Gedanken zu: Impulse von Stadtpfarrer Buß: Gebetswoche um die Einheit der Christen

Lesezeit: ~ 10 Min.

Gedanken zu: Impulse von Stadtpfarrer Buß: Gebetswoche um die Einheit der Christen, veröffentlicht am 22.1.22 von osthessennews.de

Darum geht es

Mit einem Jahr Verspätung setzt sich Pfarrer Buß gewohnt realitätsfern diesmal mit dem Motto der „Gebetswoche um die Einheit der Christen 2021“ auseinander und die Communauté de Grandchamp bekommt von uns eine hohe Auszeichnung verliehen!

Anfang Januar ist jährlich die Gebetswoche um die Einheit der Christen. Die Texte für die Gebetswoche für die Einheit der Christen 2021 [sic!] wurden von der monastischen Kommunität von Grandchamp aus der Schweiz vorbereitet.

(Quelle der so als Zitat gekennzeichneten Abschnitte: Impulse von Stadtpfarrer Buß: Gebetswoche um die Einheit der Christen, veröffentlicht am 22.1.22 von osthessennews.de)

Warum Herr Buß heute einen Impuls zum Motto der Gebetswoche des vergangenen und nicht des aktuellen Jahres bringt, bleibt wohl sein Geheimnis.

Dieses Jahr wäre es um ein bisschen biblische Astrologie gegangen (Mt 2,2). Vielleicht war ihm dazu nichts eingefallen. Oder er hatte der Beitrag für 2021 vielleicht schon vorproduziert. Wer weiß.

Andererseits macht es auch keinen Unterschied in Sachen Relevanz, Aktualität oder Gegenwartsbezug, welches Textfragment man sich nun aus dem Kontext der biblischen Mythen- und Legendensammlung herauspickt.

Hohe Auszeichnung für die Communauté de Grandchamp

Wobei – einen Unterschied macht es diesmal schon: Für die hochselektive Auswahl des Mottos der letztjährigen Gebetswoche werden wir heute der Communauté de Grandchamp nachträglich die goldene Rosine am Band verleihen – doch dazu später mehr.

Da haben sich also ein paar Frauen dazu entschieden, „Dienerinnen des Herren“ zu werden. Dafür geben sie ihr Privatleben auf und verbringen ihr Dasein stattdessen in einer Gemeinschaft, um mit Arbeit und Gebet ihrem „Herren“ zu dienen.

Da spricht freilich erstmal nichts dagegen: Andere Menschen entscheiden sich für andere, objektiv betrachtet nicht minder absurde Lebensentwürfe. Und solange sie damit keine Interessen Dritter verletzen, sollen sie das natürlich gerne machen, wie es ihnen sinnvoll erscheint oder Spaß macht. Idealerweise bitte auf eigene Kosten.

Gebetswoche für die Einheit des Christentums

Von dieser kleinen evangelischen Frauengemeinschaft in der Schweiz, der die Einheit der Christen offenbar ein Anliegen ist, stammte das Motto der Gebetswoche für die Einheit des Christentums 2021.

Darüberhinaus existiert auch eine „Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland“, deren Hauptanliegen die Ökumene ist und die diese Gebetswochen veranstalten.

Statt sich (bis heute!) gegenseitig zu ermorden, weil man sich uneins zum Beispiel darüber ist, ob männliche Priester Backoblaten nun tatsächlich in essbares Menschenfleisch verwandeln können oder ob deren Verzehr nur symbolisch gemeint sein soll, versucht man hier, Christen trotz ihrer konfessionellen Veschiedenheiten zu einen.

Einigkeit statt Recht und Freiheit

Aus Sicht des Christentums sicher eine sinnvolle Idee: Menschen können mehr erreichen, wenn sie sich, trotz unterschiedlicher Ansichten zu einzelnen Aspekten, zusammentun.

