Das Geheimnis der 13 Wünsche – Das Wort zum Wort zum Sonntag

Lesezeit: ~ 5 Min.

Das Geheimnis der 13 Wünsche – Das Wort zum Wort zum Sonntag, verkündigt von Pfarrer Alexander Höner Berlin, veröffentlicht am 7.1.23 von ARD/daserste.de

Darum geht es

Pfarrer Höner empfiehlt einen fragwürdigen Mix aus christlichem und heidnischem Aberglauben, um die Welt im neuen Jahr besser zu machen.

Abrakadabra, Simsalabim…

Vor genau einer Woche in der Silvesternacht habe ich mich auf einen alten Volksbrauch eingelassen! […] Wir stehen also in der Silvesternacht am Lagerfeuer, die Freundin erzählt uns von den Raunächten und lädt uns ein: „Schreibt 13 Wünsche für das neue Jahr auf 13 Zettel, zieht irgendeinen blind heraus. Die zwölf anderen werft ihr ins Feuer. Um den Wunsch, den ihr in der Hand behaltet, müsst ihr euch selber kümmern.“ Die restlichen – meinte sie – würden sowieso in Erfüllung gehen.

(Quelle der so als Zitat gekennzeichneten Abschnitte: Das Geheimnis der 13 Wünsche – Wort zum Sonntag, verkündigt von Pfarrer Alexander Höner Berlin, veröffentlicht am 7.1.23 von ARD/daserste.de)
Wünsche verbrennen

Statt die Freundin laut biblischer Anordnung direkt zusammen mit ihren Wunschzetteln ins Feuer zu werfen, wie es die Bibel in 2. Mose 22,17 anordnet („Eine Zauberin sollst du nicht am Leben lassen“), beteiligt sich Pfarrer Höner sogar selbst an dem heidnischen Ritual.

Na, wenn das mal gut geht…

…dass sich etwas grundlegend ändern muss

Herr Höner verrät nun, dass er sich „immer mehr oder weniger von etwas“ wünscht. Aber nicht, dass irgendetwas mal so bleiben möge wie es ist.

Vielleicht, weil ich wie viele merke, dass sich etwas grundlegend ändern muss. The earth is on fire – die Erde brennt!

Zufriedenheit ist keine gute Arbeitsgrundlage für Heilsverkäufer. Tatsächliches, aber auch nur befürchtetes oder sogar nur erfundenes Leid (wie zum Beispiel Höllenqualen) ist quasi das Lebenselixier für alle, die Heilsversprechen im Angebot haben. Je größer der Leidensdruck, desto höher die Empfänglichkeit für Heils- und Erlösungsversprechen, und mögen sie noch so absurd sein.

Das Gute soll bleiben – welches Gute!?

Aber gleichzeitig merke ich bei mir selbst, dass ich mich danach sehne, dass in meinem Leben etwas bleibt, etwas konstant ist, was beim Jahreswechsel nicht verschwindet. „Vergiss nicht, was Gott dir Gutes getan hat.“ (Ps 103) heißt es in einem Gebet in der Bibel. Ja, genau, das Gute soll bleiben. Das, was mir und anderen gut tut.

Leider verrät Herr Höner nicht, was Gott ihm persönlich Gutes getan hat.

Also schauen wir uns mal den zitierten Psalm an:

  1. Lobe den HERRN, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat:
  2. der dir alle deine Sünde vergibt und heilet alle deine Gebrechen,
  3. der dein Leben vom Verderben erlöst, der dich krönet mit Gnade und Barmherzigkeit,
  4. der deinen Mund fröhlich macht und du wieder jung wirst wie ein Adler.
  5. Der HERR schafft Gerechtigkeit und Recht allen, die Unrecht leiden.
  6. Er hat seine Wege Mose wissen lassen, die Kinder Israel sein Tun.
  7. Barmherzig und gnädig ist der HERR, geduldig und von großer Güte.
  8. Er wird nicht für immer hadern noch ewig zornig bleiben.
    (Quelle: Psalm 103, 2-9 LUT)

…was Gott dir Gutes getan hat?

Wenn dir ein magisches Phantasiewesen „alle deine Sünden vergibt“, dann betrifft das höchstens dein Verhältnis zu diesem Wesen. Abgesehen davon ist eine solche Vergebung irrelevant.

