katholisch.de offenbar gehackt: War es der „Postillon“?

Lesezeit: ~ 3 Min.

Hackern mit Sinn für ausgefallenen Humor ist es offenbar gelungen, das katholische Onlineportal katholisch.de zu hacken und eine Jux-Seite einzuschleusen. Dort ist ein Artikel zu finden, der einem echten Beitrag auf katholisch.de zum Verwechseln ähnlich sieht.

Allerdings ist die Meldung so absurd, dass es sich dabei nur um Satire handeln kann.

Der recht ausführliche und täuschend echt wirkende Beitrag trägt die Überschrift:

„Wegen falscher Formel: Tausende Taufen ungültig“

Wer die witzigen Fake-Meldungen von Satire-Profis wie Postillon, TITANIC oder Die Tagespresse aus Österreich kennt, dürfte freilich ziemlich schnell erkennen, dass es sich auch hier ganz offensichtlich um eine solche Jux-Schlagzeile handeln muss.

Denn auch Postillon & Co. verfassen ihre Headlines in genau diesem Stil. Bisher hat sich jedoch noch keiner der „üblichen Verdächtigen“ dazu bekannt, dieses satirische Meisterwerk verfasst und veröffentlicht zu haben.

Satirisches Meisterwerk

Spätestens beim Durchlesen des ersten Absatzes dürfte dann aber wohl jedem Leser klar werden, dass diese Meldung auf katholisch.de nicht echt sein kann:

Das Bistum Phoenix im US-Bundesstaat Arizona sucht nach Menschen, die seit 2005 von einem Priester mit einer ungültigen Taufformel getauft wurden. Der Fernsehsender „Telemundo Arizona“ berichtete am Dienstag von mutmaßlich Tausenden von Betroffenen, die der Priester Andrés Arango seit 2005 mit der Formel „Wir taufen dich“ statt wie vorgeschrieben „Ich taufe dich“ getauft hat und so die Taufe nicht gültig gespendet hat. Die Ungültigkeit der Taufen hat Auswirkungen auf die Gültigkeit des Empfangs weiterer Sakramente durch die Betroffenen. Das Bistum ruft nun Betroffene auf, sich zu melden, um nötige Schritte wie eine gültige Taufe oder eine Überprüfung von Ehen vorzunehmen.

(Quelle: https://www.katholisch.de/artikel/32981-wegen-falscher-formel-tausende-taufen-ungueltig)

Sogar Ehen sollen also aufgrund des priesterlichen Fehlers ungültig sein! Na, da werden sich aber einige auf einiges gefasst machen dürfen…

„Quellenangaben“ als angebliche Belege

Die Hacker scheinen jedenfalls weder Kosten noch Mühen gescheut zu haben, ihren Schwindel perfekt zu machen:

Neben dem Verweis auf einen Artikel bei einem angeblichen Fernsehsender „Telemundo Arizona“ haben sie noch weitere „Quellenangaben“ in ihren Text eingebaut, um die Satire so seriös wie möglich erscheinen zu lassen.

Besonders raffiniert: Die Hacker lassen die Geschichte in den USA spielen, wo die katholische Kirche ja bekanntlich keine Kirchensteuer erhebt.

Ort des Geschehens: USA

Somit entkräften sie vorsorglich den zu erwartenden Einwand, die katholische Kirche könne doch unmöglich freiwillig wegen einer solch lächerlichen Lappalie riskieren, dass womöglich tausende ungültig getaufte Kirchensteuerzahler ihre bisher gezahlte Kirchensteuer zurückfordern könnten. Was ja zu befürchten wäre, hätte sich der „Fall“ in Deutschland „ereignet.“

Und das wäre durchaus nachzuvollziehen: Bei allem, was man sich über den Gott, an den die glauben erzählt, dürfte es schwierig bis unmöglich werden, diesen dereinst davon zu überzeugen, dass man zeitlebens immer davon ausgegangen war, in der Taufe irgendwann mal ordnungsgemäß exorziert, symbolisch ertränkt und dann zum Leben als Christ neu auferweckt geworden zu sein. Was das Standardprogramm bei der katholischen Taufe ist.

Ein Versehen! Nicht meine Schuld! Der Priester wars!

Das kann ja jeder behaupten! Ab mit dir! …und der Nächste bitte!

Ein Irrtum mit fatalen Folgen

In der biblisch-christlich-katholischen Jenseitsmythologie ist nirgends die Rede davon, dass einem beim „Jüngsten Gericht“ ein Anwalt zur Seite steht, der dem „gerechten Richter“ erklärt, dass der ungetaufte Delinquent stets fest davon überzeugt gewesen sei, ordnungsgemäß getauft worden zu sein.

