Kommentar zu NACHGEDACHT 135: Von Psychologen, Jesus und dem „Verrücktsein“

Lesezeit: ~ 2 Min.

Kommentar zu NACHGEDACHT 135: Von Psychologen, Jesus und dem „Verrücktsein“, Originalartikel verfasst von Christina Leinweber, veröffentlicht am 9.8.2015 von osthessen-news.de

[…] Psychologen können helfen. Sie beschäftigen sich mit dem ganzen Menschen – seiner Situation und Vergangenheit. Tatsächlich aber halte ich es für am wichtigsten, dass der Blick nach vorne gerichtet wird. Auch in der Pädagogik ist es am besten, wenn wir nicht nur auf den Fehlern „herumreiten“, sondern den Blick nach vorne und damit zu den Möglichkeiten in der Zukunft richten.*

Worum geht es hier? Um psychische Erkrankungen oder um Fehler? Sehen Sie psychische Erkrankungen als Fehler? Oder meinen Sie Fehler, die Schüler in ihren Hausaufgaben machen? Was macht Sie so sicher, dass der „Blick nach vorne“ in jedem Fall „am besten“ sei?

Sehr zielführend war Jesus übrigens auch als Psychologe tätig: Mit Zuhören und Zuversicht spenden hat er viel erreichen können. Er kannte bereits den Grund der Erkrankung bevor der Mensch überhaupt etwas gesagt hat.*

Woher wollen Sie das so genau wissen? Aus der Bibel? Spontan fällt mir dazu der Satz von Heinz-Werner Kubitza ein: „Die Bibel ist das am meisten überschätzte Buch der Weltliteratur, Jesus von Nazareth die am meisten überschätzte Person der Weltgeschichte, die Kirchen sind Formen der organisierten Irrationalität.“ Selbst wenn Sie den deutlich nach Jesu Tod aus unklaren Quellen zusammengestückelten Mythen, die zudem über Jahrhunderte immer wieder verändert, interpretiert, übersetzt, selektiert und nach Belieben angepasst wurden, Glauben schenken wollen, sind die Heilungs- (wie auch alle anderen) -wunder nach heutigem Stand der Wissenschaft belanglos, da eine übernatürliche Kraft bis zum Beweis des Gegenteils ausgeschlossen werden kann.

Da Ihnen offenbar das Thema „Wunder“ auch nicht ganz geheuer ist, haben Sie Jesus einfach zum Psychologen „degradiert“, der durch „Zuhören und Zuversicht spenden“ half. Diese willkürliche Interpretation klingt natürlich nach heutigen Maßstäben viel vernünftiger und nachvollziehbarer als die in der Bibel beschriebenen Heilungswunder, die ja eigentlich die Göttlichkeit Jesu beweisen sollen.

Der historische Jesus war außerdem einfach nur ein gewöhnlicher jüdischer Rabbi, ein Wanderprediger, der kurz bevorstehende Ankunft seines Gottes, die so genannte Apokalypse ankündigte und der außerdem als Exorzist tätig war – ein „Berufsbild“, das für die damalige Zeit und Gegend alles andere als außergewöhnlich war – ein möglicher Grund dafür, warum praktisch keine außerchristlichen Quellen über ihn berichten.

Hätten Sie Heilungswunder noch vor wenigen Jahrhunderten mit den zuhörerischen und psychologischen Fähigkeiten Jesu statt mit seiner angeblich göttlichen Abstammung begründet, hätten Sie sicher die geballte Gewalt Ihrer Kirche zu spüren bekommen, die diese für Ungläubige (für weibliche Ketzer bevorzugt den Scheiterhaufen) die meiste Zeit ihrer Existenz bereithielt.

Er kannte bereits den Grund der Erkrankung bevor der Mensch überhaupt etwas gesagt hat.*

Da davon auszugehen ist, dass es auf der Welt mit „rechten Dingen“ zugeht, „kannte“ er eine Erkrankung ohne Anamnese bestenfalls so, wie ein Zauberer eine Zahl „kennt“, an die jemand denkt.

Um nochmal auf die Überschrift zurückzukommen: Eine besondere Form des „Verrücktseins“ ist der Wahn. Wikipedia: „Der Wahn ist eine die Lebensführung behindernde Überzeugung, an welcher der Patient trotz der Unvereinbarkeit mit der objektiv nachprüfbaren Realität unbeirrt festhält. Dies kann eine Störung der Urteilsfähigkeit zur Folge haben.“ Somit ist es durchaus naheliegend, von einem Gotteswahn zu sprechen, unter dem religiöse Menschen leiden. Der einzige Trost: Betroffenen ist es meist nicht bewusst, dass der Wahn ihre Lebensführung behindert.

*Das Online-Portal Osthessennews fordert jede Woche unter der Rubrik „NACHGEDACHT“ mit „liberal-theologischen“ Gedanken zum Nachdenken auf. Alle als Zitat gekennzeichnete Abschnitte stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Original-Artikel von Christina Leinweber.

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