Kommentar zu NACHGEDACHT (1) „Werft Eure Perlen nicht vor die Säue“

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Kommentar zu NACHGEDACHT (1): „Werft Eure Perlen nicht vor die Säue“, Originalartikel verfasst von Christina Leinweber, veröffentlicht am 06.01.13 von Osthessennews

[…] Drei Magier machen sich auf – aus dem weiten Osten – und reisen geführt von einem Stern am Himmel zu einem kleinen Kind. Scheinbar ganz zielgerichtet laufen sie, sogar einen ziemlich weiten Weg. Warum machen diese Leute das überhaupt?*

Sie machen das,  weil sich unbekannte Wüstenbewohner aus dem Vormittelalter diese Geschichte ausgedacht und sie aufgeschrieben haben haben. Das „scheinbar“ ist deswegen gar nicht erforderlich, weil die ganze Geschichte nur erfunden ist. Genaugenommen hatten sich die Bibelschreiber die Geschichte nicht mal selbst ausgedacht. Das Märchen von den drei heiligen Königen in der Bibel wurde, wie alle anderen angeblichen außergewöhnlichen Geschichten über Jesus auch, von früheren Mythen über andere Götter und Gottessöhne abgeschrieben.

Von der Geburt des Jesus von Nazaret gibt es keine historischen Aufzeichnungen. Geschichten darüber finden sich ausschließlich in biblischen Märchen. Da die Inhalte dieser Geschichten alle schon vorher aus anderen Legenden bekannt waren, ist davon auszugehen, dass es sich bei der biblischen Schilderung über die Geburt von Jesus ebenfalls um frei erfundene Märchen handelt.

Heute kann man leicht nachvollziehen, warum die biblischen Geschichtenerzähler die ganzen Märchen rund um die Geburt von Jesus erfunden hatten: Sie wollten damit „beweisen“, dass Jesus zwar einerseits menschlich, aber eben auch auf jeden Fall göttlich war. So wundert es zum Beispiel nicht, warum Jesus angeblich zwar von einer Menschenfrau (=menschliche Abstammung) geboren, aber von einem Geist gezeugt wurde. Auch dieser völlig unlogische „Trick“ ist nur von früheren Mythen abgeschaut.

Eine weitere Herausforderung, aber auch quasi ein Geschenk war das Alte Testament für die anonymen Verfasser des Neuen Testaments: Im Alten Testament finden sich jede Menge Prophezeiungen. Deswegen versuchten die Evangelisten immer wieder, Bezüge zu diesen Vorhersagen herzustellen, um ihren Geschichten damit mehr Glaubwürdigkeit zu verleihen. Deshalb dachten sie sich irgendwelche nachweislich frei erfundene, völlig unlogische und widersprüchliche Gründe aus, warum Jesus angeblich nicht am Wohnort seiner Eltern, sondern in Betlehem geboren werden musste, wie es im Alten Testament angekündigt worden war.

Die „Drei heiligen Könige“, denen ein Stern den Weg zu einem Kind weist, werden immer dann bemüht, wenn gezeigt werden soll, dass dieses Kind auf jeden Fall etwas Außergewöhnliches war. Ärgerlich nur, dass auch diese Geschichte schon vor der Geburt von Jesus Teil verschiedenster Göttermythen war. Dieser „Beweis“ ist also weder originell, noch beweist er etwas anderes als die Tatsache, dass man vor nicht ganz 2000 Jahren die Menschen mit solchen Geschichten offenbar noch beeindrucken konnte. Der Wahrheitsgehalt schien damals genausowenig eine Rolle gespielt zu haben wie die Glaubwürdigkeit der Geschichten – im Gegenteil: Je unglaubwürdiger, desto stärker der Gottesbeweis.

Man kann den Schreibern von damals also gar keinen Vorwurf machen. Einen Vorwurf müssen sich allerdings die gefallen lassen, die solchen Märchen heute noch für wahr halten oder die diesen Geschichten irgendeine tiefere Bedeutung für unsere heutige Wirklichkeit zugestehen.

Sie laufen deswegen so weit, um zu Gott zu kommen – zu dem göttlichen Kind. Und was versprechen sie sich davon?

Sie versprechen sich gar nichts davon, weil ihr Erscheinen nur erfunden wurde, um  damit die angebliche außergewöhnliche Bedeutung eines Menschen zu belegen.

Das hört sich doch toll an, wer möchte nicht innere Einheit und seelische Stabilität? Ganz so einfach ist es dann eben doch nicht.

Doch. In Wirklichkeit ist es nämlich sogar noch viel einfacher. Wenn man nämlich den ganzen religiösen Hokuspokus weglässt und sich einfach auf die reale, natürliche Wirklichkeit konzentriert. Das ist der direkte Weg zu innerer Einheit und seelischer Stabilität.

