Kurzfilmtipp von katholisch.de: Rúbaí

Lesezeit: ~ 7 Min.

Das katholische Nachrichtenportal katholisch.de präsentiert in seiner Videosammlung den irischen Film Rúbaí als Kurzfilm des Monats.

Der knapp 12 Minuten lange Film aus dem Jahr 2013 erzählt in wenigen Szenen und in gälischer Sprache von Rúbaí, einem 8jährigen Mädchen. Rúbaí überrascht ihren Religionslehrer und auch ihre Mutter, indem sie sich als Atheistin outet und die Teilnahme an der Erstkommunion ablehnt.

katholisch.de über Rúbaí

Interessant ist nun, wie katholisch.de den Film beschreibt:

Das Mädchen Rubai weigert sich, ihre erste Hl. Kommunion zu empfangen. Sie neigt in ihrem kindlichen Trotz eher zum Darwinismus und behauptet, Atheistin zu sein.

Ein köstlicher Kurzspielfilm über ein widerspenstiges Mädchen, verzweifelte Lehrer, überforderte Pfarrer, eine einfühlsame Mama und die großen Fragen der Menschheit. (Quelle: katholisch.de)

Was katholisch.de einem „kindlichen Trotz“ zuschreibt, ist in Wirklichkeit einfach nur eine rationale, skeptische Weltsicht, die das Mädchen (mitunter kurzfilmtypisch überzeichnet) vertritt.

Rúbaí konfrontiert ihren Religionslehrer mit der Absurdität seiner christlichen Lehre: Nein, Gott füllt die Menschen nicht wie von ihm behauptet mit Friede und Harmonie. Nein, Gott existiert nicht.

Der Lehrer ist genervt von Rúbaís Einwänden. Erwartungsgemäß hat er den Richtigstellungen nicht mehr entgegenzusetzen als ein altbekanntes „argumentum ad populum:“ Gott sei überall und jeder wisse das. Seine diesbezügliche Nachfrage an die Klasse bleibt unbeantwortet, ein Mädchen im Hintergrund schüttelt zaghaft den Kopf.

Als Rúbaí den Lehrer fragt, wo Gott jetzt sei und ob der Lehrer beweisen könne, dass es ihn gibt, entfährt diesem lediglich ein gemurmeltes Stoßgebet.

Die Mutter soll Rúbaí zum Glauben bewegen

Screenshot: Rúbaí auf katholisch.de
Screenshot: Rúbaí auf katholisch.de

Statt die berechtigte Frage zu beantworten (oder die Unbeantwortbarkeit ehrlicherweise einzugestehen), besucht der Religionslehrer die Mutter von Rúbaí. Und redet ihr ins Gewissen. Rúbaí störe die Klasse und damit den Unterricht mit ihrem Nonsens.

Vor Schreck lässt Rúbaí, die gerade zur Tür hereingekommen ist, ein Glas fallen, in dem sie Regenwürmer gesammelt hatte.

Die Mutter versucht daraufhin, ihre Tochter von der Existenz Gottes zu überzeugen. Ob sie denn beim Shopping nicht die vielen Diamanten in dem Diadem gesehen hätte. Das sei ja wohl Gottesbeweis genug.

Doch Rúbaí liest lieber Charles Darwin (dessen Werk im Film mit „rEevolution“ betitelt ist). Und versenkt ihren Rosenkranz in ihrem Aquarium. Wie sich später herausstellt, dürfte dies Rúbaís Versuch symbolisiert haben, mit dem sie die Wirksamkeit von Gottvertrauen ein letztes Mal prüfen wollte.

In seiner Not holt der Lehrer den Pfarrer zu Hilfe. Auch ihm erklärt Rúbaí, dass sie Atheistin sei. Das sei doch Blödsinn, entgegnet der Pfarrer. „Gott…, das ist Blödsinn. Denn es gibt gar keinen Gott.“, kontert Rúbaí mit gleicher Wortwahl.

Sofort bittet der Pfarrer den Schöpfer um Vergebung für diese Blasphemie. Doch Rúbaí ergänzt: „Er hat uns auch niemals geschaffen.“ Auf die Frage, ob sie denn nicht ihr Religionsbuch gelesen habe, fragt Rúbaí den Kirchenmann, ob er nicht Charles Darwin gelesen habe. Denn das ergebe schon eher einen Sinn. Der Pfarrer schluckt und schweigt.

