Kommentar zu: Gebete: Hilft Gott, wenn wir beten?

Lesezeit: ~ 11 Min.

Kommentar zu: Gebete: Hilft Gott, wenn wir beten?, Originalartikel verfasst von Angela Rinn und Wolfgang Thielmann, veröffentlicht von DIE ZEIT

Die Frage, der DIE ZEIT einen langen Artikel gewidmet hat, lässt sich kurz und bündig beantworten: Nein, Gott hilft nicht, ganz egal, ob wir beten oder nicht, weil aufgrund der Faktenlage und bis zum Beweis des Gegenteils keiner der vielen tausend Götter existiert, die sich die Menschheit schon ausgedacht hat.

Gebete
Theologie: Answers without questions

Weil aber die „Christ & Welt“- Redaktionstheologen auch von etwas leben müssen, kommt ihnen diese soeben schon als sinnlos entlarvte Frage gerade recht. Ungeachtet des kleinen, aber ja schon irgendwie entscheidenden Details, dass es keinen einzigen seriösen Hinweis für die Existenz oder das Wirken von Göttern gibt, schreiben sie drauf los und geben dabei allerlei Absurditäten von sich, die man erwachsenen Menschen ansonsten vermutlich klaren Verstandes nicht zutrauen würde.

Ohne religiösen Kontext würden wohl auch gläubige Menschen arge Zweifel am Geisteszustand bekommen, wenn jemand Gespräche mit Phantasiewesen als „berauschende Möglichkeit, mit Gott zu sprechen“ bezeichnet.

Oder wenn der andere Gesprächspartner nicht wirklich unmissverständlich klar macht, dass die Berauschte einem (Selbst-)betrug aufgesessen ist. Dass sie auf eine Illusion hereingefallen ist und dass auch ihr Gott nichts weiter als eine menschliche Fiktion ist. Stattdessen tut er nur so, als vertrete er den klaren Menschenverstand.

Wie bei theologischen Ausführungen üblich, kommt auch bei dieser Debatte nichts heraus, was zu irgendeiner brauchbaren Erkenntnis führen würde. Trotzdem hier ein paar Gedanken zu einigen besonders grotesken Aussagen aus diesem Beitrag, der aus der Zeitschrift „Christ & Welt“ stammt und der in der ZEIT veröffentlicht wurde:

Mir haben sie damals in diesem zarten Alter beigebracht, dass der liebe Gott mir überall und immer zuhört. Ich habe mir diesen kindlichen Glauben auch als erwachsene Pfarrerin und Privatdozentin für Praktische Theologie bewahrt. Glücklicherweise!

Das erklärt natürlich einiges. Nach wie vor ist die systematische frühkindliche Indoktrination das wirksamste Mittel, religiöse Wahngedanken an die nächste Generation weiterzugeben.

Es ist geradezu eine Beleidigung des menschlichen Verstandes, wenn sich jemand auch noch glücklich schätzt, diesen Betrug auch im Erwachsenenalter offenbar noch nicht durchschaut zu haben. Was macht es wohl mit einem Menschen, wenn er tatsächlich glaubt, ein überirdisches Wesen würde überall und immer zuhören? Dazu später mehr…

Theologischer Trick 17

Sie haben mir damals aber auch gesagt, dass Gott nicht jedes Gebet erfüllt.

Natürlich, sonst wäre der Schwindel ja gleich aufgeflogen… Durch diese Aussage wird es natürlich nicht besser, im Gegenteil. Zu behaupten, dass Gott nicht jedes Gebet erfüllt, macht diesen Wahngedanken augenscheinlich kompatibler mit der Wirklichkeit, es gaukelt allerdings auch vor, dass er, wenn schon nicht jedes, aber dann ja vielleicht doch manches Gebet erfüllt.

