Kommentar zu: „Für andere Licht sein“ – Kirche braucht „innere Strahlkraft“ – Bischof Algermissen predigte am Pfingstsonntag

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Kommentar zu: „Für andere Licht sein“ – Kirche braucht „innere Strahlkraft“ – Bischof Algermissen predigte am Pfingstsonntag, Originalartikel veröffentlicht am 15.05.16 von Osthessennews, Verfasser nicht genannt

„Was zum Wachstum der Kirche und des Reiches Gottes führt, ist nicht so sehr unsere eigene Stoßkraft, sondern unsere innere Leuchtkraft; ist nicht die Macht, sondern der Geist, den wir als Gnadengeschenk besitzen.“ Dies unterstrich Bischof Heinz Josef Algermissen am Pfingstsonntag im Fuldaer Dom.*

Wenn ein erwachsener Mensch heutzutage behauptet, einen imaginären Freund wie zum Beispiel einen Geist als „Gnadengeschenk“ zu besitzen, dann mag man ihm das nachsehen – aber nur, wenn dieser Mensch Meister Eder heißt. Aussagen von katholischen Kirchendienern über deren eigene Stoßkraft gehören zu den Themen, von denen man lieber verschont bleiben möchte.

Und was es mit „Leuchtkraft“ auf sich hat, kann man zum Beispiel bei Wikipedia nachlesen. Wie wir heute wissen, hat Leuchten etwas mit Physik zu tun und nicht mit Göttern, Geistern oder Göttersöhnen.

Wenn „unsere innere Leuchtkraft“ eine Umschreibung für Charisma, für persönlichen Ausstrahlung sein soll, so handelt es sich auch dabei bis zum Beweis des Gegenteils um ein rein menschlich-natürliches Phänomen, völlig ohne das Zutun irgendwelcher erfundener überirdischer Wesen. Genausogut und mit der selben Gewissheit könnte ich behaupten, meine innere Leuchtkraft habe ich erhalten, weil mich das Fliegende Spaghettimonster mit Seinen Nudeligen Anhängseln berührt hat. Oder weil mich die Zahnfee besucht hat. Oder Gustav, das Heilige Glühwürmchen.

Ein möglicher Rettungsversuch wäre noch, die Bibel als Allegorie auf den Zusammenhang zwischen Sonne (=Gott), Sonnenlicht (=Heiliger Geist), Erde (=Maria) und Leben (=Jesus) zu betrachten. Dann könnte man tatsächlich behaupten, dass das Licht (=Geist) von der Sonne (=Gott) in Verbindung mit der Materie (=Maria) alles Leben (=Jesus) hervorbringt – und hätte immerhin eine in sich schlüssige Erklärung für die sonst völlig absurden biblischen Geschichten.

Allerdings fällt es mit dieser „Übersetzung“ schwer, Gott (=die Sonne) heute noch als etwas darzustellen, was von Menschen verehrt werden muss – die Schwerkraft betet schließlich auch niemand an und keiner bittet die Gravitation um Vergebung der Sünden. Sollte diese Deutung tatsächlich zutreffen, wäre der komplette christliche Glaube noch hinfälliger, als er es so schon ist. Schließlich müssen wir heute nicht mehr an diese Zusammenhänge glauben, weil wir sie längst wissen.

[…] Nur ganz Überzeugte können andere überzeugen, nur vom Geist Erfüllte können andere begeistern.“

In diesem Zusammenhang ist es immer interessant zu fragen, wie die Überzeugten eigentlich zu ihrer Überzeugung gelangten. In den allermeisten Fällen haben Menschen ihren religiösen Glauben von ihren Eltern „vererbt“ bekommen, zusammen mit der Anweisung, dass sie umso fester und stärker im Glauben (also tugendhafter) seien, je weniger sie diesen Glauben hinterfragen. Fragt man diese Menschen dann, ob sie diese Art der Erkenntnisgewinnung auch in anderen Bereichen ihres Lebens verwenden, wird es meistens ziemlich still.

Zu Beginn seiner Predigt hatte der Bischof betont, dass der Anfang des Lebens der Kirche der Pfingsttag gewesen sei. […] Alles, was sie ist und sein soll, wurde da bereits angelegt und vorgezeichnet.“

Dazu muss man wissen, dass die Kirchengründung keineswegs auf die Lehre Jesu und seiner Apostel zurückgeht, wie oft und gern behauptet wird. Wer sich für die tatsächliche Entstehungsgeschichte der katholischen Kirche interessiert, sei auf die einschlägige Fachliteratur zu diesem Thema verwiesen. Nichts war „bereits angelegt und vorgezeichnet“, vielmehr wurde alles zu bestimmten Zwecken nachträglich textlich so gestaltet, wie es beliebte.

Jesus hatte niemals vor, eine Kirche zu gründen, was für einen gläubigen Juden wie ihn ja auch die denkbar schlimmste Blasphemie bedeutet hätte. Seine Absicht war es, wie die vieler anderer Endzeitprediger damals auch, die angeblich kurz bevorstehende Ankunft seines Gottes anzukündigen – und zwar nicht für irgendwann, sondern ausdrücklich für die sehr nahe Zukunft.

