Leserbrief an Pfarrer Rauch

Lesezeit: ~ 5 Min.

Guten Tag Herr Pfarrer Rauch,

in Ihrem Leserbrief „Völlig diffuser Religionsbegriff“ in der Fuldaer Zeitung vom 23.3.2018 schrieben Sie, dass für Sie der Islam nicht zu Deutschland gehöre, weil es „den“ Islam gar nicht gebe, ebenso wie „das“ Christentum.

Hier stimme ich Ihnen insofern zu, als dass auch ich der Auffassung bin, dass diese Begriffe viel zu diffus sind, als dass sich damit irgendeine bestimmte Personengruppe spezifizieren lassen könnte.

Weiter beschreiben Sie, dass es auch innerhalb des Christentums einen bunten Strauß von zum Teil extrem unterschiedlichen Verständnissen der christlichen Lehre gibt. Auch hier haben Sie meine Zustimmung.

Gerade die von Ihnen auch diagnostizierte Unbestimmbarkeit des Religionsbegriffes macht es praktisch unmöglich, Religionszugehörige als eine homogene Gruppe zu identifizieren.

Weil die christliche Lehre nicht mal die Mindeststandards erfüllt, die an eine Moralquelle gestellt werden, kann sie als solche auch nicht ernst genommen werden. Mit der christlichen Lehre lässt sich quasi alles Beliebige göttlich „legitimieren.“

Nur zwei Möglichkeiten?

Dann schreiben Sie, es gebe im Glauben an einen Gott nur zwei Möglichkeiten:

  • „Entweder ist der eine Gott auch in sich eins, so dass er nur Liebe ist, bedingungslose Liebe, oder er ist ein Gott, der nur mit Bedingungen liebt, welche allein Menschen aufstellen.“ (Quelle: Fuldaer Zeitung vom 23.3.2018)

Hier widerspreche ich entschieden. Denn es gibt nicht nur zwei Möglichkeiten im Glauben. Sondern so viele Möglichkeiten, wie es Gläubige gibt. Mangels göttlicher Existenz kann sich jeder seinen Gott beliebig nach seinen persönlichen Wünschen, Ängsten und Hoffnungen so ausdenken, wie es ihm gefällt, ohne dass sich faktisch irgendetwas ändert.

Genauso wie alle Götter sind auch alle göttlichen Eigenschaften ausnahmslos von Menschen erdacht – aus Unwissenheit, Angst, Hoffung, Wunschdenken – und zu allen möglichen Zwecken.

Wenn Ihr Gott „nur Liebe“ ist, was unterscheidet ihn denn dann von „nur Liebe“? Und warum sprechen Sie überhaupt von Gott und nicht einfach gleich von Liebe, wenn Sie Liebe meinen? Sobald Götter im Spiel sind, sind Beliebigkeit und Missverständnis regelmäßig Tür und Tor geöffnet.

Herr Pfarrer Rauch, auch Sie scheinen sich Ihre Gottesvorstellung so zurechtgebogen haben, wie sie Ihnen genehm erscheint. Sie wünschen sich einen Gott, der „alle Menschen aller Zeiten“ bedingungslos liebt. Offenbar unabhängig davon, was diese Menschen hienieden veranstaltet haben.

Götter können alle beliebigen Eigenschaften haben

Das sei Ihnen freilich unbenommen. Und eine solche Gottesvorstellung ist sicher auch angenehmer und verträglicher als die, die in der Bibel beschrieben wird. Denn die Liebe des biblischen Gottes Jahwe ist nun mal das genaue Gegenteil von bedingungslos.

Gott selbst hat ja nach christlicher Auffassung die Bibelschreiber dazu inspiriert, seine Offenbarung aufzuschreiben. Und so widersprüchlich die biblischen Mythen und Legenden auch größtenteils sein mögen – in einem Punkt ist die biblische Gesamtaussage auffällig eindeutig.

Zusammengefasst findet sich das christliche Belohnungs-Bestrafungskonzept z. B. im Markusevangelium:

  • Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden. (Mk 16,16 LUT)

Das christliche Heilsversprechen ist also zweifellos sehr wohl an mindestens eine Bedingung geknüpft. Nämlich an die, sich diesem Gott unterzuordnen. Oder, wie Sie es vermutlich formulieren würden, sich von ihm lieben lassen zu wollen. Die Hoffnung auf „Seligkeit“ dürfen sich ausschließlich die machen, die diesen Gott als einzigen Gott (und so herum sehr wohl bedingungslos) anerkennen.

Jahwe scheint ein ziemlich eingebildeter Gott zu sein: Gottes Bedingung für seine Liebe ist die bedingungslose Liebe seiner Anhänger.

Die Liebe des biblischen Gottes ist alles andere als bedingungslos

Das wäre ja noch akzeptabel, wenn es sich dabei um ein optionales Angebot handeln würde. Allerdings droht der biblisch-christliche Gott allen, die sich nicht von ihm lieben lassen wollen, mit zeitlich unbegrenzter jenseitiger physischer und psychischer Dauerfolter durch Höllenqualen bei vollem Bewusstsein.

Lk19.,27
Gott ist Liebe?

Von bedingungsloser Liebe kann also beim biblisch-christlichen Gott beim besten Willen keine Rede sein. Auch wenn das Gläubige und Kirchenverkünder, wenn sie nicht gerade einer der Fundamentalisten-Abteilungen angehören, heute gerne verdrängen, ausblenden oder unter den Teppich kehren. Besonders zum Gottesbild liberaler Christen mag die Vorstellung vom strafenden Gott oft so gar nicht mehr passen.

Wohlgemerkt: Es handelt sich dabei nicht um eine künstlich in die biblische Narrative hineinkonstruierte Aussage. Sondern um einen integralen Bestandteil der biblisch-christlichen Gesamtaussage.

