Gedanken zu: Impuls von Stefan Buß: Ich wünsche dir einen Engel!

Lesezeit: ~ 4 Min.

Gedanken zu: Impuls von Stefan Buß: Ich wünsche dir einen Engel!, veröffentlicht am 16.3.22 von osthessennews.de

Darum geht es

Pfarrer Buß ist von der Existenz von Engeln überzeugt, aber natürlich nicht so, wie sie für gewöhnlich dargestellt werden. Seine Ausführungen zeugen von erheblichen Defiziten, was die Bibelkenntnisse angeht.

Gibt es Engel, was meinen Sie? Ich bin überzeugt davon.

(Quelle der so als Zitat gekennzeichneten Abschnitte: Impuls von Stefan Buß: Ich wünsche dir einen Engel!, veröffentlicht am 16.3.22 von osthessennews.de)

Solange noch nicht definiert ist, wer oder was konkret mit „Engel“ gemeint sein soll, hilft diese Aussage wenig. Netterweise liefert Herr Buß aber direkt die Erklärung, was er mit „Engel“ meint bzw. nicht meint:

Engel: Weiß gekleidete Wesen mit Flügeln?

Allerdings glaube ich, begegnen sie uns nicht als weiß gekleidete Wesen mit Flügeln.

Ok, jetzt wissen wir schon mal, das die üblichen Darstellungen von Engeln nicht das sind, was sich Herr Buß darunter vorstellt.

Wikipedia definiert „Engel“ allerdings so:

  • Engel […] ist eine Gattungsbezeichnung für himmlische Wesen (Geistwesen). Engel sind in den Lehren der monotheistischen abrahamitischen Religionen des Judentums, Christentums und Islams Geistwesen in (geflügelter) Menschengestalt, die von Gott erschaffen wurden, diesem untergeordnet sind und als dessen Boten zu den Menschen tätig sind. (Quelle: Wikipedia: Engel)

Über die Bekleidung steht hier zwar nichts. Eigenständige – Klammer auf geflügelte Klammer zu – himmlische Wesen – Klammer auf Geistwesen Klammer zu – sollten es aber eigentlich schon sein, da Herr Buß ja eine der monotheistischen abrahamitischen Religionen vertritt.

Wer ernsthaft auf die tatsächliche Existenz von geflügelten Himmelswesen besteht, der könnte freilich nicht mehr erwarten, noch von irgendwem ernst genommen zu werden. Zumindest außerhalb der eigenen religiösen Blase.

Behütet und beschützt – oder gequält und ermordet

Engel sind das Urbild für die liebende Zuwendung Gottes zum Menschen. Wenn Menschen von Engeln sprechen, dann verbinden sie damit die Erfahrung, von Gott durch seine Boten behütet und beschützt zu werden.

Engel
Engel: „Urbild für die liebende Zuwendung Gottes zum Menschen“

Das ist freilich nur eine Seite der Medaille.

Und zwar die unverfängliche, harmlose Seite: Eine infantil-naive Vorstellung, dass da irgendwer als Mittler zwischen einem wohlmeinenden Gott und seinen behütungsbedürftigen, von ihm abhängigen Anhängern tätig ist.

Ein Blick in die Bibel (andere Quellen stehen ja nicht zur Verfügung) zeigt jedoch, dass Engel keineswegs immer nur behüten und beschützen.

Die sind nämlich auch für die Drecksarbeit zuständig.

Wenn es zum Beispiel darum geht, die Menschheit dereinst mit allem, was ein krankes Hirn sich damals zu ersinnen im Stande war zu foltern, zu quälen und zu ermorden.

Oder, wie in einer nordbayerischen Dorfkirche zu sehen, zur göttlich beauftragten Diskriminierung eines Menschen mit dunkler Hautfarbe, der hier „das von Gott besiegte Böse“ verkörpert.

Staunend und dankbar? Oder Paranoide Schizophrenie?

Die Botschaft der Engel mögen wir als innere Stimme vernehmen, ihren Schutz staunend und dankbar erfahren, ihre Hilfe durch unsere Mitmenschen empfangen.

