Unter dem Titel „Die Gemeinde Gottes ist kein Vergnügungsverein“ legte Rupert A. Brimer aus Schwarzach in einem Leserbrief in der MAIN-POST vom 18. Mai 2018 seine Gedanken zu einem Beitrag über Kritik am Katholikentag 2018 in Münster dar:
Sehr geehrter Herr Brimer,
auch ich betrachte den Katholikentag als teure „Selbstbespaßung“ der Kirche. Genauer: als teure Selbstvergewisserung. Ob sie überflüssig ist, vermag ich nicht zu beurteilen.Von Ergebnissen oder Beschlüssen, die auf dem Katholikentag 2018 gefasst wurden, habe ich bis jetzt jedenfalls noch nichts erfahren. Was freilich kaum erstaunen kann bei einer undemokratischen patriarchalischen Wahlmonarchie.
Allerdings kritisiere ich die Millionenschweren Zuschüsse des Staates zu diesem katholischen Sommerfest. Der Staat sollte zu allen Religionen und Weltanschauungen den gleichen Abstand wahren und die gleiche Neutralität an den Tag legen, die dem Begriff „Säkularstaat“ gerecht wird.
Nun zu Ihrem Punkt. Sie vertreten die Meinung, dass die eigentliche Leistung der Kirche nicht in ihren kulturell-folkloristischen Angeboten besteht. Sondern in einem „Erlösungswerk Christi.“
Top-Geschäft für die Kirche: Money for nothing
Solange sich noch Schafe finden, die in diesem „Erlösungswerk“ irgendeinen Sinn sehen, ist das natürlich ein Top-Geschäft für die Kirche.
Denn die Versprechen, die Kirchenvertreter in die biblisch-christliche Wüstenmythologie aus dem Vormittelalter hineininterpretieren, kosten sie selbst keinen Cent. Sie erfüllen sich erst im Jenseits. Bis zum Beweis des Gegenteils handelt es sich dabei deshalb nur um eine Illusion, eine Fiktion. Eine menschliche Einbildung.
Darüber, was Menschen nach ihrem Tod erwartet, kann man sich alles Beliebige ausdenken und es behaupten. Mit der natürlichen, nachprüfbaren Wirklichkeit hat das nichts zu tun.
Niemand kann sagen, ob Menschen nach ihrem irdischen Dasein die katholische himmlische Herrlichkeit oder das ebenso katholische ewige Höllenfeuer erwartet. Oder vielleicht doch ein Biervulkan mit Stripperfabrik. Also das Heilsversprechen, an das die Pastafari, die Anhänger des Fliegenden Spaghettimonsters glauben.
Geld verdienen mit einer vermeintlich hoffnungsvollen Illusion
Das „Erlösungswerk“, mit dem die Kirche wie von Ihnen behauptet in „Vorleistung“ geht, ist in Wirklichkeit gar keine Leistung. Sondern bis zum Beweis des Gegenteils ein leeres Versprechen, ein Bluff. Wohlwollend könnte man von Schwindel sprechen. Treffender allerdings von gezielter Irreführung.
Und weil die Kirche mit dieser rein fiktiven „Leistung“ Geld verdient, handelt es sich dabei bei Licht betrachtet und bis zum Beweis des Gegenteils um einen groß angelegten, systematisch organisierten und institutionalisierten Betrug.
Das christliche Heilsversprechen ist kein bisschen plausibler oder zumindest weniger absurd als die Versprechen von Heilsverkündern anderer Götterreligionen und sonstiger Esoterik auch.
Keine Ahnung vom „Erlösungswerk Christi“?
Herr Brimer, was hat die temporäre Todesfolterung des Gottessohns (bzw. des zweiten Drittels von Gott) konkret und tatsächlich bewirkt? Und woher wollen Sie das wissen? Warum hatte der Allmächtige offenbar keine andere Möglichkeit, Menschen seine Liebe zu beweisen, als sich selbst seinen eigenen Sohn als Menschenopfer vorübergehend zu Tode foltern zu lassen?
