Gedanken zu: Impulse von Stadtpfarrer Stefan Buß: „Kommt und seht!“ – Thema Missionierung

Lesezeit: ~ 10 Min.

Gedanken zu: Impulse von Stadtpfarrer Stefan Buß: „Kommt und seht!“ zum Thema Missionierung, veröffentlicht am 20.01.21 von Osthessennews

Darum geht es

Stadtpfarrer Stefan Buß erklärt, wie er sich christliche Missionierung vorstellt. Theologie brauche es dazu nicht, katholische Selbsterniedrigung schon.

„Missionarisch sein“, das bedeutet Menschen wieder für den Glauben zu begeistern. Dies ist lebenswichtig für die Gemeinschaft des Glaubens, für die Kirche.
(Quelle der so als Zitat gekennzeichneten Abschnitte: Impulse von Stadtpfarrer Stefan Buß: „Kommt und seht!“ veröffentlicht am 20.01.21 von Osthessennews)

Wenn überhaupt, sind genügend Schäfchen für die Institution, also für den Kirchenkonzern lebens- oder sogar überlebenswichtig.

Glaubensgemeinschaften hingegen sind nicht auf stabile oder steigende Mitgliederzahlen angewiesen.

Für christliche Glaubensgemeinschaften reichen laut Bibel schon zwei oder drei, um gemeinsam mit dem imaginierten magischen Himmelsfreund der irdischen Wirklichkeit in religiöse Phantasiewelten entfliehen zu können.

Missionsauftrag: Ganz dünnes Eis

„Missionarisch sein“ ist der Auftrag Jesus Christi an seine Kirche.

Hierzu empfehle ich die Lektüre des lesenswerten Buches „Der Jesuswahn“, in dem auch der so genannte Missionsbefehl kritisch untersucht wird:

  • Durch die Legende vom Missionsbefehl soll der Gemeinde ihre Taufpraxis als von Jesus selbst begründet demonstriert werden. Dabei hat Jesus selbst gar nicht getauft (anders als sein vermutlicher Lehrer Johannes), und auch seine Jünger hat er nicht dazu angehalten.
    (Quelle: Heinz-Werner Kubitza: Der Jesuswahn, S. 107)

Und weiter über Jesus und dessen Vereinnahmung durch das Christentum:

  • Er war ein Jude unter Juden und wollte nichts anderes sein. Das Gebiet der Heiden hat er demonstrativ gemieden. Es hat ihm alles nichts geholfen, die christliche Kirche hatte nach seinemTode die Deutungshoheit über sein Leben und hat davon ausgiebig Gebrauch gemacht. Indem sie ihn zu ihrem Herrn machte, machte sie ihn zu einer tragischen Gestalt.
  • Ihn endlich und zur Gänze als frommen Juden zu akzeptieren, werden die Kirchen niemals sich bereit finden, denn sie brauchen ihn als Sohn Gottes, der neben seinem Vater auf dem Thron sitzt. Und beides zusammen geht nicht, auch wenn aufgeklärte Christen dies auf die Reihe zu bringen meinen.
  • Das Judesein Jesu bedeutet aber auch eine Beschränkung. Denn alle Nichtjuden müssen sich fragen: Was hat denn dieser Mann mit uns zu tun? An eine Weltmission oder nur an eine Botschaft für die Heiden (also die Nichtjuden) hat Jesus nie gedacht. Der Missionsbefehl, der die Jüngerin alle Welt sendet, ist eine Erfindung des Evangelisten Matthäus, Jesus hat ihn nie erteilt. Seine Botschatt richtete sich an seine Glaubensbrüder vor zweitausend Jahren, sie hatte die Nichtjuden nicht im Blick, und uns heute erst recht nicht.
  • Es ist grotesk und Ausdruck einer ungeschichtlichen Gefühlsduselei, dass heute überall auf der Welt fromme Christen in Bibelkreisen der Frage nachgehen, wie seine Worte heute zu verstehen sind „,Was er uns gerade heute sagen will“, und dass sein Wort allsonntäglich von den Kanzeln „für uns heute“ ausgelegt wird Dieser Jesus kannte uns nicht, wir waren weißt außerhalb seines Horizontes. Er hatte kein Wort für uns.
    (Quelle, ebenda, S. 214-215) 

