumindest im christlichen Mainstream offenbar komplett aufgegeben, Glaubensfreie und Andersgläubige noch zu ihrem Glauben bekehren zu wollen.
Christliche Abteilungen, die noch missionarisch stark aktiv sind, ernten für ihr Engagment sogar aus den gemäßigten christlichen Reihen zumeist höchstens noch ein mitleidiges Lächeln.
Vielleicht hat man inzwischen eingesehen, dass Himmelsversprechen und Höllendrohungen für Menschen, die nicht an diesen Gott glauben genauso irrelevant sind wie die Belohnungs-Bestrafungskonzepte anderer Glaubenskonstrukte für Christen.
Möglicherweise sind sie einfach auch selbst nicht mehr wirklich überzeugt von der Wahrheit dessen, was sie verkündigen.
Andernfalls wäre im Sinne der christlichen „Nächstenliebe“ ja eigentlich zu erwarten, dass sie sich tagaus, tagein darum bemühen, Glaubensfreie und Andersgläubige mit dem christlichen Heilsversprechen zu ködern. Und vor allem: Sie vor den Höllenqualen zu warnen, die ihr lieber Gott angeblich allen androht, die sich nicht von ihm lieben lassen möchten.
Andererseits beschränkt ja schon der Begriff „Nächstenliebe“ die Mitmenschlichkeit auf die „Nächsten“ ein. Also die eigenen Glaubensbrüder und höchstens noch -schwestern.
Gottessuche zur Gewinnmaximierung
Treibt das in einer von Leistung, Erfolg und Gewinnmaximierung geprägten Zeit noch jemanden um?
Antwort 1: Ja, die Kirche. Denn die hatte mit dem Verkauf von hoffnungsvoll erscheinenden Illusionen, die sich bei Licht betrachtet als Erpressung entpuppen eine beispiellose Gewinnmaximierung betrieben. Und profitiert bis heute sehr gut davon.
Da kann es einen schon umtreiben, wenn zumindest hierzulande immer weniger Leute noch darauf hereinfallen. Denn die Kirche verdient ja ihr Geld damit, dass Leute es ihnen abnehmen, die Suche nach ihrem Gott sei wesentlich im Leben.
Gewinnmaximierung scheint Menschen also nicht zwangsläufig davon abzuhalten, weiter nach ihren Göttern zu suchen. Im Gegenteil: Die Kirche beweist, dass man seinen Gewinn damit maximieren kann, die Schäflein dazu zu bringen, mit Gott Verstecken zu spielen.
Antwort 2: Unsere Zeit ist nicht nur von Leistung, Erfolg und Gewinnmaximierung geprägt. Sondern zum Beispiel auch von Aufklärung, wissenschaftlicher Erkenntnis, Vernunft, Menschlichkeit, Eigenverantwortlichkeit, in vielen Bereichen gesundem Wachstum, Verantwortungsbewusstsein, Freiheit, Toleranz und Mitmenschlichkeit.
All diese positiven Entwicklungen gehen auf menschliches Engagement zurück. Das macht sie für Berufschristen unbrauchbar. Denn die brauchen ja einen Kundenkreis, der sich unfähig, sündig und deshalb erlösungsbedürftig fühlt.
Deshalb ignorieren oder „verteufeln“ Leute wie Herr Buß gerne alle positiven menschlichen Leistungen und Errungenschaften.
Und zeichnen stattdessen ein einseitig negatives Bild von kulturellen, wissenschaftlichen oder allgemein menschlichen Leistungen. Fortschritt und Entwicklung konnotieren sie gerne plakativ und einseitig negativ als „Zeitgeist.“
Von den Errungenschaften und den gewonnenen Freiheiten profitieren sie freilich trotzdem immer gerne.
Gründe fürs Kloster
Vor einigen Jahren besuchte ich das Kloster Reichenau am Bodensee, einer Wiege abendländischer Kultur.
Im dortigen Kloster lebten um das Jahr 850 – man höre und staune! — 134 Mönche! Was bewog so viele, in ein Kloster einzutreten?
Hunger? Durst? Kein Dach über dem Kopf? Materielle und/oder geistige Armut? Keinen Beruf erlernt, keine berufliche Perspektive? Kein Interesse an Frauen?
