Gedanken zu: Impulse von Stadtpfarrer Buß: Hl. Blasius 3.2, Thema Aberglaube

Lesezeit: ~ 7 Min.

Gedanken zu: Impulse von Stadtpfarrer Buß: Hl. Blasius 3.2 zum Thema Aberglaube, veröffentlicht am 3.2.2021 von osthessennews.de

Darum geht es

Heute klärt Stadtpfarrer Buß sein Publikum darüber auf, dass sein „Blasisussegen“ nicht mit anderen Schutz- und Heilungszaubern verwechselt werden dürfe.

Prädikat: wertvolles Ritual

Zunächst verrät Herr Buß den Wortlaut der Beschwörungsformel dieses Rituals, das den Schafen als „wertvoll“ verkauft wird:

[…] Man spricht auch gern vom „8 Sakrament“, weil der Blasiussegen tief verwurzelt ist in der Volksfrömmigkeit als wertvolles Ritual. Er wird dem Menschen mit der folgenden Spendeformel zugesagt: „Auf die Fürsprache des heiligen Blasius bewahre dich Gott, der Herr, vor jeder Halskrankheit und allem anderen Übel. Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“
(Quelle der so als Zitat gekennzeichneten Abschnitte: Impulse von Stadtpfarrer Buß: Hl. Blasius 3.2, veröffentlicht am 3.2.2021 von osthessennews.de)

Man geht also offenbar davon aus, es sei sinnvoll, einen vor rund 1600 Jahren wegen seines Glaubens getöteten Menschen darum zu bitten, er möge einen Wüstengott, den sich Menschen in der Bronzezeit ausgedacht hatten darum bitten, Menschen im 21. Jahrhundert „vor jeder Halskrankheit und allem anderen Übel“ zu bewahren. Und das seltsamerweise im Namen der tripolaren Persönlichkeit, von der man sich die Heilung erhofft?

Statistisch betrachtet…

Giraffe
…ob hier 2 Kerzen reichen?

Die Wirksamkeit eines solchen Rituals müsste sich ja recht einfach nachweisen lassen können. Man bräuchte dazu nur bei einer repräsentativen Anzahl von Menschen zu vergleichen, ob Menschen, die diesen Schutzzauber erhalten haben durchschnittlich weniger oft an Halsschmerzen leiden oder von „allem anderen Übel“ verschont bleiben als Menschen, an denen kein Priester dieses Ritual vollzogen hatte.

Gäbe es eine solche, unabhängig und unter wissenschaftlichen Bedingungen durchgeführte Untersuchung und würde diese eine noch so marginale Wirksamkeit seriös belegen, würde Herr Buß garantiert davon berichten.

Ansonsten gilt: Behauptungen, die ohne Beweis aufgestellt werden, können ohne Beweis verworfen werden.

Ohne einen solchen Nachweis hat auch ein Blasius-Segen keine medizinische Wirksamkeit, die über einen Placebo-/Noceboeffekt hinausgeht. Das Ritual steht damit auf einer Stufe mit anderen magisch-esoterischen Ritualen, Zeremonien und Pseudoheilmitteln.

Warum nicht Lakambini?

Aber auch abgesehen von dem Umstand, dass sich ein solcher Segen nicht von einer rein menschlichen Einbildung/Wunschvorstellung unterscheidet, wirft dieses Ritual auch innerhalb der biblisch-christlichen Vorstellungswelt etliche Fragen auf, die sich Christen offenbar nicht stellen. Zum Beispiel:

  • Hätte Gott auch eine Welt ohne Halsschmerzen und alles andere Übel erschaffen können? Als allmächtiger Gott hätte er es können und als allgnädiger Gott auch wollen müssen.
  • Auf welchem Kommunikationsweg werden Fürbitten an Menschen übermittelt, die seit über 1600 Jahren tot sind?
  • Bearbeitet der liebe Gott Anliegen bevorzugt, wenn Menschen Priester damit beauftragen, ausgewählte Verstorbene damit beauftragen, ihre Anliegen in ihrem Interesse bei Gott vorzubringen? Oder was ist sonst der Grund für den Umweg der „Fürbitte“? Erhört Gott direkt übermittelte Bitten seltener oder weniger zuverlässig?
  • Auf den Philippinen wird die Tagalong-Gottheit Lakambini als Fachgott für Halsschmerzen angerufen. Anhänger dieses Gottes sind absolut felsenfest davon überzeugt, dass sie es ihrer Verehrung dieses Gottes zu verdanken haben, wenn sie vor Halsschmerzen verschont bleiben. Woran könnten die erkennen, dass sie sich das nur einbilden, weil es nach christlicher Auffassung ja nur einen Gott gibt, der heilen kann, wie wir gleich noch von Herrn Buß erfahren werden?