Das alles scheint aber weder Berufs- noch Laienchristen davon abzuhalten, sich trotzdem einzubilden und ganz selbstverständlich so zu tun, als seien sie gemeint gewesen in der Bibel. Also natürlich immer nur dann, wenn von den „Guten“ die Rede ist.

Kirche ist nicht einladend, Kirche ist peinlich

Und eine Missionarische Kirche ist eine Gemeinschaft, die sich nicht einschließt in ihre sicheren vier Wände, sondern die sich öffnet nach außen hin. Eine Kirche, die Raum bietet für neue Mitglieder und die eine positive Ausstrahlung darstellt, sodass viele Menschen dazugehören möchten. Eben eine Kirche, die einladend ist.

Zitat Tracie HarrisHerr Buß, ich bin mir nicht sicher, wie viel Sie vom diesseitigen gegenwärtigen Geschehen mitbekommen. Vielleicht haben Sie sich ja schon komplett in Ihre märchenhaften und biblischen Phantasiewelten zurückgezogen. Das könnte jedenfalls Ihre augenscheinlich völlig realitätsferne Selbstwahrnehmung in Sachen Kirche erklären.

Es liegt nicht an mangelndem Raum oder an mangelnden Möglichkeiten zur Neukundenaquise, dass immer weniger Menschen neue Kirchenmitglieder werden möchten.

Ganz im Gegenteil: Trotz beispielloser Sonderprivilegierung und millionenschwerer staatlicher Alimentierung, die es der Kirche ermöglicht, viel mehr Raum einzunehmen, als dass man noch von Säkularität sprechen könnte gelingt es der Kirche immer weniger, ihre Räume noch zu füllen.

Ausgerechnet die katholische Kirche hat nun wahrlich keine positive Ausstrahlung. Was genau sollte ein archaischer Totenkult auch schon Positives ausstrahlen können? Und was genau sollte einladend sein an einem unmenschlichen Belohnungs-Bestrafungskonzept, das auf bizarren und absurden Prämissen aus der Bronzezeit und aus mythologischen Narrativen aus dem Vormittelalter beruht?

Kirchenmitgliedschaft: Ein Grund zum Schämen

Quelle: NetzfundAber nicht nur wegen ihrer absurden Glaubensinhalte und der längst überholten moralischen Aussagen basierend auf fragwürdigen Grundlagen sollte allen Katholiken ihre Kirchenmitgliedschaft heute peinlich sein:

Spätestens mit Bekanntwerden des schier uferlosen Skandals tausendfacher sexueller Gewalt gegen Kinder durch katholische Priester, weibliche und männliche Ordensleute und obendrein der mindestens jahrzehntelangen systematischen Vertuschung dieser Straftaten durch die Kirchenführung trägt jedes (zahlende) Mitglied dieser Kirche, die straffrei als „Kinderfickersekte“ bezeichnet werden kann Mitverantwortung.

Dass sich offenbar immer mehr Leute wegen ihrer Kirchenmitgliedschaft mehr schämen als freuen, zeigen eindrucksvoll die kontinuierlich bzw. aktuell rasant steigenden Austrittszahlen.

[…] Aus diesem Hirtenbrief (des damaligen Bischofs von Erfurt, Bischof Joachim Wanke (20.12.2000, Anm. v. mir) ist mir noch ein Satz in Erinnerung, der mich immer wieder mal beschäftigt. Dieser Satz lautet: „Wenn Gott so großzügig ist, wie kann sein Bodenpersonal dann kleinlich sein“. Spannend, oder? Wenn Gott so großzügig ist, können dann die Menschen in seiner Kirche, sein „Bodenpersonal“, so ganz anders sein: nämlich kleinlich und lieblos, unbarmherzig und gnadenlos?!