Hatte sich der eifersüchtige Wüstengott im Alten Testament noch damit begnügt, seine Feinde gnadenlos zu vernichten oder von seinem auserwählten Volk unterdrücken oder ermorden zu lassen, wird es im Neuen Testament durch die Verlegung der Bestrafung für Un- und Andersglaube in ein ewig währendes Jenseits sogar noch viel schlimmer.

Falsches Dilemma

Das von Ihnen konstruierte Dilemma „entweder ist Gott bedingungslose Liebe oder er ist ein Gott, der nur mit Bedingungen liebt, welche allein Menschen aufstellen“ trifft so nicht zu.

Denn beide, der liebende und der strafende Gott entspringen lediglich menschlicher Phantasie. Die göttlichen „Bedingungen“ sind bis zum Beweis des Gegenteils genauso nur von Menschen erfunden wie die angebliche göttliche „unbedingte Liebe.“

Herr Pfarrer Rauch, Sie selbst liefern ja den Beleg, dass es sehr wohl zum Beispiel einen Gott geben kann, der laut biblischer Definition eben nicht bedingungslos liebt, und den Sie sich aber trotzdem so vorstellen.

Sie fordern, dass nur Ihre Gottesvorstellung gelten soll, nach der Gott bedingungslos alle Menschen aller Zeiten (also auch Diktatoren, Gewaltverbrecher, Kinderschänder? Was ist mit Neandertalern oder Vertretern des Homo erectus?) liebt.

Wie gerade beschrieben, können Sie diese Gottesvorstellung allerdings redlicherweise nicht mit dem biblisch-christlichen Gott in Einklang bringen.

Denn dieser Gott hat der biblischen (und somit nach christlicher Auffassung ja quasi seiner eigenen) Definition zufolge auch Eigenschaften, die beim besten Willen nicht mit der Wunschvorstellung vom bedingungslos liebenden Kuschelgott zusammenpassen.

Keine Ahnung von Religionsinhalten?

respectNun ist es für die Gesellschaft freilich reichlich egal, ob bzw. wie Sie persönlich sich Ihren imaginären Freund und Vater konkret vorstellen. Nur sollte Ihnen bewusst sein, dass Sie damit einen Gott künstlich „am Leben“ erhalten, auf den sich auch diejenigen berufen, die die menschenverachtende, strafende Seite Ihres Gottes nicht einfach so ausblenden wie Sie das zu tun scheinen.

Denen zu unterstellen, dass diese eben „keine Ahnung von Religionsinhalten haben“, verfehlt ebenfalls. Denn wie ein Blick in die 10bändige Kriminalgeschichte des Christentums erschreckend eindrucksvoll belegt, haben Menschen schon unvorstellbar viel Leid im vermeintlichen Namen und Auftrag desselben Gottes verursacht, an den auch Sie glauben.

Und ausnahmlos alle konnten ihr Handeln problemlos und schlüssig biblisch-religiös „begründen.“ Deus vult… Versuchen Sie das mal mit den Menschenrechten, Herr Pfarrer Rauch…

Genauso, wie Sie Gläubigen mit anderer Auffassung des christlichen Glaubens Ahnungslosigkeit unterstellen, könnte Ihnen ein fundamentalistischer Piusbruder oder ein evangelikaler Spinner sicher sehr überzeugend erläutern, warum Sie mit Ihrer Interpretation des christlichen Glaubens falsch liegen und nicht er.

Theodizee vs. bedingungslose Liebe

A propos Bewusstsein: Wie bringen Sie Ihre Wahrnehmung von der täglich beobachtbaren natürlichen Wirklichkeit mit Ihrer Wunschvorstellung eines allgnädigen, allwissenden, allmächtigen Gottes in Einklang?

Eines Gottes, zu dessen bedingungsloser Liebe für alle Menschen zu allen Zeiten offensichtlich auch unvorstellbar grausames Leid und Elend gehört? Weil ja alles, was geschieht, genau so seinem Allmachtsplan entsprechen muss, andernfalls er nicht allmächtig wäre?

Der liebe Gott von Pfarrer RauchEines Gottes, der fast seine gesamte Schöpfung dereinst schon mal ersäuft haben soll, weil sie ihm nicht mehr gefallen hatte?

Und eines Gottes, der sich seinen eigenen Sohn zu seiner eigenen Befriedigung als Menschenopfer temporär zu Tode hatte foltern lassen, um damit bestimmte Menschen von einer Sünde zu befreien, die er, der Allmächtige, ihnen vorher selbst angehängt hatte?

Halten Sie in Anbetracht der irdischen Wirklichkeit den Glauben an einen bedingungslos liebenden allmächtigen Gott nicht auch für naiv, realitätsfremd und selbstbetrügerisch?

Religionen in offenen und freien Gesellschaften

Bei Ihrer Forderung, dass sich alle Religionen und Weltanschauungsgemeinschaften unserer humanistisch-säkularen Gesellschaftsordnung mit dem Schutz der Menschenwürde als übergeordnetem Wert unterzuordnen haben, bin ich wieder ganz bei ihnen.

Denn das ist das einzig eigentlich relevante Kriterium. Die Frage nach der Zugehörigkeit ist (zumindest seit Aufklärung und Säkularisierung) keine Frage der Religion mehr. Sondern eine Frage von Gesetzen und ethischen Standards. Und beide basieren nicht mehr auf angeblich göttlichen Vorschriften, Heilsversprechen und Drohungen. Sondern auf von Menschen festgelegten Normen und Konventionen.

In einer offenen und freien Gesellschaft, wie sie auf Grundlage der 6 europäischen Werte entstehen kann, sind die Gedanken frei. Somit kann jeder die Götter verehren, die ihm verehrungswürdig erscheinen.

Aber bitte als Privatangelegenheit, auf eigene Kosten und ohne Übergriffe auf Un- und Andersgläubige sowie auf Kinder.