Gerade in Zeiten, in denen das Christentum zumindest in einigen Regionen der Erde gerade dabei ist, anderen Religionen in die Bedeutungslosigkeit zu folgen, könnte ein solches Vorgehen sogar überlebensnotwendig sein. Da kann man sich dann irgendwann mal keine Sonderspielregeln mehr leisten…

Was machen Christen, wenn sie sich etwas wünschen? Klar: Sie bitten ihren lieben Gott um Unterstützung.

Und weil diesem Gott die Einheit seiner Anhänger genauso egal zu sein scheint wie alles andere auch, hielt man es offenbar für erforderlich oder sinnvoll, die Gebetswoche dieses Jahr sogar auf zwei Wochen auszudehnen. Dann muss es ja endlich mal klappen mit der Einheit!

Vielleicht versucht man so auch, die Gebetszeiten zu kompensieren, die die katholischen Glaubensbrüder gerade meinen aufbringen zu müssen, um für die Opfer der pädokriminellen Straftäter aus den eigenen Reihen zu beten.

Einmal mehr sei auch an den positiven Aspekt von Gebeten erinnert: Menschen stellen keinen anderen Unsinn an, während sie mit ihren inneren Stimmen sprechen, die sie für ihre Götter halten. Allerdings sollten sie es für sich behalten, wenn sie für andere Menschen beten, denn es schadet dieser Studie zufolge Menschen, wenn sie wissen, dass für sie gebetet wird.

Aber zurück zu Pfarrer Buß‘ Impuls, der sich ja auf das Motto von 2021 bezieht:

Josua? Johannes? Egal!

Das gewählte Thema „Bleibt in meiner Liebe und ihr werdet reiche Frucht bringen“ stammt aus dem Johannesevangelium (Jo. 15, 4.9). Die Kommunität in Grandchamp sieht in diesen Text ihre eigene Berufung zu Gebet, Versöhnung und Einheit in der Kirche und der Menschheitsfamilie.

Die geschätzte Leserschaft weiß es natürlich schon: Immer, wenn irgendwo Bibelfragmente genannt werden, lohnt sich ein Blick auf den Text, dem sie entnommen wurden.

Das war diesmal gar nicht so einfach, weil es diese Bibelstelle so gar nicht gibt – dafür aber etliche gravierende andere Aussagen, die allerdings komplett fehlen (Hervorhebungen von mir):

  1. Ich bin der wahre Weinstock und mein Vater der Weingärtner.
  2. Eine jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt, nimmt er weg; und eine jede, die Frucht bringt, reinigt er, dass sie mehr Frucht bringe.
  3. Ihr seid schon rein um des Wortes willen, das ich zu euch geredet habe.
  4. Bleibt in mir und ich in euch. Wie die Rebe keine Frucht bringen kann aus sich selbst, wenn sie nicht am Weinstock bleibt, so auch ihr nicht, wenn ihr nicht an mir bleibt.
  5. Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun.
  6. Wer nicht in mir bleibt, der wird weggeworfen wie eine Rebe und verdorrt, und man sammelt die Reben und wirft sie ins Feuer, und sie verbrennen.
  7. Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch widerfahren.
  8. Darin wird mein Vater verherrlicht, dass ihr viel Frucht bringt und werdet meine Jünger.
  9. Wie mich mein Vater liebt, so liebe ich euch auch. Bleibt in meiner Liebe!
    (Johannes 15, 1-9 LUT)

DIY Bibelstelle

Zunächst fällt auf, dass die genannte Bibelstelle in diesem Wortlaut in keiner einzigen deutsch- oder englischsprachigen Bibelausgabe bei Johannes 15 vorkommt.

Es handelt sich um eine Neukreation, zusammengebastelt aus Teilen von Joh 15,8 und Joh 15,9.

Womöglich verfügt die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland ja über eine Neutestamentarische Version unseres Theologiegenerators TheoGen2?

Und dass die von Herrn Buß genannte Quelle Jo. 15,4.9 gar nicht Johannes, sondern Josua meint, scheint weder Herrn Buß, noch sonstwem aufgefallen zu sein.