Wie wir heute mit Fug und Recht behaupten können, hatte er sich damit getäuscht – bis heute hat sich noch kein einziger Gott jemals seriös belegbar, also außerhalb menschlicher Phantasie irgendwo oder irgendwie blicken lassen.

Erst aus dieser Not heraus kamen die damaligen Heidenchristen überhaupt erst in die peinliche, aber auch chancenreiche Lage, die gerade eigentlich schon wieder in Auflösung begriffene jüdische Endzeitsekte so umzugestalten, dass eine Kirche daraus wurde, die später sogar kompatibel genug war, um als Staatsreligion zu fungieren.

Lukas mache bereits im 2. Kapitel seiner Apostelgeschichte darauf aufmerksam, dass noch am Geburtstag der Kirche der Funke der frohen Botschaft auf 17 Völker übersprang.

Das vermeintliche Kirchengründungswort steht in drei von vier Evangelien überhaupt nicht. Und die angebliche „frohe Botschaft“ hat bis heute für mehr Tod und Leid gesorgt als irgendwelche anderen Botschaften, seit es Menschen gibt.

Auch wenn die Erkenntnis für gläubige Christen hart klingen mag: Der christliche Glaube basiert auf nichts weiter als auf Lügen, Fälschungen, Plagiaten und Fiktionen. Nicht etwa nur die rein wissenschaftlich- kirchenkritische, sondern auch der Großteil der theologischen Bibelforschung kommt zu diesem Ergebnis und jedem Interessierten steht es offen, sich selbst ein Bild darüber zu machen.

Es ist kein Zufall, das die Bibellektüre den einfachen Schafen viele Jahrhunderte lang von den besorgten Hirten streng verboten war. Entsprechende Fachliteratur steht im gut sortierten Fachhandel zur Verfügung. Der christliche Glaube ist zudem eine zum Teil bis in kleinste Details wortgetreue Kopie des Mithraskultes. Nichts der christlichen Lehre ist tatsächlich christlichen Ursprungs.

Das alles hält Kirchenabhängige wie Herrn Algermissen nicht davon ab, trotzdem einfach so zu tun, als handle es sich bei diesen erfundenen (bzw. genauer gesagt fast komplett von früheren Mythen abgekupferten) Märchen um etwas Reales, wohl wissend, dass seine Schafe das wohl eher nicht wissen und hoffend, dass sie das auch gar nicht so genau wissen wollen.

Es geht um die Universalität der Kirche, und zwar bereits in ihrer Geburtsstunde.“

Genau das wollte man damals bezwecken – die Erschaffung einer angeblichen „Universalität“, was natürlich eine wichtige Voraussetzung war, um irgendwann mal als Staatsreligion gemeinsam mit der Politik den Machterhalt und Geldzufluss zu optimieren. Es geschah auch hier, was sich später noch öfter wiederholen sollte: Nicht der bessere Homecomputer setzte sich durch, sondern der, dessen Hersteller das bessere Marketing beherrschte. Gleiches gilt für das VHS-Videosystem – oder eben auch für das Christentum.

„Wenn das aber im Anfang gültig war, gilt es auch jetzt ? von wem und wie auch immer die erlösende Botschaft von Kreuz und Auferstehung Jesu Christi weitergegeben wird: ob von Eltern, Lehrern, Priestern, Katechetinnen.“

Die Botschaft von einem unvorstellbar grausamen Menschenopfer durch die qualvolle Hinrichtung des eigenen Sohnes, ein Opfer, mit dem sich ein Gott selbst befriedigt hat, um so seine Liebe zu bestimmten Menschen zum Ausdruck zu bringen, ist nicht erlösend, sondern es wirkt psychopathisch, erschreckend und verstörend. Da die ganze Geschichte nur erfunden ist, kann sie heute genausowenig „gültig“ sein wie damals. Die Kreuzigung und die angebliche Auferstehung haben, abgesehen von dem, was Menschen sich dazu ausgedacht und zusammengesponnen haben, effektiv genau nichts bewirkt.

Wer diese Botschaft anderen Menschen wie wahre Tatsachen verkündet, führt diese Menschen in die Irre und täuscht sie. Besonders Kinder und Jugendliche sind vor der Einpflanzung religiöser Wahngedanken zu schützen.

[…] Eine Kirche, in der mehr verwaltet als inspiriert würde, die sich nur mit sich selbst beschäftigte, würde laut dem Bischof keine Strahlkraft entfalten, selbst wenn sie noch so viele Zeitungsspalten und Rundfunk- wie Fernsehsender zur Verfügung hätte.

Ein Oberhirte wie Herr Algermissen, der Un- und Andersgläubige als „große Gefahr für die Mitwelt“ beschimpft, geht mit leuchtendem Beispiel voran und braucht sich über die sprunghaft gestiegenen Kirchenaustrittszahlen wahrlich nicht zu wundern.

