Ist das solidarisch? – Das Wort zum Wort zum Sonntag zum Thema Solidarität

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Ist das solidarisch? – Das Wort zum Wort zum Sonntag zum Thema Solidarität, verkündigt von Wolfgang Beck, Hildesheim, veröffentlicht am 7.9.2019 von ARD/daserste.de

Darum geht es

In seiner heutigen Fernsehpredigt behauptet Wolfgang Beck, Solidarität sei dann als christlich zu bezeichnen, wenn diese selbstlos und ohne Abgrenzung erfolge.

Bei nicht-christlicher Solidarität hingegen vermutet er einen versteckten Eigennutz.

Haben Sie gute Nachbarn? Helfen Sie sich gegenseitig mit Lebensmitteln aus, wenn die mal zur falschen Zeit im Haushalt fehlen? Oder nehmen Sie gegenseitig Pakete an? Sorgen Sie sich um das alte Ehepaar, das es nicht mehr vor die Tür schafft? Super, wenn Nachbarschaft im Dorf oder gar in der Stadt so gut klappt. „Wir sind hier richtig solidarisch“, davon sind dann viele überzeugt. Aber ist das wirklich so? Ist so eine gegenseitige Hilfe wirklich schon Solidarität? Ich habe da meine Zweifel.
(Quelle der so als Zitat gekennzeichneten Abschnitte: Wort zum Sonntag zum Thema Solidarität, verkündigt von Wolfgang Beck, Hildesheim, veröffentlicht am 7.9.2019 von ARD/daserste.de)

Und ich halte das für eine Frage der Definition. Solidarität ist kein scharf definierter Begriff. Die von Herrn Beck genannten Beispiele würde ich als Hilfsbereitschaft bezeichnen. Und die kann man meines Erachtens problemlos als „Solidarität des Handelns“ bezeichnen.

Ist das solidarisch?

Sicher, da haben sich Menschen gegenseitig ein bisschen im Blick. Kennen sich ganz gut und unterstützen sich, wenn es nötig wird. Hoffentlich erleben viele Menschen solchen Zusammenhalt. Das ist gut. Aber ist das solidarisch?

Ja, das ist solidarisch. Sicher nicht nur, aber sicher auch. Und ich sehe überhaupt keinen Grund, warum man diese Form der Solidarität mit Formulierungen wie „ein bisschen“ schmälern und schließlich ganz in Frage stellen sollte. Herr Beck hingegen hat freilich einen triftigen Grund dafür: Schließlich will er gleich noch die seiner Auffassung zufolge christliche Version von Solidarität ins Spiel bringen.

Solidarität allein sagt noch nichts über den Grund der Solidarisierung aus

SolidaritätNebenbei bemerkt: Der Begriff Solidarität ist im alltäglichen Sprachgebrauch grundsätzlich positiv besetzt: Man denkt unweigerlich erstmal an Zusammenhalt, Füreinander da sein, gegenseitige Unterstützung, Mitfühlen…

Allerdings besagt solidarisch sein allein noch nichts über das aus, was Menschen veranlasst, sich so zu verhalten.

Solidarität war zum Beispiel sowohl in den 1980er Jahren Voraussetzung für den Erfolg der gleichnamigen polnischen Gewerkschaft Solidarność.

Sie ist aber eben auch immer wieder Zutat für das Erstarken von Rattenfängern aller Art: Ebenfalls in Polen zeigten sich tausende Katholiken mit den Kirchenvertretern solidarisch, die dazu aufgerufen hatten, die Landesgrenze vermittels Rosenkranzgebeten zu verstärken und so das Land vor fremden Einflüssen zu schützen. Populisten feiern große Erfolge, indem sie so tun, als würden sie sich mit denen solidarisieren, die sich benachteiligt fühlen.