Auf der Webseite des Veranstalters ist immerhin die Quelle der einzelnen Wörter richtig mit „Joh 15,8-9“ angegeben.

Das alles ist freilich geschenkt, verglichen mit der eigentlichen Frechheit:

Liebe? Erpressung!

Nicht geschenkt, sondern scharf zu kritisieren ist allerdings der Umstand, wie hier wiedermal der Aspekt komplett verschwiegen wird, dass es sich bei dieser angeblichen göttlichen Liebe keineswegs um ein optionales Angebot handelt.

Klar: Für Christen selbst spielt der biblisch-christliche Bestrafungsaspekt keine Rolle.

Denen kann – und muss! – es offensichtlich völlig egal sein, dass der Gott, von dem sie sich einbilden, dass er sie liebt und dessen Liebe die einzige Option ist, überhaupt ein mitmenschlich handelnder Mensch zu sein alle, die sich von ihm nicht lieben lassen möchten (zum Beispiel, weil sie keine oder andere Götter verehren), zeitlich unbegrenzte physische und psychische Dauerfolter mit Höllenqualen bei vollem Bewusstsein und ohne Aussicht auf Begnadigung androht.

Mit anderen Worten: Das Schicksal, das alle Nicht-Christen laut eindeutiger (und das will was heißen bei der Bibel!) Gesamtaussage erwartet, muss gläubigen Christen nicht am Allerheiligsten, sondern am Allerwertesten vorbeigehen.

Einheit mit der Menschheitsfamilie!?

Wären sie von ihren absurden Glaubensinhalten überzeugt und ginge es ihnen tatsächlich auch um eine Versöhnung und Einheit nicht nur untereinander, sondern wie behauptet auch mit der „Menschheitsfamilie“ (zu der ja wohl auch Nicht-Christen gehören), dann müsste ihr Hauptanliegen doch darin bestehen, entweder ihre Mitmenschen vor den Höllendrohungen ihres Gottes zu warnen, statt diese konsequent zu verschweigen.

Oder aber, da sie ja von der Wirksamkeit von Gebeten überzeugt sind, ihren Gott darum zu bitten, er möge der Menschheitsfamilie doch endlich mal verbindlich mitteilen, ob er immer noch auf dem unmenschlichen und amoralischen Entwicklungsstand der Leute hängengeblieben ist, die ihn sich damals ausgedacht hatten – oder ob er sich inzwischen vielleicht in Sachen Menschlichkeit und Ethik ein Vorbild am sich weiterentwickelnden Humanismus genommen hat. Und ob die „Heiligen Schriften“ deshalb endlich mal hochoffiziell als hinfällig erklärt werden können.

Während der letzte Vorschlag natürlich nicht ernst gemeint war, stellt sich umso ernster die Frage, was es mit Menschen im Verhältnis zu ihren Mitmenschen macht, wenn sie vorgegaukelt bekommen, sie seien deshalb, wie wir gleich noch erfahren werden, „besonders zur Nächstenliebe befähigt“, weil sie sich der Glaubensgemeinschaft angeschlossen haben, die den „richtigen“ Gott verehrt.

Ehrfurcht vor allen Geschöpfen!?

Die Kommunität von Grandchamp ist eine monastische Gemeinschaft von Schwestern, die aus unterschiedlichen Kirchen und verschiedenen Ländern kommen, ähnlich wie die Kommunität in Taize in Frankreich. Aufgrund ihrer ökumenischen Berufung setzen sie sich ein für Versöhnung unter den Christinnen und in der Menschheitsfamilie sowie für Ehrfurcht vor allen Geschöpfen.

Wem Versöhnung in der Menschheitsfamilie sowie Ehrfurcht vor allen Geschöpfen ein Anliegen ist, sollte sich ernsthaft fragen, ob ausgerechnet das biblisch-christliche Belohnungs-Bestrafungskonzept eine (oder gar, wie gerne behauptet, die einzige!) brauchbare Grundlage dafür sein kann.

