Bibel-Logik

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Bibel-Logik

Die Bibel ist nicht nur das Buch, das bei Bedarf von Christen als übergeordnete, verbindliche und gar wortwörtlich wahre, von Gott persönlich inspirierte „Richtschnur“ verwendet wird. Sie ist auch das Buch, das vor Widersprüchen nur so strotzt.

Das dürfte einer der Hauptgründe gewesen sein, warum der Schafherde die Bibellektüre lange Zeit von den Klerikalen verboten war. Schließlich konnte man es nicht den Laien überlassen, aus der Bibel das herauszupicken, was man in Hirtenkreisen für richtig (oder genauer: für nützlich) hielt.

Es verwundert kaum, dass zahlose Theologen über die Jahrhunderte Methoden entwickelt haben, mit denen sie die tausende (!) Widersprüche irgendwie zu bewältigen versuchten. Erwartungsgemäß kann das redlicherweise nicht gelingen, zumal man nicht nur auf kleine Ungereimtheiten, sondern auch auf gravierend und grundlegend widersprüchliche Aussagen trifft.

Im oben genannten Beispiel geht es um das für das Christentum zentrale Ereignis: Jesus soll am Kreuz für die Sünden der Menschen gestorben sein. Dass der Grund der brutalen Hinrichtung tatsächlich die Bedeutung als göttliches Menschenopfer gewesen sein soll, wird in der Bibel gleich mehrfach behauptet:

  • Er ist die Sühne für unsere Sünden, aber nicht nur für unsere Sünden, sondern auch für die der ganzen Welt.
    (Quelle: 1. Johannes 2:2 EU)
  • Denn auch Christus ist der Sünden wegen ein einziges Mal gestorben, er, der Gerechte, für die Ungerechten, um euch zu Gott hinzuführen; dem Fleisch nach wurde er getötet, dem Geist nach lebendig gemacht.
    (Quelle: 1. Petrus 3:18 EU)
  • Denn vor allem habe ich euch überliefert, was auch ich empfangen habe: Christus ist für unsere Sünden gestorben, gemäß der Schrift, […]
    (Quelle: 1. Korinther 15:3 EU)

Genauso finden sich aber auch mehrere andere Bibelstellen, in denen ganz klar gesagt wird, dass niemand für die Sünden Anderer sterben kann:

  • Nein, jeder stirbt nur für seine eigene Schuld; nur dem, der die sauren Trauben isst, werden die Zähne stumpf.
    (Quelle: Jeremia 31:30 EU)
  • Nur wer sündigt, soll sterben. Ein Sohn soll nicht die Schuld seines Vaters tragen und ein Vater nicht die Schuld seines Sohnes. Die Gerechtigkeit kommt nur dem Gerechten zugute und die Schuld lastet nur auf dem Schuldigen.
    (Quelle: Hesekiel 18:20 EU)
  • Väter sollen nicht für ihre Söhne und Söhne nicht für ihre Väter mit dem Tod bestraft werden. Jeder soll nur für sein eigenes Verbrechen mit dem Tod bestraft werden.
    (Quelle: 5. Mose 24:16 EU)

Nochmal: Hier geht es nicht um eine kleine, unbedeutende Ungenauigkeit, wie sie sich bei einer x-fach übersetzten, immer wieder ab- und umgeschriebenen Geschichtensammlung mit archaischen Mythen und Legenden schon mal einschleichen kann. Es geht um die jeweils mit mehreren Quellen belegbare, völlig gegensätzliche Beurteilung des grundlegenden Ereignisses des christlichen Glaubens.

Alle Aussagen stammen aus der angeblich von Gott höchstselbst inspirierten Bibel – welche davon „stimmen“ und welche nicht, hängt einzig von der Interpretation des Lesers ab – aus der Bibel selbst geht nicht hervor, welche Aussagen stimmen und welche nicht.