Es existiert auch kein biblischer Hinweis darauf, dass es für § Mk16,16 irgendwelche Ausnahmen gäbe. Da steht nirgends „Irrtum und Änderung vorbehalten“, „Taufrituale können abweichen“ oder Ähnliches.

Mit anderen Worten: Wenn dieser Gott genauso kleinlich ist wie die, die ihn sich ausgedacht haben (wovon auszugehen wäre, wenn es ihn gäbe), dann hat der falsch Getaufte tatsächlich schlechte Karten: Ihn erwartet dann ewige Verdammnis.

Auf den gesunden Menschenverstand und auf die eigenen moralischen Werte sollte man sich da nicht verlassen. Aber das tun Gläubige ja ohnehin schon zu Lebzeiten nicht.

…oder doch ein Aprilscherz von katholisch.de?

Der ebenfalls im Artikel enthaltene angebliche Aufruf, die fälschlicherweise von einem Priester mit „wir“ statt mit „ich“ in der Taufformel und somit ungültig Getauften mögen sich beim schusseligen Priester melden, um ihren Taufstatus überprüfen und ggf. nachträglich herstellen zu lassen, könnte freilich auch auf einen Aprilscherz hindeuten.

Bei dieser Form des Humors ist es ja durchaus üblich, die Gefoppten zu irgendeiner Handlung aufzufordern, um sich anschließend nochmal über sie lustig zu machen.

Für diese These spricht, dass Aprilscherze auch gerne als PR-Maßnahme im Marketingmix eingesetzt werden. Um das Image mit der Botschaft aufzupolieren: „Schaut mal, wir sind auch witzig!“ Und Gründe, etwas für ihr Image zu tun, hätte die katholische Kirche ja weißgott mehr als genug.

Dagegen spricht, dass dies dann ein deutlich verfrühter Aprilscherz gewesen wäre.

Fazit

Kurzum: Natürlich hat die katholische Phantasiewelt schon von sich aus ziemlich viel und teils sehr Skurriles und Absurdes zu bieten.

Dass aber eine Taufe oder auch eine spätere Ehe wegen der Verwechslung von „ich“ und „wir“ beim rituellen Wort- und Wasserzauber ungültig sein soll und deshalb wiederholt werden muss, das können sich nur die geheimnisvollen Spaßvögel ausgedacht haben, denen es irgendwie gelungen ist, diese Meldung auf katholisch.de zu schleusen. (Achtung: Link führt tatsächlich zu katholisch.de).

Wer auch immer das war und wie auch immer ihr das geschafft habt: Respekt!

Während die Wirksamkeit und Gültigkeit der christlichen Taufformel also offenbar vom genauen Wortlaut abhängt, spielen solche Details für eine Enttaufe keine Rolle. Die können alle Aussteiger mit oder ohne Zeremonie, in aller Stille oder auch mit Worten ihrer Wahl vollziehen.

Zur Dokumentation der Enttaufung bieten wir eine kostenlose, persönliche Enttauf-Urkunde an. Die ist in Verbindung mit einem offiziellen Kirchenaustritt überkonfessionell gültig.

ENTTAUFEN.DE
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4 Gedanken zu „katholisch.de offenbar gehackt: War es der „Postillon“?“

  1. Weiss jetzt nicht, ob das tatsächlich ein Scherz ist, denn wenn ich mich recht entsinne, hab ich davon schon vor ca. 1,5 Jahren in nem Podcast von Seth Andrews (The thinking atheist) auf Youtube darüber gehört.
    Ich mach mich mal an die Recherche, und wenn ich was rausfinde, lass ich es euch hier als Kommentar wissen.

    Antworten
    • Update: Hemant Metha (Friendly Atheist/Youtube) bespricht den Fall in seinem aktuellen Podcast (Ep.413).
      Die Geschichte scheint also schon länger durchs Netz zu geistern.
      Urban Legends, oder doch wahr?

      Beides scheint möglich angesichts der totalen Absurdität des christlichen Glaubenswahns…

      Antworten
  2. Wie jetzt? Katholisch.de ist echt? Ich dachte immer, das sei so ein Ableger der Titanic oder so …

    Fehlt nur noch, dass hier jemand behauptet, Sigi Zimmerschied stecke nicht hinter dem WzS. Dann falle ich vom Glauben ab.

    Antworten
  3. Oh mein Gott, falsches Wort genommen!!!!
    Wir wissen doch das in der Bibel nur wahre unveränderliche Wörter stehen.

    🤔🤔🤔🤔

    es sei denn mal liest den ganzen Satz, dann wird es Geschwurbel, unmenschlich, belustigend oder idiotisch.

    Antworten

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