Letzte Worte – Das Wort zum Wort zum Sonntag

Lesezeit: ~ 4 Min.

Letzte Worte – Das Wort zum Wort zum Sonntag, verkündigt von Pfarrerin Stefanie Schardien aus Fürth, veröffentlicht am 26.08.2023 von ARD/daserste.de

Darum geht es

Aus dem Gott der biblisch-christlichen Mythologie hat sich Pfarrerin Schardien einen Privatgott nach ihren persönlichen Wünschen gebastelt.

Frau Schardiens heutige Verkündigung lässt sich wieder knapp zusammenfassen:

Letzte Worte: Nil nisi bonum

Üblicherweise kommt in einer Trauerrede nichts Negatives über die verstorbene Person zur Sprache. Um dem Bedürfnis nach gutem Trost für die Hinterbliebenen nachzukommen, hält Frau Schardien ein paar verharmlosende Umschreibungen in bestimmten Fällen aber doch für angebracht:

Wenn letzte Worte gut trösten sollen, dürfen sie das nicht einfach verschweigen. Dazu braucht es keine schmutzige Wäsche. Es reicht oft schon, daran zu erinnern, wie viele unterschiedliche Seiten ein Mensch haben kann. Und dass in jedem Leben etwas zurückbleibt, was nicht gut gelaufen ist und ungelöst blieb. Mal weniger, mal mehr.

(Quelle der so als Zitat gekennzeichneten Abschnitte: Letzte Worte – Wort zum Sonntag, verkündigt von Pfarrerin Stefanie Schardien aus Fürth, veröffentlicht am 26.08.2023 von ARD/daserste.de)

So weit, so banal. Da können sich dann schon alle selber denken, was damit gemeint sein soll.

Erst bei Gott gibts am Ende „nichts als Gutes“

Jetzt muss natürlich noch schnell irgendwas Religiöses her:

Ist das ungebührlich, wenn ich mich nicht an die alte Lehre halte, „nichts als Gutes“ zu sagen? Ich glaube nicht. Weil ich auf etwas vertraue – und davon rede ich in meinen Ansprachen auch: Dass das eigentliche, wichtigste letzte Wort über unser Leben erst noch kommt. Von Gott. Das wird keine Lobhudelei und keine Abrechnung. Das wird glasklar sein, alles benennen, die Highlights, die Tiefpunkte, alles dazwischen. Und dann wird es alles Kaputte heilen, Scherbenhaufen kitten, Lebensknoten auflösen.
So, dass am Ende „nichts als Gutes“ daraus wird.

Vorab: Natürlich sei es Frau Schardien unbenommen, auf alles Beliebige zu vertrauen, was ihr vertrauenswürdig erscheint.

Und trotzdem muss die Frage erlaubt sein, wie man es als erwachsener, gebildeter Mensch im 21. Jahrhundert schafft, so etwas allen Ernstes vor einer laufenden Kamera in ein Mikrofon des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu erzählen.

Von außen betrachtet erscheinen schon allein die für eine solche Vorstellung erforderlichen Prämissen mindestens so absurd wie für Frau Schardien vermutlich die Mythologien anderer Religionen.

Bibelgott vs. Schardien-Gott

Ungeachtet der Absurdität fände ich es auch interessant zu erfahren, wie Frau Schardien vom Gott der biblisch-christlichen Mythologie zu einre solchen Gottesvorstellung kommt.

Mir ist keine einzige Bibelstelle bekannt, die sich redlicherweise so interpretieren lässt, dass dabei ein Gott herauskommt, der „alles Kaputte heilen, Scherbenhaufen kitten, Lebensknoten auflösen“ würde.

Dem Gott aus der biblisch-christlichen Mythologie geht es einzig um die Frage, ob sich ihm jemand zu Lebzeiten glaubwürdig unterworfen hatte oder nicht.

Und gemäß dieser Mythologie entscheidet dieser Gott nach diesem Kriterium, ob jemand für seine Unterwerfung durch ewige Gottesnähe belohnt wird. Oder, und diesen Aspekt verschweigt Frau Schardien komplett, ob jemand mit zeitlich unbegrenzter (!) physischer und psychischer Dauerfolter durch Höllenqualen bei vollem Bewusstsein und ohne Aussicht auf Begnadigung dafür bestraft wird, dass er zeitlebens an einen anderen oder an gar keinen Gott geglaubt hatte.