„Ich sage nur die Wahrheit“

Und wieder wird die Mutter informiert, die ihrer Tochter daraufhin ihr Verhalten vorwirft. „Ich sage nur die Wahrheit“, antwortet Rúbaí wahrheitsgemäß.

Nachdem die Mutter einsieht, dass ihre Tochter tatsächlich keinen Wert auf die Teilnahme an der christlichen rituell-kannibalistischen Zeremonie legt, versucht sie, ihr das Fest anders schmackhaft zu machen: Das viele Geld, das wunderschöne Kleid… Wie Papas kleine Prinzessin würde sie aussehen.

Zu diesem Zeitpunkt ahnt man bereits, dass der Vater offenbar erst kürzlich gestorben ist. Dem Religionslehrer gegenüber hatte die Mutter das Verhalten ihrer Tochter nämlich auch mit der schweren Zeit erklärt, die sie ja gerade durchmache.

Und schließlich nutzt die Mutter noch ein Scheinargument, das heute wohl für den größten Teil der Teilnahmen an Erstkommunionen sein dürfte: „Deine Mitschüler gehen… und du gehst gefällig auch. Das wär ja noch schöner.“

Während die Mutter auf das Kind einredet, beobachtet die Tochter eine kleine Spinne am Fenster. Die Mutter, von katholisch.de als „einfühlsame Mama“ bezeichnet, erschlägt die Spinne symbolträchtig mit einer irischen Bibel.

Psychischer und physischer Druck

Und auch in der nun folgenden Szene setzt sich die Religion mit Gewalt über den erklärten Willen von Rúbaí hinweg. Der Religionslehrer übt mit der Klasse die Erstkommunion. Als Rúbaí den Mund nicht öffnet, um die Übungs-Backoblate anzunehmen, setzt sie der Religionslehrer unter Druck: „Rúbaí, hat deine Mutter das etwa verdient? Na?“

Und – zack – hat ihr der Religionslehrer das Leib-Christi-Imitat-Imitat auf die sichtlich unfreiwillig herausgestreckte Zungenspitze des Kindes gepappt.

Als der Tag der Erstkommunion gekommen ist und Rúbaí schon ihr weißes Kleid und Diadem trägt, sieht sie, dass ihr Goldfisch im Aquarium mit dem Rosenkranz gestorben ist.

Mit einem „wusste ich’s doch“ (gemeint: „…dass der Glaube, symbolisiert durch den Rosenkranz auch den Tod des Goldfisches nicht verhindert“) packt sie den toten Fisch in ihr weißes Erstkommunionstäschchen, rennt auf den Friedhof und bestattet den Fisch auf dem noch frischen Grab ihres Vaters. Diesem erklärt sie, dass sie ihm auch Würmer hatte mitbringen wollen, dass aber das Glas zerbrochen sei.

Weiter erzählt das Mädchen dem toten Vater, dass sie Streit mit ihrer Mutter habe. Auch verrät Rúbaí, dass sie sehr viel und lang gebetet habe, damit es dem Vater wieder besser gehe. Ein Gebet, das offensichtlich nicht im Sinne der Beterin erhört worden war. Und damit legt der Film auch einen möglichen Grund für Rúbaís Befreiung vom religiösen Glauben nahe.

Der Glaube wird beerdigt

Die Mutter kommt weinend dazu, nimmt Rúbaí behutsam das Diadem ab und gibt es ihrer Tochter, die es mit Zustimmung der Mutter aufs Grab legt. So tragen beide ihren Glauben symbolisch zu Grabe.

In einer Arbeitshilfe, die das katholische Filmwerk zum Film anbietet, versucht man, diese Situation zu entschärfen; das Diadem könne ja auch als Geschenk für den Vater gemeint sein. Dagegen spricht jedoch, dass die Mutter in einer früheren Szene ja die Diamanten im Diadem als Gottesbeweis angeführt hatte.