Oder aber die Aussicht, im Kloster Tätigkeiten nachgehen zu können, die außerhalb der Klostermauern nicht dazu getaugt hätten, um das eigene Überleben zu bestreiten:
Es mögen viele individuelle Gründe gewesen sein, einer der Hauptgründe lautet: „QUARERE DEUM“: Gott suchen und sich von ihm finden lassen.
Ein wichtiger Aspekt hierbei: Solange man Leute mit der Suche nach einem Phantom beschäftigt, machen sie keine anderen, womöglich noch größere Dummheiten.
Wenn man mal bedenkt, was Menschen schon hätten bewirken können, wenn sie die Zeit, die sie zur Verehrung ihrer fiktiven Götter und zum Formulieren niemals erhörter Gebete verwendet haben vernünftiger und sinnvoller genutzt hätten…
Tun, was wesentlich ist
„In der Wirrnis der Zeiten, in der nichts standzuhalten schien, wollten sie das Wesentliche tun – sich bemühen, dass immer gültige und Bleibende, das Leben selber zu finden. Sie waren auf der Suche nach Gott. Sie wollten aus dem Unwesentlichen zum Wesentlichen, zum allein wirklich Wichtigen und Verlässlichen kommen“, so drückte es Papst em. Benedikt bei seinem Pastoralbesuch in Paris im Jahr 2008 aus.
„Das Leben selber“ ist vorübergehend. Nicht bleibend. Was das Leben ausmacht, ist seine Endlichkeit. Leb-endig eben. Und nicht Leb-ewig.
Es erschließt sich mir nicht, was an dieser banalen und wohl auch noch bis auf Weiteres unvermeidbaren Tatsache so unerträglich sein soll, dass man sich die wildesten Mythen zusammenspinnt, um sich (sowieso nur) einbilden zu können, das eigene Leben sei nicht endlich.
Im Gegenteil: Gerade die Endlichkeit des Lebens lenkt doch den Blick auf das Wesentliche: Auf die Jahrzehnte, die wir mit unserer Persönlichkeit und unserem Bewusstsein im irdischen Diesseits existieren.
Die Korrumpierung der eigenen intellektuellen Redlichkeit ist ein, wie ich finde, (zu) hoher Preis für eine bestenfalls hoffnungsvoll erscheinende Illusion. Aber: Die Gedanken, auch die noch so absurdesten, sind dank Aufklärung und Säkularisierung heute freier denn je!
Auf Götter ist Verlass – in einem Punkt
Der einzige Punkt, in dem Götter tatsächlich verlässlich sind, ist deren Nicht-Existenz außerhalb menschlicher Phantasievorstellung. Darauf kann man sich bis zum Beweis des Gegenteils getrost verlassen.
Und dieser Faktor ist wesentlich bedeutsam, zumindest für monotheistische Religionen. Denn gäbe es einen einzigen validen Beweis für die Existenz des jeweils behaupteten Gottes, dann bräuchte ja niemand mehr an ihn zu glauben.
Was wesentlich und was nicht wesentlich ist, das ist eine sehr individuelle Angelegenheit. Menschen vertreten ja mitunter komplett gegensätzliche Auffassungen darüber, was für sie wesentlich ist.
Wer seinen persönlichen Lebenssinn darin sieht, nach imaginären Phantasiewesen zu fahnden, der möge das freilich tun. Und zwar bitte auf eigene Kosten. Und ohne damit Interessen Anderer zu verletzen.
Dann spielt es auch keine Rolle, ob jemand nach Göttern, Geistern, Aliens, Zauberfeen, Yetis, UFOS oder sonstwas sucht.
Lost and found
Gott suchen: Das hat zwei Seiten: die Aktive der Gottsuche und die Passive des Sich-Finden-Lassens. Man könnte auch sagen: Der Mensch, der sich auf die Suche nach Gott begibt, muss mit der freudigen Möglichkeit rechnen, dass er von Gott gefunden wird, dass Gott ihm bei der Suche auf dem Weg entgegenkommt.
In Anbetracht der Prämisse, dass es sich bei diesem Gott um eine allmächtige, allwissende und allgütige Entität handeln soll, erscheint die Vorstellung, dieser Gott würde einem vielleicht, mit viel Glück auf dem Weg entgegenkommen, wenn man nach ihm sucht, reichlich grotesk, oder genauer: unsinnig.