Menschen wegen ihres (Nicht-)Glaubens (!) mit der schlimmsten Form von Leid zu bedrohen, das sich die Menschen damals ausdenken konnten, scheint mir jedenfalls kein geeignetes Vorgehen zur Versöhnung und schon gleich gar nicht ein Ausdruck von „Ehrfurcht vor allen Geschöpfen“ zu sein.

Indem die Glaubensdienerinnen neue, unverfängliche Bibelverse zusammenbasteln und den Rest verschweigen, verschwinden diese unmenschlichen und amoralischen Aspekte natürlich nicht aus der Bibel.

Religiöses Stockholmsyndrom

Einmal mehr erinnert auch dieser Fall an das Stockholmsyndrom:

  • Unter dem Stockholm-Syndrom versteht man ein psychologisches Phänomen, bei dem Opfer von Geiselnahmen ein positives emotionales Verhältnis zu ihren Entführern aufbauen. Dies kann dazu führen, dass das Opfer mit den Tätern sympathisiert und mit ihnen kooperiert.
    (Quelle: Wikipedia – Stockholmsyndrom)

In Verbindung mit einem religiös induzierten Realitätsverlust und einer, schlimmstenfalls bis ins Wahnhafte gesteigerten kognitiven Verzerrung und chronischen Fehlinterpretation dürfte es schwer bis unmöglich sein, Menschen aus solchen Überzeugungen herauszuhelfen.

In Christus zu bleiben?

In Christus zu bleiben ist eine innere Haltung, die im Laufe der Zeit wächst. Sie kann vom Kampf um das Lebensnotwendige überholt werden und wird durch die Ablenkungen, den Lärm, die Hektik und die Herausforderungen des Lebens bedroht.

„In Christus zu bleiben“ bedeutet: Festhalten und Verstärken einer religiösen Ideologie, mit der die meisten Christen schon ab dem Säuglingsalter indoktriniert worden waren.

„Bedroht“ werden kann diese innere Haltung auch, wenn man sich zum Beispiel testweise mal vor einen Spiegel stellt und laut das „Glaubensbekenntnis“ aufsagt.

Und dann nach jeder Zeile überlegt, ob man das wirklich ehrlich echt glaubt – und warum eigentlich.

Außerdem sollte man sich fragen, ob es wirklich das ist, was einen in der alltäglichen Lebenswirklichkeit zu einem besseren Menschen macht.

Befähigung zur Nächstenliebe

Jesu Wort und seine Liebe befähigen zur Nächstenliebe: zur Liebe derjenigen, die uns als Christinnen und Christen anvertraut sind, aber auch zur Liebe zu anderen christlichen Traditionen.

Wie kommt man denn auf das schmale Brett, irgendwer sei speziell Christinnen und Christen anvertraut worden? Oder dass Christen wegen ihres Glaubens in besonderer Form zur Nächstenliebe befähigt seien?

Herr Buß, was ist bei Ihren weltweit tausenden Berufskollegen falsch gelaufen? Die sich sicher alle auch „in Jesu Wort“ wähnten und wähnen? Und die trotzdem tausende von Kindern (wohl die meisten davon solche, die ihnen tatsächlich mal anvertraut worden waren) seit mindestens Jahrzehnten und wahrscheinlich auch heute noch vergewaltigen?

Sie als Vertreter der katholischen Kirche wagen es tatsächlich noch, von Liebe und Nächstenliebe zu faseln, zu der Sie wegen Ihres Glaubens besonders befähigt seien?

Schämen Sie sich in Grund und Bode ob Ihrer Arroganz und/oder Ignoranz.

Früchte der Solidarität

Durch das Bleiben in Christus wachsen so Früchte der Solidarität und des Zeugnisses. Spiritualität und Solidarität sind untrennbar miteinander verbunden.

Quod restat probandum.

In Wirklichkeit ist genau das Gegenteil der Fall: Je weiter sich Gläubige von ihren Glaubensgrundlagen entfernen, desto eher kann eine offene und freie Gesellschaft sie aushalten und integrieren.

