Fundstück der Woche: Theologischer Offenbarungseid

Lesezeit: ~ 4 Min.

Von einem erstaunlich realistischen Beitrag einer Theologin über die Bedeutungslosigkeit des christlichen Glaubens in Bezug auf die Corona-Krise wurde jetzt auf der offiziellen katholischen Webseite katholisch.de veröffentlicht.

Der Artikel fasst die Meinung der Pastoraltheologin Christiane Bundschuh-Schramm zusammen. Frau Bundschuh-Schramm stellt fest, dass christlicher Glaube kaum zur Bewältigung der Corona-Krise beitragen könne.

Wohl um ihren (Be)ruf als Theologin nicht ganz zu ruinieren, definiert sie jedoch in gewohnt theologischer Manier erstmal den Wahrheitsbegriff zur völligen Beliebigkeit um:

„Die Glaubenshoffnung auf Auferstehung, individuell oder kollektiv, kann Wahrheit enthalten, aber nicht in einem wörtlich verstandenen Sinn.
(Quelle dieses und der folgenden Zitate: katholisch.de: Theologin: Christliche Antworten auf Corona sind nicht plausibel)

…kann Wahrheit enthalten, aber nicht in einem wörtlich verstandenen Sinn? Also nur ein bisschen gelogen? Oder zwar frei erfunden, aber trotzdem für wahr gehalten? Infwiefern können „christliche Antworten“ überhaupt plausibel sein?

Es handelt sich um Mythologie…

Und dann präzisiert die Autorin:

Es handelt sich um Mythologie“, meint die Pastoraltheologin. Genau dies werde „nicht ehrlich eingestanden, sondern verschleiert“, so Bundschuh-Schramm […]

Not in ServiceNun könnte man Frau Bundschuh-Schramm zugute halten, dass sie diesen Umstand hier sicher deutlicher ausgedrückt hat als das verkündigende Berufschristen gemeinhin tun.

Deren Einkommen ja noch direkter davon abhängt, dass sie ihr Heilsprodukt noch an den Mann/ die Frau/ das Kind bekommen. Als das bei Theolog*innen der Fall ist. Die sich vermutlich auch dann noch mit der Lösung religiöser Pseudoprobleme beschäftigen werden, wenn die Kirche den flächendeckenden, regelmäßigen Gottesdienst mangels Nachfrage ganz eingestellt haben wird.

Allerdings vermeidet auch die Pastoraltheologin durch ihre Formulierungen die klare Aussage, dass es sich bei den christlichen Glaubensgewissheiten, aber auch schon bei deren mythologischen Prämissen um rein menschliche Fiktion handelt. Auf dem Klingelschild des Hintertürchens steht geschrieben: „Mythologie, die Wahrheit enthalten kann.“

…die Wahrheit enthalten kann

Cartoon: J. Tilly
Im prähistorischen Museum. Grafik: J. Tilly

Indem sie ihre Aussage auf „Die Glaubenshoffnung auf Auferstehung“ bezieht und nicht etwa auf die mythologischen Grundlagen, die ja Voraussetzung für diese Hoffnung wären – allem voran der allmächtige, allwissende und allgütige, tripolare Schöpfergott – nimmt sie diesen Gott elegant aus der Schusslinie.

Solche rhetorischen Tricks gehören sicher zum Handwerkszeug in der Theologie-Branche.

Wobei aus dem Bericht freilich nicht hervorgeht, ob nicht auch Frau Bundschuh-Schramm auch Götter (einschließlich des selbst geglaubten Gottes) für rein menschliche Fiktion hält. Wie das ein evangelischer Berufskollege mal auf der Webseite der EKD klargestellt hatte (wir berichteten).

Was aus dem Beitrag ebenfalls nicht hervorgeht, ist, ob die Theologin auch die sich aus ihrer These ergebenden Konsequenzen zieht. Selbst auf die Gefahr hin, sich daraufhin beruflich neu orientieren zu müssen.

Keinerlei Indizien

Überraschend ehrlich stellt die Theologin in Bezug auf die Bedeutungslosigkeit des Glaubens bei Krisen fest:

„Doch wir müssen uns wohl oder übel eingestehen, dass es für eine positive Entwicklung vom wachsenden Reich Gottes zu einer sich erfüllenden endgültigen Gottesherrschaft keinerlei Indizien gibt“, so die Theologin.

Besagt nicht Glaube im religiösen Sinn, dass man auch ganz ohne Indizien Dinge für wahr halten und auf sie hoffen solle?

Natürlich gibt es keinerlei Indizien. Genauso, wie es auch keinerlei Indizien dafür gibt, dass Donald Duck® endlich Daisy geheiratet hat. Und trotzdem dürfte es nicht einfach werden, diejenigen Glaubensbrüder und -schwestern von dieser neuen Erkenntnis überzeugen zu können.