Rein menschliche Solidarität: Eigennutz und Zweckgemeinschaft

Mit den nun folgenden Überlegungen bereitet Herr Beck den Punkt vor, an dem er seine Religion endlich als vermeintlich moralisch überlegene Angelegenheit ins Spiel bringen kann. Damit das funktioniert, gilt es erstmal, die gewöhnliche, nicht genuin christliche Solidarität zur Zweckgemeinschaft (die immerhin okay sein darf) herabzustufen. Und die Solidarität, noch schlimmer, als etwas, das Menschen vermutlich gar nur aus eigennützigen Motiven betreiben:

Dieser häufig benutzte Begriff scheint mir eine Nummer zu groß für die Nachbarschaftshilfe. […] Doch wenn ich nur helfe, weil ich selbst irgendwann einmal auf Hilfe angewiesen sein werde, ist vermutlich auch versteckter Eigennutz dabei. Es wäre eine Zweckgemeinschaft, was auch okay ist. Wo ziehen Menschen eine Grenze, an der ihr Mitgefühl deutlich abnimmt? Und wo beginnt wirkliche Solidarität, von der ich selber nichts habe und nichts will?

Herrn Beck geht es also offensichtlich darum, einen Unterschied zwischen gewöhnlich-menschlicher, und seiner, wie wir gleich noch erfahren werden, Vorstellung von christlicher Solidarität zu konstruieren.

Dazu misst er die moralische Wertigkeit von Solidarität am Grad des Eigennutzes und des enthaltenen Mitgefühls.

Solidarität, die auch dem einen Nutzen bringt, der sich solidarisch verhält, scheint für Herrn Beck genauso weniger wert zu sein wie auch Solidarität, die ohne tieferes Mitgefühl auskommt.

Selbstloses Verhalten ist nie wirklich selbstlos – und das ist auch gut so

Dabei verkennt Herr Beck den Umstand, dass solidarisches, oder genauer: altruistisches Verhalten immer auch dem einen Nutzen bringt, der sich so verhält. Unabhängig davon, ob ihm dies bewusst ist oder nicht.

Und das ist auch gut so: Der Evolution haben wir es zu verdanken, dass unser Belohnungszentrum aktiv wird, sobald wir uns für Andere einsetzen.

Selbst dann, wenn sich in einer solchen Handlung vordergründig kein direkter Nutzen für uns selbst erkennen lässt: Es fühlt sich schlicht gut an, sich mitmenschlich zu verhalten. An dieser bis heute wirkenden positiven Verstärkung mitmenschlichen Verhaltens lässt sich erkennen, dass dies einen Überlebensvorteil für sozial in Gruppen zusammenlebende Individuen bedeutet haben muss.

Kinder entwickeln dieses Verhalten ab einem Alter von etwa 1.5 Jahren von ganz alleine. Unabhängig von ihrer Sozialisierung. Und auch ganz ohne religiöse oder sonstige Belohnungs-Bestrafungskonzepte.

Identitätsstiftende Merkmale verbinden Menschen

Der Soziologe Heinz Bude hat sich mit dieser Frage wirklicher Solidarität von Menschen beschäftigt. Er unterscheidet die Solidarität, die es zwischen Menschen gibt, weil sie einer festen Gruppe angehören: die Nachbarn, das Dorf, die Nationalität.

Oder, und diese Option fehlt in dieser Aufzählung wohlweislich: Die religiöse Glaubensgemeinschaft.

Kaum erstaunlich: Viele Christen tun heute gerne so, als seien mit den Appellen und Handlungsanweisungen in den biblischen Narrativen alle Menschen gemeint gewesen. Dabei hatten sich sowohl der biblische Romanheld Jesus, als auch die anonymen Verfasser diverser (ggf. echter und bekanntermaßen gefälschter) Briefe gar nicht an alle Menschen gewandt.  Sondern ausschließlich an die Angehörigen der eigenen Glaubensgemeinschaft.

Dass die Erhöhung der Zugehörigen (=wir, die Guten, die ingroup) bei gleichzeitiger Abwertung der nicht Zugehörigen (=alle Anderen, die Bösen, die outgroup) eine, wenn nicht die grundlegende Funktion besonders der monotheistischen Religionen ist, lässt sich kaum wegdiskutieren, dafür aber mit praktisch unzähligen Beispielen geschichtlich belegen.

Auch die abrahamitischen Religionen waren ursprünglich zur einfacheren Führung eines kleinen, abgegrenzten Wüstenvölkchens konzipiert worden.

Ein Konzept, dass seine hervorragende Eignung zur Abgrenzung auch im ganz großen Stil später noch erschreckend eindrucksvoll unter Beweis stellen sollte. Und in manchen Gegenden der Erde bis heute immernoch täglich unter Beweis stellt.