Götter haben kein Bodenpersonal. Es sind Menschen, die sich einbilden, das „Bodenpersonal“ bestimmter Götter zu sein. So wie Herr Buß. Der offenbar nicht bemerkt, dass sich diese Eigenschaften somit auch auf ihn beziehen.

Und genauso sind es Menschen, die sich ihre Götter samt deren angeblichen Eigenschaften, An- und Absichten und Handlungen ausgedacht haben.

Kleinlich und lieblos, unbarmherzig und gnadenlos.

Interessanterweise trifft diese Beschreibung exakt auf den Gott zu, wie er in der biblischen Mythologie beschrieben wird. Dieser Gott wird dort nicht als großzügig dargestellt.

Seine von seinen Anhängern viel gepriesene „unendliche Liebe“ entpuppt sich bei näherem Hinsehen als klassische Nötigung (Mk 16,16).

Kein Wunder: Nicht Gott schuf die Menschen nach seinem Bilde. Sondern Menschen erschufen sich ihre Götter nach ihren Bildern.

Das erklärt sehr einfach die Eigenschaften des Gottes, den seine Erfinder sogar sich selbst als zornig, rach- und eifersüchtig beschreiben lassen.

Reklame für Gott?

Dann sind sie eine schlechte Reklame, für Gott – und damit auch für seine Kirche.

Der allmächtige, ewige Schöpfer des Universums, des Himmels und der Erde, der unbewegte Erstbeweger und allwissende gerechte Endzeitrichter (nur echt mit den unergründlichen Wegen)  braucht Reklame, um möglichst viele Vertreter einer bestimmten Trockennasenaffenart von sich zu überzeugen?

Was für eine fast schon wieder drollige Vorstellung. Wenn es nicht um etwas ginge, das schon so viel reales menschliches Leid verursacht hat wie diese Religion.

Denn Kirche und kirchliches Leben werden ja nicht erfahrbar durch kluge Bücher, nicht durch hochtheologische Vorträge, die keiner liest; sondern Kirche wird vor allem erfahrbar durch Menschen. So wie die Menschen in der Kirche sind, wie sie ihren Alltag leben, so ist dann auch Kirche selbst.

Sind es denn jetzt die klugen Bücher und die hochtheologischen Vorträge, die dazu führen, dass sich die Anhänger kleinlich und lieblos, unbarmherzig und gnadenlos verhalten? Oder verhalten sich die Anhänger von sich aus so und die Kirche kann gar nichts dazu? Oder zählen die Schafe gar nicht zum „Bodenpersonal“?

…so wurscht wie nur was

Für den Alltag von immer mehr Menschen ist die Kirche samt ihrer absurden Heilsversprechen und lächerlichen Höllendrohungen längst völlig irrelevant geworden.

Weder die biblisch-christlichen Glaubensgrundlagen, noch die davon abgeleitete Weltanschauung und Wertevorstellung finden heute zumindest hierzulande noch die breite Zustimmung wie noch vor wenigen Jahrzehnten.

Kirchenfunktionäre wie aktuell Woelki oder vorher Tebarz-van-Elst sorgten und sorgen durch ihr unsägliches bzw. unerträgliches Verhalten dafür, den Abwärtstrend noch zusätzlich signifikant beschleunigen. Es ist niemandem zu verdenken, mit solchen Leuten nicht mehr in Verbindung gebracht werden zu wollen.

Gehen wir zu dir oder zu mir?

[…] Diese Frage [„Wo wohnst du?“ Anm. v. mir] kann auch heißen: „Wo treffe ich dich eigentlich privat an, so wie du bist?“ Und dann wird so eine Frage schon viel direkter. Jesu Antwort ist ähnlich direkt: „Kommt und seht!“, sagt er zu den beiden Männern. Und dann wird Jesus den Männern, die ihn näher kennenlernen wollen, ja nicht seine Wohnungseinrichtung gezeigt haben, sondern er wird ihnen gezeigt haben, wie er lebt, wie er glaubt, wie er umgeht mit den Menschen, die da um ihn herum sind. Und, ob seine Taten und seine Worte miteinander übereinstimmen, denn nur das ist ja wirklich überzeugend.