Weder ein einziges, geschweige denn alle Gebrechen wurden oder werden nachweislich von irgendeinem oder einem bestimmten Gott geheilt. Wenn schon, dann ist es der Tod, der Menschen von ihrem Verderben endgültig „erlöst“.

Unzählige Menschen, und zwar auch tief Gläubige haben ein Leben geführt, das man definitiv nicht als mit Gnade und Barmherzigkeit gekrönt bezeichnen kann.

Göttlich veranlasste Fröhlichkeit und Verjüngung entpuppen sich ebenfalls als falsche Versprechen.

Kein HERR schafft Gerechtigkeit und Recht. Sondern Menschen, die sie Gesetze für ihren Umgang miteinander aushandeln und festlegen.

Inwiefern die in der biblischen Mythologie beschriebenen göttlichen Interaktionen Herrn Höner und anderen gut tun soll, erschließt sich mir nicht.

Die letzte Zeile ist eine prima Ausrede dafür, warum Gott all diese Wünsche offenbar bis dato noch nicht erfüllt hat: Denn noch hadert der zornige Gott – weshalb der Psalmist hofft, dass das ja nicht ewig so weitergehen kann.

Die Verfasser der Psalmen schildern in bildreicher Sprache ihre Phantasien darüber, was ihr Gott seinen Anhängern angeblich alles zugute kommen lässt. Ein immer wiederkehrender Aspekt ist dabei die gnadenlose Vernichtung aller, die an andere oder keine Götter glauben.

  1. Mein Reden möge ihm wohlgefallen. Ich freue mich des HERRN.
  2. Die Sünder sollen ein Ende nehmen auf Erden / und die Gottlosen nicht mehr sein. Lobe den HERRN, meine Seele! Halleluja! (Psalm 104, 34-35 LUT)

Was genau meinen Sie mit „Das Gute“, das Ihrer Aussage zufolge bleiben soll, Herr Höner? Was genau tut Ihnen und anderen gut?

Sauschwer

Das Gute bewahren und das Zerstörerische beenden. Klingt ganz einfach – in der konkreten Umsetzung sauschwer.

Wenn das in der konkreten Umsetzung sowieso schon sauschwer ist, wieso machen SIe es sich dann völlig unnötigerweise noch schwerer, indem Sie versuchen, mit aller Gewalt irgendeinen Zusammenhang mit archaischen mythologischen Texten herzustellen, Herr Höner? Mit Texten, in denen es darum geht, was ein imaginäres, fiktives Götterwesen angeblich tut?

Der erste Schritt zur konkreten Umsetzung, die Welt fairer und friedlicher zu machen, wäre ein Abgleich der eigenen Weltanschauung mit der irdischen Wirklichkeit. Schon dieser Schritt ist für Gläubige sauschwer. Um nicht zu sagen: Unmöglich. Jedenfalls, solange sie noch ihren Götterglauben beibehalten möchten.

Natürlich ist es Quatsch. Ach was.

Und deshalb finde ich die 13 Wünsche in den Raunächten gut. Natürlich ist es Quatsch zu behaupten: „Verbrenne zwölf Wünsche, die werden sich von allein erfüllen!“

Och, Herr Höner. Das ist auch nicht mehr Quatsch als zum Beispiel das, was Ihr christliches Glaubensbekenntnis beinhaltet.

Und Gottvertrauen wird auch nicht weniger Quatsch, wenn Sie sicherheithalber noch Ihre Mitmenschen mit in die Pflicht nehmen, falls Ihr allmächtiger allgütiger Gott mal wieder keine Zeit oder Lust hat, Ihre Wünsche zu erfüllen:

Aber: Ich habe etwas gelernt, etwas, was mich enorm entlastet: „Mit meinem einzelnen übriggebliebenen Wunsch habe ich schon genug zu tun. Bei den zwölf anderen Wünschen vertraue ich auf Gott – und meine Mitmenschen – sie werden mitmachen.“ (Psalm 37,5) Ich muss die Welt und mein Leben nicht allein retten. Meine eigene Kraft fokussiere ich auf den letzten Wunsch.

Im Psalm 37,5 steht nichts von Mitmenschen, die bei irgendwas mitmachen werden.