Das ist die Kernaussage dieser Mythologie – und aller Jesus-Gleichnisse. Also das, was die biblischen Legenden bei redlicher Betrachtung (unabhängig von Plausibilität und Wahrheit) hergeben.

Zusammengefasst finden wir diese Aussage – die geschätzte AWQ-Stammleserschaft weiß es natürlich schon – bei Markus 16,16:

Wer da gläubig geworden ist und sich hat taufen lassen, wird gerettet werden; wer aber ungläubig geblieben ist, wird verurteilt werden.

(Mk 16,16 MENG)

Das biblisch-christliche Belohnungs-Bestrafungs-Konzept als „nichts als Gutes“ zu bezeichnen lässt sich nur mit der altbekannten, geradezu widerwärtigen christlichen Hybris erklären.

Ausdruck christlicher Hybris

Hier zeigt sich die völlige Gleichgültigkeit dem Schicksal der Menschen gegenüber, die laut biblisch-christlicher Mythologie nicht die in Aussicht gestellte Belohnung erwartet. Sondern die oben erwähnte, in der Bibel detailliert beschriebene gnadenlose und unvorstellbar brutale Bestrafung.

Wäre Frau Schardien das Schicksal ihrer nicht-christlichen Mitmenschen nicht vollkommen gleichgültig, sollte man doch erwarten, dass sie die vollen vier Sendeminuten aller ihrer Fernsehpredigten dazu verwendet, mit allen Mitteln zu versuchen, ihr Publikum zu ihrem Glauben zu bekehren. Und die Menschen eindringlich vor dem zu warnen, was ihnen droht, wenn sie es nicht tun.

Vorausgesetzt, sie glaubt das, was sie als Christin eigentlich zu glauben und als Pfarrerin zu verkündigen hat wirklich.

Mit der selben Überzeugung, mit der jemand an eine göttliche Belohnung im Jenseits für sein gottgefälliges Leben glaubt, müsste jemand genauso auch an die den Aspekt der göttlichen Bestrafung glauben. Schließlich besteht die „Frohe Botschaft“ des Christentums ja gerade darin, unter bestimmten Bedingungen von dieser Bestrafung vielleicht verschont zu bleiben.

Und wäre diese Bestrafung real, würde es sich dabei um eine Bedrohung handeln, die aufgrund ihrer zeitlichen Unbegrenztheit sogar noch gravierender wäre als ein (immerhin nur einmaliger und endgültiger) Tod.

Wer würde, wenn er von der Realität einer solchen Bedrohung wirklich überzeugt wäre, nicht versuchen, seine Mitmenschen zu warnen, oder, im Falle von Religion, versuchen, sie zu bekehren?

Richtig geraten: Frau Schardien.

Der muss das Schicksal ihrer Mitmenschen einfach egal sein. Und augenscheinlich ist sie sich sehr sicher, dass das bei ihr schon gepasst haben wird mit der Gottgefälligkeit.

Wie schon so oft im „Wort zum Sonntag“ treffen wir auch diesmal wieder einen gleich mehrfachen Betrug an:

Frau Schardien betrügt mit ihrer eigenwilligen Neuinterpretierung nicht nur sich selbst, sondern auch ihr Publikum.

Würde sie sich der biblisch-christlichen Mythologie gegenüber ehrlich verhalten, käme sie nicht zu einem Gott, der als Familientherapeut in Erscheinung tritt. Sondern zu dem Gott, über den Paulus schreibt:

Rächet euch nicht selbst, Geliebte, sondern gebt Raum dem (göttlichen) Zorn; denn es steht geschrieben (5.Mose 32,35): »Mein ist die Rache, ich will vergelten, spricht der Herr.«

(Römer 12,19 MENG)

Und diese Aussage ist nicht etwa zweckdienlich aus einem sonst anderslautenden Kontext herausgepickt. Vielmehr spiegelt sie die oben schon beschriebene Kernaussage der biblisch-christlichen Mythologie wider.

Ist das nicht eigentlich egal…?