Christen haben zumeist kein Problem damit, ihren Gott, wie in diesem Beispiel, bei Bedarf zu „vermenschlichen.“ Um im nächsten Satz dann wieder zu behaupten, dass ihr ihr Gott ja ein „Geheimnis“ sei. Das sich selbstverständlich jeder menschlichen Erkenntnis entziehe.
So leicht, wie dieser Trick zu durchschauen ist, so gut hatte er lange Zeit funktioniert: Wenn dir Gott auf deinem Weg nicht „entgegen kommt“, dann liegt das nicht daran, dass es ihn nicht gibt. Sondern daran, dass du noch nicht aufrichtig und intensiv genug nach ihm gesucht hast. Es ist deine eigene Schuld, wenn sich Gott dir nicht „zu erkennen“ gibt.
Antrainierter Bestätigungsfehler
Bei Licht betrachtet ist die Suche nach Göttern nichts weiter als eine religiös vernebelte Umschreibung des Angewöhnens und -trainierens eines chronischen Bestätigungsfehlers:
Es gilt, die irdische natürliche Wirklichkeit dahingehend umzuinterpretieren, dass dabei ein im Verborgenen handelnder Akteur als Ursache für reale Wahrnehmungen und Empfindungen angenommen wird.
Solche Vorstellungen sind auch in nicht-religiösen Verschwörungsmythen anzutreffen.
Je nach Schweregrad, Dauer und Ausprägung können solche Vorstellungen auch wahn- und damit krankhafte Züge annehmen.
Je überzeugter jemand von seinem nicht realitätskompatiblen Weltbild ist, je energischer er daran festhält und es gegen alle rationalen Einwände verteidigt, umso frommer und gläubiger gilt er in Religionsgemeinschaften. Und umso kränker in Psychiatrien.
Was ist wesentlich?
Gott suchen heißt das Wesentliche suchen.
Wer „Gott“ für das Wesentliche hält, für den mag das zutreffen.
Gerade wenn es sich um „das Wesentliche“ handelt, dann wäre freilich zunächst eine möglichst genaue Definition wichtig, wer oder was mit „Gott“ denn eigentlich konkret gemeint sein soll.
Und da hört es schon auf, bevor es überhaupt angefangen hat: Denn Gottesvorstellungen gibt es so viele, wie es Gottesgläubige gibt. Und keine Möglichkeit, diese Vorstellungen mit der Wirklichkeit abzugleichen, um zu einer schlüssigen, allgemeingültigen Aussage kommen zu können. Was die Existenz von vielen tausend verschiedenen Religionen belegt.
Für Menschen, die an keine Götter glauben, ist die Suche nach dem Stammesgott Jahwe genauso irrelevant, wie für Christen vermutlich die Suche zum Beispiel nach Shiva wäre. Oder nach dem Fliegenden Spaghettimonster.
Sinnfragen und Antworten
Das wirft die ganz persönliche Frage auf: Was ist in meinem Leben wesentlich, wichtig, ja endgültig?
Glauben im religiösen Sinn bedeutet ja, sich die Sinnfrage eben nicht zu stellen. Und stattdessen das Sinn-Angebot der jeweils geglaubten Religion anzunehmen. Je unkritischer, je bereitwilliger, je überzeugter, desto gläubiger und frommer gilt der Gläubige.
Solange der Klerus noch über die dafür nötige Autorität verfügte, genügte es, den Schäfchen zu sagen, was der Sinn ihres Lebens ist, was diese zu glauben haben. Damit waren alle Sinnfragen beantwortet.
Und heute? Heute reicht die klerikale Autorät längst nicht mehr aus, um das biblisch-christliche Belohnungs-Bestrafungskonzept per Ansage flächendeckend zu etablieren. Nicht mal mehr unter den eigenen Schäfchen.
Was also tun, wenn immer weniger Menschen noch bereit sind, absurde und unplausible Behauptungen aus einer archaischen Mythen- und Legendensammlung ohne irgendwelche gültigen Argumente „einfach so“ zu glauben? Nur weil ein Priester sie in salbungsvollen oder auch drohenden Worten vorträgt?
