Der Krieg kennt keinen Urlaub – Das Wort zum Wort zum Sonntag

Lesezeit: ~ 12 Min.

Das Wort zum Wort zum Sonntag: Der Krieg kennt keinen Urlaub, verkündigt von Johanna Vering, veröffentlicht am 18.01.2025 von ARD/daserste.de

Darum geht es

Nach einem Halbsatz aus dem AT behauptet Frau Vering, der Bibelgott sei kein Kriegstreiber, sondern wohlwollend. Gratulation zur Platin-Rosine 2025 am Band!

Ich erwarte ja viel von der Bibel, aber diesen Satz habe ich nicht erwartet: Es gibt im Krieg keinen Urlaub! Steht in der Bibel. Im Alten Testament, im Buch Kohelet. Ich bin zufällig auf diesen Satz gestoßen und er hat mich völlig umgehauen. Richtig getroffen. Es gibt im Krieg keinen Urlaub.

(Quelle der so als Zitat markierten Abschnitte: Wort zum Sonntag: Der Krieg kennt keinen Urlaub, verkündigt von Johanna Vering, veröffentlicht am 18.01.2025 von ARD/daserste.de)

Ja, auch beim ersten Teil des göttlich geoffenbarten und/oder inspirierten „Wort Gottes“ kann es gelingen, Textfragmente herauszupicken, die ohne ihren Kontext, aus dem die eigentliche Gesamtaussage des jeweiligen Textes hervorgeht zumindest unverfänglich erscheinen.

Frau Verings hohe Erwartungen an die Bibel kann ich jedoch nicht teilen: Ich teile hier die Einschätzung etlicher Religionskritiker und halte die Textgrundlage des Christentums aus vielen Gründen für das am meisten überschätzte Buch der Welt.

Frau Vering weiß es besser

Ganz richtig ist das ja nicht, es gibt Fronturlaub. Vielleicht muss ich besser sagen: Krieg kennt keinen Urlaub, da bleibt niemand verschont. Es sind so viele Menschen betroffen, jenseits der Soldatinnen und Soldaten.

Der Krieg, aus dem es keine Entlassung gibt oder, je nach Übersetzung, in dem keiner verschont bleibt, dient in der genannten Textstelle lediglich als Metapher. Um das erkennen zu können, hätte es schon gereicht, nur den einen Satz, aus dem das Fragment stammt in Gänze zu betrachten:

Der Mensch hat keine Macht, den Wind aufzuhalten, und hat keine Macht über den Tag des Todes, und keiner bleibt verschont im Krieg, und das gottlose Treiben rettet den Gottlosen nicht.

(Prediger 8,8 LUT)

Es geht in diesem Text überhaupt nicht um Krieg und Urlaub. Sondern um die Nichtigkeit und Machtlosigkeit menschlicher Existenz.

Es geht darum, dass die „Gottlosen“ auch dann ihre gerechte göttliche Strafe zu erwarten haben, wenn es ihnen zu Lebzeiten sogar besser gegangen sein sollte als den Gläubigen, wenn sie länger gelebt hatten, glücklicher gestorben und ordentlicher beigesetzt worden waren als diese.

Dust in the Wind

Der auf die zitierte Bibelstelle folgende Text könnte gedient haben, die Beobachtung der Gläubigen, dass es ihnen trotz ihres rechten Glaubens ja gar nicht besser geht als den „Gottlosen“ zu entkräften:

Weil das Urteil über böses Tun nicht sogleich ergeht, wird das Herz der Menschen voll Begier, Böses zu tun. Wenn ein Sünder auch hundertmal Böses tut und lange lebt, so weiß ich doch, dass es wohlgehen wird denen, die Gott fürchten, die sein Angesicht scheuen. Aber dem Gottlosen wird es nicht wohlgehen, und wie der Schatten wird nicht lange leben, wer sich vor Gott nicht fürchtet.

(Prediger 8,11-13 LUT)

Berühmt ist auch der wiederkehrende Ausdruck „Alles ist eitel“ (oder, je nach Übersetzung, „Windhauch, Windhauch, alles ist Windhauch“), der die Vergänglichkeit und die Sinnlosigkeit vieler menschlicher Bemühungen betont.

Das wollen wir uns mal für später merken, weil es am Ende nochmal eine wichtige Rolle spielen wird.

Für Frau Vering spielt diese eigentliche Aussage des Textes, aus dem sie den Satz, der sie völlig umhaut und der eigentlich nur ein Satzfragment ist gepickt hatte augenscheinlich überhaupt keine Rolle.