Theologische Antworten, die keine mehr sind

Auf der Webseite, auf die sich der katholisch.de-Artikel bezieht, fasst Frau Bundschuh-Schramm ihre Sichtweise wie folgt zusammen:

Meine These lautet, dass die religiösen Bewältigungsstrategien, die der christliche Glaube aktuell zur Verfügung stellt, nicht mehr ausreichen, um die Krise persönlich auszuhalten oder systemisch zu bewältigen. Das liegt daran, dass er theologische Antworten gibt, die keine mehr sind oder zumindest den allermeisten nicht mehr plausibel erscheinen.
(Quelle: https://www.publik-forum.de/Religion-Kirchen/der-gott-von-gestern des Internetauftritts von Publik-Forum)

Welche Antworten sollte er auch sonst geben? Naturwissenschaftliche? Plausible? Logische? Nein. Nur theologische Antworten. Zumeist mit unverfänglichen Phrasen und Banalitäten bis zur Unkenntlichkeit so kaschiert, dass die Absurdität möglichst wenig auffällt.

Zumindest in der Zusammenfassung auf katholisch.de ist nicht ersichtlich, inwiefern theologische Antworten früher mal welche gewesen sein sollen. Oder auch, welche Antworten denn theologisch und plausibel sein könnten.

Darüber, ob sie, und wenn ja, welche Konsequenzen die Theologien aus ihrer Erkenntnis zieht, erfährt man genauso wenig, wie zur Frage, wer denn jetzt den Schäfchen erklärt, dass sie ihre Hoffnung auf eine Illusion gesetzt hatten.

Nicht zu unterschätzen ist auch der Aspekt, dass es solche theologischen Erkenntnisse Berufschristen, die ja weiterhin irgendwas mit Glauben verkünden müssen das Leben nicht gerade einfacher machen.

Religion kann Menschen in arge Gewissensnöte bringen. Wenn sie zum Beispiel aus beruflichen Gründen Dinge für wahr halten müssen, von denen sie wissen, dass sie nicht wahr sind.  Oder zumindest so tun müssen, als ob.

Problematisch kann es auch werden, wenn man es mit Glaubensgenossen zu tun hat, die die Bibel als wertvolle moralische Richtschnur ansehen. Und damit zum Beispiel auch 1. Korinther 14,34, womit der theologische Beitrag von Frau Bundschuh-Schramm für sie sowieso irrelevant ist.

Was am Glauben ist glaubwürdig?

In einem Facebook-Kommentar ergänzt Albert Voß (spruchtaxi.de) zur typisch theologischen Frage, ob „im Himmel der Kampf gegen das Virus bereits gewonnen“ sei:

  • Die Theologin schreibt:
    << ES SEI BEISPIELSWEISE „NICHT GLAUBWÜRDIG ZU BEHAUPTEN , DASS IM HIMMEL DER KAMPF GEGEN DAS VIRUS BEREITS GEWONNEN “ SEI . >>
    Das halte ich nun doch für eine gewagte, ja sogar durchschaubar vorwitzige Hypothese, mit der sich die Gotteswissenschaftlerin aus dem Theologenfenster hängt.
    Dabei spielt es im übrigen keine Rolle, ob in der obigen Aussage ein Schüsschen Ironie stecken oder ein Häppchen Sarkasmus herauswinken soll.
    Frappierend ist zunächst die oberschwellig mitschwimmende Unterstellung, Theologie könne etwas „glaubwürdig“ behaupten.
    Nun gut, sie verdient ihre Gage damit, es so aussehen zu lassen.
    Der Kampf im Himmel gegen Corona soll sich allerdings, wenn man unabhängigen und in aller Regel äußerst verlässlichen Quellen vertraut, momentan tatsächlich in einer alles entscheidenden Armageddon – Phase befinden.
    Maria ist vom Beatmungsgerät genommen, Jesus hüstelt nur noch gelegentlich, Gott Vater steht kurz vor dem Ende seiner Quarantäne und der Heilige Geist wartet auf das letzte Testergebnis.
    In der der Corona-Schlacht selbst kämpfen, aber das ist durchaus „handelsüblich“ und man kennt es ja auch, wieder einmal die Erzengel mit den ihnen in Kampfaufstellung zur Verfügung stehenden unteren Engelsrängen.
    Noch ist dem Live-Ticker kein eindeutiges Ergebnis zu entnehmen.
    Noch keine Siegesposaune zu hören.
    Aber um Religion zu retten, muß der Himmel letztendlich gewinnen.
    Das verlangt nicht nur die Kirchenzensur, sondern erwartet auch die obige Theologin.
    Womit sie dann mit ihrer Aussage ja Recht bekäme.
    Und meine Kritik außer Kraft setzt.
    Mein Gott!!
    Es war für die Katz.
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1 Gedanke zu „Fundstück der Woche: Theologischer Offenbarungseid“

  1. Die Fassade bröckelt schneller als gedacht, die Erosion nimmt Fahrt auf…
    Gott,… äh, ich meine, Corona sei Dank!!!

    Scheint so als würden wir in diesem Jahr noch weit mehr Kirchenaustritte verzeichnen können, als im „Rekordjahr 2019“!

    „Show must go on!“

    Antworten

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