Was meinen Sie mit „begründete Erlösung jedes einzelnen“? Die Bibel lässt keinen Zweifel daran, dass eben nicht „jeder einzelne“ „erlöst“ wird. Auf Erlösung (wie, wann und wovon auch immer) dürfen exklusiv nur die hoffen, die zu Lebzeiten bereit waren, sich dem Wetter-Berge-Wüsten-Rache-Kriegs-Lieben-Gott Jahwe vollständig zu unterwerfen (vgl. z. B. Mk 16,16).
Wie können Sie bei der Annahme eines allmächtigen, allwissenden Gottes von „Liebe“ sprechen in Anbetracht der Tatsache, dass unfassbares Leid und Elend auf Erden allgegenwärtig sind? Bis jetzt jedenfalls hat diese Erlösungslegende in den letzten 2000 Jahren mehr Leid verursacht als irgendetwas sonst. Ein Allmächtiger, der keine bessere Welt als diese zusammengeschöpft bekommt, ist entweder ein unfähiger Flickschuster. Oder Sadist.
„Mystischer Leib des Herrn“
Was meinen Sie konkret mit „mystischer Leib des Herrn“? Worin besteht dieses Geschenk? Bekommen es auch Menschen, die keine oder andere Götter verehren? Die vielleicht nie von Ihrem Gott gehört haben? Oder die, die vor mehr als 2000 Jahren gelebt haben? Werden auch Neandertaler beschenkt? Oder nur Vertreter des Homo sapiens?
Herr Brimer, Sie, der Sie vom „Erlösungswerk Christi“ ja offenbar eine Ahnung haben, können diese Fragen doch sicher konkret und ohne theologische Vernebelung beantworten und ihre Aussagen schlüssig und nachprüfbar belegen.
Oder besteht die „Ahnung“ vom „Erlösungswerk Christi“ vielleicht genau darin, sich einzubilden, eine Ahnung davon zu haben, ohne tätsächlich irgendetwas Stichhaltiges vorweisen zu können? Etwas, das sich außerhalb menschlicher Phantasie und Einbildung abspielt?
Gemeinde Gottes: Wahrlich kein Vergnügen…
Ich stimme Ihnen zu: Mit Vergnügen hat die Gemeinde des Christengottes wahrlich nichts zu tun. Ziel der christlichen Lehre ist es nicht, dass es Menschen zu Lebzeiten besser geht. Sondern höchstens, dass sie sich besser fühlen, egal wie es ihnen geht. Weil sie auf eine für sie hoffnungsvoll erscheinende Illusion hereingefallen sind. In dieser Hinsicht funktioniert Religion genauso wie Rauschgift (Stichwort: Opium für das Volk) oder Alkohol.
Dass immer mehr Menschen erkennen, dass ein wie auch immer geartetes jenseitiges Heilsversprechen illusorisch ist (genauso wie eine Androhung jenseitiger Höllenqualen für Un- und Andersglaube), dürfte mit einer der Gründe sein, warum das christliche Heilsversprechen für die Lebenswirklichkeit von immer mehr Menschen heute genauso bedeutungslos wird wie zum Beispiel der Sonnenkult der Inka. Oder die Mythen aus der ägyptischen oder griechischen Götterwelt.
Die Gedanken sind frei
Immer mehr Menschen erkennen, dass sich eine möglichst wirklichkeitskompatible Weltanschauung besser für das Streben nach einem glücklichen und erfüllten Leben im Diesseits eignet als religiöse Jenseitsfiktionen, die auf einem absurden und unmenschlichen Belohnungs-Bestrafungskonzept basieren.
Natürlich sei es jedem selbst überlassen, ob und wie er sich seine Weltanschauung und Überzeugungen durch religiöse Scheinwirklichkeiten erweitert. Solange das nur auf Kosten der eigenen intellektuellen Redlichkeit und Vernunft und nicht auf Kosten der Öffentlichkeit geht, ist kaum etwas dagegen einzuwenden. Die Gedanken sind (seit Aufklärung und Säkularisierung) frei.
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