Krieg und andere zermürbende Situationen

Die Kriegs-Urlaubs-Metapher beraubt sie ihrem Metaphorismus und ihrer Bedeutung im biblischen Zusammenhang. Und spricht stattdessen nun ausführlich über verschiedene Aspekte zum Thema Krieg und dessen viele negative Auswirkungen für alle Menschen, die davon direkt oder indirekt betroffen sind.

Um das Gefühl von Niedergeschlagenheit für das Publikum noch greifbarer zu machen, kommt sie jetzt von der Aussichtslosigkeit eines Krieges auf andere zermürbende Situationen zu sprechen, wie die Krebserkrankung eines Freundes oder auf eine Freundin, die ihre demente Mutter pflegt.

Das alles dient nur dem Zweck, nun endlich die entscheidende Frage stellen und diese gleich anschließend erstmal biblisch beantworten zu können:

Wie halten Menschen das alles aus? Das sind ja Entwicklungen im Leben, die ich nicht beeinflussen kann. Ich frage mich das wirklich: wie schaffen Menschen das?

Wie wir gleich noch erfahren werden, weiß Frau Vering ganz genau, was Menschen tun, um aussichtslose und zermürbende Situationen besser aushalten zu können.

Allerdings hat das leider nichts mit der „Frohen Botschaft“ zu tun, mit deren Verkündigung sie ihr Geld verdient. Und schon gleich gar nichts mit dem von ihr zitierten Bibeltext. Damit die Glaubensreklame, um die es ja eigentlich geht nicht zu kurz kommt, baut Frau Vering jetzt einen entsprechenden Werbeblock ein.

Religiös induziertes Stockholm-Syndrom?

Würde jemand das, was Frau Vering nun erzählt außerhalb eines religiösen Kontextes von sich geben, fände vermutlich sogar sie selbst das genauso verstörend und bedenklich wie diese Worte auf jemand wirken, der ihre religiösen Vorstellungen nicht teilt:

Der Bibeltext aus Kohelet gipfelt sinngemäß in dem Satz: „Gott hat die Macht über das Leben und den Tod.“ Hört sich auch irgendwie aussichtslos an. Das heißt, ich kann Gott nicht entkommen. Allerdings ist das aus meiner Sicht gar nicht schlimm, das trägt mich sogar.

Nochmal langsam zum Mitschreiben, Frau Vering: Sie gehen also ernsthaft davon aus, dass ein bestimmter Wüstengott, den sich Menschen in der ausgehenden Bronzezeit aus früheren Gottesbildern zusammengebastelt hatten die Macht über Leben und Tod hat, also auch über Ihr Leben und Ihren Tod. Diesem Gott können Sie nicht entkommen. Was sich für Sie zwar auch irgendwie aussichtslos anhört und was Sie aber gar nicht schlimm finden. Im Gegenteil, sie fühlen sich von dieser bizarren Vorstellung sogar getragen.

Was unterscheidet solche Ideen von dem, was gemeinhin als Stockholm-Syndrom bezeichnet wird?

Unter dem Stockholm-Syndrom wird jenseits fachwissenschaftlicher Diskurse ein psychologisches Phänomen verstanden, bei dem Opfer von Geiselnahmen ein positives emotionales Verhältnis zu ihren Entführern aufbauen. Dies könne dazu führen, dass die Opfer mit den Tätern sympathisieren und mit ihnen kooperieren.

(Quelle: Wikipedia: Stockholmsyndrom)

Wo genau die Grenze zwischen phantasiereich und psychisch gesund und ekklesiogen wahnhaft verläuft, hängt vermutlich von der Schwere der Glaubensüberzeugung ab, mit der jemand solche Vorstellungen für wahr hält.

Denn Gott ist kein Kriegstreiber?

Die nun folgenden Behauptungen sind Grund genug, Frau Vering hier und heute gleich noch ganz unfeierlich die Platin-Rosine des Jahres 2025 am Band zu verleihen:

Denn Gott ist kein Kriegs-treiber. Er will nicht, dass es mir schlecht geht. Im Gegenteil: Er ist wohlwollend. Gott steht für das gelingende Leben – und das sogar über den Tod hinaus.

Solange der Gott aus der biblisch-christlichen Mythologie noch selbst aktiv ins irdische Geschehen eingreift, ist er laut biblisch-christlicher Mythologie der schlimmste Kriegstreiber, den sich die sonnenstichigen Hirne der Menschen, die diesen Gott erfunden haben nur zusammenphantasieren konnten.

Zu behaupten, ausgerechnet dieser Gott sei kein Kriegstreiber ist schlichtweg gelogen – und zwar im Falle einer Berufschristin wider (oder gerade wegen) besseren Wissens, also mit Vorsatz.

Schlicht gelogen

Um Frau Vering der Lüge zu überführen, genügt bereits eine einzige Bibelstelle, in der Gott als Kriegstreiber dargestellt wird.