Ich würde mich freuen, Ihre Gedanken dazu zu erfahren, entweder privat per E-Mail oder gerne auch
als Kommentar auf der Seite.

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15 Gedanken zu „Leserbrief an Pfarrer Rauch“

  1. Sehr geehrter Herr Niedermeier,
    Ihr Kommentar zu meinem Leserbrief setzt zunächst einmal voraus, dass weder Sie noch ich wissen, ob da ein Gott ist. Für mich gilt: Joh 1,18: Niemand hat Gott je gesehen…
    Sie benutzen die „Nichtbeweisbarkeit Gottes“ als Argument, dass da kein Gott sei. Für mich ist die Nichtbeweisbarkeit Gottes logisch – ja sogar notwendig – damit dieser Gott, wenn er da ist, keinerlei Druckmittel hat, Menschen irgendwie zu zwingen oder zu manipulieren, sich auf ihn einzulassen. Wenn also Gott in nicht beweisbarer Weise da ist, schenkt er uns Menschen die absolute Freiheit, zu ihm JA zu sagen oder NEIN. Der Glaube an Gott ist also der Glaube an einen befreienden Gott.
    Der Nicht-Glaube an Gott ist also von einem solchen Gott einkalkuliert. Das macht Gott gar nichts aus.
    Wer aber glaubt, dass da ein Gott ist, der die Menschen in Freiheit liebt, so hat der Glaubende sich auf einen befreienden guten Sinngeber eingelassen.
    In Ihren Argumentationen machen Sie, Her Niedermeier, leider immer wieder den Fehler, Bibelstellen zu zitieren, ohne wirklich mit historisch-kritischen Methoden zu arbeiten. Wer – wie ich – sich in Freiheit und ohne Zwang – für einen Gott entschieden hat, der alle Menschen aller Zeiten auf ewig durch die Kraft der versöhnenden Liebe erlösend liebt, legt ganz logisch alle Bibelstellen mit der historisch-kritischen Methode so aus, dass diese „alle Menschen erlösende Liebe“ aus den Texten erkennbar wird. Ich nehme die Bibelstellen nicht einfach aus dem Zusammenhang dieser alle erlösenden Liebe heraus, sondern lege diese Grundentscheidung, dass es nur einen bedingungslos liebenden Gott gibt, allen Bibelauslegungen zugrunde.
    Da Sie, Herr Niedermeier, sich in Ihrer Freiheit gegen einen Gott, der alle Menschen erlösend liebt, entschieden haben, und einen Gott, der „gut und böse“ sein kann – den es für mich nicht gibt – bekämpfen, sehe ich mich von Ihrer Kritik überhaupt nicht angesprochen und auch grundsätzlich nicht verstanden.
    Meine Gottesvorstellung schadet keinem Menschen, sondern schenkt allen die Zusage, auf ewig gewollt, angenommen und geliebt zu sein. Meine Entscheidung an einen Gott zu glauben, der seine Feinde liebt wie Jesus, der sagte: „Vater vergib ihnen, sie wissen nicht, was sie tun.“ ist auf alle Fälle nichts Böses, sondern versöhnlich, liebend und weckt die Sehnsucht, so lieben zu können. Versöhnende Liebe ist immer gut, oder sind Sie da anderer Meinung? Ihre generelle Gottesleugnung ist somit auch die Leugnung solch ewiger versöhnender Liebe, die bei meiner Gottesvorstellung alle Lebensgeschichten in Liebe auf ewig bewahrt. Sie leugnen damit einen ewigen guten Sinn für uns Menschen.
    Sie bieten für den Menschen letztlich ein „Nichts“ an.
    Der Gott, an den ich glaube, gibt Ihnen durch seine Liebe in Freiheit diese Möglichkeit, ohne Sie, Herr Niedermeier, deswegen abzulehnen, zu bestrafen oder zu verdammen. Da lobe ich mir diesen Gott, der Sie trotzdem liebt. Mir aber gibt dieser von mir geglaubte Gott, den ich durch das Evangelium Jesu Christi so kennen gelernt habe, eine wunderbare Hoffnung für mich selbst und für alle Menschen, auch für die, mit denen ich mich sehr schwer tue. Ich bin nun mal nicht Gott, aber ich bin im Glauben gewiss, dass diese Frohbotschaft keinem Menschen schadet, sondern immer nur hilft, durch seine Liebe „umzudenken“ – welches da erste Wort Jesu nach seiner Taufe ist.
    Ich sehe mich mit diesem Glauben an Gott ganz auf der Seite der Menschen, die durch IHN auf ewig gewollt, geliebt und angenommen sind.

    Mit freundlichen Grüßen zu einem gesegneten Osterfest

    Ferdinand Rauch, Pfarrer

    Antworten
    • „Da Sie, Herr Niedermeier, sich in Ihrer Freiheit gegen einen Gott, der alle Menschen erlösend liebt, entschieden haben“

      Herr Rauch, ich habe den Eindruck, Sie haben die atheistische Weltanschauung nicht verstanden.

      Nein, ein Skeptiker hat sich NICHT entschieden, einen real existierenden Gott abzulehnen.

      Analoger Unsinn wäre die Aussage eines Feen-Gläubigen: „Herr Rauch, sie haben sich für ein Dasein ohne die umfassende Liebe und den Schutz von Feen entschieden.“

      Auch das wäre Unsinn. Nein. Sie, Herr Rauch, haben sich NICHT für eine Ablehnung real existierender Feen entschieden. Sondern Ihre Zweifel an der Existenz von Feen überwiegen. Sie können sich einfach nicht einreden, dass Feen real existieren. Feen sind fiktive Märchengestalten.

      Der Skeptiker erkennt keine Gründe, die Gotteshypothese für wahr zu halten. „Gott“ ist nach seiner ehrlichen epistemischen Bestandsaufnahme offenbar ebenfalls eine fiktive Märchengetalt.