Zweifel ja – aber natürlich nicht an Gott
Ein Manöver besteht darin, die Zweifel, die jeden vernünftig denkenden Menschen beschleichen dürften, so abzufangen, dass sie spätestens dort enden, wo das Glaubenskonstrukt an sich in Frage gestellt werden würde:
Ich gebe zu: Diese Frage stellt man sich nicht alle Tage. Sie stieg in mir während des Lockdown wieder neu auf: Was tue ich eigentlich? Warum tue ich, was ich tue?
Bei seiner „Innenrevision“ stellt Pfarrer Buß ausgerechnet das, was am wenigsten plausibel und deshalb am meisten fragwürdig ist, nicht in Frage: Was unterscheidet meinen Gott vor einer rein menschlichen Phantasieeinbildung, die seit ihrer Entstehung für bestimmte Zwecke instrumentalisiert wird?
Eine ehrliche und intellektuell redliche Beantwortung dieser Frage hätte gravierende Folgen, was die Beantwortung der anderen Fragen angeht.
Wer sein ganzes Selbstverständnis, seine persönliche Identität und, im Fall von Herrn Buß auch seine berufliche Existenz auf archaischen mythologischen Narrativen aufgebaut hat, dem fällt es verständlicherweise nicht leicht, den Sprung vom magisch-esoterischen zum rationell-vernünftigen Denken zu wagen.
Bringt das, was ich tue mich Gott näher oder hält es mich von ihm fern?
Die unzähligen Verbrechen, die Menschen schon im felsenfesten Glauben begangen haben, damit dieses Kriterium zur größten Zufriedenheit ihrer Gottheit erfüllt zu haben, zeigt, wie unbrauchbar dieser Maßstab für eine ethische Bewertung von menschlichem Verhalten ist.
Auf dem Sprung: Höchste Glaubensgewissheit!
Und deshalb bereitet sich Pfarrer Buß auch lieber auf einen anderen „Sprung“ vor:
Habe ich bei all meinem Tun auch mein Lebensende im Blick? Ist mir bewusst, dass am Ende der Tag anbricht, an dem ich, metaphorisch gesprochen, springen muss: vom Diesseits ins Jenseits?
So metaphorisch ist das alles gar nicht gemeint, wie das Herr Buß hier suggeriert.
Zumindest, wenn man sich die bizarren Dogmen der katholischen Kirche zum Thema Tod und Jenseits näher betrachtet. Da steht ganz klar formuliert, was für Katholiken wesentlich zu sein hat:
- Der Tod ist in der gegenwärtigen Heilsordnung eine Straffolge der Sünde.
- Alle erbsündigen Menschen sind dem Gesetz des Todes unterworfen.
- Die Seelen der Gerechten, die im Augenblick des Todes von aller Sündenschuld und Sündenstrafe frei sind, gehen in den Himmel ein.
- Die himmlische Seligkeit dauert in alle Ewigkeit.
- Der Grad der himmlischen Seligkeit ist bei den einzelnen Seligen verschieden je nach dem Grade ihrer Verdienste.
- Die Seelen derer, die im Zustand der persönlichen schweren Sünde sterben, gehen in die Hölle ein.
- Die Höllenstrafe dauert in alle Ewigkeit.
- Die Seelen der Gerechten, die im Augenblick des Todes noch mit lässlichen Sünden oder zeitlichen Sündenstrafen belastet sind, gehen in das Fegfeuer ein.
(Quelle: gloria.tv: Die 254 Dogmen der katholischeh Kirche mit Status „de fide“ (höchste Glaubensgewissheit der katholischen Kirche))
Allen Katholikinnen und Katholiken sei empfohlen, sich diese abstrusen Glaubensgewissheiten mal in Ruhe durchzulesen und zu ermitteln, wie viele dieser Gewissheiten sie tatsächlich ernsthaft und aufrichtig glauben. Wozu sie ja eigentlich verpflichtet sind als gute Katholiken.
Who wants to live forever?
Quer durch 2000 Jahre Kirchengeschichte gab es viele Frauen und Männer, die sich nebst aller irdischen Dinge um das Leben der Auferstehung gesorgt haben. Ihnen war bewusst, dass man mit Fleiß und Können, mit Geld und Ideen große Werke schaffen, jedoch nicht das ewige Leben erlangen kann.