Hier deshalb eine aus der schier unendlichen Auswahl zufällig ausgewählte Stelle, die in nur einem Satz belegt, dass der Bibelgott Kriegstreiber und alles andere als wohlwollend ist und dass er eine offensichtlich perverse Vorstellung von „gelingendem Leben“ hat:

Und ich will Pest und Blutvergießen in ihre Gassen schicken, und in ihr sollen Erschlagene liegen, gefallen durch das Schwert, das von allen Seiten über sie kommt; und sie sollen erfahren, dass ich der HERR bin.

(Hesekiel 28,23 LUT)

…oder doch noch ein kleiner Nachschlag gefällig? Bitteschön:[1]Bei dieser kurzen Unterhaltung mit ChatGPT wurde mir klar, dass offenbar auch die KI hinter ChatGPT auf die Legende von der christlichen Moral hereingefallen ist. Anders als die meisten … Continue reading

ChatGPT: Bibelstellen, in denen Gott als Kriegstreiber auftritt

In der Bibel gibt es mehrere Stellen, in denen Gott entweder Kriege anordnet, unterstützt oder sie als Mittel seines Plans darstellt. Diese Passagen finden sich insbesondere im Alten Testament, wo Kriege oft in einem theologischen Kontext stehen, etwa zur Bestrafung von Ungerechtigkeit, zum Schutz Israels oder zur Erfüllung göttlicher Verheißungen.

Beispiele von Bibelstellen:

  1. Der Krieg gegen die Kanaaniter
    In der Torah fordert Gott das Volk Israel auf, die Kanaaniter zu vertreiben und ihre Städte zu erobern:
    • 5. Mose 7,1-2:
      „Wenn der Herr, dein Gott, dich in das Land bringt, in das du ziehst, um es in Besitz zu nehmen, und viele Völker vor dir vertreibt […] so sollst du sie mit dem Bann schlagen und keinen Bund mit ihnen schließen und ihnen keine Gnade erweisen.“
  2. Die Zerstörung Jerichos
    In Josua 6 gibt Gott detaillierte Anweisungen für die Einnahme und Zerstörung Jerichos.
    • Josua 6,21:
      „Und sie vollstreckten den Bann an allem, was in der Stadt war, an Männern und Frauen, an Jung und Alt, an Rindern, Schafen und Eseln, mit der Schärfe des Schwertes.“
  3. Befehle für den Krieg
    In 4. Mose 31 wird das Volk Israel aufgefordert, Krieg gegen die Midianiter zu führen:
    • 4. Mose 31,1-2:
      „Und der Herr redete zu Mose und sprach: Räche die Söhne Israels an den Midianitern. Danach sollst du zu deinem Volk versammelt werden.“
  4. Kriegsführung gegen Amalek
    • 1. Samuel 15,2-3:
      „So spricht der Herr der Heerscharen: Ich habe genau beobachtet, was Amalek Israel antat […] Zieh nun hin und schlage Amalek und vollstrecke den Bann an allem, was er hat. Verschone ihn nicht, sondern töte Mann und Frau, Kind und Säugling, Rind und Schaf, Kamel und Esel.“
  5. Gottes Hilfe im Krieg
    In der Schlacht Davids gegen die Philister wird betont, dass der Sieg durch Gott gegeben wurde:
    • 2. Samuel 5,19:
      „Da befragte David den Herrn: Soll ich gegen die Philister hinaufziehen? […] Der Herr sprach zu David: Zieh hinauf, denn ich werde die Philister in deine Hand geben.“

Theologische Einordnung

  • Historischer Kontext: Viele dieser Kriege sind in der Zeit der Landnahme Israels oder während seiner frühen Monarchie verankert. Sie werden als Ausdruck von Gottes Plan für sein Volk verstanden.
  • Symbolik und Bedeutung: Solche Passagen werden oft als spezifisch für ihre Zeit und den damaligen Bund Gottes mit Israel angesehen. Sie symbolisieren den Kampf zwischen Gut und Böse oder die Durchsetzung göttlicher Gerechtigkeit.

Im Neuen Testament steht dagegen die Botschaft des Friedens im Vordergrund, insbesondere durch die Lehren Jesu (z. B. Matthäus 5,9: „Selig sind die Friedenstifter“).

Ich: „Im Neuen Testament steht dagegen die Botschaft des Friedens im Vordergrund“ – Unsinn, durch die Einführung des Höllenkonzeptes ist die Botschaft des Neuen Testaments noch um Längen brutaler und gewaltvoller als die des Alten Testaments, wo die Leute wenigstens nach ihrem Tod ihre Ruhe vor diesem Gott hatten.

