Kommentar zu NACHGEDACHT (4) „Eine Pille die unsterblich macht?“, Originalartikel verfasst von Christina Leinweber, veröffentlicht am 27.01.13 von Osthessennews
[…] Mit der [Unsterblichkeits-]Pille würde es keine Zeit an sich mehr geben, so wie sie vorher bekannt war.*
Es ist schon erstaunlich, dass die Autorin (absichtlich oder versehentlich) mit diesem Artikel das größte Heilsversprechen ausgerechnet ihrer eigenen Religion als grotesk und absurd entlarvt.
Natürlich ist die Vorstellung von Unsterblichkeit gleich in mehrfacher Hinsicht völlig hanebüchen. Selbst wenn sich die Lebenserwartung der Menschen innerhalb kürzester Zeit dank der wissenschaftlichen und medizinischen Erkenntnisse schon mehr als verdoppelt hat, ist das Erreichen von wirklicher Unsterblichkeit menschlichen Lebens nach wie vor noch nicht absehbar.
Deshalb gibt es Unsterblichkeit nur in Science Fiction-Geschichten, in Gedankenexperimenten – und in Religionen.
Das Problem, dass jedes Lebewesen augenscheinlich irgendwann stirbt und wieder in seine Atome zerfällt, wird in der christlichen „Logik“ durch die Behauptung umgangen, es gäbe eine vom physischen Körper trennbare „Seele“, also eine wundersame Art „Software-Backup“, das die Persönlichkeit und auch die Historie eines Menschen beinhaltet.
Da bis jetzt noch niemand das Gegenteil bewiesen hat, kann man einfach behaupten, dass diese Seele nach dem Absterben eines Körpers weiterexistiert. Sicherheitshalber behauptet man noch, dass man diese Behauptung nicht begründen muss, weil man sie ja gar nicht begründen könne (eines von vielen Beispielen für religiöse Pseudologik; in Wirklichkeit ist der in der Beweispflicht, der irgendetwas behauptet, was nicht den Naturgesetzen entspricht).
Und weil die Annahme einer Seele jeglicher Logik entbehrt und sämtlicher Vernunft und allen Naturgesetzen widerspricht, ist es unredlich, die Existenz einer Seele wie eine reale Tatsache zu behaupten. Was Vertreter der christlichen Lehre natürlich nicht davon abhält, genau dies trotzdem zu tun.
Wenn man sie auf die Unredlichkeit solcher Behauptungen hinweist, kann man sich auf übelste Beschimpfungen gefasst machen, die aus der kognitiven Dissonanz resultieren: Den Menschen ist einerseits natürlich bewusst, dass ihre Behauptung, es gäbe eine Seele, die zeitlich unbegrenzt und auch getrennt vom Körper existieren könne, blanker Unsinn ist, andererseits möchten sie aber trotzdem an dieser Behauptung festhalten.
Ohne die Existenz einer Seele funktioniert das christliche Heilsversprechen nicht mehr: Keine Seele – kein Jenseits – kein „ewiges Leben“ im „Himmel“ und natürlich auch keine „ewige Verdammnis“ in der „Hölle.“ Ohne Hardware keine Software.
Selbst wenn man jegliche Vernunft und alles Wissen außer Acht lässt und für einen kurzen Moment so tut, als gäbe es tatsächlich eine zeitlich unbegrenzte Existenz einer wie auch immer gearteten menschlichen Persönlichkeit, so würde man schnell zu denselben Schlüssen kommen wie die Autorin bei ihrem Gedankenexperiment der Unsterblichkeitspille: Die Vorstellung eines ewigen Daseins ist so ziemlich das Schlimmste, was man sich ausmalen kann.
Dabei ist es völlig unerheblich, ob diese Ewigkeit aus der Liebe eines angeblichen Gottes oder aus der Qual in einer angeblichen Hölle besteht. Allein die Aussicht, dass irgendetwas ewig andauert, ist eine furchtbare Vorstellung.
Man kann den Wüstenbewohnern, die sich diese absurden Geschichten mit einer perfiden Pseudologik irgendwann in der Bronzezeit ausgedacht hatten, heute keinen Vorwurf mehr machen – sie wussten es nicht besser und offenbar war das Wissen der Menschheit damals noch so beschränkt, dass solche Geschichten von Menschen tatsächlich für real angesehen wurden.
Einen massiven Vorwurf müssen sich allerdings die Menschen gefallen lassen, die diese grotesken Märchen heute noch als für irgendetwas relevant halten und – bar jeder Vernunft – sogar ihr Wertebild aus diesen verrückten Fiktionen ableiten.
Schon allein nur der Schaden, den Religionen Menschen angetan haben, indem sie sie mit erfundenen Höllenqualen gequält haben, reicht aus, um Religionen sämtliche Daseinsberechtigung abzusprechen.
Was bleibt vom christlichen Heilsversprechen übrig, wenn das „ewige Leben bei Gott“ als höchstmögliches Ziel eines menschlichen Lebens wegfällt? Diese Frage kann sich, wer möchte, jeder selbst beantworten – und hoffentlich auch gleich die daraus zwangsläufig resultierenden Konsequenzen ziehen.
*Das Online-Portal Osthessennews fordert jede Woche unter der Rubrik „NACHGEDACHT“ mit „liberal-theologischen“ Gedanken von Christina Leinweber zum Nachdenken auf. Alle Zitate stammen aus dem oben genannten und verlinkten Artikel.
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