Ich finde es immer wieder bemerkenswert, wie es ansonsten klar denkende Gläubige schaffen, trotz solcher Widersprüche und augenscheinlicher Absurditäten, die sie außerhalb ihrer religiösen Phantasiewelt zuverlässig erkennen würden an ihren eigenen Glaubensgewissheiten festzuhalten. Wider besseres Wissen, sozusagen.

„Das ist natürlich Unsinn.“

Für Herrn Buß gilt es nun, seinen Kerzenzauber von anderen Zaubertricks abzugrenzen:

Manche Leute, die nicht gelernt haben, selbst nachzudenken, halten den Blasiussegen für eine Art Zaubermittel. Gekreuzte Kerzen vor den Hals gehalten – Gebet gemurmelt – und schon bin ich sicher vor Halskrankheiten. Das ist natürlich Unsinn. Kerzen können nicht heilen – genauso wenig wie Amulette oder Zauberformeln.

Quelle: Pinterest
Quelle: Pinterest

Hier kann man Herrn Buß zunächst zugute halten, dass er Nachdenken offenbar grundsätzlich als sinnvolle Methode zur Erkenntnisgewinnung anerkennt.

Unweigerlich kommt einem das biblische Bild vom „Balken im eigenen Auge“ in den Sinn, für den Herr Buß hier blind ist (Pro-Tipp: In der katholischen Mythologie ist die „Heilige Lucia“ für Augenleiden zuständig):

Gerade eben hatte er noch die Blasius-Segensformel im Wortlaut zitiert. Und darauf verwiesen, wie wertvoll dieses in der Volksfrömmigkeit fest verankerte Ritual sei.

Doch wird ja dabei genau das suggeriert, was Herr Buß jetzt als Unsinn entlarvt: Dass es ein wirksames Mittel gegen Halskrankheiten und alle anderen Übel sein könne, wenn ein Priester einem Menschen zwei gekreuzte und vorher eigens zu diesem Zweck verzauberte Kerzen vors Gesicht hält und dabei ein Fürbitt-Gebet murmelt.

Wäre der Priester nicht von der Wirksamkeit seines Tuns überzeugt, dann müsste er ja eingestehen, dass es sich dabei genauso um nichts weiter als magisch-esoterischen Hokuspokus handelt wie bei allen anderen ähnlichen Zeremonien auch.

Solche Rituale setzen voraus, dass Menschen nicht selbst nachdenken. Sondern dass sie sich von der zur Schau gestellten Autorität des Priesters und dessen geheimnisvollen Getue beeindrucken lassen. Das gilt für die katholische Volksfrömmigkeit genauso wie für alle anderen Glaubenskonstrukte auch.

Volksfrömmigkeit: Sammelbecken für Absurdes

A propos Volksfrömmigkeit: Hierhin werden gerne all jene Glaubensaspekte ausgelagert, die so absurd sind, dass es allen, die sich im Besitz einer „höheren“ als der Volksfrömmigkeit wähnen zu peinlich sind, um selbst noch daran festzuhalten.

Hier ist besonders auch die katholische Heiligenverehrung zu nennen. Mit ihren unzähligen Heiligen bietet die katholische Kirche ihren Schäfchen einen Ersatz für das, was früher Aufgabe der Halbgötter war: Die Vermittlung zwischen irdischen und „echten“ Göttern.

Nachdem wir also erfahren haben, was der Blasius-Segen angeblich natürlich nicht sei, dürfen wir jetzt gespannt sein, wie Herr Buß begründet, warum sein Blasius-Segen trotzdem sinnvoll sein solle:

Der einzige, der heilen kann, ist Gott selbst! Kerzen, Gebete und andere Symbole sind nur Zeichen, die uns an die heilende Liebe Gottes erinnern sollen.

Der einzige, der heilen kann, ist Gott selbst!? Herr Buß, ist Ihnen wirklich nicht der massive Realititäsverlust bewusst, den Sie sich mit einer solchen Aussage attestieren?

Weil weder Ihr, noch irgendwelche anderen Götter oder sonstige magisch-esoterische Entitäten tatsächlich und nachweislich heilen? Oder auch sonstwie nachweislich im irdischen Geschehen wenigstens irgendwie zumindest in Erscheinung treten?