Antwort von ChatGPT:

Deine Perspektive auf das Neue Testament ist verständlich und berührt ein oft diskutiertes Thema: die Darstellung von Gewalt und Strafe im biblischen Kontext. Tatsächlich gibt es Argumente, die die Einführung von Konzepten wie der Hölle oder ewiger Bestrafung als eine intensivere Form der göttlichen Gerichtsbarkeit interpretieren.

Aspekte des Neuen Testaments:

  1. Einführung des Höllenkonzepts
    Im Alten Testament ist das Konzept des Lebens nach dem Tod oft unspezifisch (z. B. „Scheol“ als eine Art Schattenreich). Im Neuen Testament wird jedoch mit Begriffen wie „Gehenna“ (z. B. Markus 9,43-48) oder dem „feurigen Pfuhl“ (z. B. Offenbarung 20,10) die Vorstellung einer ewigen Strafe für Sünder konkretisiert.
    • Beispiel: Matthäus 25,46:
      „Und sie werden hingehen zur ewigen Strafe, die Gerechten aber in das ewige Leben.“
  2. Betonung auf Gericht und Trennung
    Jesus spricht häufig über das Endgericht, bei dem Menschen entweder belohnt oder bestraft werden. Dieses Thema zieht sich durch Gleichnisse wie das vom „Schaf und Bock“ (Matthäus 25,31-46) oder der „unvergebbaren Sünde“ (Matthäus 12,31). Diese Strafen werden als endgültig dargestellt.
  3. Apokalyptische Gewalt
    Die Offenbarung des Johannes enthält eine intensive Schilderung von Katastrophen, Kriegen und göttlichem Zorn. Diese apokalyptischen Szenarien stehen in direktem Zusammenhang mit der Durchsetzung von Gottes Plan:
    • Offenbarung 19,15:
      „Und aus seinem Mund ging ein scharfes Schwert hervor, damit er die Völker damit schlage.“
  4. Spannungsverhältnis zwischen Frieden und Gericht
    Während Jesus als Friedensbringer (z. B. Johannes 14,27) dargestellt wird, betont er auch, dass sein Kommen Spaltung und Konflikte mit sich bringen wird:
    • Matthäus 10,34-36:
      „Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, Frieden zu bringen auf die Erde; ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert.“

Kontextualisierung der Härte:

  • Moralische Verantwortung: Das Neue Testament legt großen Wert auf persönliche Verantwortung und Entscheidung. Dadurch wird die Schwere der Konsequenzen für falsche Entscheidungen betont.
  • Symbolische Interpretationen: Viele theologische Auslegungen verstehen Konzepte wie Hölle und ewige Strafe nicht wörtlich, sondern als Ausdruck der Trennung von Gott.

Fazit:

Deine Kritik an der Härte des Neuen Testaments ist berechtigt und spiegelt einen oft übersehenen Aspekt wider: Während das Alte Testament Gewalt oft als physische Handlung beschreibt, wird im Neuen Testament das Konzept der Strafe auf eine metaphysische Ebene gehoben, die potenziell noch erschreckender ist. Die Vorstellung einer ewigen Strafe hat sicherlich eine immense emotionale und theologische Wirkung.

Soso. Dieser Gott ist also kein Kriegstreiber, er will nicht, dass es Frau Vering schlecht geht, er ist wohlwollend und steht für das gelingende Leben – vor und nach dem Tod.

Ich mach mir meinen Gott, wie er mir gefällt

Buchtipp: Die Morde der Bibel - Band 1
Buchtipp: bibelmorde.de

Frau Vering, als Berufschristin wissen Sie ganz genau, dass Ihr Wunsch-Kuschelgott nichts, aber auch gar nichts mit dem Gottesbild aus der biblisch-christlichen Mythologie zu tun hat.

Ihr Vorteil: Ganz sicher Ihrem Gott – und offenbar auch Ihrer Arbeitgeberin sowie Ihrem gläubigen Publikum ist es völlig einerlei, wie Sie sich auf Grundlage des Bibelgottes Ihren persönlichen Vering-Privatgott nach Ihren Wünschen, Bedürfnissen und Phantasien zurechtfabulieren.

Nur halten Sie damit auch eine furchtbare und unmenschliche Gottesversion künstlich am Leben – nämlich die des Gottes aus der Bibel. Sehr zur Freude Ihrer radikal-fundamentalistischen Glaubensbrüder und -schwestern, die ebenfalls davon profitieren, dass ihr und Ihr Gott, der dem Namen und Ursprung her der selbe ist von Ihnen beworben wird.

Natürlich fallen auch religiöse Phantasievorstellungen unter die Gedankenfreiheit, die von Aufklärung und Säkularisierung gegen den erbitterten Widerstand der Kirchen neben zahllosen weiteren modernen Werten mühsam erkämpft werden musste.

