Vielen Dank!? – Das Wort zum Wort zum Sonntag zum Thema Teilen

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Vielen Dank!? – Das Wort zum Wort zum Sonntag, gesprochen von Christian Rommert (ev.) zum Thema Teilen, veröffentlicht am 06.10.2018 von ARD/daserste.de

Pünktlich zum Erntedankfest, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer, pünktlich zum Erntedankfest fragen sich viele: Wofür nur sollen wir uns bedanken?*

Was man sich, gerade als Erntedankfest feiernder Christ ebenfalls und vorrangig mal fragen sollte: Bei wem nur sollen wir uns bedanken?

Für viele geht ein desaströses Jahr zu Ende. Miese Ernten und schlechte Erträge beim Getreideanbau. […]

In der Tat: Wohl und Wehe sind keineswegs gleich bzw. gerecht verteilt. Hätte der biblisch-christliche (oder irgendein anderer) Gott diese Welt erschaffen, er müsste sich entweder Flickschusterei vorwerfen lassen. Dann wäre er kaum als allmächtig zu bezeichnen. Oder Gleichgültigkeit, falls es ihm egal ist. Als Sadist wäre er zu bezeichnen, wenn der zwar in der Lage gewesen wäre, die Welt gerechter, friedlicher und fairer zu gestalten – und dies aber absichtlich nicht getan hat.

Die ebenso nahe liegende wie bis zum Beweis des Gegenteils redliche und richtige Antwort: Die Erde wurde nicht von einem magischen Himmelswesen erschaffen. Auch der biblisch-christliche Schöpfergott beruht auf Unwissenheit, Angst und dem Wunsch, eine Erklärung für das täglich beobachtbare irdische Geschehen zu haben. Ein Geschehen, das nun mal so gar nicht danach aussieht, als habe es ein allgnädiger Allmächtiger erschaffen.

Wer sorgt für Gerechtigkeit?

Die Winzer, die wissen es: Sie erwarten einen großartigen Jahrgang. Auch Obstbauern und Gärtner: Äpfel und Pflaumen gibt es reichlich. Die Schwimmbäder sind dankbar für den Jahrhundertsommer. Die Hotels an Nord- und Ostsee auch. Was macht man also, wenn es der einen gut und dem anderen schlecht geht?

Zunächst sollte man sich erstmal eine Weltsicht zulegen, die möglichst mit der irdischen natürlichen Wirklichkeit kompatibel ist. Als gläubiger Mensch sollte man sich dazu von seiner Gottesvorstellung, die fast immer die gleiche ist wie die der Eltern befreien.

Wer die Illusion, es gäbe da irgendein höheres Wesen, dessen „Wege“ bei Bedarf als unergründlich entschuldigt werden, das irgendeinen bestimmten Plan verfolge und das irgendwann für eine globale ausgleichende Gerechtigkeit sorgen würde erstmal aufgegeben hat, ist schon einen großen Schritt weiter.

Dann gilt es, das auf dieser Göttermythologie basierende dualistische Gut-Böse-Schema kritisch zu hinterfragen. Hierfür empfehle ich das Buch „Jenseits von Gut und Böse – warum wir ohne Moral die besseren Menschen sind“ von Michael Schmidt-Salomon.

Im nächsten Schritt kann man anfangen, rational und vernünftig darüber nachzudenken, inwieweit man selbst dazu beitragen kann, das Zusammenleben der Individuen auf diesem Planet gerechter, fairer, friedlicher zu gestalten.

Nachgespielte Speiseopferzeremonie

In vielen Kirchen steht morgen ein reich gedeckter Erntedanktisch. Menschen bringen das, was sie geerntet haben, zum Altar. Immer noch. Seit Jahrhunderten.

Ein schönes Beispiel dafür, wie traditionell-folkloristische Gebräuche und Riten den ursprünglich zugrunde liegenden Kult um viele Generationen überleben können. Schließlich sind unsere Wochentage ja auch nach Göttern benannt. Obwohl zum Beispiel Mars oder Donar heute nur noch von einer verschwindend geringen Anzahl an Menschen als Gottheiten verehrt werden.