Wer also glauben möchte, dass es zwischen dem biblischen Menschenopfer und den menschlichen Sünden tatsächlich irgendeinen Zusammenhang gibt, der muss die anderen, angeblich ja genauso göttlich inspirierten Bibelstellen ignorieren, die diesen Aussagen widersprechen.

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8 Gedanken zu „Bibel-Logik“

  1. 1.Korinther 1:18 Denn das Wort vom Kreuz ist eine Torheit denen, die verloren werden; uns aber, die wir selig werden ist’s eine Gotteskraft. Denn es steht geschrieben: „Ich will zunichte machen die Weisheit der Weisen, und den Verstand der Verständigen will ich verwerfen.“…

    1.Korinther 2:13-15 welches wir auch reden, nicht mit Worten, >> welche menschliche Weisheit lehren kann, sondern mit Worten, die der heilige Geist lehrt, und richten geistliche Sachen geistlich. <>Der natürliche Mensch aber vernimmt nichts vom Geist Gottes; << es ist ihm eine Torheit, und er kann es nicht erkennen; denn es muß geistlich gerichtet sein. Der geistliche aber richtet alles, und wird von niemand gerichtet.…

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  2. 1.Korinther 1:18Denn das Wort vom Kreuz ist eine Torheit denen, die verloren werden; uns aber, die wir selig werden ist’s eine Gotteskraft. 19Denn es steht geschrieben: „Ich will zunichte machen die Weisheit der Weisen, und den Verstand der Verständigen will ich verwerfen.“…

    1 Korinther 2:14 Der natürliche Mensch aber nimmt nicht an, was vom Geist Gottes ist; denn es ist ihm eine Torheit, und er kann es nicht erkennen, weil es geistlich beurteilt werden muss. Der geistliche [Mensch] dagegen beurteilt zwar alles, er selbst jedoch wird von niemand beurteilt; denn »wer hat den Sinn des Herrn erkannt, dass er ihn belehre?« (Jes 40,13;) Sinn kann auch Denkart / Gesinnung / Absicht bedeuten. Wir aber haben den Sinn des Christus.

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  3. Sorry, aber ihr versteht es nicht richtig. Ein Sünder kann nicht für die Sünden eines anderen sterben und den anderen dadurch retten. Die Wahrheit ist: beides ist richtig. Ein Sünder kann keinen anderen Sünder retten, weil er selbst Sünder ist. Jesus konnte niemals eine Sünde nachgewiesen werden. Er wurde wegen der Behauptung, Gottes Sohn zu sein , ohne Beweise seiner Schuld hingerichtet. Durch seine Auferstehung (und diese ist ein zweifelsfreier historischer Fakt) hat er bewiesen, dass er zu Recht behauptete Gottes Sohn zu sein. Er allein konnte deshalb wirksam erlösend für Sünder sterben, weil er selbst kein Sünder war. Die nächste Frage bitteschön!

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    • Zwar stimmt es, dass ein Sünder einem anderen Sünder keine Sünde erlassen kann.

      Das gilt aber nicht, wenn zuvor gerufen wird: „Abrakadabra!“. Dann funktioniert es sogar, ohne selbst zu sterben. Das ist gedacht für Situationen, in denen man kein Kreuz zur Hand hat.

      Aber wenn jemand seine Sünden behalten will, dann entgegnet er sofort: „Ultimo!“. Dann gelten seine Sünden weiter.

      Dies erfuhr ich neulich in einem persönlichen Gespräch mit Professor Dr. Birnbaum.

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    • „Durch seine Auferstehung (und diese ist ein zweifelsfreier historischer Fakt)“
      – nein, ist sie nicht. Auferstehungen finden sich in den Biographien vieler Gottessöhne und Halbgötter, genauso wie Jungfrauengeburten, gewirkte Wunder etc. Dieser Fakt ist kein Fakt, sondern eine Legende.