Und jetzt wirds richtig spannend:

So ein Zusammenhalt ist ganz gut, aber er hat noch nicht unbedingt viel mit dem zu tun, was wir als Christen mit Begriffen wie Liebe und Solidarität meinen. Denn wer bei Zweckgemeinschaften nicht dazu gehört, bekommt meist weniger Aufmerksamkeit und Hilfe.

Diese Darstellung zeugt für mich von einer stark verzerrten Wahrnehmung und von einer Überheblichkeit, wie sie besonders bei Berufsgläubigen immer wieder mal zum Vorschein tritt.

Die rund 1000 Jahre, in denen das Christentum an der Macht war, hätte es umfassend dafür sorgen können, dass dieser Satz aus dem Mund eines Priesters heute nicht wie blanker Hohn klingt.

Denn in den Jahrhunderten, bevor das Christentum durch Aufklärung und Säkularisierung weitgehend entmachtet worden war, hatten Nicht-Zugehörige der „Zweckgemeinschaft Christentum“ viel Schlimmeres als nur „meist weniger Aufmerksamkeit und Hilfe“ zu befürchten.

Wer keine oder andere Götter verehrte und sich auch nicht von den Vorzügen einer Unterwerfung unter den biblisch-christlichen Gott überzeugen lassen wollte, dem wurde kirchlicherseits sogar sehr aufmerksam dabei geholfen, diese Gotteslästerung umgehend zu beenden. Und das frevelhafte Leben des Ketzers gleich mit.

Erst nach ihrer weitgehenden Entmachtung war der christlichen Kirche praktisch nichts anderes übrig geblieben, als sich das Deckmäntelchen einer Friedensbewegung überzustülpen. Das wiederum hatte zur Folge, dass die Legende von der christlichen Moral bis heute in den Köpfen vieler Gläubiger und sogar Glaubensfreier das eigentliche Ende dieser Epoche überdauert hat.

Altruismus, die christliche Form der Solidarität!?

Mit geradezu schlafwandlerischer Selbstsicherheit und klerikaler Selbstverständlichkeit reklamiert dann Herr Beck gleich mal den gesamten Altruismus für das Christentum:

Christliche Solidarität hingegen wird gerade daran erkennbar, dass ich nichts davon erwarte.

Lack of empathyChristliche Verhaltensanweisungen basieren auf der biblischen Mythologie. Und diese lässt in ihrer Gesamtaussage keinen Zweifel daran, worum es bei allen Handlungsanweisungen geht.

Die ganze Bibel trägt sinngemäß die Überschrift: „Was muss ich tun, um der göttlichen Bestrafung zu entgehen und stattdessen vielleicht sogar von ihm belohnt zu werden?“

Praktisch jedes Gleichnis, jede Anekdote, jedes Narrativ in der Bibel bringt zum Ausdruck: Du musst dich so und so verhalten. Dann wirst du erlöst von dem, was dir droht, wenn du dich nicht so verhältst.

Die in diesem Zusammenhang immer gern hervorgekramte Geschichte vom „barmherzigen Samariter“ trägt genau diese Überschrift, sinngemäß: Was muss ich tun, damit ich in den Himmel komme?

Zumindest wenn sich Christen an die biblisch-christliche Lehre halten, dann erwarten sie natürlich etwas im Gegenzug für ihr Verhalten. Nämlich, dass ihr Verhalten zu ihren Gunsten gottgefällig sein möge.

Und genau das ist der Knackpunkt. Denn was denn nun einem bestimmten Wüstengott angeblich gefällt und was nicht, bietet eine praktisch unbegrenzte Bandbreite an Interpretationsspielraum. Von Nächstenliebe und Solidarität bis hin zu Angriffskrieg und Völkermord.

Bei einem Gott wie diesem, der sich selbst seinen eigenen Sohn vorübergehend als Menschenopfer im Interesse Dritter zu Tode hatte foltern lassen, um diesen Dritten so seine Liebe zu beweisen, muss man mit dem Schlimmsten rechnen…

Mitmenschlichkeit fühlt sich gut an. Auch ohne Aussicht auf göttliche Belohnung

Wie oben schon angedeutet, verschafft eine noch so selbstlos erscheinende Handlung dem, der sie ausführt, zumindest ein gutes Gefühl.

Solidarität, die ich ausübe, ohne mir davon einen konkreten Vorteil oder Nutzen zu versprechen, würde ich eher als Altruismus bezeichnen. Und Altruismus ist nun wahrlich keine genuin christliche Angelegenheit.