      „Da Sie, Herr Niedermeier, sich in Ihrer Freiheit gegen einen Gott, der alle Menschen erlösend liebt, entschieden haben“

      Das ist keine sinnvolle Zusammenfassung seiner Position.

      Mich würde interessieren:

      Hat der Zweifel an der Gotteshypothese (Ihrer Meinung nach) irgendwelche nachteiligen Konsequenzen für den Skeptiker? Im Dieseits? Oder im behaupteten Jenseits?

      Antworten
  2. Guten Tag Herr Rauch, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für einen ausführlichen, im besten Sinne theologischen Kommentar genommen haben. Hierzu kurz einige Anmerkungen:

    „Sie benutzen die “Nichtbeweisbarkeit Gottes” als Argument, dass da kein Gott sei.“

    >> Ich treffe keine Existenzaussagen über Götter. Allerdings tue ich nicht so, als gäbe es einen bestimmten oder irgendeinen Gott. Mein Verhältnis zu Ihrem Gott ist vermutlich vergleichbar mit Ihrem Verhältnis zu z.B. Einhörnern, Feen und allen Göttern – ausgenommen Ihrem eigenen.

    Wenn eine Behauptung weder verifiziert noch falsifiziert werden kann, dann ist das stets ein starker Hinweis darauf, dass es sich dabei (bis zum Beweis des Gegenteils) um menschliche Phantasie handelt. Christlicher Glaube setzt die Existenz des christlichen Gottes voraus; diese lässt sich nur behaupten und behaupten (oder sich vorstellen) kann man alles Beliebige.

    „Für mich ist die Nichtbeweisbarkeit Gottes logisch – ja sogar notwendig – damit dieser Gott, wenn er da ist, keinerlei Druckmittel hat, Menschen irgendwie zu zwingen oder zu manipulieren, sich auf ihn einzulassen.“

    >> Natürlich – gäbe es einen validen Gottesbeweis, müsste ja niemand mehr an ihn glauben. Gott macht sich also „unsichtbar“, damit sich Menschen nicht von ihm unter Druck gesetzt fühlen können, ihn anzuerkennen? Wozu dann die unmissverständlich offenbarten göttlichen Höllendrohungen? Wenn der allmächtige Allgütige tatsächlich das Beste für seine auserwählte Spezies will, wieso dann dieses Versteckspiel?

    „Wenn also Gott in nicht beweisbarer Weise da ist, schenkt er uns Menschen die absolute Freiheit, zu ihm JA zu sagen oder NEIN. Der Glaube an Gott ist also der Glaube an einen befreienden Gott.“

    >> ‚In nicht beweisbarer Weise da‘ ist alles Beliebige; unter dieser Prämisse lässt sich keine sinnvolle Aussage treffen. Der Begriff „Gott“ lässt sich hier durch jeden beliebigen anderen Phantasienamen ersetzen, ohne dass sich irgendetwas ändert. Mit etwas, das sich per Definition der menschlichen Erkenntnis entzieht, lässt sich redlicherweise nichts in einen ursächlichen Zusammenhang bringen.

    Sowas kann man natürlich behaupten und es sich einbilden, mehr aber auch nicht. Und wie schon im Beitrag beschrieben: Wenn Sie den biblisch-christlichen Gott meinen: Was ist von dessen moralischen Standards zu halten, wenn er Menschen erst die Freiheit gibt, sich für oder gegen ihn zu entscheiden und sie aber anschließend zeitlich unbegrenzt dauerbestraft, wenn sie ihre Freiheit dazu nutzen, nicht an ihn zu glauben? Ganz abgesehen davon, dass er als Allmächtiger ja zumindest dafür sorgen sollte, dass jeder Mensch von ihm erfährt, wenn sein einziges Kriterium der Glaube an ihn ist?

    „Der Nicht-Glaube an Gott ist also von einem solchen Gott einkalkuliert. Das macht Gott gar nichts aus.“

    >> Natürlich nicht. Als allmächtiger Allwissender hat er ja alles genau so und nicht anders arrangiert und so weiß er auch, was Nichtgläubige nach ihrem Tod erwartet. Demzufolge muss Gott ein Sadist sein.

    „Wer aber glaubt, dass da ein Gott ist, der die Menschen in Freiheit liebt, so hat der Glaubende sich auf einen befreienden guten Sinngeber eingelassen.“

    >> Befreiend wovon? Welchen guten Sinn? Dass sein Wohl und Wehe davon abhängt, an Gott zu glauben?

    „In Ihren Argumentationen machen Sie, Her Niedermeier, leider immer wieder den Fehler, Bibelstellen zu zitieren, ohne wirklich mit historisch-kritischen Methoden zu arbeiten. “

    >> Woher wollen Sie das wissen? Wie im Beitrag schon angedeutet, handelt es sich bei Mk 16,16 eben *nicht* um ein atypisches, herausgepicktes Rosinchen, sondern um die quasi beliebig erweiterbare Zusammenfassung der biblischen Gesamtaussage. Sie hingegen lassen den Bestrafungsaspekt offenbar einfach weg.

    „Wer – wie ich – sich in Freiheit und ohne Zwang – für einen Gott entschieden hat, der alle Menschen aller Zeiten auf ewig durch die Kraft der versöhnenden Liebe erlösend liebt, legt ganz logisch alle Bibelstellen mit der historisch-kritischen Methode so aus, dass diese “alle Menschen erlösende Liebe” aus den Texten erkennbar wird. „

    >> Genau richtig. Aber das ist eben genau *keine* historisch-kritische Methode, sondern die für Gläubige typische: Ich lese mir das heraus (bzw. genauer: hinein), was meinen Wünschen und Vorstellungen entspricht, den großen Rest lasse ich weg oder definiere ihn mir wunschgemäß um. Obwohl ich einerseits vorgebe, ganz genau zu wissen, welche Bibelstellen gelten (nämlich die, die meinen Vorstellungen entsprechen), habe ich außerdem noch die Möglichkeit, Gott zur Not mit dessen Unergründlichkeit zu entschuldigen oder Leuten, die mein Wunschbild tatsächlich kritisch hinterfragen, Oberflächlichkeit zu unterstellen. In biblischen Texten kann praktisch alles Beliebige „erkennbar“ werden, wie die Kriminalgeschichte des Christentums zeigt.