Und umgekehrt: Je tiefer Menschen in religiösen Ideologien gefangen sind, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass ihr Verhalten außerhalb ihrer ingroup nicht tolerierbar ist.

Das ursächliche Problem des christlichen Fundamentalismus ist das Fundament.

Weisheit? Respekt!?

Wer in Christus bleibt, empfängt die Kraft und die Weisheit, ungerechte und unterdrückende Strukturen zu bekämpfen, einander als Brüder und Schwestern in der einen Menschheitsfamilie zu erkennen und eine neue Lebensweise zu schaffen, die von Respekt und Gemeinschaft mit der ganzen Schöpfung geprägt ist.

Weisheit? Schon Goethe wusste: Mit dem Wissen wächst der Zweifel. Und René Descartes bezeichnete den Zweifel als „der Weisheit Anfang.“ Zweifel. Das Gegenteil von Glaube im religiösen Sinn.

Bis jetzt haben die Leute, die von sich behaupten, „in Christus zu sein“ ungerechte und unterdrückende Strukturen nicht bekämpft, sondern erschaffen und bis zur Perfektion ausgebaut.

Und noch nie haben diese „Menschen in Christus“ ohne Druck von außen auch nur eine noch so geringste Kleinigkeit daran geändert. Nur, wenn es sich absolut nicht mehr vermeiden lassen konnte. Wobei man sich nicht mal Recht und Gesetz verpflichtet fühlt.

Auch wenn ich vor Kurzem noch einige unserer geschätzten Kommentatoren zur Mäßigung in ihren Kommentaren aufgerufen hatte:

Was für ein selbstgerechtes, anmaßendes, realitätsverachtendes und überhebliches Wichtiggetue ist das denn!?

Kirche längst nicht mehr „Hüter der Moral“

Herr Buß, Ihre katholische Kirche beweist gerade, bedauerlicherweise auf Kosten der psychischen und physischen Gesundheit tausender Menschen erschreckend eindrucksvoll, dass sie als Moralquelle für die Weltbevölkerung im 21. Jahrhundert nicht nur nicht in Frage kommt, sondern auf ganzer Linie komplett versagt hat.

Und ich sehe wirklich keinen Weg, wie es ihr noch gelingen könnte, daran jemals nochmal etwas zu ändern:

Die Schäfchen, die jetzt in nie dagewesener Anzahl die heilige Herde verlassen, werden wohl nie mehr zurückkommen. Und folglich werden, schneller als zuletzt noch prognostiziert, auch keine neuen mehr nachkommen.

…und wie gehts weiter?

Gebetswoche für die Einheit der Christen

Meine Prognose: Neben sich weiter radikalisierenden, fundamentalistisch-christlichen Minderheiten (die allerdings im Schulterschluss mit ebenfalls fundamentalistischen politisch-ideologischen Spinnern duchaus auch wieder erschreckende Zugewinne verzeichnen können) wird sich der Rest hoffentlich bald soweit aufgelöst haben, dass die „Großkirchen“ in einen Zustand versetzt werden, der den Prinzipien eines Säkularstaates gerecht wird.

Denkbar wäre zum Beispiel ein folkloristischer Traditionsverein.

Dann könnten die Christen ja trotzdem weiter daran arbeiten, untereinander klar zu kommen. Oder für irgendwas beten, gemeinsam singen, knieen, wallfahren, verzauberte Backoblaten essen, sich ein reines Gewissen vortäuschen, indem sie ihren Priestern ihre Verfehlungen verraten – und was man da halt sonst so alles macht – und was niemandem schadet.

Gegen eine solche Form von Christentum wäre kaum etwas einzuwenden.

Allerdings lässt die von Herrn Buß hier einmal mehr präsentierte Selbstein- bzw. Überschätzung befürchten, dass das wohl doch noch eine ganze Weile dauern wird.

Obgleich niemand so effektiv am religiösen und kirchlichen Rückbau arbeitet wie die katholische Kirche selbst: Sie selbst sorgt dafür, dass man sich spätestens heute schämen muss, diesen Konzern noch durch seine Mitgliedschaft zu unterstützen.