Viele Menschen feiern noch heute christlich verkleidete heidnische Bräuche. Wie zum Beispiel Weihnachten. Oder Ostern. Und wieder andere halten es offenbar auch 2018 noch für sinnvoll, einem Gott im Herbst zu danken. Ob die Ernte gut oder schlecht ausgefallen ist, spielt dabei heute keine Rolle mehr.

Wahrscheinlich schon seit sich Menschen Götter ausgedacht haben, hatten sie auch das Bedürfnis, diesen für eine gute Ernte zu danken. Oder natürlich, im Falle einer Missernte, einen Schuldigen dafür zu suchen bzw. ihre Gebete zu intensivieren.

Klar: Sie waren nicht nur von der Existenz ihrer jeweiligen Götter überzeugt. Sondern auch davon, dass diese Götter es seien, die sie mit einer reichen Ernte belohnen. Oder eben mit einer Missernte bestrafen.

Auch klar: Diesen Menschen kann man keinen Vorwurf machen. Sie wussten es einfach nicht besser. Anders als wir Menschen im 21. Jahrhundert.

…nur noch eine Ahnung…

Eine Ahnung, dass wir abhängig sind von der Natur, auch wenn wir noch so viel Maschinen und Dünger einsetzen.

Von den dramatischen Konsequenzen, die sich Priester in früheren Zeiten als Reaktion auf eine Missernte ausgedacht hatten, ist heute nur noch eine „Ahnung, dass wir abhängig sind von der Natur“ geblieben.

Wohl kaum noch ein Pfarrer wird sich heute noch vor eine Fernsehkamera stellen und seinen Kunden vorwerfen, die Missernte sei jetzt Gottes gerechte Strafe dafür, dass sie zu wenig zu ihm gebetet oder zu wenig auf ihn vertraut haben.

Wobei es freilich auch solche und auch heute noch gibt. Da wird die Verwüstung einer ganzen Region durch einen Wirbelsturm schon mal als Gottes Antwort auf das Vorhandensein von (ganz natürlicher, bei vielen Spezies vorhandener und von ihm offenbar so geschöpfter) Homosexualität ausgegeben.

Während vom biblisch-christlichen Bestrafungs-Belohnungskonzept im Mainstreamchristentum heute praktisch ausschließlich nur noch das göttliche Belohnungsversprechen existiert, verurteilen fundamentalistische Christen all jene scharf, die die inhumane, grausame und brutale Seite ihrer zumindest dem Namen nach gemeinsamen Gottesvorstellung unter den Altarteppich kehren.

Dank an Gott – für nichts

Und ein Dank an Gott, weil wir wissen, dass wir in unserem Leben vieles auch ohne Zutun geschenkt bekommen.

Danke, Jesus...Was für eine hochgradig absurde Vorstellung: Einem Gott, der ganz offensichtlich nicht willens oder in der Lage war, eine gerechtere, weniger leidvolle Welt als diese zu schaffen, zu danken, wenn man etwas ohne eigenes Zutun geschenkt bekommt. Wer dies für sinnvoll hält, der müsste ja davon ausgehen, dass dieser Gott hin und wieder mal kleine Geschenke verteilt.

Während er zum Beispiel Winzern dieses Jahr (lustigerweise Gläubigen genauso wie Glaubensfreien oder Andersgläubigen) eine reiche Ernte beschert, verhungern trotzdem tagtäglich hunderte Kinder. Und weltweit müssen Menschen unmenschliches Leid ertragen. Ebenfalls unabhängig davon, ob bzw. welche Götter sie verehren.

Auch hier ist die Antwort wieder so nahe liegend wie einfach: Ein angeblich sowieso allmächtiges allgnädiges allwissendes Wesen um irgendetwas zu bitten oder ihm für irgendetwas zu danken, ist bei Licht betrachtet nicht nur Unsinn. Sondern sogar widersinnig.

Und selbst wenn entgegen jeglicher heutigen Erkenntnis tatsächlich ein höheres Wesen aus welchen Gründen auch immer manchen Menschen Geschenke macht, während es zeitgleich Andere qualvoll verhungern oder Schmerzen leiden lässt: Das Verhalten der Menschen scheint damit in keinerlei Zusammenhang zu stehen. Auch nicht das Verhältnis zwischen den Betroffenen und diesem Gott.

