Du musst ein Schwein sein in dieser Welt! – Das Wort zum Wort zum Sonntag, verkündigt von Alexander Höner (ev.), veröffentlicht am 14.03.2025 von ARD/daserste.de
Darum geht es
Während die Kirche noch vor Kurzem mit der Religiosität des jungen Elon Musk warb, dient er inzwischen als schlechtes Vorbild.Zum Einstieg befeuert Pfarrer Höner die Angst vor drohender Kriegsgefahr. Er konstatiert die Zunahme einer Ellenbogen-Mentalität von Eltern, die ihre Kinder „maximal“ auf eine „harte Welt“ vorbereiten.
[…] Du musst ein Schwein sein, hart sein in dieser Welt – oder was sollen wir unseren Kindern mit auf den Weg geben? Was brauchen Eltern, Kinder und Großeltern, was brauchen wir, um in der veränderten Welt zurechtzukommen? Einer, der sehr gut in dieser neuen Welt zurechtkommt ist Elon Musk. Kein Wunder. Sein Vater lehrte ihn: Hab‘ kein Mitgefühl mit Verlierern!
(Quelle der so als Zitat gekennzeichneten Abschnitte: Du musst ein Schwein sein in dieser Welt! – Wort zum Sonntag, verkündigt von Alexander Höner (ev.), veröffentlicht am 14.03.2025 von ARD/daserste.de)
Hurra! Elon Musk glaubte auch an Gott!
Es ist noch gar nicht lange her, da brüstete sich katholisch.de damit, dass Elon Musk zumindest in seiner Kindheit mal quasi „einer von ihnen“ gewesen sei:
Als Kind glaubte Unternehmer Elon Musk nach eigener Aussage an Gott.
[…] Elon Musk (49), Tech-Unternehmer, hat nach eigenen Worten als Kind an Gott geglaubt. Er habe eine anglikanische Sonntagsschule und eine jüdische Vorschule besucht, sagte Musk im Interview der „Welt am Sonntag“.
[…] Die „meisten religiösen Texte“ habe er gelesen, fügte der Chef des Elektroauto-Herstellers Tesla hinzu. „Mit einigen Prinzipien stimme ich durchaus überein, zum Beispiel mit dem Gebot, auch die andere Wange hinzuhalten.“ Ebenso finde er es wichtig, anderen zu vergeben – dies sei sinnvoller als das alttestamentarische Prinzip „Auge um Auge“, so Musk. „Auch das Gebot der Nächstenliebe halte ich für ein gutes Prinzip. Glaube ich aber, dass all diese Geschichten wortwörtlich stimmen? Eher nicht.“
(Quelle: katholisch.de / 06.12.2020: US-Unternehmer habe als Kind an Gott geglaubt – Elon Musk: „Nächstenliebe halte ich für ein gutes Prinzip“)
Ist das nicht erstaunlich? Wenn Vater Errol Musk seinen Sohn zum Arschloch erzogen hatte, dann scheint die von Elon Musk beschriebene frühkindliche religiöse Prägung und Sozialisierung zumindest diesbezüglich schon mal kein Hindernis gewesen zu sein.
Wie wir dem Zitat auf katholisch.de entnehmen können, hatte sich Musk 2020 also noch zu (irrtümlich beim Christentum verorteter) Demut und Nächstenliebe bekannt. Und sich sogar noch expressis verbis von den archaischen alttestamentarischen Rachephantasien distanziert.
Ob es dann wirklich auf die väterliche Erziehung zurückgeführt werden kann, dass Musk Anfang März 2025 Empathie als „die grundlegende Schwäche der westlichen Zivilisation“ bezeichnet hatte?
Empathie: „Grundlegende Schwäche der westlichen Zivilisation“
„Die grundlegende Schwäche der westlichen Zivilisation ist Empathie, die Ausbeutung von Empathie.“ Und weiter: „Dort wird ein Fehler in der westlichen Zivilisation ausgenutzt, nämlich die Empathie-Reaktion.“
(Elon Musk, Zit. n. Klaus Moegling via telepolis.de am 17. März 2025: Elon Musk erklärt die Menschlichkeit zum Gegner der USA)
Mit etwas mehr Zeit könnte man jetzt noch näher untersuchen, was Elon Musk mit dieser widersprüchlichen Aussage konkret gemeint haben könnte:
While Musk said he believes in empathy and that “you should care about other people,” he also thinks it’s destroying society.
(cnn.com: Elon Musk wants to save Western civilization from empathy – Analysis by Zachary B. Wolf, CNN, Published 5:38 PM EST, Wed March 5, 2025)
…oder man lässt es.