Und natürlich schaffen sich die Theologen oder in diesem Fall unverantwortliche Eltern mit diesem Trick ein Hintertürchen, um sich vor der Unvereinbarkeit ihrer Behauptungen („Gebete werden erfüllt“) mit der Wirklichkeit („Gebete werden nicht erfüllt“) drücken zu können.

Und ich werde sehr misstrauisch, wenn Beten verzweckt wird. Beten hat einen Wert in sich.

Ein für Theologen typischer Versuch, die Unsinnigkeit von Gebeten zu bewältigen. Da Beten nach aktueller Faktenlage ganz offensichtlich zwecklos ist, äußert man einfach Misstrauen an der „Verzweckung“ und behauptet stattdessen, dass Beten „einen Wert in sich“ habe.

„Diese Trauben da oben wollte ich sowieso nicht, die sind viel zu sauer“, sagte der Fuchs in der Fabel. Macht nichts, wenn Gebete nichts bezwecken, da werde ich ja sowieso sehr misstrauisch.

Archaisch-orientalischer Wüsten-Kriegs-Provinzgott als Moralquelle?

[…] Damals fand ich gerecht, dass sich Gott und mit ihm das Gute durchsetzte.

Und damit war der Grundstein für den überaus schädlichen und inhumanen religiösen Gut-Böse-Dualismus gelegt.

Bei dem Satz aus dem Jakobusbrief war es das „ernstlich“, das sich in meinem Kopf verhakt hat. Aber seit dem Studium frage ich mich, was das Gebet des Gerechten vermag. Und bei wem. Was und wen verändert es? Geht der Lauf der Dinge anders, wenn ich bete?

Das „ernstlich“ ist genauso ein kleiner rhetorischer Trick, mit dem die Illusion, ein Gott würde Gebete erhören kompatibel mit der erlebbaren Wirklichkeit gemacht wird. Wurde ein Gebet nicht erhört, dann hatte es ganz offensichtlich einfach an der mangelnden „Ernstlichkeit“ des Angeschmierten Gläubigen gelegen.

Hängt das Schicksal anderer davon ab, dass ich bete?

Zum Glück nicht. Höchstens indirekt, zum Beispiel wenn Sie beten, statt in dieser Zeit etwas Sinnvolles zu tun.

Und was heißt „ernstlich“? Bleibt ein oberflächliches, ein eigensüchtiges Gebet folgenlos?

Jedes Gebet bleibt folgenlos, zumindest in der Hinsicht, dass nach aktueller Faktenlage und bis zum Beweis des Gegenteils kein außerirdisches Wesen jemals auf ein Gebet hin (oder auch sonst) in der Erden Lauf eingegriffen hätte.

Wenn ich mich ständig fragen muss, ob mein Gebet wirklich ernsthaft geschieht, verliere ich möglicherweise das Selbstverständliche im Gespräch mit Gott. Die Gefahr ist dann groß, dass ich mich selbst beim Beten zensiere.

Bei Menschen, die ein Gespräch mit einem erfundenen Fantasiewesen als etwas Selbstverständliches betrachten, ist die Gefahr groß, dass sie auch in anderen Bereichen irgendwann nicht mehr zwischen Wunsch und Wirklichkeit, zwischen Realität und Fiktion unterscheiden zu können.

Und spätestens dann halte ich es für durchaus naheliegend und legitim, religiöse Vorstellungen als Wahngedanken zu bezeichnen: Das Festhalten an Dingen, die offenkundig nicht der Faktenlage entsprechen, quasi wider besseres Wissen.

Berauschende Gebete

Für mich ist das Beten die einzigartige, wundervolle, berauschende Möglichkeit, mit Gott zu sprechen – wie mit einem Freund oder einer liebevollen Mutter.

Gebete: Gott betet in uns?
Gebete: Gott betet in uns?

Berauschend triffts auf den Punkt. Genauso wie Alkohol den Alkoholiker berauscht oder das Heroin den Junkie, berauscht auch das Gebet die Betende.