Im Einklang mit Gott…

Einklang mit sich selbst, mit Gott und den Nächsten ist damit der bleibende Auftrag, der den Christen gegeben ist. Es ist ein Auftrag von Jesus selbst, sich um die Einheit der Kirche zu bemühen. Betet er doch selbst zum Vater „Alle sollen eins sein: Wie du Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein, damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast!“ (Jo.17,21)

Um im „Einklang mit sich selbst“ zu sein, bedarf es keines Götterglaubens.

Ein historischer Jesus war, sollte es ihn gegeben haben, ein radikal-fundamentalistischer jüdischer Endzeit-Sektenführer.

Seine Aufgabe sah er darin, seine Anhänger (und nur die!) durch Bekehrung zum „richtigen“ Glauben schnell noch auf den von ihm irrtümlich als unmittelbar bevorstehend angenommenen Weltuntergang vorzubereiten (Hervorhebung von mir):

  • Ich habe deinen Namen den Menschen offenbart, die du mir aus der Welt gegeben hast. Sie waren dein, und du hast sie mir gegeben, und sie haben dein Wort bewahrt. […]
  • Ich bitte für sie. Nicht für die Welt bitte ich, sondern für die, die du mir gegeben hast, denn sie sind dein.
    (Joh 17,6 und Joh 17,9 LUT)

Auch an anderen Stellen lassen die anonymen Bibelschreiber ihren Jesus klar stellen, dass ihm die restliche Weltbevölkerung ausdrücklich völlig egal ist (z.B. Mt 10, 5-6 oder Mt 7,6). Dieser Jesus hatte nicht die Absicht, eine Kirche zu gründen. Das war, in erster Linie und deutlich später, Paulus.

You’re so vain – I bet you think this song is about you

Immer, wenn zeitgenössische Gläubige ganz selbstverständlich so tun, als seien natürlich immer sie persönlich gemeint, wenn der biblische Romanheld zu seinen Buddies spricht, erinnert mich das an Carly Simons Evergreen „You’re so vain“, in dem sie ihren Exfreund (und offenbar auch noch weitere Männer) als eitel bezeichnet, weil diese denken würden, sie seien in dem Lied gemeint gewesen.

Fazit

Wer so viel Dreck am Stecken hat und so viel Leid verursacht hat wie das Christentum, der hat meines Erachtens wahrlich andere Probleme zu lösen als die selbstgemachte Spaltung der verschiedenen Konfessionen.

Andererseits könnte man dieses Bemühen natürlich auch als Rückzugsgefecht interpretieren. Allerdings ist davon auszugehen, dass auch in diesem Fall Gebete nicht zur Folge haben werden, dass der Angebetete im Sinne seiner Anhänger seinen ewigen Allmachtsplan ändert.

Obwohl es ja eigentlich in seinem Interesse sein müsste, dass noch irgendwer an ihn glaubt. Schließlich würde ja nichts weniger als seine Existenz davon abhängen, wenn es ihn gäbe…

Goldene Rosine am Band für die Communauté de Grandchamp

Für das Neu-Kreieren eines Bibelverses aus passend herausgepickten biblischen Wortfetzen verleihen wir hiermit den Damen der Communauté de Grandchamp die Goldene Rosine am Band, unsere virtuelle Auszeichnung für besonders dreistes Rosinenpicken und für besonders unredlichen Umgang mit der „heiligen Schrift“.

Goldene Rosine am Band

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2 Gedanken zu „Gedanken zu: Impulse von Stadtpfarrer Buß: Gebetswoche um die Einheit der Christen“

  1. Da haben also vor einem Jahr zahlreiche Betvollprofis eine Woche lang konzentriert für die Einheit des Christentums zu ihrem Gott bzw. dessen drei Teilen gebetet: In einer konzertierten Aktion und alle mit den selben, professionell erstellten Bettexten. Meine Frage dazu:

    Was ist jetzt anders als vor einem Jahr?

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