Nun könnte man freilich noch einwenden, dass es doch Sache der Christen sei, was sie sich gegenseitig für Phantasien erzählen, wenn der Tag lang ist. Für Nicht-Christen sei das alles ja sowieso irrelevant. Dann frage ich mich allerdings, wieso religiöse Irrationalitäten dann im öffentlich-rechtlichen Rundfunk und damit auf Kosten der Allgemeinheit verbreitet werden müssen. Stichwort: Bildungsauftrag und so…

Quelle: Netzfund

Der wichtigste Kritikpunkt besteht meines Erachtens jedoch darin, dass Mainstream-Verkündiger wie Frau Schardien durch die Verbreitung ihrer persönlichen, bis zur völligen Beliebigkeit verharmlosten Varianten der grundlegend amoralischen und inhumanen biblischen Ideologie auch jenen radikalen Fundamentalisten den Boden bereiten, die die biblischen Aussagen und Vorstellungen so vertreten, wie sie nun mal in der Bibel stehen.

Indem Leute wie Frau Schardien durch eine völlig verzerrte Darstellung ihrer Religion den Eindruck erwecken, das christliche Glaubenskonstrukt sei im Grunde harmlos oder gar eine wertvolle Moralquelle, täuschen sie darüber hinweg, dass bei Licht betrachtet das Gegenteil der Fall ist.

Während es den Fundamentalisten egal sein kann, wenn der christliche Mainstream immer weiter in der Bedeutungslosigkeit verschwindet, sind die Lobbyabteilungen der „Amtskirchen“ zumindest mittel- und langfristig noch darauf angewiesen, dass noch ein ausreichend großer Anteil der Bevölkerung Religion nicht für komplett überflüssig, zumindest aber noch nicht für etwas Irreführendes und somit potentiell Gefährliches hält.

Und um diese „Legende von der christlichen Moral“ am Leben zu erhalten gilt es, das Glaubenskonstrukt so unverfänglich, niederschwellig und harmlos wie möglich zu verkaufen. Ein Ergebnis dieses Bestrebens ist das „Wort zum Sonntag.“

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4 Gedanken zu „Letzte Worte – Das Wort zum Wort zum Sonntag“

  1. So mancher Rock-Song enthält bessere Philosophie und Theologie, als die Philosophen der Frankfurter Schule und die Theologen des WzS.
    Beispiele:
    – „If this is Goodbye“ von Emmylou Harris, Mark Knopfler:
    My famous last words
    Are laying around in tatters
    Sounding absurd
    Whatever I try

    -„Tears in Heaven“ von Eric Clapton:
    Will you know my name, if I saw you in heaven,
    will you be the same, if I saw you in heaven.

    Ich finde den Spruch „si tacuisses philosophus manuisses“ ja schlicht bescheuert. Richtig ist, finde ich, „wenn du geschwiegen hättest, hätte keiner gewusst, ob du ein Filosof bist oder nicht“. So könnte man auch das WzS von Frau Schardien so kommentieren: „Hättest Du geschwiegen, hätte man nicht gewusst, dass Du eine Betrügerin bist“

    Ihr Betrug wird aber bei weitem übertroffen von den Verfassern des KKK. Da wird gleich im ersten Absatz die folgende Gottesvorstellung formuliert: „1 Gott ist in sich unendlich vollkommen und glücklich. In einem aus reiner Güte gefaßten Ratschluß hat er den Menschen aus freiem Willen erschaffen, damit dieser an seinem glückseligen Leben teilhabe…“
    Man erkennt sofort, dass es einfach absurd ist, zu glauben, dass ein Gott mit diesen Eigenschaften irgend etwas erschaffen haben sollte. „In sich unendlich vollkommen und glücklich“ ! Was will man mehr ? Welcher Teufel sollte ihn geritten haben :-), irgendwas zu schaffen ??? Aus REINER GÜTE !? Aus FREIEM WILLEN !? Schon gar nicht Menschen, von denen er von vorneherein weiß, dass sie an seinem glückseligen Leben erstmal NICHT teilhaben werden ! Und von denen er den größten Teil einmal auf ewig höllisch darunter leiden lassen wird, dass er sie an seinem glückseligen Leben eben nicht teilhaben lässt !
    Wie abstrus wird es erst, wenn man bedenkt, dass die KK behauptet, der Mensch sei ein Ebenbild dieses Gottes ? Er sei also (wenigstens ein bisschen) unendlich vollkommen und glücklich ?
    Und schließlich und endlich wird ER noch seinen EINGEBORENEN Sohn am Kreuz opfern müssen! Der arme Vater Gott. Kann gerade mal einen einzigen Sohn zeugen. Und den opfert er dann. So verkünden es ja Christen immer voller rührseliger und weinerlicher Ehrfurcht.
    Was für ein Betrug, vom Lieben Zärtlichen Gott zu reden, der UNS an seinem glückseligen Leben teilhaben lassen will.