Warum sich trotzdem auch heute noch so viele Menschen das Leben unnötig schwer machen, indem sie auf ihren religiösen Holzwegen bleiben, ist für nicht religiös indoktrinierte Menschen kaum nachzuvollziehen. Statt Menschen hilfreiche Antworten auf Fragen zu geben, verwirren Religionen Menschen mit ihren Fiktionen, sinnlosen Dogmen und falschen Versprechen. Sie erzeugen künstliche Gräben zwischen den Menschen (was Jesus ja schon unmissverständlich angekündigt hat). Und sie haben für mehr Morde gesorgt als irgendetwas anderes auf der Welt.

Wir brauchen heute scheinbar auch so einen Stern und Mut genug, mal loszulaufen. Was ist dann unser Stern?

Unser Stern ist ein Dreigestirn aus Wissenschaft, Philosophie und Kunst. Dieser Stern führt uns geradewegs in die reale, wirkliche Welt, in der die Naturgesetze gelten und die frei von angeblichen überirdischen Einflüssen ist.

Und in einer besonderen Predigt, in der Bergpredigt, kann man einen Vorsatz für 2013 finden, der genug Potenzial hat, bedeutungstragend und richtungsweisend zu sein scheint.

Mit vielen Abstrichen und Kompromissen** kann man tatsächlich am ehesten noch aus der so genannten Bergpredigt ein humanistisches Weltbild herauslesen.

Jesus sagt: „Ihr sollt eure Perlen nicht den Schweinen vorwerfen, denn sie könnten sie mit ihren Füßen treten und sich umwenden und euch zerreißen.“ (Mt 7,6)

Dass Sie ausgerechnet diesen Satz aus der Bibel als Überschrift für Ihren ersten Artikel der NACHGEDACHT-Reihe gewählt haben, finde ich in mehrfacher Hinsicht nachdenkenswert, besonders wenn man ihn so interpretiert, wie das es eine katholische Webseite vorschlägt:

  • Er [Jesus] meinte damit, daß man seine kostbare Lehre nicht Menschen vorlegen soll, die sie mißbrauchen könnten. (Quelle: kathnet)

**Hierzu ein Auszug von der Webseite von Michael Schmidt-Salomon:***
[…] Selbst in der Bergpredigt, der viel gerühmten, viel zitierten, aus der die humanistischen und ökologischen TheologInnen ihre wichtigsten Argumente beziehen, finden sich solche – auf infantiler Gewalt- und Machtphantasie beruhenden – radikal inhumanen Strafandrohungen, „deren unheilvolle, psychisch verheerende Wirkung in der Geschichte des Christentums auf unzählige Menschen gar nicht übertrieben werden kann.“17 So wird im Rahmen der ansonsten recht humanen, progressiven Bergpredigt, das eigentlich harmlose, versteckte, lüsterne Betrachten einer verheirateten Frau, auf eine Weise interpretiert, die jedes FundamentalistInnen-Herz vor Entzückung höher schlagen läßt: „Wenn dich dein rechtes Auge zum Bösen verführt, dann reiß es aus und wirf es weg! Denn es ist besser für dich, daß eines deiner Glieder verlorengeht, als daß dein ganzer Leib in die Hölle geworfen wird.“18

In der Parallelstelle im Markusevangelium werden die Rachegelüste des Gottessohnes noch deutlicher: „Wer einen von diesen Kleinen, die an mich glauben, zum Bösen verführt, für den wäre es besser, wenn er mit einem Mühlstein um den Hals ins Meer geworfen würde. Wenn dich deine Hand zum Bösen verführt, dann hau sie ab; es ist besser für dich, verstümmelt in das Leben zu gelangen, als mit zwei Händen in die Hölle zu kommen, in das nie erlöschende Feuer. Und wenn dich dein Fuß zum Bösen verführt, dann hau ihn ab; es ist besser für dich, verstümmelt in das Leben zu gelangen, als mit zwei Füßen in die Hölle geworfen zu werden. Und wenn dich dein Auge zum Bösen verführt, dann reiß es aus; es ist besser für dich, einäugig in das Reich Gottes zu kommen, als mit zwei Augen in die Hölle geworfen zu werden, wo ihr Wurm nicht stirbt und das Feuer nicht erlischt.“19 (Quelle)

17Buggle 1992, S. 98
18Mt 5, 29
19Mk 9, 42-48

*Das Online-Portal Osthessennews fordert jede Woche unter der Rubrik „NACHGEDACHT“ mit „liberal-theologischen“ Gedanken von Christina Leinweber zum Nachdenken auf. Alle Zitate stammen aus dem oben genannten und verlinkten Artikel.

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