Wer sich dafür interessiert, was vom biblischen Jesus übrig bleibt, wenn man ihn von allem Kitsch befreit, dem sei das Buch „Jesus ohne Kitsch – Irrtümer und Widersrpüche eines Gottessohns“ des promovierten und aus der Kirche ausgetretenen Theologen Heinz-Werner Kubitza herzlich und einmal mehr zur Lektüre empfohlen.

Wirklich erfolgreiche Missionierung war nie optional

Was Jesus da tut, das ist Mission im eigentlichen Sinne des Wortes: Andere einladen und mit gehen lassen auf den eigenen Wegen.

Sollte es für den in der Bibel beschriebenen Gottessohn einen historischen Menschen als Vorlage gegeben haben, dann handelte es sich um einen exzentrischen Wanderprediger und Anführer einer jüdischen Endzeitsekte. Als solcher hatte er nach eigener Aussage (z. B. Mt 10,5) überhaupt kein Interesse daran, andere als seine jüdische Glaubensgenossen zu missionieren.

Der Missionierungsbefehl, auf den sich das Christentum bis heute beruft (Mt 28,18–20), wird von so gut wie allen Bibelforschern als nicht historisch, sondern als spätere Einfügung angesehen.

So harmlos, unaufdringlich, optional und unverfänglich wie Herr Buß die christliche Missionierung hier darstellt, war und ist sie freilich keineswegs immer.

Seine heutige Verbreitung hat das Christentum in erster Linie dem Schwert zu verdanken. Und nicht einer moralischen Überlegenheit oder übergeordneten Wahrheit seines Glaubenskonstruktes.

Abschied vom magischen Denken

Einen anderen teilhaben lassen an der Art und Weise wie ich in meinem Alltag mit meinen Problemen, mit meinen Begrenztheiten und Fehlern, mit meinen Mitmenschen und mit meinem Gott umgehe.

Bei allem Respekt vor magischen, esoterischen oder sonstigen grotesken Weltanschauungen aller Art: Von einer Teilhabe an der Art und Weise, wie Menschen, die noch imaginäre Himmelswesen anbeten und Menschlichkeit für Göttlichkeit halten verspreche ich mir wenig bis keinen Erkenntnisgewinn für die Bewältigung meines Alltags.

Eher regt sich Mitleid. Und es stellt sich die Frage, was diese Leute dazu bringt, an ihrem absurden Götterglauben offenbar sogar wider besseres Wissen festzuhalten.

Beim Weihnachtsmann und beim Klapperstorch hatte es (vermutlich) doch auch geklappt, damals…

Wie Glaube wirklich entstand

Keine Appelle oder Anforderungen, keine Belehrungen oder Messlatten. Kein: Du musst! oder Du darfst nicht! So kann Glauben nicht entstehen.

Meme ChristianityNaja. Während der Jahrhunderte, in der die Kirche noch die Macht dazu hatte, hatte das Verbreiten des Glaubens per Befehl hervorragend funktioniert.

Lange Belehrungen oder viele Appelle hatte es dabei wohl eher nicht gebraucht.

Bei Menschen, denen ihr Leben lieb war, schaffte es die Kirche mit geeigneten Mitteln, Glaube bei Bedarf in Sekundenschnelle und fast ganz von allein „entstehen“ zu lassen.

Die Vorstellung, religiöser Glaube käme ohne die Vorgabe bestimmter Verhaltensweisen aus, erscheint reichlich naiv und wirklichkeitsfern. Diese Beschreibung liest sich wie aus einem internen Leitfaden für dubiose Geschäftemacher, skrupellose Sektenführer oder esoterische Heilsverkäufer.