Woran kann man festmachen, dass die Hilfe, die wir durch unsere Mitmenschen empfangen in Wirklichkeit von Engeln geleistet wird?

Wer ernsthaft meint, seine innere Stimme übermittle Botschaften von Engeln, Göttern oder Geistern, der ist sicher gut beraten, wenn ihm ein Besuch beim Psychiater oder Psychologen empfohlen wird. Symptome wie Stimmenhören deuten auf eine Paranoide Schizophrenie (ICD F20.0) hin.

Hier zeigt sich einmal mehr, dass der Übergang zwischen Glaube und Wahn fließend ist: Je stärker die Glaubensüberzeugung, desto näher am Wahn.

Menschen – keine Engel

Und was die Hilfe durch Mitmenschen angeht, halte ich es für einen Ausdruck religiöser Überheblichkeit. Wer mitmenschliches Verhalten für das Wirken von Engeln interpretiert, wertet damit die menschliche Mitmenschlichkeit der Mitmenschen ab, die sich mitmenschlich verhalten.

Der Sinn und Zweck dahinter ist nicht schwer zu durchschauen: Es geht darum, alle positiven Erfahrungen ursächlich der Liebe des geglaubten Gottes zuzuschreiben. Dieser Gott erfährt dadurch eine Auf-, der Mitmensch, der ja vielleicht gar nicht an Götter oder den gleichen Gott glaubt eine Abwertung.

In der biblischen Mythologie dienen Engel auch dazu, göttliche Überlegenheit und menschliche Unterwürfigkeit zu demonstrieren. Als Beispiel sei an 1.Mose 19 erinnert:

Das ist die Geschichte, in der Lot seine Unterwürfigkeit unter Beweis stellt, indem er seine jungfräulichen Töchter zur Massenvergewaltigung freigibt, um so die zwei Engel, die er gerade zu Besuch hat davor zu beschützen, von den Nachbarn vermöbelt zu werden.

Bote Gottes – oder einfach nur nett und hilfsbereit?

Jeder und jede von uns ist gerufen, als Bote Gottes für andere zum Engel zu werden. Ich wünsch Ihnen in den kommenden Tagen gern einen solchen Engel.

Ich halte es für ein Armutszeugnis, wenn man sich erst einbilden muss, ein Bote Gottes zu sein, um sich mitmenschlich zu verhalten.

Als ob man nicht von selbst aus dazu in der Lage wäre, sich so zu verhalten. Und als ob das Leid der Mitmenschen nicht Grund genug wäre, ihnen helfen zu wollen.

Heute den Engel der Kraft und Zuversicht, der zu dir sagt: „Ich bin der Engel der Kraft und Zuversicht. Vielleicht gab es in der letzten Zeit e Momente, in denen du müde und erschöpft warst. Erinnerst du dich an einen solchen Moment? Schau ruhig noch einmal genau hin. Denn genau in dem Augenblick war ich an deiner Seite und habe dir mit meiner Kraft und Zuversicht geholfen. Manchmal schenke ich den Menschen einfach wieder neue Kraft. Manchmal sende ich auch jemanden, der sagt: Komm, ruh dich erst einmal ein wenig aus. Ich finde immer eine gute Lösung. Wie war es bei dir? Erinnerst du dich?“

Wenn ich genau hinschaue, dann sehe ich einen Stadtpfarrer, der mit seinen Mitteln versucht, Menschen Mut zu machen. Dagegen ist freilich grundsätzlich nichts einzuwenden.

Naiv und illusorisch

Die Vorstellung, dass es ein Engel ist, der dafür sorgt, dass Menschen wieder neue Kraft verspüren oder dass ihnen Menschen begegnen, die sie dabei unterstützen, wieder zur Ruhe zu kommen, halte ich für naiv und illusorisch.

Auch Anhänger anderer Götter geben an, von diesen unterstützt zu werden. Woran könnten die erkennen, dass sie sich diese göttliche Hilfe nur einbilden?

Und natürlich gelingt es auch Menschen, die an überhaupt keine Götter oder andere mythologische Phantasiewesen glauben, Krisen zu bewältigen.