Teilen, teilen, das macht Spaß…

In meiner Kirche gibt es außerdem noch die Tradition, dass sich hinterher jede und jeder am Erntedanktisch bedienen kann. Wir teilen die Möhren, Äpfel und Kohlrabis.

Das halte ich für eine sehr gute Idee. Hierfür braucht es keine Magie, keine Götter – nur Menschen, die sich mitmenschlich verhalten. Oder die froh sind, dass sie hier ihre Kohlrabis gegen Äpfel eintauschen können 🙂 Danken können sie sich dann gegenseitig.

Dieses gemeinsame Teilen am Erntedanktisch – ein winzig kleines Zeichen, na klar. Eine Utopie. Ist es deshalb falsch? Wenn wir zusammenlegen, haben alle etwas davon und können sich freuen.

Wer sagt denn, dass das falsch ist? Hier stellt sich die Frage, ob die Leute ihre Ernte untereinander tauschen, oder ob jemand seine Ernte verschenkt. Denn Tauschgeschäfte kommen zwar ohne Geld aus, sind aber letztlich trotzdem Geschäfte: Beide Seiten haben einen Nutzen. Ein Geben und Nehmen. Dagegen ist natürlich nichts einzuwenden.

Genauso wenig ist dagegen einzuwenden, dass jemand sein Obst und Gemüse verschenkt. Solange er nicht darauf angewiesen ist, damit seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Denn von „sich freuen“ ist der Tisch eben auch noch nicht gedeckt. Ob ein Geschäft ein Tausch- oder ein Geldgeschäft ist, macht im Grunde keinen Unterschied.

Prinzip Eigennutz

In diesem Zusammenhang halte ich den Begriff „Eigennutz“ für erwähnenswert. Ein Obstbauer beispielsweise verdient sein Geld damit, dass er Obst produziert und verkauft. Zu seinem eigenen Nutzen. Auch der Bäcker backt seine Brötchen nicht zum Spaß. Oder um sie mit anderen zu teilen.

Wenn im Idealfall alle faire Preise für ihre Produkte und Dienstleistungen erhalten, entsteht ein fairer und funktionierender Wirtschaftskreislauf.

Problematisch wird es, sobald aus Eigennutz Egoismus wird. Denn Egoismus bedeutet, die eigenen Interessen über die Interessen Anderer zu stellen bzw. die Interessen Anderer zu ignorieren oder diese auszunutzen.

Über das Thema Eigennutz habe ich bereits mehrere Beiträge verfasst, zum Beispiel diesen.

Alle, die gläubig geworden waren – alle anderen nicht

Ich habe die ersten Christen als Vorbild: Was mich an ihnen begeistert, ist die Tatsache, dass sie Pechvögel und Erfolgstypen, Arme und Reiche ganz anders betrachteten als wir. Von den ersten Christen in Jerusalem heißt es: „Alle aber, die gläubig geworden waren, waren beieinander und hatten alle Dinge gemeinsam.“

Die Narrative von der urchristlichen Gemeinde werden immer wieder gerne hervorgekramt, wenn es darum geht, dem Christentum einen dank Gemeineigentum fast schon kommunistischen Anstrich zu verpassen.

Dabei wird gerne übersehen, dass sich dieses gemeinschaftsorientierte Handeln ausschließlich auf die scharf abgegrenzte Schar der Glaubensbrüder und -schwestern bezieht:

  • Petrus sprach zu ihnen: Tut Buße, und jeder von euch lasse sich taufen auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung eurer Sünden, so werdet ihr empfangen die Gabe des Heiligen Geistes. Denn euch und euren Kindern gilt diese Verheißung und allen, die fern sind, so viele der Herr, unser Gott, herzurufen wird. Noch mit vielen andern Worten bezeugte er das und ermahnte sie und sprach: Lasst euch erretten aus diesem verkehrten Geschlecht!
    Die nun sein Wort annahmen, ließen sich taufen; und an diesem Tage wurden hinzugefügt etwa dreitausend Menschen. (Apostelgeschichte 2,41 LUT)

Mitchristen ≠ Mit-Menschen

Und deshalb ist auch die nun folgende Rommertsche Bedeutungserweiterung eben nicht zutreffend:

In dieser Gemeinschaft waren Arme mehr als Almosenempfänger. Sie waren Mitchristen, Mit-Menschen.