      Ganz unabhängig davon handelt es sich bei der Aussage „Ein Sünder kann nicht für die Sünden eines anderen sterben und den anderen dadurch retten“ um eine unbegründete Ad-hoc-Behauptung. Sorry, aber das, was du als „Die Wahrheit“ bezeichnest, hält einer kritischen Prüfung nicht stand.

      Auch wenn man die ungültigen Prämissen ignoriert, wird es auch nicht besser: Was wäre, wenn es ihn gäbe, von einem Gott zu halten, der sich selbst seinen eigenen Sohn (oder sein 2. Drittel?) zu seiner eigenen Befriedigung im Interesse Dritter vorübergehend qualvoll zu Tode foltern lässt? Und der dann auch noch festlegt, dass er dieses Opfer nur anerkennt, wenn ein „sündenfreier“ Mensch geopfert wird? Was soll denn „Sünde“ überhaupt konkret sein?

      Die plausibelste Antwort ist so einfach wie naheliegend: Das ganze biblisch-christliche Belohnungs-Bestrafungskonzept ist ein von Menschen aus Angst, Hoffnung und Unwissenheit heraus zu bestimmten Zwecken erdachtes Konstrukt. Die biblischen Narrative sind weder historisch belegbar, noch sind sie inhaltlich besonders wertvoll oder bedeutsam für moderne ethische Standards der Weltbevölkerung im 21. Jahrhundert.

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  4. Könnte es sein, dass das hier dargestellte Logikproblem gar keines ist?

    Laut christlichem Glauben ist das zentrale Ereignis die Kreuzigung von Jesus von Nazareth. Dies geschah vermutlich um das Jahr 30 n. Chr. und gilt unter den meisten Historikern als gesichertes Ereignis. Durch diese Kreuzigung soll Jesus die Sünden der Menschen / Welt auf sich genommen haben. Alle Bibelstellen, die hier als „pro Opfertod“ aufgeführt werden, sind nach diesem Ereignis entstanden, d.h., sie stehen im Neuen Testament.
    Seit diesem Moment soll, so der christliche Glaube, durch den stellvertretenen Tod Jesu, der Weg für den Menschen zu Gott frei sein (dass das brutal ist, darüber brauchen wir gar nicht zu reden).

    Die als Gegenargument angeführten Bibelstellen stehen aber allesamt im Alten Testament (hier wird der Versuch gemacht, ohne den Opfertod des Jesus von Nazareth einen Weg zu Gott zu finden). Sie wurden vermutlich in der Zeit zwischen 600 v. Chr. und 350 v. Chr. geschrieben. Zu dieser Zeit galt laut Christlicher Logik der Tod Jesu noch nicht.

    Darüber hinaus habe ich als Christ noch eine weitere Überzeugung, durch die die obigen Bibelstellen an Aussagekraft verlieren, die aber in logischer Argumentation nicht wirklich überzeugen kann: Die Gottessohnschaft Jesu.
    In den AT-Stellen handelt es sich hier immer um die sogenannte Erbschuld, also die Idee, dass Kinder für die Verbrechen ihrer Eltern leiden.
    Jesus ist für mich als Christ aber Gottes Sohn und damit Gott (und ja, hier ergibt sich das Logikproblem der Dreieinigkeit) und nicht Sohn eines Menschen. Auf ihn treffen diese Stellen aus meiner Sicht somit gar nicht zu.

    Abschließend möchte ich dennoch sagen, dass für mich als Christ sich (scheinbar) widersprechende Bibelstellen häufig ein Problem darstellen.
    Das obenstehende Beispiel scheint mir jedoch das falsche.
    zu weiteren solchen Widersprüchen finde ich folgende Seite sehr gut
    https://bibellexikon.com/

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  5. Ist schon komisch, dass die Abrahamitischen Religionen die JÜNGSTEN in der Zeitgeschichte der Welt sind…
    Seltsam, dass es bereits diverse Götter und Religionen tausende von Jahren vorher gab, bevor dein Gott angeblich das Universum, die Welt (flach), die Menschheit und alles andere erschaffen hat…

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