Allen Beispielen ist gemein, dass der Rausch auf einer Illusion aufbaut und nur solange anhält, wie die Droge wirkt. Danach ist das Elend wieder wie vorher oder gar noch schlimmer.

Die Schnapsflasche hat genausowenig zugehört wie der liebe Gott, sie hat genauso keine Probleme gelöst oder wirklich Trost gespendet wie ein fiktiver Gott, auf den die ersehnten Eigenschaften eines Freundes oder einer liebevollen Mutter (was ist eigentlich aus Gott Vater geworden!?) projiziert wurden.

Manchmal ist das auch nur ein Stoßseufzer, ein kurzer Dank dafür, dass ich meinen Tag gut überstanden habe.

Das heißt, Sie sind tatsächlich der Meinung, nicht nur irgendein, sondern der jüdisch-christliche Wüstengott Jahwe (oder welchen Gott verehren Sie?) habe dafür gesorgt, dass Sie den Tag gut überstanden haben? So richtig ernsthaft? Danken Sie auch Einhörnern, Kobolden, Baal, El oder Anubis zu bestimmten Anlässen?

Leidenschaftliches Bedrängen

Manchmal ist es ein leidenschaftliches Bedrängen, wenn ich für mich oder mir liebe Menschen unbedingt etwas erreichen will.

Wenige Zeilen weiter oben haben Sie geschrieben: Und ich werde sehr misstrauisch, wenn Beten verzweckt wird. Also was denn nun? Oder werden Sie nur misstrauisch, wenn andere Ihren Gott in die Pflicht nehmen wollen?

[…] Natürlich bete ich, wenn meine Angehörigen in Gefahr geraten, wenn ich von Flüchtlingen höre, die ertrinken, oder wenn es ungerecht zugeht.

Und? Was haben Ihre Gebete bewirkt, außer, dass Sie Ihnen vermutlich die angenehme Illusion verschaffen, wenigstens etwas (wenngleich auch völlig sinn- und zweckloses) getan haben? Auch Selbstmordattentäter sprengen sich deshalb in die Luft, weil es aus ihrer Sicht „ungerecht zugeht.“

Und ich danke ihm auch für kluge Politik, wenn mir eine Reportage gelingt oder sich Dinge freundlich entwickeln.

Sind Sie wirklich so arrogant zu denken, Sie seien der Maßstab, nachdem ein allmächtiger Gott Dinge sich freundlich entwickeln lässt? Wie gehen Sie damit um, wenn sich Dinge nicht freundlich entwickeln, wenn Ihnen eine Reportage nicht gelingt oder wenn die Politik alles andere als klug ist? Ignorieren, „göttliche Unergründlichkeit“ oder „Prüfung“?

Arroganz und Ignoranz bei Tisch

Auch da ist mir wichtig, dass ich es tue, um mich zu erinnern, dass Gott dahintersteht. Deshalb bete ich auch bei Tisch, und nicht bloß zu Hause, sondern auch im Restaurant.

Woher haben Sie die Gewissheit, dass Gott „dahintersteht“? Wie sind Sie zu dieser Vorstellung gekommen? Was macht sie so sicher, dass Sie diese absurde Idee sogar öffentlich wie eine reale Tatsache behaupten?

Und meinen Sie wirklich, Ihr Gott hört Ihr Tischgebet, freut sich darüber und zeigt sich vielleicht dafür wiedermal erkenntlich, zum Beispiel, in dem er einen, den Sie nicht leiden können, gegen einen Baum fahren lässt? Während er in dem Moment, in dem er Ihren Dank für Ihr Essen entgegennimmt, wieder unzählige Kinder qualvoll verhungern lässt?

Zum Glück hat Gott mich mit einer Grundheiterkeit ausgestattet, die mich noch nie verlassen hat.