Entweder aus eigener Kraft, oder mit der Unterstützung durch Mitmenschen. Auch durch Mitmenschen, die sich nicht einbilden, „Bote Gottes“ zu sein. Sondern denen das Leid ihrer Mitmenschen Grund genug ist, zumindest zu versuchen, dieses Leid zu lindern, wenn sie sich dazu in der Lage sehen.

Ich finde immer eine gute Lösung?

Die Aussage: „Ich finde immer eine gute Lösung.“ halte ich für eine gefährliche Lüge.

Eine Lüge deshalb, weil es bis zum Beweis des Gegenteils keine Engel gibt, die sich auch noch um die Lösung menschlicher Probleme kümmern. Und gefährlich deshalb, weil sie Leute dazu verleiten könnte, ihr Schicksal als gottgewollt hinzunehmen, statt nach tatsächlich wirksamen Lösungen ihrer Probleme zu suchen.

Und noch einen weiteren Aspekt sollte man in diesem Zusammenhang nicht außer Acht lassen:

Nicht immer sind Menschen aus dem persönlichen Umfeld die besten Ansprechpartner, wenn es um die Bewältigung persönlicher Probleme geht. Denn manchmal mangelt es nicht an Mitmenschlichkeit, sondern an professioneller, zum Beispiel psychologischer Hilfe.

Aus säkular-humanistischer Sicht könnte eine „gute Lösung“ zum Beispiel lauten:

  • Wenn du spürst, dass du an deine Grenzen kommst, zögere nicht, dir Hilfe bei Menschen zu suchen, die dich wirksam dabei unterstützen können, die Situation in den Griff zu bekommen.
  • Und wenn du merkst, dass jemand in deinem Umfeld Hilfe benötigt, versuche ihm zu helfen oder sorge dafür, dass er adäquate Hilfe bekommt.

Es geht also auch 100% frei von Engeln und anderer Esoterik.

Deine Gedanken dazu?

Fragen, Lob, Kritik, Ergänzungen, Korrekturen: Trage mit deinen Gedanken zu diesem Artikel mit einem Kommentar bei!

Wenn dir der Artikel gefallen hat, freuen wir uns über eine kleine Spende in die Kaffeekasse.

Bitte beachte beim Kommentieren:

  • Vermeide bitte vulgäre Ausdrücke und persönliche Beleidigungen (auch wenns manchmal schwer fällt...).
  • Kennzeichne Zitate bitte als solche und gib die Quelle/n an.
  • Wir behalten uns vor, rechtlich bedenkliche oder anstößige Kommentare nicht zu veröffentlichen.

2 Gedanken zu „Gedanken zu: Impuls von Stefan Buß: Ich wünsche dir einen Engel!“

    • Vielen Dank Herr Buß,
      Sie sind ein ganz hervorragender Realsatiriker, man habe ich gelacht, hör auf Gott hör auf ich kann nicht mehr :))) habe ich gedacht…

      WIE? Was? Echt jetzt!
      Sie meinen das wirklich Ernst?
      Nein? Doch! Oh.
      Entschuldigung das ich gelacht habe, aber bitte verzeihen Sie mir, wie sollte ich das wissen?
      Ja alles gut Herr Buß, das wird schon, jetzt setzen Sie sich mal und beruhigen Sie sich.
      Soll ich Ihnen einen Tee machen? Ja die Engel ich verstehe schon, ja die kommen ja gleich, die können ihnen bestimmt helfen. Da gibt es Therapien und Medikamente, keine Angst die haben viel Erfahrung, da sind sie nicht alleine…
      Ja die Jacke muss eng sitzen, gut der Verschluss auf der Rückseite ist etwas unbequem….
      Tschüss, alles Gute Herr Buß, lassen Sie sich helfen!

      Antworten

Schreibe einen Kommentar

Ressourcen

Gastbeiträge geben die Meinung der Gastautoren wieder.

Wikipedia-Zitate werden unter der Lizenz Creative Commons Attribution/Share Alike veröffentlicht.

AWQ unterstützen

Jetzt einfach, schnell und sicher online bezahlen – mit PayPal.

Wir haben, wenn nicht anders angegeben, keinen materiellen Nutzen von verlinkten oder eingebetteten Inhalten oder von Buchtipps.

Neuester Kommentar