Gedanken zu: Impulse von Stadtpfarrer Buß: Man lebt nur zweimal, veröffentlicht am 19.02.22 von osthessennews.de
Darum geht es
Anhand des Bond-Filmtitels „Man lebt nur zweimal“ versucht Pfarrer Buß, das biblisch-christliche von anderen Jenseitskonzepten abzugrenzen.Wer sich mit den Verkündigungen von Berufschristen befasst, den kann es kaum erstaunen, dass der Bond-Filmtitel „Man lebt nur zweimal“ vor einer religiösen Vereinnahmung nicht sicher ist.
Man lebt nur zweimal: Vorgetäuschter Tod
1967 startet der Bondfilm mit dem sehr tiefsinnigen Titel: „You only live twice“ – „Man lebt nur zweimal“ in den deutschen Kinos. In diesem Film mit Sean Connery bezieht sich der Titel auf einen Trick des Meisterspions. In Hongkong täuscht er seinen eigenen Tod vor, um auf diese Weise mit einer anderen Identität, sozusagen mit einem neuen Leben unerkannt weiter die Bösewichte und Schurken dieser Welt jagen zu können. Das wäre es doch! Wenn unser Tod sich am Ende nur als Täuschung herausstellen würde. Wenn es einfach weiter geht. Mit einem neuen Leben. Vielleicht sogar mit einem besseren Leben.
(Quelle der so als Zitat gekennzeichneten Abschnitte: Impulse von Stadtpfarrer Buß: Man lebt nur zweimal, veröffentlicht am 19.02.22 von osthessennews.de)
Auch für das Christentum spielt ein vorgetäuschter Tod eine, wenn nicht sogar die zentrale Rolle.
Und auch mit dem Jenseits-Konzept aus der biblisch-christlichen Mythologie lässt sich dieser Plot vorzüglich in Verbindung bringen, wie wir gleich noch sehen werden.
Unzählige Jenseits-Fantasien
Nach diesem Einstieg präsentiert Pfarrer Buß erstmal ein altbekanntes Ablenkungsmanöver. Ihm ist in seiner katholischen Bubble nicht entgangen, dass sich Menschen auch noch zahllose andere Jenseitsfiktionen ausgedacht haben:
Unzählige Fantasien gibt es dazu, religiöse und esoterische, Vorstellungen von Wiedergeburten und Reinkarnation. Nach hinduistischer Vorstellung etwa ist der Mensch in seinem innersten Wesen eine unsterbliche Seele, die sich nach dem Tod des Körpers in einem neuen Wesen wieder verkörpert.
Herrn Buß scheint also grundsätzlich bewusst zu sein, dass religiöse und esoterische Vorstellungen von Wiedergeburten und Reinkarnationen Fantasien sind. Das erscheint soweit freilich auch plausibel.
Die Bibel sagt etwas völlig anderes
Jetzt gilt es, das biblisch-christliche Jenseitskonzept von denen anderer Heilsverkäufer (deren Postmortal-Narrative natürlich nur Fantasien sind) abzugrenzen:
Die Bibel sagt etwas völlig anderes. Glasklar steht da diese Aussage: „Und wie es dem Menschen bestimmt ist, ein einziges Mal zu sterben, worauf dann das Gericht folgt“ (Hebräer 9,27).
Auch Grimms Märchen „Dornröschen“ sagt etwas völlig anderes. Glasklar steht da diese Aussage: „Es soll aber kein Tod sein, sondern ein hundertjähriger tiefer Schlaf, in welchen die Königstochter fällt.“ (grimmstories.com) .
..und jetzt?
Aber zurück aus der Volks- zur Religionsmärchenwelt: Sobald über den postmortalen Zustand von Lebewesen irgendeine andere Aussage als „wir wissen es (noch) nicht“ getroffen wird, spielt es keine Rolle, ob es nun eine irdische Reinkarnation, ein biblisches „jüngstes Gericht“, eine Stripperfabrik mit Biervulkan oder ein beliebiger anderer Zustand sein soll, der Verstorbene angeblich nach deren Ableben erwartet.