Manchmal verlierst du – und manchmal gewinnen die anderen
Anders als Elon Musk plädiert Pfarrer Höner jedenfalls für Empathie. Für Mitgefühl mit Verlierern:
In so einer Welt will ich nicht leben. Wir sind doch alle mal Verlierer.
…aber auch diesmal soll der Fokus ja auf den religiösen Aspekten und deren Relevanz für das jeweils Verkündigte liegen.
Und hier kommt er schon, der religiöse Aspekt:
Und genau zu denen ist Jesus gegangen, hat mitgefühlt und sie wieder aufgerichtet. Das habe ich meine Töchter gelehrt. Wird es für eine gute Zukunft langen? Darauf gibt’s keine einfache Antwort.
Immer, wenn der biblische Romanheld Jesus als Protagonist für mitmenschliches und ethisch richtiges Verhalten präsentiert wird, darf ein Verweis auf das lesenswerte Buch „Jesus ohne Kitsch – Irrtümer und Widersprüche eines Gottessohns“ von Dr. Heinz-Werner Kubitza nicht fehlen.
Dort könnten Herr Höner und alle anderen, die noch auf die Legende vom ethisch-moralisch überlegenen biblischen Gottessohn hereinfallen nachlesen, was von dieser Überlegenheit noch übrig bleibt, wenn man den Bibeljesus vom Kitsch befreit.
Keine einfache Antwort? Doch.
Ich behaupte, dass es auf Herrn Höners Frage sehr wohl eine einfache Antwort gibt. Sie lautet:
Nein, seinen Töchtern aus dem Kontext gepickte und unverfänglich zurechtgedengelte Halbgötterlegenden zu erzählen, wird für eine gute Zukunft der Weltbevölkerung vermutlich nicht langen.
Wenn überhaupt, dann könnte es vielleicht noch für eine gute Zukunft von Herrn Höner langen.
Weil die ja mittel- und langfristig davon abhängt, dass noch irgendwer bereit ist, für institutionalisierten Glauben Geld auszugeben. Für die überwiegend nicht-christliche Allgemeinheit sind die Inhalte von religiösen Heiligen Schriften irrelevant.
Aber eins kann man mit der großen Philosophin Hannah Arendt sicher sagen: „Der Tod der menschlichen Empathie – also die Fähigkeit sich in andere hineinzuversetzen, mitzufühlen – wenn die stirbt, dann ist das eines der frühsten und deutlichsten Zeichen dafür, dass eine Kultur gerade in die Barbarei verfällt.“
Da frage ich mich, Herrn Höner und die geschätzte Leserschaft:
Wer sind denn die, die dazu beitragen, dass Kulturen gerade wiedermal in die Barbarei verfallen? Auf welche „Heilige Schrift“ haben die denn geschwört? Im angeblichen Namen und Auftrag welchen Gottes treten die auf und an, um ihre ihre absolutistische Agenda zu verfolgen und die Massen mit Lügen zu verführen?
Und werden dafür (nicht nur) von ihren fundamentalistisch-religiös verstrahlten Anhängern gefeiert? Und gar zu den Erlösern stilisiert und überhöht, auf die jene schon seit so vielen Jahrhunderten so sehnsüchtig wie vergebens warten?
Der Geist der Freiheit und der Toleranz – ist sicher nicht der „Heilige Geist“ des Christentums!
Wie anders waren für mich noch vor kurzem die Zukunftsfragen. Ausschließlich Fragen danach, was mir und meinen Kindern alles offensteht und was für tolle Möglichkeiten wir haben. Es war für mich so selbstverständlich, dass es in Deutschland nie wieder Krieg geben wird. Dass rechtsextremistische Gesinnungen hier nie wieder Fuß fassen werden. Dass jede und jeder lieben kann, wen er oder sie möchte. Dass wir die Umwelt schützen. Und schlussendlich: Dass ein Geist der Freiheit und der Toleranz bei uns weht.
Aber heute? Nichts mehr davon selbstverständlich.
Freiheit und Toleranz waren noch nie selbstverständlich.
Das, was erforderlich war, dass bei uns heute ein Geist der Freiheit und der Toleranz weht, musste mit hohem Einsatz gegen der erbitterten Widerstand des Christentums erkämpft werden.
Herr Höner, gehen Sie doch mal in aller Ruhe alle von Ihnen genannten Punkte durch. Und fragen Sie sich ehrlich, welche Rolle das von Ihnen propagierte Christentum bei jedem dieser Punkte gespielt hatte.