Ausrottung aller Frevler

Stattdessen lesen wir dort, dass der liebe Gott dafür sorgt, dass glaubensfreie oder andersgläubige Mitmenschen vernichtet, vertilgt und ausgerottet werden. Von der Ausrottung der „Frevler“ ist in dem von Herrn Höner zitierten Psalm 37 (Überschrift: Das scheinbare Glück der Frevler) insgesamt gleich fünf Mal die Rede.

Das ist dann nicht mehr nur harmloser Esoterik-Quatsch. Hier wird ein Gott dafür gelobt, dass er Menschen wegen ihrer Weltanschauung oder wegen ihres nicht-christlich-religiösen Bekenntnisses ausrottet.

Und das Vertrauen ausgerechnet auf diesen Ausrott-Gott findet Herr Höner als enorm entlastend!?

Wobei er bei diesem Vertrauen wahrscheinlich nicht die Ausrottung aller Nicht-Christen im Sinn hat. Sondern die eingebildete Entlastung, die Verantwortung für die 12 anderen Wünsche an ein magisches Phantasiewesen und an die Mitmenschen abgegeben zu haben.

Fragwürdiges Fazit

Wenn das alle tun würden, wären weniger erschöpft und Zuversicht würde wachsen. Würde viel Gutes bleiben und viel Zerstörerisches verschwinden. Ich freue mich auf 2023!

Wie schon so oft stellt sich auch heute einmal mehr die Frage, ob wir es hier mit christlicher Arroganz oder Ignoranz zu tun haben – oder mit einer Mischung aus Beidem.

Welches Gute würde denn bleiben und welches Zerstörerische würde verschwinden, wenn mehr Leute mehr Verantwortung an ihre Götter (oder nur an Herrn Höners Gott?) abgeben würden?

Wenn sie das Los entscheiden lassen, worauf sie sich im neuen Jahr fokussieren möchten, um die Welt besser zu machen? Statt zu überlegen, in welchem Bereich oder in welchen Bereichen sie die besten Chancen und Möglichkeiten haben, etwas zu bewirken?

Das wäre doch ein wirklich sinnvoller Tipp gewesen! …und ganz frei von Religion und anderem esoterischen Aberglauben…

Wunsch: Nicht so viel grüblen

Wie zum Beweis der Untauglichkeit seiner heute vorgestellten Methode zum Umgang mit der irdischen Wirklichkeit präsentiert Herr Höner zum Abschluss noch das Ergebnis seines Wunsch-Rituales für 2023:

Übrigens war mein 13. Wunsch, dass ich nicht so viel grübeln will.

Und auf diesen Wunsch fokussieren Sie jetzt ein Jahr lang Ihre eigene Kraft? Und überlassen Ihre restlichen Wünsche ihrem Gott und Ihren Mitmenschen?

Dann kann ja nichts schief gehen…

Und falls doch, schieben Sie’s einfach auf den Fluch der 13. Fee. Als Katholik hätten Sie fürs nächste Jahr dann zusätzlich noch Hilfe bei den 14 Nothelfern anforden können.

Die Idee, Wünsche auf Zettel zu schreiben, ist auch in anderen Religionen bekannt. Hier zum Abschluss als Beispiel das Zettel-Ritual im Judentum:

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6 Gedanken zu „Das Geheimnis der 13 Wünsche – Das Wort zum Wort zum Sonntag“

  1. Also auf meinem 13. Wunschzettel stand: Ich wünsche mir ne grosse Portion Carameleis.
    Diesem Wunsch bin ich umgehend aus eigener Kraft nachgegangen und hab mir im Supermarkt nen ganzen Liter davon gekauft…
    Die anderen Wünsche wie bessere Gesundheit, ein neues Hüftgelenk, Weltfrieden, Lottogewinn etc., erfüllt jetzt alle der „Liebe Gott“…
    (Und wenn nicht, dann hab ich ja Glück, dass ich die Zettel verbrannt habe.
    So kann mir keiner nachträglich beweisen, mit welchem Mumpitz ich versuche mich selbst zu bescheissen!)