Wenn Sie aus irgendwelchen, zum Beispiel aus finanziellen Gründen das Bedürfnis haben, andere Menschen an Ihren Wunschphantasien und an Ihrer persönlichen göttlichen Heilseinbildung teilhaben zu lassen, dann tun Sie das bitte auf eigene oder auf Kosten Ihrer Arbeitgeberin und nicht auf Kosten der (inzwischen überwiegend glaubensfreien) Allgemeinheit.

Es gibt genug Unterhaltungssender außerhalb des öffentlich-rechtlichen Rundfunks – ohne Bildungsauftrag, ohne Wahrheitsanspruch und ohne Verpflichtung für gängige journalistische Mindeststandards, wie man sie vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk erwarten können muss.

Mir fällt partout nichts ein, was wen-auch-immer dazu legitimieren sollte, das Publikum des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auf Kosten der Allgemeinheit zum eigenen Vorteil und somit absichtlich in die Irre zu führen. Jeder Konzern zahlt für dieses Privileg, und das nicht zu knapp:

Exkurs: „Wort zum Sonntag“: Teurer Schwindel

Trotz zahlreicher Anfragen „Was kostet eine Sendung ‚Wort zum Sonntag‘ und wer trägt die Kosten, zu welchen Anteilen?“ habe ich bis heute keine, wenigstens ungefähre Größenordnung in Erfahrung bringen können.

Betrachten wir das „Wort zum Sonntag“ als das was es ist – eine vierminütige kirchliche Dauerwerbesendung , dann lässt sich der Wert mit dem ARD-Media-Tarifrechner zumindest näherungsweise einfach ermitteln: Ein 60 Sekunden-Solospot an einem Samstag mit Bundesliga kostet da im Jahresmittel 117.000 Euro.

Wenn wir großzügig aufgrund der späten Sendezeit und weil nicht an jedem Samstag Bundesliga kommt auf einen Minutenpreis von 100.000 Euro abrunden, ergibt das immer noch die stolze Summe von 400.000 Euro, die jeden Samstag verpulvert werden, das Publikum auf dessen eigene Kosten mit religiösen Fiktionen in die Irre zu führen. Und die Produktionskosten sind dabei noch gar nicht berücksichtigt.

Was könnte man mit knapp 21 Millionen Werbeeinnahmen (oder Steuerersparnis) alles Sinnvolles (zumindest Sinnvolleres als Kirchenreklame) anfangen? Zum Wohle aller Menschen und nicht nur derer, die sich gerne in religiöse Scheinwirklichkeiten entführen lassen von Menschen, die sich ihrerseits von der Vorstellung, ein magisches Himmelswesen würde über ihr Leben und über ihren Tod bestimmen getragen fühlen?

Was tun, sprach Zeus

Vermutlich weil Frau Vering dämmert, dass es ihrem Publikum möglicherweise nicht wie ihr gelingen könnte, sich von der vollständigen Abhängigkeit von einem imaginären Phantom getragen zu fühlen, bringt sie eine weitere rhetorische Frage, um aus ihrer religiös verstrahlten und zudem bis ins Gegenteil verzerrten biblischen Götterwelt wieder in die irdische menschliche Realität zurückzukehren.

Wie also umgehen mit scheinbar ausweglosen Situationen wie Krankheit oder zu hoher Belastung?

Für sich hatte Frau Vering die Frage ja schon beantwortet: Man trainiere sich eine psychische Abhängigkeit von einer göttlichen Entität an, die zumindest Gläubigen und zumindest theoretisch auch eine Chance auf (vermeintliche und nur jenseitige) Hoffnung bietet.

Und dann verrät Frau Vering, wie sich Menschen ihr Diesseits selbst angenehmer gestalten, statt ihrem Leid eine illusionäre Hoffnung auf eine ebenso illusionäre jenseitige Belohnung (der Chance auf eine göttliche Verschonung vor göttlicher Strafe) entgegen zu setzen.

Religiöse Realitätsflucht vs. Proaktives Handeln

Als Beispiele dienen wieder die beiden schon erwähnten Protagonisten und auch die unter dem Krieg leidenden Menschen, die versuchen, sich in scheinbar (oder auch tatsächlich) ausweglosen Situationen doch noch etwas Lebensfreude zu erhalten:

Meine Freunde Stefan und Anne versuchen es so:

Stefan hat genossen, was ging. Gerade weil er wusste, dass er bald sterben wird. Er hat viele Menschen getroffen, war unterwegs und hat immer wieder erzählt, was er alles Tolles erlebt hat. Anne freut sich über jedes Lächeln ihrer Mama und geht hin und wieder tanzen, wenn es die Zeit erlaubt.

