Kommentar zu: Neues Buch von Professor Müller – Skulpturen zu Zehn Geboten

Lesezeit: ~ 3 Min.

Kommentar zu: Neues Buch von Professor Müller – Skulpturen zu Zehn Geboten, Original-Artikel verfasst von oz/sm, veröffentlich am 08.4.2015 von osthessen-zeitung.de

Fulda (oz/sm) – Der Fuldaer Neutestamentler Prof. Dr. Christoph Gregor Müller hat passend zur Karwoche und den Ostertagen ein Buch veröffentlicht, das sich mit den Skulpturen des Künstlers Dr. Ulrich Barnickel zu den Zehn Geboten befasst. […] Professor Müller lädt dazu ein, die Skulpturen zu betrachten und persönliche Antworten zu finden auf die große Frage: Wie wird er eingeübt, der aufrechte Gang des freien Menschen?*

Es ist natürlich begrüßenswert, wenn sich auch ein Neutestamentler Gedanken über das „Einüben des aufrechten Gangs des freien Menschen“ macht. Auch ohne die Betrachtung der Skulpturen und ohne die Lektüre des Buches folge ich gerne der Einladung von Prof. Dr. Christoph Müller, persönliche Antworten zu finden:

Nimmt man diese Fragestellung zunächst mal wörtlich, weiß heute natürlich jedes Kind, dass die Lebewesen, die aufrecht gehen, dieses der Evolution zu verdanken haben. Beim Menschen dauert es, verglichen mit anderen Säugetieren, ziemlich lange, bis er den aufrechten Gang sicher beherrscht, trotzdem sollten es Kinder, die keine diesbezüglichen gesundheitlichen oder sonstigen Einschränkungen haben, früher oder später hinkriegen.

Wer den Begriff „freier Mensch“ gebraucht, müsste dazu angeben, was genau er damit meint. Natürlich haben Menschen eine Handlungsfreiheit, die besonders hierzulande in vielerlei Hinsicht vergleichsweise wenig eingeschränkt ist: Nichts und niemand hindert uns daran, aufrecht zu gehen. Sollte mit der Freiheit die Willensfreiheit** gemeint sein, dann wird es etwas komplizierter: Kein Mensch kann sich gegen die Prägung seines Unterbewusstseins für oder gegen etwas entscheiden. Somit ist es letztlich die Prägung des Unterbewusstseins, die uns ausmacht bzw. in deren Rahmen unsere vermeintlich freien Willens-Entscheidungen determiniert sind.

Sehr wahrscheinlich dürfte die „Einübung des aufrechten Gangs“ aber in einem übertragenen Sinn gemeint sein. Offenbar wird dem Menschen zwar eine nicht näher definierte Freiheit unterstellt, allerdings auch ein Defizit, was Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen („aufrechter Gang“) angeht.

Somit ist die Antwort auch (für manche vielleicht erstaunlich) einfach: Um den „aufrechten Gang“ einzuüben, sollte man sich zunächst von jeglicher religiöser oder sonstiger Indoktrination befreien. Religiöse Strafandrohungen und Schuldzuweisungen sind zum Glück genauso illusorisch wie religiöse Heilsversprechen aller Art und spielen deshalb keinerlei tatsächliche Rolle in der irdischen Wirklichkeit. Man kann sie getrost einfach streichen, sie kürzen sich sozusagen aus der Gleichung des Lebens heraus (um auch mal bildlich zu sprechen).

Wer sich also von einer eingeredeten „Erbsünde“ oder der Angst vor angeblichen Höllen- (oder Vorhöllen-) Qualen befreit hat, läuft schon deutlich aufrechter als jemand, der noch unter den Androhungen dieser und ähnlicher bösen, vormittelalterlichen Schauermärchen leidet.

Noch aufrechter wird der Gang, wenn der Mensch anfängt, sich keine falschen Hoffnungen mehr auf eine wie auch immer geartete göttliche Unterstützung im Diesseits oder gar Erlösung im Jenseits zu machen, sondern die Nichtigkeit seiner eigenen Existenz genauso akzeptiert wie die Einzigartigkeit und Bedeutsamkeit seines zeitlich begrenzten Daseins auf der Erde.

Der nächste Schritt zum „Aufrechten Gehen“  könnte sein, sich nicht länger an archaischen und anachronistischen zehn Geboten** aus der Bronzezeit, sondern an dem humanistischen Grundsatz: „Tue was du willst, ohne dabei gleichberechtigte Interessen anderer Individuen unt deiner Umwelt zu verletzen“ zu orientieren. Dieser einfache Grundsatz macht alle diversen Ge- und Verbote aller (natürlich ausnahmslos von Menschen nach ihren Vorstellungen erdachten) Götter überflüssig, denn er gilt für alle Menschen weltweit, unabhängig von Wohnort, Gruppenzugehörigkeit, Abstammung, Geschlecht oder Glauben.

Wer diesen Prozess der Befreiung vollzogen hat und sich der Einzigartigkeit seiner Selbst bewusst geworden ist, läuft nicht länger gebückt, er braucht vor keinem Gott (es gab schon über 3000 davon) mehr niederzuknien und er hat die Grundlage für ein selbstbestimmtes, aufrichtiges Leben geschaffen (und er hat 8 Euro gespart :)).

*Der als Zitat gekennzeichnete Abschnitt stammt aus dem eingangs genannten und verlinkten Original-Artikel.

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