    „Ich nehme die Bibelstellen nicht einfach aus dem Zusammenhang dieser alle erlösenden Liebe heraus, sondern lege diese Grundentscheidung, dass es nur einen bedingungslos liebenden Gott gibt, allen Bibelauslegungen zugrunde.“

    >> Wieder ganz richtig, nur eben das genaue Gegenteil von „kritisch.“ Sie werden Ihren Gott genauso in die Bibel hineininterpretieren können wie andere den strafenden Rachegott darin finden, den die Bibel (im NT mit ins Jenseits verlagerter Höllendrohung) nun mal beschreibt.

    „Da Sie, Herr Niedermeier, sich in Ihrer Freiheit gegen einen Gott, der alle Menschen erlösend liebt, entschieden haben, und einen Gott, der “gut und böse” sein kann – den es für mich nicht gibt – bekämpfen, sehe ich mich von Ihrer Kritik überhaupt nicht angesprochen und auch grundsätzlich nicht verstanden.“

    >> Ich habe mich weder für, noch gegen Ihren Gott entschieden, ich tue nur nicht so, als gäbe es Götter tatsächlich. Die Existenz von Jahwe und seinem Gottessohn ist für mich genauso irrelevant wie für Sie vermutlich die Existenz von Jahwes Exfrau Aschera, Zeus, Anubis oder dem Fliegenden Spaghettimonster. Ich setze mich jedoch mit den Menschen auseinander, die so tun als sei ihr Gott eine reale Größe und die meinen, basierend auf dessen angeblichem Willen Einfluss auf das Leben aller Menschen nehmen zu dürfen/müssen.

    „Meine Gottesvorstellung schadet keinem Menschen, sondern schenkt allen die Zusage, auf ewig gewollt, angenommen und geliebt zu sein.“

    >> Dass Ihre Gottesvorstellung schadet habe ich auch nicht behauptet, im Gegenteil. Ich hatte geschrieben, dass ich eine solche Gottesvorstellung sicher angenehmer finde als die eines strafenden Rachegottes, wie die Bibel ihn beschreibt. Einen Grund, warum ich den Glauben an diesen (harmlosen) Gott trotzdem für bedenklich halte, hatte ich versucht im Beitrag darzustellen. Ich bin sicher, dass Sie es wirklich nur gut meinen, wenn Sie Menschen ihre Zusage verkünden, die ich allerdings lediglich für eine (bestenfalls hoffnungsvolle) Illusion halte.

    „Versöhnende Liebe ist immer gut, oder sind Sie da anderer Meinung?“

    >> Daraus folgt aber nicht, dass Ihr Gott deswegen auch „immer gut“ ist, Stichworte: Hölle, Theodizee…

    „Ihre generelle Gottesleugnung ist somit auch die Leugnung solch ewiger versöhnender Liebe, die bei meiner Gottesvorstellung alle Lebensgeschichten in Liebe auf ewig bewahrt.“

    >> Eben nicht. Dies ist eine klassische „non sequitur“-Scheinargumentation: „Gott ist Liebe. Wer gegen Gott ist, ist auch gegen Liebe.“ Ich gehe aus guten Gründen nicht von einer wie in der christlichen Lehre vorausgesetzten jenseitigen Weiterexistenz aller „Lebensgeschichten“ aus. Die einzig redliche Aussage zur Frage nach einem Jenseits ist (bis zum Beweis des Gegenteils): „Wir wissen es (noch) nicht.“ Ein Umstand, den Sie Ihrerseits leugnen, wenn Sie diese Behauptung aufstellen.

    „Sie leugnen damit einen ewigen guten Sinn für uns Menschen.“

    >> Wie schon geschrieben: Ich leugne gar nichts, im Gegenteil: Ich gebe (anders als Sie) eben *nicht* vor, Dinge zu wissen, die man (noch) nicht wissen kann. Auch hier wieder: Einen wie auch immer gearteten übergeordneten göttlichen Sinn kann ich nicht erkennen und deswegen bilde ich mir auch nicht ein, dass ein verborgenes Götterwesen dem Dasein einen Sinn geben würde.

    „Sie bieten für den Menschen letztlich ein “Nichts” an.“

    >> Auch das ist wieder ein klassisch theologisches, altbekanntes Scheinargument. Nur weil ich Ihren auf einem von Menschen erdachten Götterwesen basierenden „höheren Sinn“ nicht als sinnhaft anerkenne heißt das noch lange nicht, dass ich keinen Sinn im irdischen Dasein sehe, ganz im Gegenteil. Ich halte mich dabei lediglich an die natürliche Wirklichkeit, statt diese um einen religiösen Schein-Sinn zu erweitern. Und in dieser Wirklichkeit lässt sich nun mal (und wohl auch noch bis auf Weiteres) über jenseitige menschliche Zustände nichts sagen außer das, was wir eben wissen können. Genau das Bewusstsein, dass Leben nach dem Tod in den gleichen Zustand zurückkehrt wie vor dem Entstehen ist es, was meinen Sinn für das Diesseits schärft. Es ist eben nicht die Angst vor einem Nichts, sondern das Bewusstsein für das „Etwas.“ Für das Streben nach einem diesseitsorientieren, glücklichen und erfüllten Leben halte ich eine Weltsicht, die nicht mit der natürlichen Wirklichkeit kompatibel ist für eher hinderlich, auf jeden Fall aber für entbehrlich.