Auch wenn ich mir kaum vorstellen kann, dass es noch nicht zu Ihnen durchgedrungen ist: Wir wissen heute dank wissenschaftlicher Erkenntnisse, besonders in den Bereichen Biologie, Biochemie und Psychologie, wie Grundheiterkeit entsteht. Keine Götter, Geister oder sonstige Phantasiewesen haben dabei ihre Finger oder was auch immer im Spiel. Trotz besseren Wissens an einer offensichtlich falschen Vorstellung festzuhalten, bezeichnet Wikipedia als „dumm“ – ich würde es als realitätsfern und absurd bezeichnen.

Gebete für eine Atombombe

Die sagten, dass wir mit unserem Gebet den Arm Gottes bewegen.

Indem man die Holzweg-Weggefährten kritisiert, die noch mehr fehlgeleitet sind als man selbst, wird man selbst nicht glaubhafter.

Die, die meinen, den Arm Gottes zu bewegen, sagten zum Beispiel auch, dass auch Atombomben Werkzeuge der Nächstenliebe sein können:

  • „Selbst Atombomben können in den Dienst der Nächstenliebe treten.“
    (Walter Künneth, evangelischer Theologe, 1958)

Der katholische Priester George Zabelka segnete die Atombombe auf Hiroshima. Vor dem Start des B29-Bombers der US-Airforce mit der Hiroshima-Atombombe am 6.8.1945 betete ein lutherischer Geistlicher vor versammelten Fliegern:

  • „Allmächtiger Vater, wir bitten Dich: Schütze diese Männer, die den Kampf zu unseren Feinden tragen. Mögen sie, bewaffnet mit Deiner Macht, den Krieg zu einem schnellen Ende bringen. Mögen die Männer, die in dieser Nacht fliegen, in Deiner Obhut sein und sicher zurückkehren … Im Namen Jesus Christus, Amen.“
    (Quelle: zitiert nach Denk Mit und handle Nr. 8)

Gebet des Feldgeistlichen Downey vor dem Abwurf der Atombombe auf Nagasaki am 9.8.1945:

  • »Allmächtiger Vater, der Du die Gebete jener erhörst, die Dich lieben, wir bitten Dich, denen beizustehen, die sich in die Höhen Deines Himmels wagen und den Kampf zu unseren Feinden vortragen … Wir werden im Vertrauen auf Dich weiter unseren Weg gehen …«
    [Quelle: zitiert nach Denk Mit und handle Nr. 8]

Dieses Gewaltpotential bietet das Christentum bei Bedarf jederzeit. Die Kirche bezieht ihre Macht auch von den Schafen, die sich heute weitestgehend und auch außerhalb ihrer eigenen Glaubensgruppe ethisch, human und sozial verhalten und die durch ihr christliches Bekenntnis heute wieder mehr denn je den Nährboden für Fundamentalismus, Hass, Trennung und Gewalt bereiten.

Das ist für mich das Ernstliche am Gebet: nicht dass Gott fügt, sondern dass ich lerne, mich zu fügen.

Auch das deute ich als einen billigen Theologen-Taschenspielertrick, Gottes permanente Abwesenheit und Untätigkeit zu bewältigen. Ich erwarte ja gar nichts von Gott, in Wirklichkeit gehts ja nur um mich. Welche Rolle soll dann Gott überhaupt noch spielen?

Und wieso soll ausgerechnet das das „Ernstliche“ am Gebet sein? Weil es den Betenden, anders als Gott, wenigestens tatsächlich gibt? Welcher erwachsene Mensch klaren Verstandes möchte tatsächlich lernen, sich einem Phantasiewesen zu fügen? Wo es weder das Wesen selbst, noch eine allgemeingültige Definition und demzufolge auch keine verbindliche Aussage darüber, was dieses Wesen überhaupt will, gibt?

Unerklärliche Gefühle

„Ich fürchte, du lädst das Gebet mit Gefühlen auf, die du nicht erklären kannst.“

Die Gefühle hatte sie doch erklärt – berauschend sei es, mit Gott zu reden. Das Problem sind nicht die Gefühle, die jemand in die Sache hineinprojiziert, sondern die Sache an sich, das Sprechen mit einem Phantasiewesen.