Was soll denn „das Leben der Auferstehung“ sein?
Um das zu erlangen, was in der biblisch-christlichen Mythologie als die positive Variante des „ewigen Lebens“ bezeichnet wird, genügt es lt. Mk 16,16, getauft und gläubig zu sein.
Während sich die Durchführung einer Taufzeremonie durch die anwesenden Personen noch eindeutig bezeugen lässt, ist es mit der Glauberei schon nicht mehr so einfach.
Deshalb ist es schon nachvollziehbar, dass sich Menschen, die den ganzen Quatsch (wie anders könnte man die biblisch-christliche Jenseitsvorstellung sonst bezeichnen?) tatsächlich glauben, auch sorgen. Ob es denn dereinst gereicht haben wird mit ihrer Unterwerfung? Und ob die Suche nach Gott ihnen zeitlebens wesentlich genug war?
Wenn man mal versucht zu ermessen, wieviel psychisches Leid das Christentum seinen eigenen Anhängern allein nur durch sein unmenschliches und unmoralisches Belohnungs-Bestrafungskonzept schon bereitet hat, dann kann man noch weniger nachvollziehen, dass die Kirche bis heute noch von der Legende von der christlichen Moral zehren kann.
Ernsthafter Gottessucher
Der Dominikanermönch Heinrich Seuse (1295 – 1366, Mystiker) war z. B. ein solcher ernsthafter Gottsucher des 14. Jahrhunderts, der mahnt, im Heute sich „für den Sprung in die offenen Arme Gottes vorzubereiten. Jetzt gilt es Anlauf zu nehmen und am letzten Lebenstag zu springen. Jetzt gilt es. Hier und heute. Wer am Ende nicht vorbereitet ist, dem fehlt der Schwung und die Kraft zum Sprung“. Und Sie wissen ja: knapp daneben ist leider auch vorbei!
Was für eine geradezu widerwärtig zynische Verniedlichung dessen, was sich die Erfinder der biblisch-christlichen Jenseitsfiktionen für ihre Anhänger ausgedacht hatten:
Während dieser Gott also seine, von ihm positiv auf Glaubensstärke und Unterwerfung getesteten Trockennasenaffen mit offenen Armen auffängt, kickt er alle Glaubensfreien und Andersgläubigen dorthin, wo sie mit zeitlich unbegrenzter psychischer und physischer Höllenfolter für ihre Glaubensfreiheit oder ihren Glauben an andere Götter dauerbestraft werden.
Denen hat es nicht an „Schwung und Kraft zum Sprung“ gemangelt. Die haben nur nichts oder etwas anderes geglaubt. Und können trotzdem ein gottlos glückliches, erfüllendes und sinnerfülltes Leben geführt haben. In dem sie ihre Chancen und Möglichkeiten genutzt haben können, sich fair und mitmenschlich verhalten zu haben.
Wesentlich oder nicht: Wie kann man sowas glauben?
Von außen betrachtet ist es nur sehr schwer vorstellbar, dass im 21. Jahrhundert ein geistig gesunder Erwachsener, der irgendwann mal eine Schule besucht hat sein Leben an der fixen Idee ausrichtet, dieses sei der Qualifikationslauf für den Sprung in eine zeitlose Zeit nach dem eigenen Tod.
Noch schwerer vorstellbar erscheint es mir, dass irgendwer ernsthaft davon überzeugt sein kann, mit solchen kindlich-naiven Plaudereien irgendwen zu einem bestimmten Verhalten motivieren oder von einem bestimmten Verhalten abhalten zu können.
Andererseits fällt natürlich auch die biblisch-christliche Jenseitsvorstellung und deren beliebige Interpretation in die Kategorie „Glaubens- und Gedankenfreiheit.“
Was jemand glaubt, was jemand für wesentlich hält und ob das anderen Menschen vielleicht wie völlig absurder Schwachsinn vorkommt, spielt keine Rolle. Solange solche Einbildungen und Überzeugungen nicht zu Handlungen führen, durch die Interessen Anderer verletzt werden.
Vielleicht kann man Mitleid empfinden mit Gläubigen, die offenbar solche Vorstellungen brauchen, um ein sinnerfülltes Leben im Diesseits führen zu können.
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