    „Der Gott, an den ich glaube, gibt Ihnen durch seine Liebe in Freiheit diese Möglichkeit, ohne Sie, Herr Niedermeier, deswegen abzulehnen, zu bestrafen oder zu verdammen.“

    >> Ja, das mag sein. Nur hat dieser Gott dann mit dem biblisch-christlichen Gott nicht mehr wirklich viel gemeinsam.

    „Da lobe ich mir diesen Gott, der Sie trotzdem liebt.“

    >> Der biblisch-christliche Gott liebt mich nicht, der bestraft mich zeitlich unbegrenzt dafür, dass ich mich zu Lebzeiten nicht zu ihm bekannt habe – egal, was ich sonst noch so alles getan oder gelassen habe. Schön, dass Ihr Gott offenbar nicht dieser Gott ist.

    „Mir aber gibt dieser von mir geglaubte Gott, den ich durch das Evangelium Jesu Christi so kennen gelernt habe, eine wunderbare Hoffnung für mich selbst und für alle Menschen, auch für die, mit denen ich mich sehr schwer tue. „

    >> Mit welchen Menschen tun Sie sich denn sehr schwer und warum? Weil Sie den Glauben an Ihren Gott nicht teilen? Was verstehe ich an den Gleichnissen von Jesus falsch, in denen er deutlich macht, dass Gott alle, die gegen ihn sind dafür bestrafen wird?

    „Ich bin nun mal nicht Gott, aber ich bin im Glauben gewiss, dass diese Frohbotschaft keinem Menschen schadet, sondern immer nur hilft, durch seine Liebe “umzudenken” – welches da erste Wort Jesu nach seiner Taufe ist.“

    >> Die biblischen Höllenschilderungen sind Ihnen aber schon bekannt, oder? A propos kritisch-historisch: Die Frohbotschaft von Jesus (so sie denn tatsächlich von ihm stammt) bezog sich sehr wahrscheinlich nur auf seine Anhänger (deshalb auch *Nächsten*liebe, vgl. Lev 19,18: An den Kindern *deines* Volkes…), also auf die, die bereit sind, sich seinem Gott unterzuordnen. Die Aussage ist, wie auch schon geschrieben, eindeutig: Nur wer glaubt darf überhaupt auf Erlösung hoffen, die anderen erwartet Heulen und Zähneklappern im göttlichen Feuerofen. Ich beziehe mich hier wieder auf die biblische Aussage, nicht auf Ihre persönliche Gottesvorstellung.

    „Ich sehe mich mit diesem Glauben an Gott ganz auf der Seite der Menschen, die durch IHN auf ewig gewollt, geliebt und angenommen sind.“

    >> Wenn Gott Ihrer Aussage zufolge *alle* Menschen *aller* Zeiten liebt, wer sind denn dann die Menschen auf der anderen Seite? Diese Aussage finde ich insofern besonders interessant, als dass darin das spaltende, trennende Element monotheistischen Glaubens sichtbar wird: „*Wir* sind die, die durch IHN auf ewig gewollt, geliebt und angenommen sind, weil wir an IHN glauben“ – die anderen sind – ….?

    Ich fände es sehr interessant, mich mal persönlich mit Ihnen zu unterhalten – nicht um zu streiten, sondern um zu diskutieren und um Argumente auszutauschen. Wären Sie dazu evtl. mal bereit, vielleicht sogar im Rahmen einer kleinen Runde von Humanisten?

    Viele Grüße und nochmal herzlichen Dank für Ihren Kommentar, Marc

    Antworten
    • Sehr geehrter Her Niedermeier,
      als Weltanschauungsbeauftragter unserer Diözese kenne ich nun viele solcher Argumentationsversuche wie Sie sie hier vorbringen. Da ich Besseres zu tun habe, als stundenlang auf etwas schriftlich zu antworten, ohne erkennen zu können, dass Sie mich verstehen und eventuell mich wegen Ihrer Festlegungen nicht verstehen können, beende ich dieses Hin und Her, indem ich einfach folgendes sage, bzw. schreibe:

      Ich glaube an einen Gott, der zwar nicht zu beweisen ist, von dem mir aber durch Jesus, den ich als Christus glaube, die bisher beste Verheißung für die Welt vermittelt wurde: nämlich in ewiger unverlierbarer und bedingungsloser Liebe zu stehen. Diese Verheißung steht für mich ü b e r allen biblischen Aussagen, die den Eindruck erwecken, dass Gottes Liebe nur bedingt sei. Sie, Herr Niedermeier, mögen für sich die Bedeutung der Bibel anders sehen als jemanden, der sagt: „Ich glaube an Gott!“ Aber die Bibel hat für mich nie die Bedeutung, dass sie ewige bedingungslose Liebe Gottes für alle Menschen aufhebt. Ich lasse mich auch nicht von Ihnen dazu zwingen, Ihre persönliche Bedeutung der Bibel für mich zu übernehmen, so dass irgendwelche Texte der Bibel für mich wichtiger zu sein hätten als die allumfassende ewige Liebe Gottes zu allen Menschen.

