Wort zum Wort zum Sonntag: Eine Welt am Brodeln

Lesezeit: ~ 5 Min.

Das Wort zum Wort zum Sonntag: Eine Welt am Brodeln, verkündigt im öffentlich-rechtlichen Rundfunk von Lissy Eichert (kath.), veröffentlicht am 16.7.16 von ARD/daserste.de

Hört das denn nie auf?! Brutale Gewalt, Terrorgefahr, weltweit Menschen auf der Flucht.*

Fragen Sie sich doch mal ganz ehrlich, welche Rolle Religionen im Zusammenhang mit den von Ihnen beklagten Missständen in der Welt spielen. Natürlich nicht ausschließlich, aber signifikant oft, direkt und indirekt.

Fragen Sie sich dann, was dazu geführt hat, dass Christen ihre Ideologie heutzutage zumeist nicht mehr mit (physischer) Gewalt verbreiten. Und warum es heute immernoch Religionen ganz ähnlich der Ihren gibt, die sich problemlos dafür instrumentalisieren lassen.

Vielleicht wird Ihnen dann bewusst, dass es dringender denn je erforderlich ist, religiöse Ideologien, mit der sich jederzeit problemlos auch höchst unethisches Verhalten bis hin zum Völkermord rechtfertigen lässt, endlich zu überwinden.

Die sehr realen Probleme der Weltbevölkerung im 21. Jahrhundert können nicht mit Hilfe von erfundenen Kriegs- und Wettergöttern aus der Bronzezeit behoben werden. Archaische Moralismen haben in der heutigen Welt längst ausgedient. Sie taugen nicht als Grundlage für eine moderne, friedliche, humane Ethik für die Menschen heute.

Zur Rettung der Welt: Beherzt zupacken oder Geister beschwören?

Ängste und Sorgen, Kreuz und Ohnmacht nicht ausblenden, sondern auszuhalten, nicht wegzulaufen, Beistand zu leisten – Menschen, die mitten im Chaos besonnen reagieren und beherzt zupacken, die beeindrucken mich.

Weiter unten hingegen schreiben Sie:

Ich bitte Gott darum, dass Kraft, Trost und Beistand allen Angehörigen von Opfern zuteil wird. Überall auf der Welt.

Gilt Ihre Bitte auch allen Angehörigen von Selbstmordattentätern, die sich ja tatsächlich ihrem Gott als „Opfer“ darbringen?

Beten: Alibi-Handlung mit Placebowirkung

Welt in unseren Händen
Was wird aus der Welt? Es liegt an uns,
nicht an Göttern…

Anders als das tasächlich wirkungsvolle „beherzte Zupacken“, das Sie ja beeindruckt, verhallen ihre Gebete ungehört. Ungehört und vor allem unerhört von Ihrem erfundenen Wunschgott.

Der angeblich allmächtig ist und somit auch die Möglichkeit hätte, etwas gegen das Leid auf der Welt zu tun. Und der seiner Schöpfung ein friedliches Leben ermöglichen könnte.

Was er ganz offensichtlich und wie auch von Ihnen bestätigt nicht tut. Warum nicht? Ist er vielleicht doch nicht allmächtig? Oder unwillig?  Faul? Ignorant? Ein Sadist? Oder einfach nur nicht existent?

Verstehen Sie wirklich nicht, dass es schon nach allereinfachster Logik völlig sinnlos ist, einen angeblich allmächtigen, liebenden Gott um irgendetwas zu bitten?

Wenn Sie möchten, dass allen Angehörigen von Opfern Kraft, Trost und Beistand zuteil wird, dann unterstützen Sie Vereinigungen, die sich um solche Angehörige kümmern. Oder tun Sie selber etwas, was den Anghörigen wirklich hilft.

Einen imaginären Gott um etwas zu bitten, bringt bestenfalls Ihnen ein scheinbar beruhigendes Gefühl. Sie haben damit wenigstens so getan, als hätten Sie etwas getan. Autosuggestion ist der neutrale Begriff für dieses Verhalten – Selbstverarschung der ehrliche. Eine solche Alibihandlung ist nicht beeindruckend, sondern arrogant, verantwortungs- und sinnlos.