In dieser Gemeinschaft waren nur Mitchristen. Denn das Christsein war es, was diese Gemeinschaft ausmachte. Teil der Gemeinschaft wurde man, indem man sich „aus diesem verkehrten Geschlecht“ durch Taufe „erretten“ ließ. Einfach nur Mitmensch (=fern) zu sein, reichte eben ausdrücklich nicht. Man musste schon erst von Gott „herzugerufen“ werden, um etwa in den Genuss kollektiver Güterverteilung kommen zu können.

An diesem Umstand hat sich bis heute praktisch nichts geändert. Denn bis heute hat das barmherzige Engagement christlicher Institutionen immer das übergeordnete Ziel, Menschen für den Glauben zu gewinnen. Auch wenn zum Glück immer weniger Kirchenangestellte ihren Missionsauftrag noch so ernst nehmen, wie sie es eigentlich sollten. Die teilen lieber Obst, Gemüse oder Zeit als die biblisch-christliche Lehre.

…ausgerechnet die Kirche…

Und Reiche waren nicht nur Glückpilze, die aufgefordert werden mussten, etwas abzugeben. Auch sie waren Mit-Menschen. Und der eigentliche Gewinn war das Mit-Einander, die Gemeinschaft.

TeilenOben Geschriebenes gilt auch hier: Mit-Mensch zu sein, reichte nicht aus. Mit-Christ musste man sein. So berichtet es jedenfalls die biblische Legende.

Interessant in diesem Zusammenhang finde ich auch die krasse Diskrepanz zwischen frühchristlichen Gerechtigkeitsgeschichten und dem Verhalten der Kirche, die sich ja auf diese Legenden beruft. Zumindest die katholische Kirche ist ein Milliardenkonzern, der über die meisten DAX-Konzerne nur müde lächeln kann.

Während immer mehr Milliardäre – unabhängig von ihrer Weltanschauung – tatsächlich nicht aufgefordert werden müssen, mehr als die Hälfte ihres Vermögens für humanitäre Zwecke zu spenden, ist ausgerechnet die Kirche Weltmeisterin darin, ihren Milliardenreichtum unter dem fadenscheinigen Deckmäntelchen der Heiligkeit und Barmherzigkeit zu horten und zu mehren.

Hier stimmt einmal mehr die Predigt nicht mit dem eigenen Verhalten überein. Wer Andere zum Teilen auffordert ohne dies selbst zu praktizieren, ist unglaubwürdig. Dies bezeichnet man als Heuchlerei oder auch Bigotterie.

Gerade hat der Münchner Kardinal Marx der privaten Seenotrettung 50.000 € gespendet. „Ein starkes Zeichen“, sagen da manche. Und natürlich freut sich auch die Seenotrettung über jegliche Unterstützung.

„Ein Witz“, sagen andere. Die diese, für sich genommen zwar hohe, im Vergleich zum Milliardenbesitz des mit 6,3 Milliarden Euro reichsten Bistums Deutschlands  jedoch lächerlich geringe Summe sehen. Der Verdacht liegt nahe, dass es hier in erster Linie darum geht, das gerade arg ramponierte Image der Kirche aufzupolieren. Denn natürlich musste die Kirche diese Spende werbewirksam mit den Medien teilen.

Die Kirche selbst ist der beste Beweis für die Untauglichkeit ihrer eigenen Lehre als Grundlage für verbindliche ethische Standards. Und das betrifft beiweitem nicht nur den Finanzbereich.

Das ist nicht einfach?

Ist dieser Traum zu groß? Begegnung. Beziehung. Gemeinsam Essen. Gemeinsam genießen. Arm und Reich. Alt und Jung. Ost und West. Das ist nicht einfach.