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  2. Juhu, Frau Schardien hat die Hölle abgeschafft!
    Ja, und nicht nur die Hölle, sondern sogar den vom neuesten Zeitgeist erfundenen Höllenersatz, nämlich die „Gottesferne“.
    Also kein Heulen und Zähneklappern mehr. Nur noch Friede, Freude, Eierkuchen.
    Alle Gestorbenen kriegen je nachdem eine gründliche Einzel- oder Gruppentherapie vom lieben Gott verabreicht, nach der sie dann geläutert und überzeugt von der Liebe Gottes ins himmlische Paradies aufgenommen werden, und alles ist nil nisi bonum.
    So oder ähnlich könnte die Vorstellung von Frau Schardien aussehen, die sie dem naiven Zuschauer vorm Fernseher unterjubeln möchte.
    Folgerichtig wird man im Himmel dann sowohl Adolf Hitler als auch die Jungfrau von Orleans, sowohl Josef Stalin als auch den Franz von Assisi, sowohl Charles Manson als auch die Kinder von Fatima antreffen, weil ja lt. Frau Schardien der liebe Gott alles Kaputte heilen, alle Scherbenhaufen kitten und alle Lebensknoten auflösen wird.

    Also wenn ich der Bibel-Gott wäre, würde ich mir eine solche Verharmlosung bzw. Verniedlichung in aller Schärfe verbitten.
    Aber ich vergass: Er kann sich ja nicht wehren. Denn wen es nicht gibt, mit dem kann man ja machen, was man will.

    Aber so einfach ist es dann auch wieder nicht. Denn es gibt ja noch die bibeltreuen Christen, die ihre Phantasmagorie vom strafenden Gott inkl. Höllenqualen heroisch verteidigen.
    Ich halte es mit den Letzteren, denn ohne Pharisäertum macht der Glaube doch sonst gar keinen Spass, oder? 😉

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  3. Hallo Frau Schardien,

    1. Korinther 14:34
    Lutherbibel 1912
    Wie in allen Gemeinden der Heiligen lasset eure Weiber schweigen in der Gemeinde; denn es soll ihnen nicht zugelassen werden, daß sie reden, sondern sie sollen untertan sein, wie auch das Gesetz sagt.

    Bitte halten Sie sich endlich an Ihre Bibel.
    Außerdem gibt es nur eine wahre Religion:
    Die katholische Kirche lehrt: es gibt nur eine einzige wahre Religion:
    Zitat
    „Gott selbst hat dem Menschengeschlecht Kenntnis gegeben von dem Weg, auf dem die Menschen, ihm dienend, in Christus erlöst und selig werden können. Diese einzige wahre Religion, so glauben wir, ist verwirklicht in der katholischen, apostolischen Kirche, die von Jesus dem Herrn den Auftrag erhalten hat, sie unter allen Menschen zu verbreiten.
    Ergo!
    Schweigefuchs Frau Schardien, Schweigefuchs

    Antworten
    • Ich denke bei diesen Texten mehr an 1.Timotheus 2:12 (https://www.bibleserver.com/EU/1.Timotheus2):
      „12 Dass eine Frau lehrt, erlaube ich nicht, auch nicht, dass sie über ihren Mann herrscht; sie soll sich still verhalten.“
      Also bitte, Frau S. und andere Frauen, die das „Wort zum Sonntag“ (und Ähnliches) verkünden…
      haltet euch doch endlich an euer „Hauptwerkzeug“ bei der Berufsausübung – auch wenn ihr dann den Beruf nicht mehr ausüben könnt :-).
      Ergänzung: Für die Männer muss man sich eine andere Begründung einfallen lassen 😉

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