Schwein oder nicht Schwein
Viele rufen nach mehr Verteidigung. Militärisch. Aber ich denke: Wir müssen auch das verteidigen, was die letzten Jahrzehnte so selbstverständlich war. Aber nicht allein mit Härte und Rücksichtslosigkeit. Eine mitfühlende Gemeinschaft ist auf lange Sicht stärker, als eine rücksichtslose Gemeinschaft. Denn sonst stehen wir am Ende alle mit unseren fetten Rüstungen einsam da und alles ist kaputt. „Mr. Musk, ich habe meine Töchter anders erzogen und ich glaube, sie werden gut durch’s Leben kommen. Sie werden keine Schweine sein in dieser Welt. Sie bleiben freundlich, werden weiter mitfühlen und diese großartigen Eigenschaften von uns Menschen verteidigen.“ Ich bete darum, dass es so kommt. Good Night!
Na na na, Herr Höner. Von großartigen menschlichen Eigenschaften, die verteidigt werden müssen steht aber nix in der Bibel.
Im Gegenteil:
38 Ihr habt gehört, dass gesagt ist: »Auge um Auge, Zahn um Zahn.«
(Matthäus 5,38-39 LUT)
39 Ich aber sage euch, dass ihr nicht widerstreben sollt dem Bösen, sondern: Wenn dich jemand auf deine rechte Backe schlägt, dem biete die andere auch dar.
Wie kaum anders zu erwarten, bietet die biblische Geschichtensammlung keine vernünftigen Ideen, wie eine offene und freie Gesellschaft mit dem Toleranz-Paradoxon umgehen sollte.
Unbrauchbare Bibeltipps
Die Anweisung, sich nach einem Schlag auf die rechte Backe auch noch auf die linke Backe schlagen zu lassen ist genauso realitätsfern und unbrauchbar wie die radikalen Jesusworte. In denen der Gottessohn ausdrücklich zu Rücksichtslosigkeit und Gleichgültigkeit gegenüber den Mitmenschen auffordert. Und zwar spätestens dann, wenn mitmenschliches Verhalten einer Unterwerfung unter seinen Gott im Wege stehen würde (z. B. Matthäus 8,21-22).
Mit dem biblischen Jesus für Toleranz und Mitgefühl zu werben ist in etwa so absurd wie mit Menthol-Zigaretten für eine gesunde Lunge zu werben.
Laut eigener Aussage ist Musk Autist.
„Als es noch keiner wissen konnte“ (obwohl genau in seinem Buch beschrieben) was passieren würde, war der Kirche sogar ein gewisser Herr Adolf Hitler als Werbeträger genehm.
Elon Musk lässt (den Führer) grüssen!
Wenn solche Leute behaupten, sie stünden in direktem Kontakt mit einem allwissenden Gott, dann sollte man sich mal die Frage stellen, warum dieser Gott sie nicht bei der Auswahl ihrer Werbeträger vorwarnt…
Dieser religiöse Wurmfortsatz der öffentlich-rechtlichen Fernseh-Meinungsmedien ist nur noch nervig.
Wenn Herr Höner es mit der Empathie wirklich ernst meinen würde, wäre er schon längst aus seinem Verein ausgetreten.
Denn das verständnisvolle Hineinversetzen in seine Mitmenschen ohne Unterschied der Religion, Ethnie, Hautfarbe, geschlechtliche Orientierung ist in der christlichen Religion nicht vorgesehen, und auch in keiner anderen.
Wenn überhaupt, wird so etwas wie Empathie nur denjenigen entgegengebracht, die sich in Demut dem christlichen Glaubenskonstrukt unterwerfen. Alles andere wäre
auch ein Widerspruch. Das 1. Gebot des Dekalogs bringt es unmissverständlich auf den Punkt. Nicht umsonst steht es an prominentester Stelle.
Aus der Nummer kommen die Verfechter des Monotheismus nicht mehr raus. Da können sie Kreide fressen, soviel sie wollen.
Ihr Schicksal ist besiegelt. Es gibt nur zwei Wege aus dem Dilemma für die christlichen Monotheisten, und das habe ich schon vor zwanzig Jahren vorausgesagt, und es wird immer wahrscheinlicher:
Der eine Teil mutiert zu einem bis zur Unkenntlichkeit verbogenen, beliebigen Sozialverein, und der andere Teil verkommt zu einer fundamentalistischen Sekte, die sich, um zu überleben, an die Rockschösse von Diktatoren klammert.
Beides keine rosigen Zukunftsperspektiven, besonders dann, wenn es zum Schisma kommt. (Letzteres bezieht sich auf die RKK.)