Der einzige, der heilen kann…!?

Im Lauf der Evolution hatten sich verschiedene Strategien der Selbstheilung als Überlebensvorteil für Lebewesen erwiesen.

Und ansonsten sind es Menschen, die mit wirksamen medizinischen Methoden Krankheiten behandeln und in sehr vielen Fällen auch heilen können. Und zwar unabhängig davon, ob jemand an die Wirksamkeit glaubt oder nicht.

Herr Buß, was meinen Sie: Wie viele Christen nehmen Sie beim Wort und verlassen sich auf göttliche Heilung, statt tatsächlich wirksame medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen? Sind Sie sich der Verantwortungslosigkeit bewusst, die eine solche Aussage beinhaltet?

Wenn Ihre Aussage stimmt und der einzige, der heilen kann, Gott selbst ist, gehen Sie dann konsequenterweise in die Kirche statt ins Krankenhaus, wenn Sie sich den Arm gebrochen haben?

Offenbar ja nicht:

Allerdings benutzt Gott fast immer Menschen dazu, als sein Werkzeug andere heil zu machen. Ganz besonders sehen wir das an Jesus: er war so sehr mit Gott verbunden, dass alles, was er sagte und tat, für andere heilsam war.

Herr Buß, wenn Ihnen ein Chirurg nach einer Entzündung den Blinddarm entfernt, den Ihr stümperhafter Schöpfergott Ihnen aus unerfindlichen Gründen in den rechten Unterbauch geschöpft hatte, dann gehen Sie davon aus, dass der Wüstengott Jahwe diesen Arzt als sein Werkzeug dazu benutzt hatte, Sie zu heilen? Echt jetzt?

Ausgerechnet der Gott…

Und weiter gehen Sie davon aus, dass es natürlich einzig und allein ausgerechnet der Gott sein kann, in dessen Anhängerschaft Sie zufällig hineingeboren worden waren (oder, falls nicht, für die Sie sich selbst entschieden hatten)? Und keiner der vielen tausend anderen Götter, die sich die Menschen auch schon ausgedacht hatten?

Als Monotheist haben Sie immerhin den Vorteil, dass Sie nur noch die Vorstellung eines einzigen Gottes vom Atheismus trennt. Eines Gottes, den Sie jederzeit problemlos aus genau den selben Gründen ablehnen können, wegen derer Sie die 3999 übrigen Götter ablehnen.

Was Jesus angeht: Wenn wir von der biblischen literarischen Kunstfigur Jesus sprechen, dann war das, was er sagte und tat, ausschließlich für jene heilsam, die bereit waren, sich seiner Weltuntergangssekte anzuschließen:

  1. Wiederum ist es mit dem Himmelreich wie mit einem Netz, das ins Meer ausgeworfen wurde und in dem sich Fische aller Art fingen.
  2. Als es voll war, zogen es die Fischer ans Ufer; sie setzten sich, sammelten die guten Fische in Körbe, die schlechten aber warfen sie weg.
  3. So wird es auch bei dem Ende der Welt sein: Die Engel werden kommen und die Bösen aus der Mitte der Gerechten aussondern
  4. und sie in den Feuerofen werfen. Dort wird Heulen und Zähneknirschen sein.
    (Mt 13, 47-50 EU)

Schon allein mit dieser einen Stelle ist also die Behauptung von Herrn Buß zumindest innerhalb der biblischen Binnenlogik widerlegt. Und bei Bedarf lassen sich noch jede Menge weiterer Bibelstellen nennen, die das Gegenteil dessen beweisen, was Herr Buß hier behauptet.

Wie so oft in Verkündigungen von Berufschristen kommt auch hier die völlig einseitige Perspektive und die damit verbundene Ignoranz (und/oder Arroganz) gegenüber dem Schicksal glaubensfreier und andersgläubiger Menschen zum Vorschein.

Aber zurück zum Blasius-Zauber:

Alle Aberglauben: Doof, aber mein Glauben nicht

LonoHer Buß, Ihr katholisches Heiligenbeschwörungsritual unterscheidet sich in nichts von Ritualen beliebiger anderer Religionen und Götterkulte:

Sie vollführen ein symbolisches Zeremoniell und beschwören (im Fall des Blasius-Segens) eine Entsprechung eines Halbgottes, dass dieser „Heilige“ im Interesse des unterwürfigen Volkes beim „richtigen“ Gott fürbitten möge. Womit Sie sich ganz nebenbei Ihren Priesterstatus sichern.