Im Gegenteil: Ich halte es für höchst fragwürdig, wenn Menschen meinen, ein absurdes archaisches und fiktives Belohnungs-Bestrafungskonzept auf dem Stand von vor 2000-5000 Jahren zu benötigen um wissen zu können, wie sie sich verhalten sollten.

Natürlich ist es möglich, sich die biblisch-christliche Mythologie so zurecht zu biegen, dass sie mehr oder weniger mit modernen ethisch-humanistischen Standards im Einklang zu sein scheint.

Verbindlich ableiten lassen sich solche Standards aus den biblischen Texten schon allein wegen der darin enthaltenen tausenden Widersprüche allerdings nicht. Und natürlich ist mitmenschliches Verhalten nicht weniger wert, wenn jemand meint, sich aus religiösen Gründen heraus so zu verhalten.

Allerdings möchte ich mich nicht darauf verlassen müssen, dass jemand den beliebig definierbaren Willen seiner jeweiligen Gottesvorstellung auch tatsächlich so definiert, dass dabei etwas herauskommt, das einigermaßen mit humanistischen und ethischen Standards kompatibel ist. Für solche Standards braucht es eine verlässliche und verbindliche Grundlage. Und da scheiden Religionen aus.

Wunsch und Wirklichkeit

Und sie kommt ohne Abgrenzungen aus. Das ist ziemlich provokativ, wie die Praxis von der wir bei Jesus in der Bibel erfahren. Seine Aufmerksamkeit für Menschen, die als Aussätzige gelten, ist geradezu ein Skandal. Seine Zuwendung zu den Zöllnern, Sündern, Kollaborateuren ist für andere schwer auszuhalten.

Das halte ich weniger für provokativ. Wohl aber für einmal mehr stark verzerrt. Um es höflich zu formulieren.

Wem hätte sich der biblische Romanheld, Wunderheiler und Gelegenheitsexorzist Jesus sonst zuwenden sollen? Wer sonst außer gesellschaftlich Geächtete, Außenseiter, Arme und Kranke hätten schon ein offenes Ohr gehabt für das, was der jüdische Endzeitsektenprediger so alles zu erzählen hatte? Doch nur Menschen, die sowieso nichts zu verlieren hatten.

Wem es halbwegs gut geht – ob mit Göttern oder ohne – wird kaum Interesse am im Grunde unmenschlichen und absurden christlichen Belohnungs-Bestrafungskonzept haben.

Da Jesus in der Bibel auch als Wunderheiler beschrieben wird, kann es kaum erstaunen, dass er öfters mit Kranken zu tun hatte als wenn er zum Beispiel in seinem ursprünglichen Beruf als Zimmermann tätig gewesen wäre.

Superpower und Glaubensgründe

Sinn und Zweck der biblischen Schilderungen von Wunderhandlungen ist einerseits, Jesus‘ göttliche Superpower unter Beweis zu stellen. Und andererseits, um zu begründen, warum es sinnvoll und richtig sei, sich dieser Weltuntergangssekte anzuschließen.

Das mit der Superpower wird heute gerne unter den Teppich gekehrt. Wer will Verstöße gegen Naturgesetze heute schon noch ernsthaft für wahr halten, wenn diese aus arachaischen Legenden stammen, die zu einer Zeit verfasst worden waren, in der magisches Denken noch ganz alltäglich war?

Nichts geändert hat sich hingegen am Zusammenhang zwischen christlichem sozialem Engagement und der damit stets verbundenen Absicht und Aufgabe, Menschen zum christlichen Glauben zu bekehren.

Laut bischöflicher Anweisung ist die Missionierung auch heute noch das übergeordnete Ziel jeglicher Arbeit, die im Namen und Auftrag der Kirche geleistet wird.

…ohne selbst etwas davon zu haben?

Es ist eine Solidarität, die Grenzen überwindet, statt sie zu errichten. Eine Solidarität, die er lebt, ohne selbst etwas davon zu haben. Das kann bis heute irritieren. Und es kann heilsam sein, für die Grenzen, die immer wieder neu in Köpfen entstehen.

Anders als hier von Herrn Beck behauptet hatte der biblische Jesus natürlich sehr wohl etwas davon, sich mit den gesellschaftlichen Außenseitern abzugeben: Nur dort konnte er neue Sektenmitglieder rekrutieren. Und dort hatte er die besten Möglichkeiten, seine Macht zu demonstrieren.