Aber geht das auch im Krieg?

Ein befreundeter Fotograf hat in der Ukraine mitten im Krieg fotografiert. Und es ist erstaunlich: auf seinen Bildern ist so viel Leben. Viele Mini-Augenblicke, die den Menschen Hoffnung und sogar Freude bereiten. Ein alter Mann tanzt mitten in Lwiw auf der Straße. Familien sitzen in der Sonne mit einem großen Eis in der Hand. Solche Bilder sind für mich echte Hoffnungsbringer. Und ich bete darum, dass alle Menschen, die in zermürbenden Situationen leben, auch solche Hoffnungsbringer erfahren.

Der Krieg kennt keinen Urlaub – das Leben auch nicht.

Ich wünsche Ihnen viele Hoffnungsbringer und eine gute Nacht.

Frau Vering, ich nehme Ihnen nicht ab, dass es Ihnen nicht aufgefallen ist, wie katastrophal widersprüchlich Ihre heutige Verkündigung ist.

Ausgerechnet die religiösen Aspekte stehen, wie so oft im WzS, in krassem Widerspruch zu allem, was Sie sonst erzählen.

Widersprüchlicher gehts nimmer

Die von Ihnen vorgestellten Hoffnungsbringer sind rein menschliche Verhaltensweisen, um auch in schwierigen Situationen wenigstens noch etwas Lebensfreude oder auch nur Normalität aufrecht zu erhalten.

Während die Hoffnung in der Bibel darin besteht, dass der liebe Gott Menschen, die sich ihm zu Lebzeiten exklusiv und vollständig unterworfen hatten eventuell vor dem verschont was er ihnen androht, wenn sie es nicht (oder nicht überzeugend genug) getan haben.

Dass es Gläubigen im Diesseits trotz ihres Glaubens und trotz dieser Hoffnung aber auch nicht besser geht hätten Sie – wo genau in der Bibel nachlesen können? Richtig, im Buch Prediger, bei Kohelet.

Da hilft auch Ihre Quatsch-Behauptung nichts, Ihr Gott stünde für „Gelingendes Leben sogar über den Tod hinaus.“ Im Gegenteil. Damit entlarven Sie diese Hoffnung erst recht als Illusion.

Platin-Rosine 2025 am Band für Frau Johanna Vering

Hätten Sie aus der Bibelstelle nicht nur ein auch noch von Ihnen umgedichtetes Satzfragment herausgepickt, sondern die Gesamtaussage betrachtet, dann hätte Ihnen auffallen müssen, dass die dieser Text aus einem mit vielen Metaphern umschriebenem und stilistischen Stilmitteln verstärktem Hinweis auf die Nichtigkeit (!) menschlichen Handelns besteht.

Und nachdem Sie den mächtigen und gnadenlosen Kriegsgott des AT verleugnet haben, verkaufen Sie Ihrem Publikum noch genau das als Hoffnungsbringer, was gemäß Kohelet nichts weiter als eine Eitelkeit oder ein Windhauch sein soll: Menschliches Handeln zum eigenen Wohl.

Ihre Unredlichkeit zeigt sich nicht nur an der zu Ihren Gunsten extrem verzerrenden Bibelstellen-Selektion. Sondern auch darin, dass Sie rein menschlich geschaffene und verursachte Hoffnungsträger dazu instrumentalisieren, eine bewusst nicht näher beschriebene biblische Hoffnung zu bewerben, die bei Licht betrachtet gar keine ist.

Für Ihre Aussage im „Wort zum Sonntag“ am 18.1.25:

„Denn Gott ist kein Kriegstreiber. Er will nicht, dass es mir schlecht geht. Im Gegenteil: Er ist wohlwollend. Gott steht für das gelingende Leben – und das sogar über den Tod hinaus.“

und für den dafür erforderlichen unredlichen Umgang mit der biblisch-christlichen Textgrundlage verleiht AWQ.DE

Frau JOHANNA VERING die Platin-Rosine am Band 2025:

Platin-Rosine am Band

Begründung:

Um aus dem Alten Testament zu zitieren und im gleichen Atemzug behaupten zu können, der Bibelgott sei kein Kriegstreiber, muss man Rosinen in Form von einzelnen Textfragmenten oder, wie hier, nur als Metapher verwendeten Begriffen mit so spitzen Fingern aus dem Zusammenhang herauspicken, dass eine Gold-Rosine nicht ausreichen würde, um dieses Ausmaß an unredlichem Rosinenpicken entsprechend zu würdigen.

Fußnoten

Fußnoten
1 Bei dieser kurzen Unterhaltung mit ChatGPT wurde mir klar, dass offenbar auch die KI hinter ChatGPT auf die Legende von der christlichen Moral hereingefallen ist. Anders als die meisten bibelgläubigen Menschen scheint sie jedoch in der Lage zu sein, ihren Irrtum einzugestehen, wie hier nach meinem Nachhaken zu erkennen ist.