Sollte sich später jemand beschweren, dass er trotz Blasius-Segen Halsschmerzen oder irgendein anderes Übel abbekommen hatte, können Sie das auf die offensichtlich mangelhafte Frömmigkeit des kranken Schäfchens schieben.

Oder, falls das damit nicht einverstanden sein sollte, auf die Unergründlichkeit der göttlichen Wege. Am besten gleich verbunden mit einer Einladung zur nächsten Blasius-Segen-Immunisierungszeremonie.

Oder auch mal wieder zur Beichte. Die ja laut katholischer Mythologie ebenfalls in den Fürbitt-Zuständigkeitsbereich des „Heiligen Blasius“ fällt. Vielleicht gibts ja wiedermal was Spannendes zu erfahren…

…immer das selbe Schema

Grundsätzlich läuft das in anderen Götterkulten und Religionen genau gleich ab. Für diesen Effekt ist es völlig egal, welche Götter mit welchen zeremoniellen Handlungen, Symbolen oder Opfern verehrt werden.

Die einzigen tatsächlichen Nutznießer eines Segnungsrituals sind die Priester. Allerdings nur, solange sich noch Schäfchen finden, die ihnen das glauben, was sie ihnen vorgaukeln.

So ist der Segen nicht einfach eine magische Formel bei Halskrankheiten, sondern hat den Menschen in seiner Einheit von Leib, Seele und Geist im Blick.

„Nicht einfach eine magische Formel…“ suggeriert, ein Segen sei  sogar mehr als das.

Formulierungen wie: Ein Segen habe „…den Menschen in seiner Einheit von Leib, Seele und Geist im Blick…“ sind nichts weiter als salbungsvoll klingendes esoterisches Geschwurbel.

Die Wirkungsweise eines Segens wird nicht plausibler, indem man diesem eine Ganzheitlichkeit zuschreibt, die der Segen angeblich „im Blick“ hat.

Mit einigen Korrekturen wäre diese Aussage allerdings schon zutreffend:

  • So ist auch dieser Segen einfach nur eine magische Formel bei Halskrankheiten, bei der der Priester seine Anerkennung, die Leichtgläubigkeit, und die Bereitschaft des Gläubigen im Blick hat, ihm alles, was er als Priester vorgibt zu wissen und bewirken zu können möglichst kritik- und widerspruchslos zu glauben.

…um sich dann bei Halsschmerzen doch lieber auf tatsächlich wirksame Heilmittel und Behandlungsmethoden zu verlassen.

Leeres Versprechen

Gott sagt dem Menschen seinen Segen zu, wenn wir mit Nöten und Sorgen kämpfen. Das will der Blasiussegen zum Ausdruck bringen.

Götter sagen überhaupt nichts zu. Sollte der biblische Gott tatsächlich mit den dort beschriebenen Eigenschaften und Absichten existieren, dann verhält er sich exakt genau so, als ob es ihn nicht gäbe. Herr Buß, Ihr Gott ist von einem nicht existenten Gott nicht zu unterscheiden.

Auch hier stellt Herr Buß wieder den Eiertanz zur Schau, der schon den ganzen heutigen „Impuls“ durchzieht: Der verzweifelt wirkende Versuch, einen magisch-esoterischen Aberglauben zu rationalisieren.

Mit jedem Blasius-Segen, den ein katholischer Priester erteilt, führt er seine Schäfchen mit einer bestenfalls hoffnungsvoll erscheinenden Illusion in die Irre.

Immerhin dürfte es sich heutzutage dabei, abgesehen vielleicht von noch nicht völlig christlich verstrahlten Kindern, überwiegend um Menschen handeln, denen es völlig egal ist, wie unplausibel und widersinnig ihnen ein solcher Schutz- und Heilungszauber erscheinen würde, wenn er innerhalb einer anderen als der eigenen Glaubensgemeinschaft vollzogen werden würde.

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1 Gedanke zu „Gedanken zu: Impulse von Stadtpfarrer Buß: Hl. Blasius 3.2, Thema Aberglaube“

  1. Ich hab grad so n komisches Kratzen im Hals.
    Ist das jetzt der misslungene Blasiussegen, oder nur der ganz normale Würgreiz, der mich überkommt, wenn ich mir solche Spinner anhören muss?!
    Egal, ich zieh mir jetzt einfach ne Packung Em-Eukal Kirsch rein…
    Nicht weils wirkt, sondern weils so Toll schmeckt! Yeah! 🙂

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