Wie oben schon angedeutet: Solidarität allein sagt noch nichts darüber aus, wie der Grund, weswegen sich Menschen solidarisieren ethisch zu bewerten ist. Meines Erachtens macht es sich Herr Beck hier zu einfach: Solidarität muss nicht pauschal per se etwas Positives sein, egal ob sie selbstlos oder eigennützig motiviert ist. Es kommt darauf an, mit wem bzw. womit und wofür bzw. wogegen sich jemand solidarisiert.

Auch halte ich nicht alle Grenzen für verzichtbar. Zum Beispiel müssen die Grenzen der Toleranz immer im Auge behalten und bei Bedarf auch verteidigt werden, wenn diese in Gefahr sind. Hierzu ist es wichtig zu wissen, auf welchen Werten eine offene und freie Gesellschaft beruht.

Zusammenfassung

  • Solidarität ist ein weiter Begriff. Ganz allgemein gesprochen besagt er: Ich sehe das genauso wie du oder: ich bin davon genauso betroffen wie du – und deshalb unterstütze ich dich.
  • Solidarität an sich muss nicht unbedingt etwas Positives sein; es kommt darauf an, aus welchem Grund bzw. zu welchem Zweck sich Menschen solidarisieren.
  • Zu behaupten, Solidarität aus reinem Altruismus sei ausgerechnet die christliche Variante solidarischen Verhaltens, halte ich für eine überhebliche und reichlich vezerrte Darstellung:
    • Altruistisch verhalten sich auch Menschen, die keine oder andere Götter verehren. Etliche Milliardäre spenden den Großteil ihres Vermögens für die Allgemeinheit – aus altruistischen Gründen.
    • Zwischen dem Anspruch der Kirche, sich selbst (bzw. die eigene Lehre) als altruistisch bezeichnen zu können und der Wirklichkeit steht ein hunderte Milliarden schweres Kirchenvermögen, das hervorragend geeignet wäre, den eigenen Ansprüchen an Andere selbst vorbildhaft gerecht zu werden.
    • Durch das biblisch-christliche Belohnungs-Bestrafungskonzept wirkt sich jede Handlung zusätzlich zu den tatsächlichen, irdischen Folgen auch noch auf das persönliche Ranking aus, nach dem der Gott der biblischen Mythologie alle Menschen irgendwann mal belohnt oder bestraft. Ausgerechnet die Form der Solidarität, bei der Menschen keine Gegenleistung erwarten als die christliche Variante zu bezeichnen, erscheint mir deshalb so  grotesk, weil es ja gerade die christliche Mythologie ist, die Menschen weis macht, ihr Verhalten zu Lebzeiten sei die Prüfung, anhand deren Ergebnis Gott später mal entscheidet, ob die postmortale Ewigkeit als himmlische Herrlichkeit oder als Dauerfolter im Höllen-KZ ausfallen wird.

Fazit

Was möchte Herr Beck seinem Publikum nun aber eigentlich konkret mitteilen? Mit seiner Verkündigung suggeriert er, Solidarität sei dann christlich, wenn sie uneigennützig erfolgt. Und wenn Mitgefühl im Spiel ist.

Allerdings verhielten und verhalten sich Christen nicht überdurchschnittlich altruistisch.

Altruismus ist keine typisch oder gar originär christliche Eigenschaft. Sondern eine menschliche (wobei Altruismus auch bei anderen Spezies nachweisbar ist).

Für die Beurteilung von Solidarität halte ich den Grund für das solidarische Verhalten für entscheidender als die Frage, ob dieses Verhalten vielleicht auch eigennützig ist und inwiefern Mitgefühl eine Rolle spielt.

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1 Gedanke zu „Ist das solidarisch? – Das Wort zum Wort zum Sonntag zum Thema Solidarität“

  1. Bezüglich „verhalten sich Christen nicht überdurchschnittlich altruistisch“ zitiert die Religionspsychologin Victoria Rationi in „Religionsparadox“ einige internationale Statistiken (auch) zur Hilfsbereitschaft in religiösen und nicht-religiösen Ländern – die bestätigen, dass Menschen in säkularen Ländern mindestens genauso hilfsbereit sind wie in hochrelitiösen.

    MfG Doris Kammer

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