Viele Menschen bitten mich um ein Gebet und erzählen mir dann später, dass sie dieses Gebet verändert hat. Sie fühlten sich stärker, durch mein Gebet unterstützt. Insofern kann ein Gebet andere Menschen schon verändern.

Jede Wirkung, die über eine vielleicht mögliche (auto-)suggestive Placebowirkung hinaus geht, entbehrt bis zum Beweis des Gegenteils jeder Plausibilität.

Wir beten auch jeden Sonntag um Weisheit für die Menschen, die politische Verantwortung tragen. Ich finde nicht, dass das übergriffig ist.

Und nochmal zitiere ich von weiter oben: Und ich werde sehr misstrauisch, wenn Beten verzweckt wird. Offenbar heiligt der Zweck die Mittel. Unsere Gebete dürfen natürlich immer gerne einen Zweck haben, wir meinen es ja schließlich gut und wissen, was gut und böse, falsch und richtig ist. Wir sind die Guten, bei den anderen werden wir sehr misstrauisch!

Diese Abgrenzung zwischen ingroup (wir, die Gläubigen, die Guten) und outgroup (die anderen, die Un- und Andersgläubigen, die Bösen) ist ein weiteres Beispiel für die vielen negativen Einflüsse, mit denen Religionen die Menschheit vergiften – man kann es nicht anders ausdrücken.

Natürlich mag sich jeder seine Wirklichkeit nach eigenem Gutdünken gestalten, aber diese religiös-dualistische Trennung hat nachweislich schon so viel Leid und Elend über die Menschheit gebracht wie kaum etwas anderes.

Und noch ein Theolgie-Trick

Ich halte jedenfalls die Ansicht, dass Gott alle Gebete erhört, für eine Selbsttäuschung.

Das würde Sie ja auch in die Verlegenheit bringen erklären zu müssen, warum genaugenommen noch niemals auch nur ein Gebet tatsächlich „erhört“ wurde. Durch diese Aussage öffnen Sie sich, nicht gerade sonderlich elegant, ein Hintertürchen, durch das Sie aus der Verlegenheit zu entwischen versuchen.

Der Trick ähnelt dem „starken Misstrauen“ gegenüber der „Verzweckung“ von Gebeten: Alle Gebete werden erhört? – natürlich nur eine Selbsttäuschung. Judäische Volksfront. Pah. Es würde ja schon genügen, wenn einige Gebete erhört würden, und das müsste ja erstmal jemand beweisen, dass das nicht so ist… (kein Problem).

Indem man teilweise einräumt, dass eine Fiktion nur eine Fiktion ist, wird der Rest der Fiktion dadurch nicht realer.

Aber ist das nicht etwas Ähnliches, als wenn wir einander beistehen, wenn schwere Entscheidungen anstehen? Bedeutet ein Gebet für andere mehr, als dass wir einander Mut machen und unsere Sehnsucht nach einem erträglichen Ziel teilen?

Ja. Ein Gebet bedeutet, dass jemand nicht bereit ist, etwas tatsächlich Wirkungsvolles zu unternehmen, um auf eine Situation einzuwirken. In dieser Hinsicht ist ein Gebet nichts weiter als eine armselige, imaginierte Selbstbefriedigung.

Horizont der Wirklichkeitswahrnehmung

Angela Rinn: Nein, es ist etwas anderes! Die Haltung ist entscheidend! Wenn ich bete, strecke ich mich zu Gott hin aus, ich wechsele die Ebene, den Horizont meiner Wirklichkeitswahrnehmung.

Ja. Ich wenn ich beten würde, würde ich die reale Wirklichkeit verlassen und mich in eine fiktive, rein von Menschen zu bestimmten Zwecken und aus bestimmten Denkschwächen und Wissensdefiziten heraus erfundene Scheinwirklichkeit begeben.