Dass die Bibel über das Jenseits etwas völlig anderes sagt als andere Glaubenskonstrukte besagt nicht, dass diese Aussage deshalb richtiger oder wahrer sein muss als beliebige andere Aussagen über angebliche postmortale Zustände.
Das Ende ist nicht das Ende?
Und munter gehts weiter auf dem religiösen Holzweg, weit abseits von Vernunft, Logik und intellektueller Redlichkeit:
Der Tod ist nicht wie bei James Bond nur eine Täuschung. Er ist für jeden von uns unumstößliche Tatsache. Er ist todsicher, und somit auch todernst. Aber zugleich sagt die Bibel auch: Er ist nicht das Ende! Es gibt ein neues Leben! Aber eben nicht als irgendeine irdische Reinkarnation, sondern völlig neu, ein neues Leben. Und so gilt tatsächlich: Man lebt nur zweimal!
Diese Darstellung ist in mehrfacher Hinsicht schwindelerregend unsinnig:
Nicht nur in der Bibel, sondern auch in anderen Glaubenskonstrukten ist der Tod nicht wie bei James Bond nur eine Täuschung.
Sondern, genauso wie im Christentum, zumindest zunächst mal eine „für jeden von uns unumstößliche Tatsache.“ Ohne Anerkennung des Todes als todsicheres Ereignis würde ja auch keine einzige, wie auch immer geartete Jenseitsfiktion irgendeinen Sinn ergeben.
Biblische Jenseitsvorstellung: Nur eine von vielen
Das „neue Leben“, das in der biblischen Mythologie versprochen wird, ist keineswegs so außergewöhnlich oder grundlegend anders als andere Jenseitsmythen.
Und da es sich bei ausnahmslos jeder religiös-esoterischen Aussage über ein Leben nach dem Tod um menschliche Phantasievorstellungen handelt, spielt es sowieso faktisch keine Rolle, was diese Mythen im Einzelnen besagen.
Wenn der (nicht gefälschte, sondern tatsächliche) Tod eine unumstößliche Tatsache ist, dann kann nicht gleichzeitig gelten, dass man „nur zweimal“ lebt. Eine Weltanschauung, in der eine solche Behauptung gilt, stimmt (bis zum Beweis des Gegenteils) nicht mit der Wirklichkeit überein.
Doch was bedeutet das für unser Leben hier und heute? Welche Konsequenzen hat das für uns?
Es bedeutet, dass es auch hier und heute noch Menschen gibt, die nicht zwischen Fiktion und Wirklichkeit unterscheiden können oder wollen.
Eine mögliche Konsequenz könnte sein, zu versuchen, diese Leute dazu anzuregen, ihre Glaubensgewissheiten ehrlich zu hinterfragen und kritisch mit der Wirklichkeit abzugleichen.
Auf der Suche nach dem Sinn
Im Jahr 1999 erschien der 19. Film der Bondreihe mit dem Titel: „Die Welt ist nicht genug“. […] Dieser Filmtitel beinhaltet eigentlich eine echt starke Aussage: Diese Welt – und alles, was sie zu bieten hat an Reichtum, Vergnügen, Glück, vielleicht sogar Luxus, Vergnügen… diese Welt und dieses Leben hier – so schön es auch ist – es ist letztlich nicht genug. Es macht uns nicht im Tiefsten satt. Es muss noch mehr geben.
Die Sinnsuche ist eine höchst individuelle und persönliche Angelegenheit.
Vorstellungen darüber, was denn nun tatsächlich „im Tiefsten satt macht“, oder, unvernebelt formuliert, was ein sinnerfülltes, glückliches und erfüllendes Leben ausmacht gibt es wohl so viele, wie es Menschen gibt.
Aus der Erkenntnis, dass manche Menschen keinen tieferen Sinn in ihrem Dasein erkennen können, folgt allerdings noch keineswegs, dass es deshalb auch tatsächlich noch irgendein oder gar irgendein bestimmtes „mehr“ geben muss.