    Jetzt muss ich nur noch damit fertig werden, 364 Tage lang nen Liter Carameleis zu verdrücken, da man sich ja ein ganzes Jahr auf die Erfüllung des Wunsches konzentrieren soll…

    Mal sehen, was mein Magen der Arzt und die Weightwatchers dazu sagen… ;-(

    Antworten
  2. Von dem Quatsch habe ich beim Zappen noch den Stuss am Schluss mitbekommen. Gottseidank wurde das erst sehr spät gesendet.
    Zur Ergänzung hier ein paar Psalmen in der Fassung der Reimbibel:

    8 Gott, der gerechte Richter
    Die gottlos schon im Mutterschoß
    wird man nur mit dem Schwerte los.
    O Gott, zerschlag der Frevler Zähne,
    wir weinen um sie keine Träne.

    Wir stapfen durch der Heiden Blut,
    wie gut das unsern Füßen tut.
    Gerechte sehen ihren Lohn,
    es richtet Gott auf Erden schon.

    59 Klage über die Bösen, Bitte um Hilfe
    Wir sind die Guten, sie sind die Bösen.
    Uns sollst du retten, sie nicht erlösen.
    Wegen der Sünden, wegen der Reden:
    Gott, meine Festung, komm mir entgegen.

    83 Bitte um Tötung der Feinde
    So schweig doch nicht, sei nicht so still,
    bekämpf den Feind, hör, was ich will:
    Bedeck mit Schande ihr Gesicht
    und lasse sie am Leben nicht.

    101 David will die Bösen ausrotten
    Für Diener, die fromm sind, werde ich sorgen.
    Die Gottlosen werd ich vertilgen am Morgen.
    Ich rotte sie aus in der Stadt, auf dem Land.
    Als David, der König, bin ich euch bekannt.

    Von meinen Reimbibeln soll es im Sommer schöne neue Ausgaben geben.
    So Gott will.

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  3. Herr Höner will also dieses Jahr weniger grübeln und er wünscht sich, dass manches besser wird und manches gut bleibt. Aha – wie viel hat dieser banale WzS-Schmarrn den Gebührenzahler gekostet?

    Ich wünsche mir für 2023, dass die ARD darüber grübelt, ob dieses Geld nicht an anderer Stelle sinnvoller eingesetzt werden kann.

    Antworten
  4. Was war jetzt eigentlich die religöse Botschaft des Herrn Höner?
    Ich habe es beim besten Willen nicht nachvollziehen können.
    Nur dass der liebe Gott nach 2 Minuten 10 Sekunden – von insgesamt 3.51 – zum ersten Mal erwähnt wurde, das habe ich mitbekommen. Und dann wurde der Gute noch einmal en passant genannt, aber das war`s dann schon.

    Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass der unbedingte Auftrag, Gott ins Narrativ einzubauen, immer zwanghafter ausgeführt wird.
    Und je banaler die Thematik, desto peinlicher, nebulöser und unglaubwürdiger der moralisch-religiöse Anspruch, der damit verknüpft wird.

    Dann doch lieber – wie in alten Zeiten – eine gepfefferte Philippika, mit der uns Ungläubigen so richtig von oben herab die Leviten gelesen werden. 😉

    Antworten
  5. Im Übrigen:
    Der Video-Clip von der Klagemauer ist umwerfend komisch. Klasse!
    Sehr gelungen auch wieder die satanischen Verse von Herrn Klosterhalfen. Chapeau!

    Antworten
  6. „Das Gute bewahren und das Zerstörerische beenden. Klingt ganz einfach – in der konkreten Umsetzung sauschwer.“
    🤔 So what Herr Höner?
    Ihr Gott hat doch alles so fein gemacht! 🤔 Was stimmt denn mit Ihrem Gott nicht, das man dauern darum betteln muss, damit er seine Schöpfung ändert?
    Für Ihr allmächtiges Dreifalten Göttergedöns wäre doch nach Ihrem Verständnis eine Veränderung eine total einfache Sache und alles andere als sauschwer.

    Nein Herr Höner, Sie sollten keinesfalls Ihr Grübeln reduzieren, im Gegenteil Sie sollten Ihr Grübeln in echtes Nachdenken weiter entwickeln.
    Gleichen Sie Ihren kindlichen Aberglauben aus der Bronzezeit mit der Wirklichkeit ab und ziehen Sie die richtigen Schlüsse daraus.

    Mein Tipp für Sie im neuen Jahr: Beten Sie weniger und denken Sie mehr!
    Werfen Sie Ihr Märchenbuch ins Feuer und befreien Sie sich von Religion!
    Sie werden sehen, viele Ihrer Probleme sind damit gelöst!

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