Glaube doch was du willst

Dass Herrn Buß heute offenbar gar nichts anderes mehr übrig bleibt, als sein Angebot so niederschwellig und leicht verdaulich wie möglich zu präsentieren, wird kaum etwas daran ändern, dass die Nachfrage nach diesem Angebot zumindest hierzulande kontinuierlich sinkt.

Ob und wenn ja wie jemand seinen Glauben tatsächlich lebt, kann der Kirche völlig egal sein.

Es gilt lediglich, dafür zu sorgen, dass die durch die Säuglingstaufe ritualisierte unfreiwillige (und, wenn nicht beendet: lebenslange) Mitgliedschaft und die perfiden Methoden frühkindlicher religiöser Indoktrination auch weiterhin möglich sind. Und dass die Hürden für den Kirchenaustritt (Kosten, Verwaltungsaufwand) noch so lange wie möglich aufrecht erhalten werden.

Wenn es dann noch gelingt, die Legende von der christlichen Moral in den Köpfen von möglichst vielen, auch kirchenfernen Menschen (und bevorzugt Politikern) aufrecht zu erhalten, brauchen sich zumindest die nächsten paar Generationen an sowieso immer weniger werdenden Klerikern keine Sorgen zu machen.

Komm und sieh, wie ehrlich ich bin!

Denn der Glaube kommt nämlich nicht aus Büchern, sondern der kommt immer auf zwei Beinen daher: Durch Menschen, die einladend sind; Menschen, die sagen können „Komm und sieh!“, schau wie ich es mache und die dann nicht tun, als wären sie besser als die anderen, sondern die ehrlich sind.

MoralWas genau sind denn die Inhalte dieser Bücher, die jetzt auf einmal offenbar nicht mehr gebraucht werden? Welche Rolle spielt das christliche Glaubenskonstrukt überhaupt noch, wenn nur das menschliche Verhalten zählt?

Wenn sich jemand vorbildlich verhält und damit womöglich tatsächlich auch besser ist als die anderen, wieso wäre es dann unehrlich, dies zu verheimlichen?

Und wo ja auch Menschen ohne irgendwelche religiöse Ambitionen oder Bindungen ehrlich sein und durchaus als Vorbild für faires und mitmenschliches Verhalten dienen können?

Gut sein allein genügt nicht!

Pardon, Korrektur: Gut sein allein genügt nicht! Wer die katholische Unterwürfigkeit, die offenbar gerne auch masochistische Züge annehmen darf nicht teilt, der scheidet als Vorbild natürlich aus, wenn es nach Stadtpfarrer Stefan Buß geht:

Die zugeben, dass sie sich nicht auf ihre Verdienste berufen können, sondern ganz allein auf die Liebe Gottes. Auf den also, der aus ihren kleinen bescheidenen Anfängen Großes entstehen lassen kann.

Herr Buß, erst erklären Sie lang und breit, wie entbehrlich und vernachlässigbar die theologischen Grundlagen für Ihre Kirche und Ihren Glauben seien. Weil es ja auf das Verhalten der einzelnen Mitglieder ankomme.

Und jetzt fordern Sie plötzlich doch wieder, die eigenen menschlichen Verdienste zu verleugnen, um  Ihren Wetter-Berge-Wüsten-Kriegs-Rache-Provinzial-Stammesgott Jahwe & Sohn als Ursache für jegliches positive und vorbildhafte menschliche Verhalten ins Spiel zu bringen? Ausgerechnet den?

Wer behauptet, sein richtiges Verhalten sei nicht sein eigener Verdienst, sondern von seinem Gott verursacht, der tut damit genau das, was Herr Buß gerade noch kritisiert hat: Er ist unehrlich (denn auch sein Gott ist lediglich eine menschliche Erfindung und Einbildung) und er tut so, als seien gläubige Menschen besser als gottlose Menschen.

