Wer nicht glaubt, der glaubt sehr viel: Zum Ortsgespräch mit Roland Breitenbach

Lesezeit: ~ 3 Min.

In der Kolumne „Ortsgespräch mit Roland Breitenbach“ sah sich der Schweinfurter Pfarrer bemüßigt, seine Gedanken in Reimform zum Besten zu geben.

Dass Fasching und Religion viele Gemeinsamkeiten haben, hatte ich schon mehrfach dargestellt, zum Beispiel hier.

In dieser Veröffentlichung unternimmt Herr Roland Breitenbach offenbar den Versuch, seinen eigenen von anderem Aberglauben zu differenzieren.

Ortsgespräch Roland Breitenbach
Quelle: markt am Mittwoch, 15.2.17

Da ich kein allzu großer Faschingsfan bin, verzichte ich bei meinen Gedanken dazu erstmal auf die Reimform.

Roland Breitenbach geht also davon aus, dass Menschen, die nicht an den von ihm propagierten Gott glauben, eben an alle möglichen anderen Dinge glauben würden.

Woran glaubt Pfarrer Roland Breitenbach?

Und liefert eine ganze Litanei an Beispielen für allen möglichen esoterischen Quatschglauben.

Dass der Glaube an einen Wetter-Berge-Wüsten-Kriegs-Lieben-Gott, den sich die Menschen in der Bronzezeit zu bestimmten Zwecken ausgedacht hatten, samt aller Mythen und Legenden, die sich um diesen Gott, seinen Sohn (wahlweise auch sein zweites Drittel) ranken, genauso wenig plausibel ist wie alle anderen Ausdrucksformen von Aberglaube auch, scheint ihm offenbar gar nicht aufzufallen.

Angst vor schwarzen Katzen, Heilsteine, mit dem linken Bein zuerst aufstehen – alles lächerlicher Unsinn, natürlich.

Ein Gott, der sich selbst auf die Erde schickt, um sich selbst sich selbst zu opfern, um uns so vor sich selbst zu retten – klar, das ergibt Sinn.

Womöglich ist es Herrn Roland Breitenbach entgangen, dass es nicht nur christlich und esoterisch Abergläubige gibt. Sondern auch Menschen, die weder den einen, noch den anderen Glauben praktizieren. Und sich stattdessen an der natürlichen, irdischen Wirklichkeit orientieren.

Woran können auch Atheisten glauben?

Aber selbst als Atheist, der weder Jahwe, noch das Horoskop für wahr hält, bleibt einem noch etwas, woran man tatsächlich glauben kann: An die Entwicklungsfähigkeit der Menschheit.

Und auch in anderen Bereichen kommt wohl niemand um Glauben herum. Allerdings geht es dabei nicht um Glauben im religiösen Sinn.

Sondern um den Glauben an Konventionen wie zum Beispiel Menschen- und Völkerrechte.

Oder auch an den Wert von Geld. Was aus biblisch-christlicher Sicht natürlich äußerst verpönt ist. Und trotzdem glauben auch alle Christen, die Zahlungsmittel verwenden, an den Wert des Geldes. Selbst, wenn es sich dabei nur um Nullen und Einsen auf einem Rechner handelt. Oder um ein Stück Papier, auf dem ein bestimmter Wert aufgedruckt ist.

Auch wenn der von Westernhagen 1978 noch besungene Glaube an die Deutsche Bank („…denn die zahlt aus in bar“) inzwischen nicht mehr ganz so stark sein dürfte wie damals noch…

Der Unterschied liegt auf der Hand: Für 10 Euro kann ich etwas erwarten, das 10 Euro wert ist.  Für ein Gebet kann ich – nichts erwarten.

Natürlich kann es sein, dass tatsächlich etwas geschieht, was ich als „Erfüllung“ meines Gebetes behaupten kann. Was ich jedoch redlicherweise nicht kann, ist die Herstellung eines Kausalzusammenhangs zwischen meinem Gebet und dem irdischen Geschehen in der Form, dass der von mir angebetete Gott tatsächlich auf mein Gebet hin ins Geschehen eingegriffen hätte. Und seinen Allmachtsplan meinetwegen geändert hätte.

Diese Vorstellung ist genauso absurd wie etwa der Glaube, die Konstellation der Sterne in längst vergangenen Zeiten hätten einen Einfluss auf menschliche Eigenschaften.

Fazit

Nur, weil jemand nicht an den Christengott glaubt, heißt das noch lange nicht, dass er sich deshalb irgendwelchen anderen Formen des Aberglaubens hingibt. Genau diesen Eindruck erweckt Pfarrer Roland Breitenbach aber mit seiner gereimten Verkündigung. Und merkt dabei offenbar nicht, dass auch sein Götterglaube die Kriterien eines beliebigen anderen Aberglaubens erfüllt.

Für den Glauben an Götter, Geister und Gottessöhne muss der Verstand mindestens genauso gebannt werden wie für den Glauben an Horoskope oder Glückszahlen.

Na, dann will ich halt doch noch:

  • Ich mein, da hätt zur Fasenacht,
    zum Gärtner sich selbst der Bock gemacht!
  • Lirum larum rote Trauben,
    was man weiß, muss man nicht glauben!
  • Und was man heut noch nicht kann wissen,
    ha’m auch die Götter nicht gesch*ssen.
  • Denn dass ein Gott die Welt gemacht,
    hat sich der Mensch nur ausgedacht.
  • Statt selber kritisch nachzudenken,
    glaubt er: „Mein lieber Gott tuts lenken.“
  • Wer heute noch an Götter glaubt,
    sich selber der Vernunft beraubt.
  • Ob Tierkreiszeichen oder Bibel,
    beides ist nicht grad plausibel.
  • Und weil als einzig echten Effekt
    mein Glaube des Pfarrers Lohn bezweckt,
  • drum muss er sich wen anders suchen,
    der betet für sein Sonntagskuchen.
  • Beim Lachen geb‘ ich Roland recht:
    Glücklichsein ist Menschenrecht!
  • Lachen ist von selbst entstanden,
    lange, bevor Menschen Götter kannten.

*Quelle des Zeitungsausschnittes: „markt am Mittwoch“ – Ihr Verbrauchermagazin in Unterfranken

Merken

Merken

Merken

Merken

Merken

Merken

Merken

Merken

Merken

Merken

Merken

Merken

Merken

Merken

Merken

Merken

Merken

Merken

Merken

Merken

Merken

Merken

Merken

Merken

Merken

FacebooktwitterredditpinterestlinkedintumblrmailFacebooktwitterredditpinterestlinkedintumblrmail

Deine Gedanken dazu?

Fragen, Lob, Kritik, Ergänzungen, Korrekturen: Trage mit deinen Gedanken zu diesem Artikel mit einem Kommentar bei!

Wenn dir der Artikel gefallen hat, freuen wir uns über eine kleine Spende in die Kaffeekasse.

Ressourcen

Gastbeiträge geben die Meinung der Gastautoren wieder.

Wikipedia-Zitate werden unter der Lizenz Creative Commons Attribution/Share Alike veröffentlicht.

AWQ unterstützen

Jetzt einfach, schnell und sicher online bezahlen – mit PayPal.

Wir haben, wenn nicht anders angegeben, keinen materiellen Nutzen von verlinkten oder eingebetteten Inhalten oder von Buchtipps.

Neuester Kommentar