Kommentar zu: „Instrumentalisierung von Religion“ Internationaler Weltfriedenstag am heutigen 1. Januar 2016, Original-Artikel veröffentlicht am 1.1.2016 von osthessennews.de, Verfasser nicht genannt
[Prälat Dr. Klaus Krämer:] […] „Die eigentliche Ursache für ihre [friedliche religiöse Minderheiten, Anm.d.Red.] Bedrängnis ist die Instrumentalisierung von Religion für politische und ideologische Zwecke.*
Die eigentliche Ursache ist eben nicht die Instrumentalisierung von Religion für politische und ideologische Zwecke, sondern es ist die Religion an sich. Eine solche Instrumentalisierung ist ja überhaupt erst möglich, weil es Religionen gibt, die eine solche Instrumentalisierung ermöglichen.
Das Argument, es lasse sich mit den meisten Religionen ja auch ein ethisch korrektes Verhalten begründen, zählt nicht, solange sich mit Religionen eben auch noch genauso ein höchst unethisches Verhalten wie Verfolgung, Folter und Mord rechtfertigen lässt, was wir ja leider auch heute noch täglich erleben müssen. Man braucht auch in der Bibel manchmal kaum umzublättern, um von einem Aufruf zum Frieden zu einem Aufruf zum Foltermord zu kommen.
Was ist von einer Religion, aber auch von einem beliebigen anderen Gedankenkonstrukt zu halten, wenn ein solches Konstrukt schon überhaupt nur die Möglichkeit bietet, für vielfältigstes unethisches Verhalten wie Gewalt, Vertreibung, Folter und Mord instrumentalisiert zu werden?
Welchen Sinn, welchen Nutzen, welche Daseinsberechtigung haben Religionen grundsätzlich, wenn sich mit ihnen nicht nur ein ethisch korrektes Verhalten, sondern eben auch Gewalt bis hin zum Völkermord problemlos rechtfertigen lässt? Es ist noch keine hundert Jahre her, da war genau das in Deutschland der Fall.
Solange noch Menschen ernsthaft darauf hoffen, dass das Reich ihres Gottes („wie im Himmel, so auf Erden“) kommen möge, weil sie sich dadurch die Erlösung von „dem Bösen“ oder auch von ihrer eigenen, angeblichen Schuld erwarten, solange werden Religionen weiter zwangsläufig und ganz notwendigerweise, ob sie wollen oder nicht, für Spaltung, Trennung und damit für Leid sorgen – egal, wie freundlich ihre Prediger ihre Aussagen verpacken. Ein neuer Anstrich hilft nichts, wenn das Fundament morsch und bröckelig ist. Ein Holzweg bleibt ein Holzweg, auch wenn er breit ausgebaut ist und auch noch andere darauf unterwegs sind.
[…] Deshalb tragen gerade wir Christen angesichts des Weltfriedenstages weltweit eine große Verantwortung, uns nicht in die Logik und Rhetorik eines Glaubens- oder Religionskrieges zwingen zu lassen, weil das eine politische Lösung solcher Konflikte wie in Syrien erschwert“, betonte Prälat Krämer.*
Eben nicht speziell „wir Christen angesichts des Weltfriedenstages“, sondern vielmehr „alle Menschen angesichts ihrer Überlebenschancen“ tragen „weltweit eine große Verantwortung.“
Wer sich die Geschichte der Menschheit betrachtet sieht schnell, dass ausgerechnet die Sicherung des Weltfriedens noch nie ein Ziel von Religionen war. Nicht umsonst heißt es: „Liebe deinen Nächsten“ und nicht „Achte deinen Nächsten und den Fernsten.“ Bei einer Weltbevölkerung von weniger als 0,3 Milliarden Menschen war globales Denken zur Zeit der Erfindung des christlichen Glaubens natürlich auch noch gar nicht erforderlich. Fatal wird es, wenn man so tut, als hätten die damals festgelegten, angeblich von Gott offenbarten und bis heute dogmatisch überlieferten Regeln noch eine Bedeutung oder gar einen Wert für die heutige, globalisierte und technisierte Gesellschaft mit etwa 7,35 Milliarden Menschen.
Alle religiösen Heilsversprechen gelten nur für die, die an den jeweiligen Gott glauben, die restlichen Menschen haben Pech gehabt. Nicht, weil jemand an einen bestimmten Gott glaubt, trägt er eine große Verantwortung, sondern weil er ein Mensch ist. Diese Verantwortung hat nichts mit der jeweils persönlich bevorzugten Gottesfiktion zu tun.
Ihrer Verantwortung bewusst werden sollten sich diejenigen, die auch noch im 21. Jahrhundert die längst überholten religiösen Moralismen und Dualismen aus der Bronze- und Eisenzeit aufrecht erhalten und immer weiter trotzig auf ihren Holzwegen voranschreiten und die dabei auch noch aufgrund ihres apostolischen Auftrages andere Menschen dazu animieren, mit ihnen zu gehen, statt sich für die Lösung irdischer Probleme mit irdischen Mitteln stark zu machen.
Ausdrücklich zu differenzieren ist zwischen der Kritik an der religiösen Ideologie an sich und dem mitmenschlichen Engagement, das religiöse Menschen zwar unter falschem Vorzeichen, aber natürlich trotzdem real und tatsächlich für den Weltfrieden zeigen.
*Alle als Zitat gekennzeichneten Abschnitte stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Original-Artikel.
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