      Es ist mir vollkommen egal, wie Sie, Herr Niedermeier, die Bedeutung der Bibel sehen. Es ist nur Ihre persönliche Meinung – mehr nicht. Und selbst dann, wenn alle anderen Menschen Ihnen zustimmen würden, was nachweislich nicht der Fall ist, weil Sie diesbezüglich der Menschheit nur marginal bekannt sind, nehme ich mir die Freiheit, an einen Gott zu glauben, der alle Menschen aller Zeiten auf ewig bedingungslos liebt. Und ich bin fähig, das auch mit vielen biblischen Texten zu belegen. Aus Ihren Entgegnungen kann ich nur erkennen, dass Sie das nicht so sehen können oder wollen, weil Sie nicht erkannt haben, dass es nur zwei Möglichkeiten des Glaubens an einen Gott gibt, nämlich: dass entweder EIN Gott (bzw. eine Gottesvorstellung) bedingungslos und unwiderruflich alle Menschen aller Zeit gewollt und angenommen hat, oder dass da EIN Gott (bzw. eine Gottesvorstellung) ist, der die Menschen aller Zeiten nur unter bestimmten Bedingungen liebt, wobei dann die Bedingungen je nach Mensch oder Menschengruppe anders aussehen, weil Menschen diese Bedingungen machen.

      Niemand hat ja Gott je gesehen. An einen bedingt liebenden Gott glaube ich nicht. Solche Gottesvorstellung ist für mich nicht möglich, weil dann Gott nicht mehr Gott wäre, sondern je nach Bedingungsliste wieder ein anderer Gott.

      Der bedingungslos liebende Gott ist für mich die einzig logische Gottesvorstellung, da durch die Menschwerdung Christi Jesu -wie ich glaube – dem Menschen nicht nur unantastbare Würde schenkt, sondern die Gewissheit im Glauben, auf ewig in einer liebenden Beziehung zu stehen, so dass alle, die an so einen bedingungslos liebenden Gott glauben, von seiner Liebe inspiriert werden, die Menschen tiefer und hingebungsvoller zu lieben. Der Gott, an den ich glaube ist ein Gott, der immer nur „für die Menschen“ da ist. Da so ein auf ewig bedingungslos liebender Gott, an den ich durch Christus Jesus glaube, alle Liebe der Welt übertrifft und von keinem Menschen übertroffen wird, ist er für mich der Sinn meines begrenzten und schwachen Lebens, der mir und allen Menschen treu bleibt, weil wahre Liebe auch die Feinde liebt.

      Darum bin ich jedenfalls meines Glaubens froh und kann nicht sehen, was daran schlecht sein soll, außer dass ein Herr Niedermeier sagt: Daran glaube ich nicht, bzw: das gibt es für mich nicht, weil der Pfarrer Rauch das alles ohne Beweise nur behauptet. Ich bin eben ein gläubiger Mensch, was in diesem Fall nichts Böses oder Schlechtes ist, weil ich damit für alle Menschen – wegen des bedingungslos liebenden Gottes – an deren Heil glaube.
      Sie, Herr Niedermeier, können das nicht glauben, weil Sie das auf Grund Ihrer Entscheidungen nicht glauben wollen, bzw. weil Sie das einfach nicht glauben.

      Macht für mich gar nichts, denn ich bin in meinem Glauben gewiss: Gott liebt auch Sie, Herrn Marc Niedermeier. Darum freue ich mich für Sie.

      In diesem Sinn
      ein „Gesegnetes Osterfest“, dessen Glaubensfeiertage Sie, Herr Niedermeier, noch nie abgelehnt haben, sondern die zusätzlichen freien Tage als Feiertage in Anspruch nahmen.
      Oder haben sie an diesen Feiertagen bewusst soziale Arbeit übernommen?

      Ferdinand Rauch, Pfarrer

      Antworten
      • Nochmal vielen Dank für Ihre Ausführungen, zu denen (besonders zu Ihren Unterstellungen und Angriffen) ich freilich auch wieder einiges anzumerken hätte. Da Sie an einem weiteren Austausch nicht interessiert sind und weil Ihre Zeilen auch für sich sprechen, lasse ich Ihren Kommentar gerne so stehen – als Paradebeispiel für das Verhalten von Gläubigen, wenn sie mit der Aufgabe, eine kritische Hinterfragung ihrer Glaubensgrundlagen bewältigen zu müssen konfrontiert werden. (Stichwort: Kognitive Dissonanz)

        Nur eines möchte ich hier bezugnehmend auf Ihren Kommentar nochmal ausdrücklich betonen: Sie brauchen Ihren Glauben mir gegenüber nicht zu rechtfertigen; die Gedanken sind (dank Aufklärung und Säkularisierung) heute und hierzulande frei und selbstverständlich sei es Ihnen völlig unbenommen zu glauben, was immer sie wollen. Ich setze mich (auch während der Osterfeiertage) dafür ein, dass das auch in Zukunft so bleibt.

        Übrigens, auch glaubensfreie Menschen feiern um diese Jahreszeit, allerdings keine Hinrichtung, sondern das Leben.

        Antworten
  3. Genau so wie Herr Rauch seinen Glauben an einen bestimmten Gott und dessen Eigenschaften verteidigen Esoteriker ihren Glauben an die Macht der Astrologie:
    1. Ich wünsche mir ganz fest, dass die Astrologie wahr ist und darum glaube ich ganz fest daran.
    2. Mir ist meine Form der Astrologie so wichtig, dass mir die Argumente der Kritiker egal sind – die können sagen, was sie wollen: Mein Wunschdenken ist stärker als jedes rationale Argument.
    3. Dieses Wunschdenken stiftet für mich und viele andere Menschen nämlich Lebenssinn – und was wäre schon ein Leben ohne Glauben an die Astrologie?
    4. Und überhaupt kann sich auch ein Kritiker nicht dem Einfluss der Gestirne auf sein Leben entziehen.
    5. Fazit: Alle diese Gründe zeigen logisch, dass die Astrologie wahr ist.

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  4. Sehr geehrter Herr Niedermeier,

    sehr interessant, wie jemand, der so darauf beharrt das alle Behauptungen und Schlussfolgerungen streng logisch zulässig und in sich schlüssig sein sollen und jeden Ansatz von Unsauberkeit in der Argumentation sogleich geißelt, einem derart plumpen Trugschluss aufsitzt dass Liebe und Bestrafung nicht miteinander vereinbar sein sollten … das jedenfalls zumindest als Tatsache hinstellt, ohne dafür eine sinnvolle Begründung zu liefern.