Die Haltung spielt dafür keine Rolle. Egal, wie sich jemand „zu Gott hin aus“ streckt – kein Gott hat sich jemals auch nur einen Millimeter zurückgestreckt. Er ist entweder sehr eitel, faul, sadistisch – oder eben nur erfunden, was nach aktueller Faktenlage am wahrscheinlichsten ist.

Das verändert die Perspektive auf die Situation.

Was soll es bringen, eine reale Situation aus der Perspektive einer erfundenen Scheinwelt zu betrachten? Oder lösen Sie Ihre realen Probleme vielleicht in World of Warcraft™? Halten Sie es für hilfreich zu fragen, wie der Gestiefelte Kater Ihr Problem lösen würde?

Ich persönlich finde es natürlich am besten, wenn man Beten und praktische Hilfe kombiniert.

Natürlich, Sie gehören ja auch zu den Guten und nicht zu denen, die sich ausschließlich auf Beten verlassen.

Verzeihung – das ist Theologensprech.

Das ist es. Man nennt es auch „Kokolores“, „Unfug“, „Gelaber“, „Geschwurbel“, „Nonsens“ oder in bestimmten Fällen auch „Bullshit.“ Als Theologe sollte man sich dafür aber nicht entschuldigen, sondern mal darüber nachdenken, warum theologische Pseudoerklärungen und -behauptungen so bezeichnet werden.

„Ebenenwechsel“ ist aus der Psychotherapie geliehen.

So wie die ganze Theologie sich anmaßt, eine Wissenschaft zu sein.

Unterwerfungs-Gebete: Dein Wille geschehe

Für mich lautet deshalb das wichtigste Gebet: „Dein Wille geschehe.“

Wie stellen Sie sich das konkret vor? Wie lautet der Wille Gottes? Wieso möchten Sie, dass dieser geschieht? Was versprechen Sie sich davon?

Merken Sie denn nicht, dass es völlig absurd und in jeder Hinsicht unlogisch ist, einen angeblich allmächtigen Gott darum zu bitten, dass sein Wille geschehe?

Schmerzt Sie dieser krasse, völlig offensichtliche Widerspruch und Verstoß gegen die einfachste Logik nicht auch? Wie bewältigen Sie diesen Nonsens?

„Ich wünsche dir alles Gute“ ist etwas anderes als: „Ich bitte Gott für dich.“

Ja. Ersteres ist ein Wunsch, das andere Unsinn. So hart das vielleicht klingen mag. Auch für das Kind, das gerade ohne seine Zustimmung einem unsymphatischen Wüstengott untergeordnet wurde, wird Gott wieder nichts tun, egal, wie sehr er darum gebeten wurde. Außerdem haben Sie gerade schon wieder ein Beispiel für ein „verzwecktes“ Gebet genannt, dem Sie doch so sehr misstrauen. Merken Sie was?

Jetzt aber mal konkret…

[…] Ich fürchte, du lädst das Gebet mit Gefühlen auf, die du nicht erklären kannst. Oder willst du es noch einmal versuchen? Gerne mit einem Zitat. Nur bitte konkret.

Konkret lässt sich zum Thema Gebet sagen, dass noch niemals auch nur ein Gebet von irgendeinem Gott erhört wurde, der daraufhin nachweislich den Lauf der Dinge verändert hätte. Wer etwas anderes behauptet, ohne einen seriösen Beweis für die Existenz des präferierten Gottes erbringen zu können, betrügt sich und andere.

Dann zitiere auch ich Paulus, Römer 8,26: Wir wissen nicht, was wir beten sollen, wie sich’s gebührt; sondern der Geist selbst vertritt uns. Das ist sozusagen der größte denkbare Perspektivenwechsel, dass in uns Gott selbst betet. Gott ist uns transzendentes Gegenüber und zugleich tiefer in uns, als wir selbst es je sein könnten.