Doch, das ist im Grunde sogar sehr einfach. Es ist menschlich. Die Frage ist, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit Menschen so leben können. Oder andersherum: Was Menschen davon abhält oder daran hindert, sich so zu verhalten. Hierfür kommen viele verschiedene Faktoren in Betracht. Zum Beispiel: Angst und Ungewissheit, Neid und Missgunst…

Auch Religionen (und hier besonders die monotheistischen Versionen) sind geeignet, Menschen zu spalten. Die Unterscheidung in „Wir, die Zugehörigen, die Auserwählten, die Guten, die, die dereinst erlöst werden“ und „Alle Anderen, die Nicht-Zugehörigen, die Bösen, die, die dereinst von Gott für ihren Un- oder Andersglauben dauerbestraft werden“ ist ein, wenn nicht der zentrale Bestandteil der biblisch-christlichen Lehre.

Wer jetzt von dieser zu einer mitmenschlichen, humanitären und fairen Einstellung kommen möchte, muss diesen Aspekt der biblisch-christlichen Lehre entweder ignorieren. Oder ihn irgendwie passend umbiegen. Da werden dann zum Beispiel einfach mal die biblischen Anweisungen, die nur für die Zugehörigen der Glaubensgemeinschaft galten, auf die ganze Menschheit ausgedehnt.

Der Haken dabei: Alle Anweisungen vom biblischen Jesus und seinen biblischen Nachfolgern setzen immer die Unterwerfung unter den biblisch-christlichen Gott voraus. Das ist das Kriterium, an dem sich entscheidet, ob jemand dazugehört.  Oder eben nicht. Erst taufen, dann teilen.

Unsere Tendenz?

Einfacher wäre: Jeder bringt seine Früchte zum Altar und packt sie hinterher wieder ein. War ja schließlich meine Arbeit! Das ist eigentlich unsere Tendenz. Jeder für sich. Warum also Teilen? Damit alles nicht noch mehr auseinander driftet.

Statt auf die gerade in den letzten Jahren zahlreich entstandenen Initiativen, Lebensmittel oder andere Güter zu teilen hinzuweisen, erklärt Herr Rommert Egoismus zu „unserer Tendenz.“ Verständlich: Längst nicht alle diese Initiativen haben einen kirchlichen Ursprung. Und schließlich will er ja sein Erntedankfest als positives Beispiel hervorheben.

Natürlich ist nichts dagegen einzuwenden, Zeit und Dinge miteinander zu teilen. Wie schon geschrieben: Das Nachspielen eines Speiseopferrituals kann man sich dabei sparen. Der biblisch-christliche Gott ist allwissend. Der weiß, wie die Ernte ausgefallen ist. Und alle vergangenen und zukünftigen Ernten.

Man kann also seine Früchte mit anderen teilen, ohne vorher so zu tun, als bringe man sie einem Gott als Speiseopfer dar. Um sie ihm dann wieder wegzunehmen und mit anderen zu teilen. Auch das Teilen dient übrigens dem Eigennutz: Derjenige, der seine Ernte verschenkt, bekommt zwar keinen materiellen Gegenwert. Dafür aber das gute Gefühl, sich mitmenschlich verhalten zu haben.

Was tatsächlich hilft

Während manche Leute noch ihre Zeit damit verbringen, ein magisches Himmelswesen zu verehren, kümmern sich derweil andere Leute darum zu erforschen, wie die Welt als geeigneter Lebensraum erhalten und wie das Miteinander fairer gestaltet werden kann.