Wenn eine Antwort auf eine Sinnfrage schon von falschen Annahmen ausgeht, dann kann man von dieser Antwort keine Sinnhaftigkeit erwarten. Aber genau das gaukeln Religionen ihren Anhängern vor.
Christen sind Eigentum des Herrn
Der Apostel Paulus sagt es so: „Keiner von uns lebt sich selber“ (vgl. Röm. 14,7). Keiner von uns lebt für sich selbst. Lebt um seiner selbst willen. Anders gesagt: Keiner von uns findet nur in seinem eigenen Ich Erfüllung, Sinn und Zufriedenheit. Der Mensch lebt eben nicht nur für sich. Er braucht mehr, den Mitmenschen, und vor allem Gott! Es muss etwas Höheres geben als den vergänglichen Menschen.
Hier bastelt sich Herr Buß wiedermal die biblische Legende so zurecht, wie es ihm in den Kram passt. Von Mitmenschen ist in der zitierten Bibelstelle keine Rede. Dort geht es ausschließlich um Gott:
- Keiner von uns lebt ja für sich selbst, und keiner stirbt für sich selbst;
- denn leben wir, so leben wir dem Herrn, und sterben wir, so sterben wir dem Herrn; darum, mögen wir leben oder sterben, so gehören wir dem Herrn als Eigentum an.
(Röm 14, 7-8 MENG)
Vorher legt Paulus noch an verschiedenen Beispielen dar, dass Menschen durchaus unterschiedliche Auffassungen vertreten können, zum Beispiel, was sie gerne essen und was nicht.
Im Unterschied zu solchen „Geschmacksfragen“ steht es für Paulus dann aber natürlich außer Frage, dass alle Christen „dem Herrn als Eigentum“ angehören.
Unsinnige Antworten auf Sinnfragen
Wie gerade schon geschrieben, ist die Sinnsuche eine höchst persönliche Angelegenheit.
Wer seine geistige Erfüllung darin findet, sich als das Eigentum eines Gottes zu fühlen, den sich ein halbnomadisches Wüstenvolk in der ausgehenden Bronzezeit aus früheren Gottesbildern zusammengebaut hatte, der möge das freilich gerne tun. Die Gedanken sind, Aufklärung und Säkularisierung sei dank – heute freier denn je.
Oder allgemeiner: Wem die eigene intellektuelle Redlichkeit sowieso egal ist und wer auch sonst keinen gesteigerten Wert darauf legt, dass die eigene Weltanschauung möglichst mit der Wirklichkeit übereinstimmt, der möge sich freilich auch mit offenkundig unsinnigen, weil falschen Antworten auf die eigenen Sinnfragen zufrieden geben.
Und dass die religiösen Antworten auf Sinnfragen unsinnig sind, ist unschwer zu erkennen.
Das kann ja jeder behaupten
Im vorliegenden Beispiel zum Beispiel daran, dass Herr Buß einfach mal behauptet, „der Mensch“ brauche vor allem Gott (natürlich nicht irgendeinen, sondern den, in dessen vermeintlichem Auftrag und Namen Herr Buß sein Geld verdient). Und dass es deshalb „etwas Höheres geben“ müsse „als den vergänglichen Menschen.“
Je unplausibler und unwahrscheinlicher eine Behauptung, desto besser und umfangreicher müssten die Beweise ausfallen, die diese Behauptung bestätigen. Denn behaupten kann man alles Beliebige – und das genaue Gegenteil.
Weder Geschichten aus der biblisch-christlichen Mythologie, noch unbeantwortete subjektive Sinnfragen haben notwendigerweise zur Folge, dass der Mensch tatsächlich Götter (oder einen bestimmten Gott) brauche. Und auch nicht, dass es deshalb zwangsläufig auch „etwas Höheres“ geben müsse.
Das Gleiche behaupten auch Anhänger anderer Götter. Demzufolge gibt es entweder mehrere davon. Oder aber: Einer, oder, und das ist rein statistisch die Option mit der größten Wahrscheinlichkeit, alle Gottgläubigen liegen mit ihren Glaubensgewissheiten falsch.