Jetzt neige ich langsam allerdings doch dazu zu vermuten, dass hier nicht nur religiöse Wahngedanken, sondern vielleicht auch noch ein bisschen LSD oder andere Psychodrogen im Spiel sind.

Wer sich von Geistern vertreten und von Gott besessen fühlt, sollte vielleicht doch besser mal wenigstens im eigenen Interesse seinen Geisteszustand von einer neutralen, fachlich versierten Stelle untersuchen lassen.

Ich finde, dass das ein ziemlich atemberaubender Gedanke des Apostels ist!

Obacht – bei Atemverlust droht Bewusstseinsverlust!

Wenn der Heilige Geist so in uns betet, dann gibt es nichts, was uns von Gott trennen könnte,

Die Nummer des Krisen-Dienstes Psychiatrie lautet übrigens 0180 / 655 3000.

[…] das hat dann in der Tat auch etwas mit unseren Gefühlen zu tun: in Dank, Bitte, Klage und Lobpreis.

Und das nächste Beispiel für ein „verzwecktes“ Gebet, dem Sie doch so sehr misstrauen. Merken Sie jetzt was?

Gebete zum Zulabern?

Ich möchte Gott nicht „zulabern“.

Noch kein Gott hat jemals seinen Willen geäußert, auch nicht darüber, ob er sich vielleicht von Angehörigen einer gewissen Trockennasenaffenart durch übermäßiges Beten belästigt fühlt oder nicht.

Deshalb: Labern Sie Ihren Gott einfach zu oder auch nicht, aber bitte verschonen Sie Ihre Umwelt vor Ihren religiösen Wahnvorstellungen. Speziell Kinder und Menschen, die nicht merken könnten, dass Sie offenbar in einer Scheinwirklichkeit leben und die sich dann wundern könnten, warum ihre Gebete nichts bewirken.

Beten ist gegenwärtig sein in der Gegenwart Gottes.

  • Und die Jungen sollen nicht wissen, wo die Dinge,
    die jene Väter erst um acht Uhr am vorhergehenden
    Abend dorthin gelegt hatten, kurz vor Glockenschlag.

    Dies steht geschrieben im Buch von Sel.

Weil Gott selbst in uns betet, ist das Gebet natürlich wirksam, ja selbst schon eine Wirkung des Heiligen Geistes.

Der Krisen-Dienst Psychiatrie ist täglich zwischen 9 und 24 Uhr erreichbar. Ein Anruf kostet 0,20 € aus dem Festnetz, über Mobilfunk max.0,60 € pro Anruf (ohne Gewähr).

Viel Erfolg beim Weg zurück in die Realität!

Wenn ich trotzdem Zweifel habe, wie ich beten kann und darf, orientiere ich mich an den Psalmen oder an Jesus selbst: Gerne im stillen Kämmerlein, nicht plappern oder viele unnütze Worte machen und am besten mit Jesu eigenen Worten: Vater unser im Himmel.

Genau da gehören religiöse Phantasien auch hin – ins stille Kämmerlein. Dort können Sie gerne Ihr einmaliges und einzigartiges Leben damit zubringen, völlig beliebig alle fiktiven Freunde, Vaterfiguren, Geister oder Gespenster verehren, die in Ihrer Wirklichkeit eine Rolle spielen. Niemand wird Ihnen einen Vorwurf deswegen machen.

Anders sieht es immer aus, sobald solche Ideen wie reale Tatsachen öffentlich behauptet werden oder als Grundlage für irgendwelche Aussagen und Behauptungen in Bezug auf die reale Wirklichkeit dienen.

Wenn das dann noch wie in Deutschland staatlich subventioniert und sonderprivilegiert geschieht, halte ich die eine oder andere Anmerkung zum Thema „Gebete“ für unerlässlich.

*Die als Zitat gekennzeichneten Abschnitte stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Artikel.
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