Dass die Kirche Rundfunk- und Fernsehsender sowie jede Menge weiterer Sonderprivilegien „zur Verfügung“ hat, geht übrigens auf einen Vertag zwischen der Kirche und Adolf Hitler zurück. Bis heute schämt sich die Kirche nicht, weiterhin auf die umfangreichen Sonderrechte aus diesen und früheren Konkordatsverträgen zu bestehen – eins von unzähligen Skandalen, die die katholische Kirche zu bieten hat und gegen die der nur scheinbar von der Kirche getrennte Staat nichts unternimmt.

[…] Weil jede Erneuerung der Kirche am Pfingstgeschehen ihr Modell und ihren Maßstab habe, sei es nutzlos, wenn etwa mündige Laien zusammen mit Priestern losstürmen wollten, um alles Mögliche und Unmögliche zu machen oder zu ändern.

Natürlich lässt Herr Algermissen auch diese Möglichkeit nicht aus, das Engagement von „mündigen Laien“ einmal mehr zu diffamieren und  lächerlich zu machen. Es muss schon wirklich, wirklich schlimm bestellt sein um die Zukunft des Bistums Fulda – die schlaflosen Nächte, von denen der Oberhirte an anderer Stelle unlängst berichtete, haben offenbar sehr reale Ursachen.

„Dass wir nicht länger ängstlich und defensiv unsere Grenzen abstecken, uns in die sakrale Nische unserer Tradition zurückziehen, den allgemeinen religiösen Niedergang beklagen, sondern als Überzeugte selbstbewusst an die Öffentlichkeit gehen, bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach dem Grund unserer Hoffnung und der Begründung unseres Denkens und Tuns fragt“.

Auch Herrn Algermissen dürfte bewusst sein, dass auch ein trotziges Aufbegehren seinen Arbeitgeber nicht mehr wird retten können. Niemand kann heute noch als Katholik „als Überzeugter selbstbewusst an die Öffentlichkeit gehen“, weil er eben nicht Rede und Antwort stehen kann, ohne seine Glaubwürdigkeit zu verlieren. Seine Religion kann keine Antworten mehr liefern, die sich redlicherweise mit den Grundlagen von Logik, Vernunft, Wissen und Anstand in Einklang bringen lassen könnten.

Erfundene Wüstengötter aus der Bronzezeit spielen keine Rolle mehr in der globalisierten, technisierten Welt des 21. Jahrhunderts.

[…] „Hier, im Innersten, zeigt die Kirche, dass sie in allen Stürmen und Verirrungen ihres langen Weges durch die Geschichte der Menschheit ihrem Anfang, ihren Quellen treu geblieben ist.“

Ihren zunächst nur von ungebildeten Wüstenbewohnern mündlich überlieferten, erfundenen, erdichteten, abgeschriebenen, umgedeuteten, bewusst und unbewusst falsch übersetzten, wieder umgedeuteten, ergänzten, gekürzten, nochmals umgeschriebenen, neu interpretierten, nochmal falsch übersetzten, […..] Quellen. Und alle kirchlichen Stürme und Verirrungen wurden stets in vollster Überzeugung begangen, genau das Richtige zu tun. Praktischerweise hat sich noch kein Gott jemals darüber geäußert, was er denn nun eigentlich wirklich will und was nicht.

Wie alt die Kirche auch werde, bis der Herr sie aus der Welt der großen Kämpfe und kleinen Balgereien, des aufreibenden Einsatzes für die und des Mitleidens mit den Menschen in seine Herrlichkeit erlöse ? immer werde durch Gottes Gnade das erste Pfingstfest zu Jerusalem, die Gnade des Anfangs, die Kraft des Hl. Geistes in ihr lebendig sein und bleiben, schloss der Oberhirte.

Auch wenn sich mir die genaue Aussage dieses Satzes nicht wirklich ganz erschließt: Der erste Schritt, viele „große Kämpfe und kleine Balgereien“ (was für eine widerliche, realitätsferne Verniedlichung der aktuellen Weltlage!) zu beenden, wäre, Religionen wieder zu dem zu machen, was sie gerne sein können: Ein freiwilliges, optionales spirituelles Angebot für Erwachsene mit schwach ausgeprägtem Sinn für die Realität und niedrigen Ansprüchen an die eigene intellektuelle Redlichkeit – mehr nicht.

Wenn es einen Gott geben sollte, der in der Lage wäre, für Frieden auf der Erde zu sorgen, es aber nicht tut, dann ist er ein Sadist, das Gegenteil eines „lieben Gottes.“ Wenn er ein lieber Gott ist und trotzdem nicht für Frieden sorgt, dann ist er unfähig und nicht allmächtig. Das Theodizee-Problem wird auch dann noch bestehen, wenn auch das Christentum den früheren Religionen in die große Kiste der Göttersagen, Mythen und Legenden gefolgt sein wird.

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