Ein Pfarrer auf der Suche nach dem Sinn des Lebens
Vielleicht ergibt sich dann auch eine Neuausrichtung der Prioritäten. Vielleicht beruflich eine komplette Neuorientierung? Vielleicht eine Gewohnheit aufgeben, die uns zwar Spaß macht, aber letztlich gefangen nimmt und kaputt macht?
Genau diese Anregung lässt sich auch in die umgekehrte Richtung aussprechen:
Wenn ich meine Glaubensgewissheiten ehrlich und kritisch hinterfrage und zu dem Schluss komme, dass es sich dabei um menschliche Fiktion handelt und dass sich auch mein bisher geglaubter Gott (genauso wie alle anderen Götter auch) nicht von einer rein menschlichen Einbildung und Wunschvorstellung unterscheiden lässt, ergibt sich vielleicht auch eine Neuausrichtung der Prioritäten. Vom Jenseits zum Diesseits, vom religiösen Wunsch zur natürlichen irdischen Wirklichkeit.
Für einen Berufschristen würde das konsequenterweise tatsächlich beruflich eine komplette Neuorientierung mit sich bringen.
Und religiösen Glauben kann man durchaus auch als aufgebenswerte Gewohnheit bezeichnen, die dem Gläubigen zwar (mit dem dafür erforderlichen Level an Ignoranz) Spaß machen kann, ihn aber letztlich gefangen nimmt und zumindest das Potential birgt, Menschen kaputt zu machen.
Klerikale Arroganz, Level 10.000
Das, was uns über die Maßen ausfüllt, unsere Kräfte, unsere Zeit beansprucht, verliert im Glauben an Bedeutung, und der Einsatz für die Sache Jesu wird uns wichtiger und hilft hinzuhören, hinzugehen und zu helfen. Botschafter der Liebe Gottes darf der Christ sein und so ein Leben mit der Perspektive Ewigkeit erlangen. Als Christen lebt man wirklich zweimal.
Hier wird einmal mehr diese arrogante und/oder ignorante Perspektive sichtbar, aus der Menschen wie Herr Buß ihre Mitmenschen wahrnehmen:
Sie wollen oder können nicht wahrhaben, dass es auch Menschen gibt, die keine „Botschafter der Liebe Gottes“ sind und die ihre Kräfte und ihre Zeit trotzdem (bzw. gerade deswegen) dafür aufwenden, sich ethisch richtig zu verhalten und die Welt besser, friedlicher, gerechter und gesünder zu machen.
Diese Menschen brauchen dazu nicht die absurde Einbildung, das Eigentum eines magischen Phantasiewesens zu sein, das sie angeblich irgendwann mal für ihr gottgefälliges Verhalten belohnen wird. Die tun das einfach so, sich selbst, ihren Mitlebewesen und ihrer Umwelt zuliebe.
Botschafter der Liebe Gottes
Abgesehen davon haben laut biblisch-christlicher Mythologie ja auch die Menschen eine „Perspektive Ewigkeit“, die an keine oder an andere Götter glauben.
Nur dass die eben nicht mit ewiger Gottesnähe belohnt werden. Die erwartet stattdessen eine göttlich angeordnete, ewige physische und psychische Dauerfolter durch Höllenqualen bei vollem Bewusstsein und ohne Aussicht auf Begnadigung. Weil sie sich zu Lebzeiten nicht dem „richtigen“ Gott unterworfen hatten.
Das furchtbare Schicksal, dass der liebe Gott für alle ihre Mitmenschen vorsieht, die sich ihm nicht unterwerfen möchten, muss Christen wie Herrn Buß völlig egal sein. Ihre Nächstenliebe beschränkt sich eben wirklich nur auf ihre Nächsten, also auf die Zugehörigen ihrer Glaubensgemeinschaft.
Herr Buẞ,
ich würde ihnen gerne einen nagelneuen, unsichtbaren Aston-Martin verkaufen.
Eine Probefahrt gibts auch, aber erst nach Entrichtung des Gesamtpreises.
Zu so einem einmaligen Angebot können Sie doch nicht Nein sagen, oder?!