Gerade eben wurden zwei Wissenschaftler für ihre diesbezügliche Arbeit mit dem diesjährigen Wirtschafts-Nobelpreis ausgezeichnet:

  • Die Königlich-Schwedische Wissenschaftsakademie in Stockholm hat entschieden: William Nordhaus und Paul Romer werden mit dem Nobelpreis für Wirtschaft ausgezeichnet. Die beiden US-Ökonomen beschäftigen sich mit der Frage, welche ökonomischen Auswirkungen Klimawandel und technische Innovationen haben. Sie hätten Modelle konstruiert, „die erklären, wie die Marktwirtschaft mit Natur und Wissen interagiert“, begründete die Akademie die Vergabe. Ihre Forschung habe erheblich zu einem besseren Verständnis von nachhaltigem Wirtschaftswachstum im Zusammenhang mit Klimawandel und technischem Fortschritt beigetragen. (Quelle: spiegel.de)

Dies ist freilich nur ein Beispiel von vielen, wie Menschen sinnvoll und effektiv dazu beitragen, die Zukunft positiv zu gestalten. Weitere Menschen, die sich in verschiedensten Bereichen um das Wohlergehen der Weltbevölkerung verdient gemacht haben, stellt Steven Pinker in seinem gerade erschienenen und sehr lesenswerten Buch „Aufklärung jetzt – Für Vernunft, Wissenschaft, Humanismus und Fortschritt – Eine Verteidigung“ vor.

Religiöse Mythologie und Phantasie sind nicht geeignet, den Herausforderungen an die Menschheit im 21. Jahrhundert auch nur ansatzweise sinnvoll zu begegnen. Außer, man interpretiert die biblische Aussage als: „Du sollst dich fair verhalten“ und lässt alles andere weg. Dann kann man aber die Religion auch gleich ganz weglassen. Und der Mitmenschen wegen zum Beispiel mit anderen Menschen teilen. Ohne dabei auf göttliche Belohnung zu hoffen.

Zurück zum Thema: Eine ausführliche Beschreibung der vielen Bestrebungen und Aktionen, mit denen Menschen diese Welt effektiv und wirksam zu einer besseren, gerechteren und gesünderen Welt machen, würde den Rahmen dieses Beitrages sprengen. Fest steht:

Diesen Menschen gebührt Dank.

Und keinen bis zum Beweis des Gegenteils nicht existenten, zumindest aber untätigen und/oder sadistisch veranlagten Göttern.

Denn diese Menschen haben durch wissenschaftliche Arbeit dazu beigetragen, dass zum Beispiel Krankheiten eingedämmt oder ganz beseitigt werden konnten. Oder auch, dass durch Züchtung von ertragreichen Sorten der Nahrungsmangel heute weltweit einen Tiefststand vorzuweisen hat (auch wenn es hier freilich immernoch viel zu tun gibt).

Wie etwa der Forscher Norman Borlaug. Dessen Arbeit Afrika, aber auch Länder auf anderen Kontinenten eine „Grüne Revolution“ zu verdanken haben (vgl. Steven Pinker: Aufklärung jetzt, Seite 103 ff).

Jeder und jede hat etwas einzubringen. Wir sind Menschen mit Würde und Wert. Ich glaube, wir schulden einander nicht Almosen.

Wenn mit „Teilen“ das Überlassen von Gütern ohne Gegenleistung gemeint sein soll, was unterscheidet dieses Teilen dann von Almosen?

Ich glaube, wir schulden einander Mitmenschlichkeit und Begegnung. Ja, in diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein frohes Erntedankfest und einen gesegneten Sonntag.

…wie doch so ein nachgeschobener „gesegneter“ Sonntag direkt wieder jeden Anflug von wirklichkeitskompatiblen, humanistischen Ansätzen zunichte machen kann…

Wirkungsvoll helfen statt nur zu teilen

Abschließend noch zwei Beispiele, wie man Menschen dabei unterstützen kann, ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten:

  1. Das Hilfsprojekt „Frederic – Hilfe für Peru“ unterstützt die Bauern von Ivochote im peruanischen Regenwald dabei, ihren angebauten Chuncho-Kakao zu vermarkten, den Regenwald zu schützen und sich gesund zu ernähren.
  2. Über die Plattform KIVA.ORG kann man Menschen und Projekte weltweit mit Mikrokrediten dabei unterstützen, sich eine eigene Existenz aufzubauen oder sich fortzubilden.

*Die als Zitat gekennzeichneten Abschnitte stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Originalbeitrag zum Thema „Teilen“.

PS: Wer gerne teilt, darf diesen Beitrag übrigens auch gerne teilen 🙂

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