Herr Buß, können Sie sich vorstellen, wie arrogant und gleichermaßen lächerlich das von außen betrachtet erscheint?

Ich Gott, du nix

Wie siehts denn mit Leuten aus, die sich ethisch tadellos verhalten, aber keine oder andere Götter verehren? Oder mit Christen, die ihr vorbildhaftes Verhalten nicht mit archaischer Wüstenmoral, sondern mit modernen ethischen humanistischen Standards begründen, die unabhängig von der jeweiligen Weltanschauung angewandt und eingefordert werden können?

Meme EmpathieKlar: Als Werbeträger für die Kirche taugen diese Leute nicht.

Aber: Das Eingeständnis der eigenen Unfähigkeit und der absoluten göttlichen Übermacht ist nur für die Kirche von Bedeutung. Für den Rest der Bevölkerung genügt es, wenn sich Menschen anständig verhalten.

Trotzdem ist es mir natürlich sympathischer, wenn sich jemand mit Missionierungsversuchen lächerlich statt zum Mörder macht. Dass das heute so ist, verdanken wir nicht der Einsicht oder Friedfertigkeit der Kirche. Sondern ihrer weitgehenden Entmachtung durch Aufklärung und Säkularisierung.

Der heutige Impuls lässt sich kurz zusammenfassen:

  • Nicht der Glaubensinhalt, sondern das Verhalten der Gläubigen soll die Missionierung voranbringen.
  • Als Vorbild kann allerdings nur dienen, wer bereit ist, sein richtiges Verhalten nicht als seinen eigenen Verdienst, sondern als exklusive göttliche Gabe auszugeben.
  • Diese Form der Missionierung bedeutet, von Mitgliedern (womöglich sogar auch von weiblichen!) zu verlangen, sich auch ohne religiöse Vorgaben ethisch richtig zu verhalten – um dieses Verhalten dann  für klerikale Interessen zu instrumentalisieren.

Wenn jemandem aus der geneigten Leserschaft hierzu eine treffende, aber weniger offensive Einschätzung als „schwachsinniger und überheblicher katholisch-klerikaler Bullshit“ einfällt, freuen wir uns über Vorschläge.

Es erscheint wahlweise arrogant oder ignorant, wenn Herr Buß seine Kundschaft dazu auffordert, mit richtigem Verhalten Werbung für seine Kirche und seinen Gott zu machen, andererseits aber die Verbrechen und Verdorbenheiten des Kirchenkonzerns völlig außer Acht lässt.

Ob es die katholische Kirche in Deutschland jemals nochmal schaffen wird, sich glaubwürdig und nachhaltig so umzugestalten, dass man sich nicht mehr schämen muss, Katholik zu sein, halte ich für äußerst fragwürdig.

Hier steckt die katholische Kirche in einem Dilemma: Entweder, sie hält an ihren Dogmen und Strukturen fest – dann wird das für immer mehr Menschen zum Grund, sich von ihr zu distanzieren. Oder aber, sie gibt ihre Alleinstellungsmerkmale auf, dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis sie der evangelischen Abteilung in die Bedeutungslosigkeit (und zu einem hoffentlich nur kleinen Teil in den Fanatismus und Fundamentalismus) gefolgt sein wird.

Das eigentliche Problem sehe ich nicht in der Missionierung, also  bei der Bewerbung. Sondern beim Anbieter. Und bei dem Produkt das er vertreibt: Eine bestenfalls hoffnungsvoll wahrgenommene, in Wirklichkeit aber erpresserische Illusion.

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2 Gedanken zu „Gedanken zu: Impulse von Stadtpfarrer Stefan Buß: „Kommt und seht!“ – Thema Missionierung“

  1. Ist es nicht merkwürdig, dass den frommen Verkündigern NIE einer seiner Kollegen oder Vorgesetzten mit Zusatzerklärungen zu Hilfe kommt? Auch überzeugten Gläubigen fehlen zu den aufklärenden, kritischen Gedanken von AWQ anscheinend die Worte.

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