Das Wort zum Wort zum Sonntag: Wahres – Notwendiges – Gütiges

Lesezeit: ~ 3 Min.

Gedanken zu Wahres – Notwendiges – Gütiges,  gesprochen von Benedikt Welter (kath.), veröffentlicht von der ARD als „Wort zum Sonntag“ am 7. Februar 2016

Sehr geehrter Herr Welter,

gerade habe ich Ihr „Wort zum Sonntag“ gesehen und frage mich einmal mehr, warum das „Wort zum Sonntag“ eigentlich von einer Kirche kommt statt von Menschen, die nicht religiös indoktriniert sind?

Zu Ihrem Beitrag habe ich einige Anmerkungen.

Sie haben gerade gesagt:

„[…] Für mich ist diese Geschichte [von den drei Sieben, mit denen man das, was man weitererzählt, sieben solle, Anm. von mir] immer noch aktuell; sie trifft. Ist das, was du mir sagen willst, wahr – gütig – notwendig? Mir gefällt am besten das Sieb der Güte.“*

Als katholischer Pfarrer gehen Sie ja wahrscheinlich davon aus, dass es einen Gott gibt und dass dieser Gott in der Welten Lauf eingreift. Wahrscheinlich behaupten Sie das auch und ziehen entsprechende Schlüsse aus dieser, bis zum Beweis des Gegenteils rein fiktiven Annahme.

Wenn das so ist, dann frage ich mich und hiermit auch Sie: Wenn Sie diese Siebe auch auf Ihre eigenen Aussagen anwenden, sind Sie dann der Meinung, dass von Ihren Aussagen noch etwas übrig bleibt?

Alle Aussagen, die die Existenz eines Gottes voraussetzen, würden schon mal am Wahrheitssieb hängenbleiben. Sie werden mir sicher zustimmen, dass eine Realität ohne fiktive, nicht beweisbare Einflüsse „wahrer“ ist als eine „Realität“, die um solche Faktoren beliebig und sogar dogmatisch „unfehlbar“ erweitert wurde.

Inwieweit die Aussagen eines Pfarrers „gütig“ sein können, ist ebenfalls fraglich, steht doch nicht das Individuum mit seinen persönlichen Bedürfnissen, sondern ein angeblicher, erdachter Gott an oberster Stelle, ein Gott, der, genauso wie die etwa 3000 anderen Götter, die sich die Menschheit schon ausgedacht hat, noch niemals seriös belegbar in Erscheinung getreten ist.

Und wer Menschen eine erlösungsbedürftige Erbsünde einredet und sie mit unendlichen, postmortalen Qualen einschüchtert, der braucht von „Güte“ wahrlich nichts zu erzählen.

Wenn bis dahin doch noch etwas durchgekommen sein sollte, dann bleibt das am Notwendigkeitssieb hängen. Es ist im 21. Jahrhundert nicht mehr notwendig, an irgendwelche überirdischen Wesen und Geister zu glauben. Nichts spricht für die reale Existenz eines Gottes, aber praktisch alles dagegen.

Sollte es – gegen jedes Wissen, jede Vernunft und jede Logik – doch tatsächlich einen Gott geben, so  spielt dieser keine Rolle für uns, weil er, wie schon geschrieben, noch nie seriös belegbar direkt oder indirekt in Erscheinung getreten ist.

Im Gegenteil, die Wissenschaft liefert heute schon trotz vieler Lücken eine so umfassende Erklärung dafür, dass es im Universum „mit rechten Dingen“ zugeht, dass die Erweiterung der Realität um Fiktionen und Illusionen nicht mehr notwendig ist, um mit der eigenen Existenz zurande zu kommen.

Wenn Sie Ihre eigenen Ratschläge befolgen würden, bliebe somit am Ende praktisch nichts mehr übrig.

Wenig später sagten Sie:

[…] Da lesen wir in der Bibel: “ Leben und Tod lege ich Dir vor, Segen und Fluch. Wähle das Leben!“ (Dtn 30, 19) Darum geht es. Das Leben wählen und das Vertrauen zurückgewinnen.

Schon allein dieser Satz bleibt an allen drei Sieben hängen:

  1. Es ist unwahr zu behaupten, dass ein Gott diesen Satz gesagt hat, solange es noch nicht mal wenigstens einen einzigen seriösen Beleg für die Existenz eines Gottes gibt.
  2. Es ist alles andere als gütig, Menschen zu suggerieren, dass sie zwischen „Segen und Fluch“ wählen könnten. Was überhaupt mit „Segen und Fluch“ gemeint ist, wird zwei Verse vorher beschrieben: 
    Wenn du aber dein Herz abwendest und nicht hörst, wenn du dich verführen lässt, dich vor anderen Göttern niederwirfst und ihnen dienst – heute erkläre ich euch: Dann werdet ihr ausgetilgt werden; ihr werdet nicht lange in dem Land leben, in das du jetzt über den Jordan hinüberziehst, um hineinzuziehen und es in Besitz zu nehmen. (Dtn 30, 17, Einheitsübersetzung),
    und vorher:

    Wenn du auf die Gebote des Herrn, deines Gottes, auf die ich dich heute verpflichte, hörst, indem du den Herrn, deinen Gott, liebst, auf seinen Wegen gehst und auf seine Gebote, Gesetze und Rechtsvorschriften achtest, dann wirst du leben und zahlreich werden und der Herr, dein Gott, wird dich in dem Land, in das du hineinziehst, um es in Besitz zu nehmen, segnen.

    (Dtn 30, 6, Einheitsübersetzung)
    Sie werden mir sicher zustimmen, dass wir alle sowieso ganz gewiss umkommen werden, und zwar völlig unabhängig davon, ob wir uns vor irgendwelchen Göttern niederwerfen oder nicht. Und hoffentlich werden Sie mir auch zustimmen, dass es geradezu widerlich ist, Menschen mit dem Tod zu bedrohen, nur weil diese nicht an einen bestimmten Gott glauben wollen.

  3. Es ist völlig unnötig, Menschen im 21. Jahrhundert mit erniedrigenden Aussagen eines von einem kleinen, vormittelalterlichen Wüstenvolk ausgedachten Gottes zu belästigen.

*Die als Zitat gekennzeichneten Abschnitte stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Originalartikel.

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