In der Schlussszene sieht man nochmal die Schulklasse. Der Lehrer gibt jetzt Matheunterricht. Und stellt den Kindern die Sachaufgabe: „Und, wenn noch 16 Krähen im Baum sitzen, und der Farmer 4 abschießt, wie viele sitzen noch da?“

Rúbaí meldet sich und sagt die richtige Antwort: „Keine.“ Diese Antwort lässt der Lehrer nicht gelten. Aber Rúbaí kann ihre Antwort erwartungsgemäß gut begründen…

Mein Fazit

Um eine solche Geschichte in etwas mehr als 10 Minuten erzählen zu können, sind gewisse Überzeichnungen unvermeidbar. Und so erfüllen auch die Protagonisten in „Rúbaí“ alle möglichen Klischees. So wird dem Zuschauer ohne viele Worte und lange Erklärung klar, worum es geht.

Was mir zunächst nicht klar war: Warum präsentiert katholisch.de diesen Film als „Kurzfilm des Monats“ auf seiner Webseite? Und wie kommt katholisch.de zu der Einschätzung, es handele sich um einen „köstlichen Kurzspielfilm“ über ein „widerspenstiges Mädchen“?

Auch wenn ich über die Antworten und entlarvenden Fragen von Rúbaí schmunzeln musste, so ist die Ausgangssituation im Grunde jedoch erstmal traurig. Das Mädchen hatte gerade seinen Vater verloren. Obwohl es viel und lang dafür gebetet hatte, dass er wieder gesund wird.

Rúbaí hat die Gottesfiktion und das ganze selbstgerechte Autoritäts-Brimborium drumherum als Täuschung durchschaut. Und sie hat offenbar auch ein natürliches, nicht religiös verkrampftes Verhältnis zum Tod.

„Köstlicher Kurzspielfilm“?

Was den Film alles andere als „köstlich“ macht, ist die Darstellung der Kirchenvertreter: Ungültige Autoritätsargumente wie ad populum („alle wissen das…“) und ad verecundiam, („Hast du dein Religionsbuch nicht gelesen?“), bis zum Beweis des Gegenteils falsche Behauptungen („Schöpfer“, „Gott ist überall“) oder gar keine Antwort, psychischer Druck („Hat deine Mutter das etwa verdient?“, „Papas kleine Prinzessin…“), physischer Druck („Mach den Mund auf“) – alles in allem eine Bankrotterklärung der christlichen Lehre und deren Vertreter.

Diese Aspekte werden auf katholisch.de unter dem Stichwort „verzweifelte Lehrer, überforderte Pfarrer“ subsumiert. Außerdem gehe es im Film um die „großen Fragen der Menschheit.“ Nun hätte es die katholische Kirche natürlich sicher gerne, wenn die Frage nach ihrem Wüstengott zu den großen Fragen der Menschheit gehören würde.

Außerhalb der christlichen Mythologie ist die Frage nach diesem Gott schnell und einfach beantwortet: Einen Gott mit diesen Eigenschaften, wie ihn der Christengott haben soll, gibts außerhalb menschlicher Phantasie nicht.

Bis zum Beweis des Gegenteils ist es nicht nur un-, sondern höchst widersinnig, so zu tun, als gäbe es dieses oder sonst irgendwelche übernatürlichen Wesen. Über etwas, das sich per Definition der menschlichen Erkenntnis entzieht, lässt sich redlicherweise nichts sagen. Nur fabulieren.

Wenn mit „große Frage“ das Thema Leben und Tod gemeint sein soll: Hier deckt der Film sehr deutlich auf, dass die christliche Lehre eben keinen einzigen sinnvollen Beitrag leisten kann.

Im Gegenteil: Nachdem Rúbaí das Diamant-Diadem und damit symbolisch den Glauben abgelegt hat, wirkt sie in der nächsten Szene heiter und ausgeglichen.

Bestenfalls kulturelle Tradition

Wie hoffnungslos und unrettbar bröckelig das Fundament der christlichen Lehre ist, stellt dieser Kurzfilm dar. Die Vertreter dieser Lehre können sich nur blamieren. Was wollen sie auch schon antworten?

Allerdings wird es kaum die unfreiwillige Komik der Religionsvertreter sein, die dem Film das Attribut „köstlich“ von katholisch.de einbringt.