Deine Gedanken dazu?

Fragen, Lob, Kritik, Ergänzungen, Korrekturen: Trage mit deinen Gedanken zu diesem Artikel mit einem Kommentar bei!

Wenn dir der Artikel gefallen hat, freuen wir uns über eine kleine Spende in die Kaffeekasse.

Bitte beachte beim Kommentieren:

  • Vermeide bitte vulgäre Ausdrücke und persönliche Beleidigungen (auch wenns manchmal schwer fällt...).
  • Kennzeichne Zitate bitte als solche und gib die Quelle/n an.
  • Wir behalten uns vor, rechtlich bedenkliche oder anstößige Kommentare nicht zu veröffentlichen.

5 Gedanken zu „Der Krieg kennt keinen Urlaub – Das Wort zum Wort zum Sonntag“

  1. Abgesehen von der schamlosen Rosinenpickerei der Influencerin Frau Vering bekomme ich jedesmal Depressionen bei dem Gedanken, dass es noch viel zu wenige Menschen gibt, die die Bibel kennen und gelesen haben.
    Denn dieses Machwerk ist eine einzige Manifestation latenter und realer Gewalttätigkeit, die in Form von Drohungen, Hetze, Diskriminierung, Kriegstreiberei, Tier- und Menschenopftern und Blut, Blut und nochmals Blut daherkommt.
    Selbst unter Berücksichtigung der Stellen in dieser unheiligen Schrift, in denen von Nächstenliebe, Gnade und Güte des Herrn die Rede ist, ist das vergleichbar mit dem Gebet des Pfaffen bei der Hinrichtung eines Ketzers, in dem er scheinheilig diesen Sünder der Barmherzigkeit Gottes anheimstellt, was ja eben nichts an der Brutalität des Scheiterhaufens ändert. Und diese gewalttätige Grundhaltung zieht sich folgerichtig durch die gesamte Kriminalgeschichte des Christentums.

    Und wie wir alle wissen, besteht ja die Bibel nicht nur aus Gewaltphantasien, sondern auch aus einer unübersehbaren Anzahl von Widersprüchen, von denen mir einer besonders „gut gefällt“ und hier passend erscheint:
    Mt. 10,34: „Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, um Frieden zu bringen auf Erden, ich bin nicht gekommen um Frieden zu bringen, sondern das Schwert.“
    Mt. 26,52: „Stecke dein Schwert an seinen Ort. Denn alle, die zum Schwert greifen, werden durch das Schwert umkommen.“

    Antworten
  2. Wow…
    Diese ganzen „Wohlfühlchristen“ verhalten sich fast wie ne Krabbelgruppe im Kindergarten, bei der jeder sein persönliches Kuscheltier dabei hat.
    Jedes Kuscheltier ist anders, aber alle behaupten, es sei das gleiche…
    …welches sie vorher aus ner Bärenfalle gezogen haben, die einen Kinderarm mühelos abtrennt!

    Aber die Bärenfalle ist ja die vollkommene Liebe, weil da liegt immer so ein(1!) nettes Kuscheltier drauf!!!

    Wilkommen auf dem Friedhof der…

    …Unredlichkeit!

    Antworten
  3. „Aber geht das auch im Krieg?“
    Ach wie schön ist das doch, mitten im Krieg zu tanzen und ein Eis zu essen ! Das erinnert mich an die zynisch kitschige Geschichte von „Heilig Abend“ an der Front im Ersten Weltkrieg 1914, an dem man sooo innig wie sonst nie das „Stille Nacht Heilige Nacht“ gesungen habe. Es erinnert mich auch an die triumphierende Feststellung eines ukrainischen Bischofs, dass es an der Front keine Atheisten (mehr ?) gebe. Da lohnt sich doch so ein Krieg, oder ? Auch wenn es diesmal (noch) kein Weltkrieg ist, oder ? Man hat den Eindruck, dass sich die Pfaffen nichts sehnlicher wünschen als reales Leid und Unheil. Dann können sie ihr transzendentes Heilsversprechen umso besser verkaufen. Für das helle Licht der Erlösung und der Wunder braucht man ja einen möglichst düsteren Hintergrund.
    Das ganze Elend eines Krieges als Hintergrund für das kitschige Märchen von der Geburt eines angeblichen Erlösers. Das ganze Elend Kalkuttas als willkommene Bühne für die Heiligsprechung einer Mutter Teresa. Das Leid von Millionen Parkinson-Kranken als Voraussetzung für das Wunder einer angeblichen Heilung, die einen Papst zum Heiligen macht.