Das muss so sein: Irdisches Leid, biblisch gerechtfertigt

Und natürlich darf in einer christlichen Verkündigungssendung auch eine passend zurechtgestutzte Geschichte aus dem Wort Gottes (das in Wirklichkeit von einem nicht einwandfrei identifizierbaren vormittelalterlichen Autor stammt) fehlen.

Paulus bezeugt, wie ihm – inmitten aller Bedrängnis – die Kraft einer „verzweifelten Hoffnung“ geschenkt wird. (vgl. 2 Kor 4,7) .

Die zu vergleichende Bibelstelle heißt:

  • Diesen Schatz tragen wir in zerbrechlichen Gefäßen; so wird deutlich, dass das Übermaß der Kraft von Gott und nicht von uns kommt. (Quelle: 2. Kor 4,7 EU)

Kein Wunder, dass die Verfasserin Probleme mit der Realitätsbewältigung beklagt, wenn sie sich auf einen erfundenen Wüstengott aus der Bronzezeit als Kraftquelle für die reale, natürliche, wirkliche Welt verlässt.

Und nur wenige Zeilen weiter heißt es im selben Abschnitt:

  • Denn die kleine Last unserer gegenwärtigen Not schafft uns in maßlosem Übermaß ein ewiges Gewicht an Herrlichkeit, uns, die wir nicht auf das Sichtbare starren, sondern nach dem Unsichtbaren ausblicken; denn das Sichtbare ist vergänglich, das Unsichtbare ist ewig. (Quelle: 2. Kor 4, 17-18 EU)

Das muss man mal ganz genau lesen. Da steht sinngemäß: Unser irdisches Leid, das ja sowieso nur eine kleine Last ist, verschafft uns ein maßloses Übermaß an (postmortaler, zeitlich unbegrenzter) Herrlichkeit.

Mit anderen Worten: Unsere gegenwärtige Not steht in irgendeiner Form in einem Zusammenhang mit einer angeblichen, unsichtbaren, ewigen Herrlichkeit. Ein wahrlich schwacher Trost, nicht nur für alle, die nicht an Jahwe glauben.

Ausflug in die Realität

Frau Eichert, gelingt es Ihnen, Ihre religiöse Immunisierung für einen kleinen Moment auszuschalten? Dann lesen Sie diesen Satz aus dem von Ihnen zitierten Korintherbrief bitte nochmal aufmerksam durch. Hier wird das irdische Leid und Elend, das Sie so bedrückt, relativiert und damit gerechtfertigt, dass es ja für eine „ewige, unsichtbare Herrlichkeit“ erforderlich sei.

Eine ewige Herrlichkeit, die natürlich überhaupt nur den Anhängern eines bestimmten Gottes zuteil werden kann. Und das auch nur, wenn dieser das auch so sieht. Wenn er existiert und wenn die biblischen Märchen, Mythen und Legenden stimmen.

Merken Sie, wie unlogisch es sogar nach biblischer Logik ist, diesen Gott um etwas für alle Angehörige von Opfern überall auf der Welt zu bitten? Der angebliche „Trost“ Ihres Gottes besteht aus dem Versprechen einer unsichtbaren, ewigen Herrlichkeit. Das halten Sie für tröstlich?

Wieso belastet Sie dann das irdische Elend dann überhaupt so sehr? Das muss doch so sein! Jedenfalls, wenn es nach der Logik Ihrer religiösen Ideologie geht. Überzeugen Sie mich gerne vom Gegenteil.

[…] In vielen Texten der Bibel ist von Chaos, Gewalt und Katastrophen die Rede. Aber: An der Existenz Gottes wird nicht gezweifelt.

