wählerisch-sein: Art. 21 (1)

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Auf der Webseite wählerisch-sein.de betreibt das Evangelisch-Lutherische Landeskirchenamt Sachsens laut eigener Darstellung eine „Guerilla-Kampagne für mehr Wahlbeteiligung & Demokratie.“ 

Der Versuch, einigen Artikeln aus dem Grundgesetz irgendwie passend erscheinende Bibelzitate zuzuordnen legt allerdings eher die Vermutung nahe, dass es sich dabei um einen Versuch handelt, die Wahl dazu zu nutzen, die „Heilige Schrift“ noch als irgendwie relevant für die heutige Zeit darzustellen.

Art. 21 (1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben.

Wer ihn aber nicht kennt und getan hat, was Schläge verdient, wird wenig Schläge erleiden. Wem viel gegeben ist, bei dem wird man viel suchen; und wem viel anvertraut ist, von dem wird man umso mehr fordern. (Lk 12,48)

Auch dieser Bibelvers hat nichts mit diesem Grundgesetz-Artikel zu tun. Kein Wunder: Demokratie sucht man gerade in einer monotheistischen Religion wie dem Christentum vergebens.

Und auch deren Vertreter haben mit Demokratie nichts oder nicht viel am Hut. Ihre innere Ordnung entspricht keinen demokratischen Grundsätzen. Ganz zu schweigen von der Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie einer öffentlichen Rechenschaft über ihr unermessliches, zum großen Teil zusammengeraubtes Vermögen…

Aber die Kirche ist ja auch keine Partei. Auch wenn ihre Funktionäre immer wieder meinen, trotzdem mit „Wahrheiten“ aus ihrer religiös erweiterten Wirklichkeit zu politischen Themen beitragen zu können. Und zu müssen.

In der Bibelstelle geht es darum, dass die Höhe der Bestrafung eines Knechtes bei Fehlverhalten davon abhängig sein soll, ob dieser den Willen seines Herren kannte oder nicht. „Unwissenheit schützt vor Strafe nicht“ galt damals offenbar noch nicht.

Und umgekehrt wird niemand mehr „in Stücke gehauen“, was laut Bibel dem Knecht droht, wenn sein Herr ihn beim Müßiggang ertappt.

Diese Bibelstelle sollte vermutlich die Antwort auf die Frage sein, warum Menschen, die den Willen Gottes nicht kannten (zum Beispiel, weil sie nie von ihm gehört hatten) nicht direkt zu erschlagen seien.

Insofern mag das vielleicht eine Verbesserung gegenüber einer solchen Aufforderung im Alten Testament gewesen sein. Mit unseren heutigen Gesetzen hat das – einmal mehr – nichts zu tun.

Quellen

  • Quelle der Auszüge aus dem Grundgesetz: © Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland Stand: 23.12.2014
  • Quelle der als Zitat gekennzeichneten Bibelstellen: © Die Bibel nach Martin Luthers Übersetzung revidiert 2017
  • Quelle der kursiv gekennzeichneten, eingerückten Bibelzitate: Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift © 1980 Katholische Bibelanstalt, Stuttgart.
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