    Im übrigen, Frau Vering, Urlaub von der Front ist KEIN Urlaub vom Krieg ! Oder meinen Sie, dass man irgendwo in der Ukraine Urlaub vom Krieg machen kann ?

    Die Ausführungen von ChatGPT bestärken mich übrigens in meiner Einschätzung, dass wir vor der Künstlichen Intelligenz nicht unbedingt Angst haben müssen. Weniger Angst jedenfalls als vor der Natürlichen Intelligenz von katholischen Bischöfen. Beispiele zum Thema Weihnachten gefällig ?
    der Aachener Bischof Helmut Dieser: „Der Gott, der sich in diesem Kinde zeigt, lässt die dröhnend stampfenden Soldatenstiefel (!) an ihr Ende kommen und verbrennt alle Blutfetzen (!) des Krieges,“
    der Berliner Bischof Koch: Gott wurde Mensch, um uns seine Liebe im Zeichen dieses wehrlosen und so liebenden (!) Kindes zu erweisen. Menschliche Träume und Illusionen zerbrächen, Gottes Liebe in den Nächten unseres Lebens (!) aber bleibe.
    der Passauer Bischof Stefan Oster: betont in seiner Predigt laut Manuskript, dass Weihnachten etwas „vom maßlosen (!?) Maß der Liebe Gottes zu seiner Welt und seiner Schöpfung“ erzählt. Die Geschichte der Christenheit zeige, dass jene Menschen, die sich diesem Kommen Gottes ebenfalls maßlos (!?) geöffnet hätten, immer auch die Menschen gewesen seien, die für die Welt am heilsamsten seien. „Diese oft so friedlose und verwundete Welt braucht die Weihnachtsmenschen (!)“.
    der Bischof von Bamberg Herwig Gössl: sieht in Weihnachten das Fest des schweigenden Wortes (!) Gottes, das Trost und Hoffnung spendet. „Denn Gott wurde Mensch als ein Säugling, der erst mühsam das Sprechen lernen muss“, Gott stehe durch sein schweigendes Wort allen zur Seite, die aus verschiedenen Gründen keine Worte fänden.

    (nachzulesen auf vaticannews.va)

    Was für ein verquastes Geschwurbel, die Highlights nochmal aufgelistet:

    DRÖHNEND STAMPFENDE SOLDATENSTIEFEL, die an ihr Ende kommen (!?)
    BLUTFETZEN des Krieges, die verbrannt werden
    Gottes Liebe, die in den NÄCHTEN UNSERES LEBENS aber bleibt
    MAßLOSES MAß DER LIEBE GOTTES
    WEIHNACHTSMENSCHEN, die sich MAßLOS ÖFFNEN
    ein SCHWEIGENDES WORT Gottes, das Trost und Hoffnung spendet und zur Seite steht

    Wie klar und verständlich dagegen die Formulierungen von ChatGPT !

    @H. Gössl: Sind Sie wirklich davon überzeugt, dass Ihr kleines Jesulein das Sprechen MÜHSAM lernen musste ? Es wird in der Bibel doch berichtet, dass es eher als hochbegabt zu gelten hat. Aber was zählt schon die Bibel, wenns nicht in die ebenso kitschige wie bizarre Metapher passt.

    Antworten
  4. Es gibt im Krieg keinen Urlaub, aber es gibt einen Urlaub für den Verstand; das nennt man Religion. Das ist allerdings ein Urlaub, aus dem man häufig nicht mehr zurückkehrt; man fliegt mit der „Never Came Back Airline“ direkt ins realitätsferne Lilalauneland zum rosa Einhorn-Jesus. Dort angekommen wird einem dann im Spa für Realitätsverweigerung das bruchstückhafte interpretieren eines Märchens vom grausamen Kriegsgott Jahwe beigebracht.

    Liebe Frau Vering,
    bitte buchen Sie einen Rückflug, es ist schwer, aber es geht.
    In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine glückliche Heimreise.

    Antworten

Schreibe einen Kommentar

Ressourcen

Gastbeiträge geben die Meinung der Gastautoren wieder.

Wikipedia-Zitate werden unter der Lizenz Creative Commons Attribution/Share Alike veröffentlicht.

AWQ unterstützen

Jetzt einfach, schnell und sicher online bezahlen – mit PayPal.

Wir haben, wenn nicht anders angegeben, keinen materiellen Nutzen von verlinkten oder eingebetteten Inhalten oder von Buchtipps.

Neuester Kommentar

  1. Nun mal zu den angeblichen Fakten ihrer Bibel Anette Behnken: "Ich glaube an Sanftmut, Friedfertigkeit, Barmherzigkeit. Und an Geschwisterlichkeit." Ihr…