In der schon erwähnten Arbeitshilfe, die begleitend zum Film vom katholischen Filmwerk als PDF bereitgestellt wird, kommt deren Verfasser Franz Günther Weyrich zu diesem Schluss:

[…] So unterschiedlich die Reaktionen auch sind, sie haben eines gemeinsam: auf Rubais Einwände und Fragen geht niemand von ihnen ein. So findet auch keine Auseinandersetzung statt, ihre Verweigerung wird nicht hinterfragt, sondern autoritativ abgewehrt. Damit zeigt der Film die katholische Gesellschaft und Kultur seines Landes, des „katholischen Irlands“, das aber zunehmend diesen Katholizismus bestenfalls als kulturelle Tradition und nicht mehr als lebensorientierende Glaubenspraxis versteht, der Glaube selbst sich mehr und mehr verflüchtigt und sich nur in sinnentleerten Ritualen spiegelt und ist dabei ein Beispiel für Entwicklungen auch in anderen westlichen bzw. christlich vorgeprägten Ländern. (Quelle: Franz Günther Weyrich: PDF Arbeitshilfe zu Rubai / Katholisches Filmwerk GmbH)

Umgemünzte Glaubenskritik

Nun wird schon klarer, warum die katholische Kirche diesen Film präsentiert: Rúbaís Kritik gilt ja den grundsätzlichen katholischen Glaubensdogmen. Statt auf die Absurdität und Unhaltbarkeit dieser Glaubensinhalte einzugehen, nutzen katholisch.de und auch Herr Weyrich die im Film gezeigten Glaubensvertreter als Strohmänner.

Diese sind schon fast karikaturistisch so stark überzeichnet, dass man ihnen die Glaubenskritik problemlos als persönliche Kritik unterschieben kann, sodass das heilige Sakrament der Eucharistie keinen Schaden nimmt. Da ist dann eben der Pfarrer verzweifelt und der Lehrer überfordert.

Und sicherheitshalber weitet Herr Weyrich die umgemünzte Glaubenskritik in seiner Interpretation noch auf „die katholische Gesellschaft und Kultur seines [des Films, Anm. von mir] Landes, des „katholischen Irlands“ aus. Ja ja, so sind sie, die Iren. Eben keine wahren Schotten.

An der Absurdität des Glaubens selbst kann es jedenfalls nicht liegen, dass dieser sich verflüchtigt.

Kindlicher Trotz als Grund für Atheismus

Ein weiterer Grund, warum die katholische Kirche diesen Film nicht verschweigt, sondern ihn zum „Kurzfilm des Monats“ kürt: Die kritisch-skeptische Haltung des 8jährigen Kindes lässt sich recht einfach auf dessen „Widerspenstigkeit“schieben.

Kindlicher Trotz sei der Grund dafür, dass Rúbaí „eher zum Darwinismus“ neige „und behauptet, Atheistin zu sein.“

Anders als die von katholisch.de gewählte Formulierung suggeriert, beruht der Atheismus von Rúbaís eben nicht auf einer Behauptung.  Sondern auf ihrer Erkenntnis, gewonnen durch Beobachtung und kritisch-rationales Denken.

Suggestivfragen für den Religionsunterricht

Die bereits erwähnte Arbeitshilfe beinhaltet auch Vorschläge für Fragen, die im Zusammenhang mit diesem Kurzfilm im Religionsunterricht erörtert werden können, zum Beispiel:

  • Würdest du Rubai „altklug“ nennen?
  • Nach der Szene am Grab schneidet der Regisseur zu der Szene, in der Rubai sehr entspannt, fast fröhlich in der Klasse zu sitzen scheint. Wie würdet du diesen Stimmungswechsel erklären?
  • Ist Rubai ein glückliches Mädchen?
  • Muss man glauben?
  • Glaubt auch Rubai an etwas?
  • […] „Glaubt“ Rubai auch an etwas?
    (Quelle: Franz Günther Weyrich: PDF Arbeitshilfe zu Rubai / Katholisches Filmwerk GmbH)

Ich fände es mal interessant zu erfahren, welche Antworten das katholische Lehrpersonal hier als Bestätigung des Erfolges seiner Bemühungen werten würde.

Im PDF finden sich auch die deutschen Untertitel. Auf Youtube ist der Film nur mit englischen Untertiteln verfügbar:

Rúbaí (OmU)
Irland 2013
Kurzspielfilm, 12 min.
Regie: Louise Ni Fhiannachta
Produktion: Magamedia Teo

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