Was ist denn das für eine Logik? Eine angeblich „frohe Botschaft“ mit viel Chaos, Gewalt, Katastrophen, aber an Gott wird nicht gezweifelt? Wenn die von Ihnen beklagte Lage der Welt und die permanente, täglich beobachtbare Abwesenheit sämtlicher Götter noch nicht reichen: Was könnte Sie denn überhaupt an der Existenz Ihres Gottes zweifeln lassen?

ich, Gott

Die Botschaft ist klar: „Trotz alledem – fürchtet euch nicht, ich, Gott, bin bei euch.“

Diese angeblich klare Botschaft ist nichts weiter als eine kindlich-naive, irreal-illusorische Wunschvorstellung. Es ist Ihr „Opium“, mit dem Sie sich selbst beruhigen, statt tatsächlich etwas gegen Ihre Furcht zu tun. Von den vielen tausend erfundenen Göttern hat bisher genau kein einziger hat je mitgeteilt (oder mitteilen lassen), dass er ist. Weder überhaupt, noch bei uns. Und auch nicht, dass wir uns deshalb nicht fürchten müssten.

Das hat auch Ihrem Jahwe die Peinlichkeit erspart erklären zu müssen, warum er als allmächtiges, allwissendes, gnädiges Wesen nichts gegen das „alledem“ unternimmt. Und es macht Ihre Behauptung zu einer Lüge.

Wenn Sie sich gerne mit erfundenen Scheinwahrheiten trösten, ist das Ihre persönliche Angelegenheit. Bitte behalten Sie diese Wahngedanken aber für sich und hören Sie auf, diese auf Staatskosten im öffentlich-rechtlichen Fernsehen zu verkündigen. Naive oder leichtgläubige Menschen könnten auf Sie hereinfallen und sehr enttäuscht sein, wenn sie merken, dass in Wirklichkeit eben kein Gott bei ihnen ist.

Kraft, die aus Kreuzen fließt?

In Angst und Ohnmacht halte ich mich am Kreuz fest. Und ich spüre die Kraft, die mir daraus zufließt.

Wenn Sie tatsächlich davon überzeugt sind, dass Ihnen bei Angst und Ohnmacht aus einem Todesfolterungsgerät Kraft zufließt, wäre es möglicherweise eine gute Idee, mal professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Das ist keineswegs zynisch oder beleidigend, sondern ganz ernst gemeint.

Und nochmal: Bitte hören Sie auf, solchen Unsinn im öffentlich-rechtlichen Fernsehen auf Staats- und damit auch auf meine Kosten zu verkünden. Auch wenn es Ihnen vielleicht nicht bewusst ist: Es ist für klar denkende, nicht unter religiösen Wahnvorstellungen leidende Menschen wirklich nur schwer erträglich.

[…] In dieser Zuversicht wünsche ich Ihnen eine gute Nacht.

Welche Zuversicht? Und wieso diesmal nur eine gute und keine gesegnete Nacht? Was, meinen Sie, haben Sie mit Ihrer heutigen Verkündigung effektiv bewirkt für die Welt? Indem Sie Leuten erzählen, dass Sie sich zur Realitätsbewältigung in religiöse Scheinwelten flüchten?

Es liegt einzig an der Weltbevölkerung, ob es gelingt, die Welt noch für längere Zeit als einen geeigneten und angenehmen Wohnort für menschliches und anderes Leben zu gestalten und zu erhalten. Götter helfen nicht bei der Lösung.

Im Gegenteil: Der Glaube an Götter hält Menschen davon ab, reale Probleme mit realen Mitteln anzugehen. Und er bringt Menschen dazu, andere Menschen in ihrem vermeintlichen Auftrag und Namen zu töten. Die Bilanz von positiven zu negativen Auswirkungen religiöser Ideologien ist katastrophal.

*Die als Zitat gekennzeichneten Abschnitte stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten „Wort zum Sonntag“, der staatlich subventionierten und sonderprivilegierten christlichen Verkündigungssendung, die aufgrund von Verträgen zwischen der Kirche und dem Naziregime bis heute im öffentlich-rechtlichen Fernsehen ausgestrahlt werden muss.

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