    Wie erziehen wohl Millionen wenn nicht Milliarden von Menschen ihre Kinder auf diesem Planeten? Alle ohne Liebe? Alle ohne Bestrafungen? Ich meine damit nicht unbedingt körperliche Züchtigung, sondern negative Konsequenzen als Folge von (von z.B. den Eltern oder der Gesellschaft) unerwünschtem Verhalten.

    Alle Eltern und Pädagogen wissen: Liebe und Bestrafung schließen sich nicht aus. Bestrafung kann sogar eine Handlung sein, die von Liebe motiviert ist.
    Ist deren Liebe nicht echt? Wechseln sich Liebe und Strafe nur ab? (Selbst dann zeigten sie sich in derselben Person). Sind Eltern und Pädagogen dann auch Sadisten?

    Das Ganze hat noch nicht einmal etwas mit der Frage Gott oder nicht Gott zu tun, und noch längst nichts mit der Frage, an welchen Gott Herr Rauch glaubt, und welchen Gott die Bibel beschreibt. Liebe zusammen mit Bestrafung – das existiert einfach in unserer täglichen Erfahrungswelt! Aber bei (einem) Gott darf das nicht so sein? Wieso sollte Gott nicht auch Liebe und Strafe in sich vereinigen können ohne gleich als „böse“ oder „sadistisch“ zu gelten?

    Da das Konzept Strafe einiges mit dem Thema Gerechtigkeit zu tun hat, würde mich folgendes interessieren:
    Wie vereinbaren Sie Liebe und Gerechtigkeit in Ihrem Leben? Ganz praktisch, in konkreten Situationen, nicht so theoretisierend, wie in vielen Ihrer Beiträge hier.

    Nebenbei: Ich stimme ganz mit Ihnen überein, dass das Gottesbild von Pfarrer Rauch und das der Bibel erheblich voneinander abweichen, auch wenn ich Ihrer ebenfalls sehr einseitigen Interpretation der Bibel nicht folgen würde. Haben Sie die Bibel einmal gelesen, komplett und gründlich?

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    • Lieber Holger, vielen Dank für deinen Kommentar. Allerdings muss ich auch deine Argumentation – nicht geißeln, aber kritisch durchleuchten.

      Im Beitrag geht es um die Frage, ob Gottes Liebe bedingungslos sei und nicht darum, inwieweit Bestrafung an sich abzulehnen oder zu befürworten sei. Geht man vom biblisch-christlichen Gottesbild aus, so ist die göttliche Liebe unzweifelhaft an die Bedingung geknüpft, sich diesem Gott zu Lebzeiten exklusiv unterworfen zu haben. Die Liebe dieses Gottes ist also gerade nicht bedingungslos.

      Der Vergleich mit dem göttlichen und einem menschlichen Belohnungs-Bestrafungskonzept hinkt in mehrfacher Hinsicht, zum Beispiel:

      1. Gewaltfreie negative Konsequenzen zum Erreichen bestimmter Verhaltensweisen sind nicht vergleichbar mit einer zeitlich unbegrenzten physischen uns psychischen Dauerbestrafung durch Höllenfolter bei vollem Bewusstsein für das „Vergehen“, zu Lebzeiten nicht an den „richtigen“ Gott geglaubt zu haben.
      2. Der biblisch-christliche Gott wird als allmächtig, allwissend und allgnädig dargestellt, was auf Menschen nicht zutrifft.
      3. Verantwortungsbewusste Eltern sollten ihren Kindern erklären können, warum sie bestimmte Verhaltensweisen mit Strafen sanktionieren. Gleiches gilt z. B. auch für den gerichtlichen Strafvollzug. Die einzige Begründung für göttliche Strafe ist dessen narzisstische Eifersucht (ein frappierend menschliches Phänomen für einen Monogott…). Damit muss Gott tatsächlich genauso als Sadist gelten wie Eltern, die ihre Kinder gewaltsam und/oder unbegründet bestrafen.
      4. Inwieweit ein Bestrafungskonzept tatsächlich unumgänglich und zweckdienlich ist, kann und sollte diskutiert werden – im erzieherischen genauso wie im juristischen Bereich.

      Zur Frage nach Vereinbarkeit von Liebe und Gerechtigkeit: Für eine sinnvolle Grundlage, auf der Menschen faire Entscheidungen treffen können, halte ich zum Beispiel die Maxime: „Tue was du willst, ohne dabei gleichberechtigte Interessen deiner Mitlebewesen zu verletzen.“ Wie das jeweils im Einzelfall konkret aussieht, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab und lässt sich nicht pauschal beantworten; zur Beantwortung solcher Fragen können und sollten verschiedene Bereiche der Philosphie/Soziologie/Ethik herangezogen werden.

      Ich habe die Bibel auf jeden Fall gründlicher und vor allem objektiver gelesen als die meisten der Christen, mit denen ich mich bisher über biblische Inhalte unterhalten habe. Wie schon im Beitrag beschrieben, lassen sich mit den biblischen Mythen und Legenden praktisch alle beliebigen Verhaltensweisen rechtfertigen, weshalb die Bibel als Grundlage für ein brauchbares Moralsystem unbrauchbar ist. Nicht ohne Grund war es dem einfachen Gläubigen jahrhundertelang verboten, die Bibel selbst zu lesen.

      Das Argument „Hast du denn überhaupt schon mal die Bibel komplett und gründlich gelesen“ ist ein klassisches „Kein wahrer Schotte“- Scheinargument, das gerade im Zusammenhang mit allen möglichen „heiligen Schriften“ immer wieder gerne angebracht wird. Es kann auch als ad hominem-Argument betrachtet werden, weil es mir ja unterstellt, nicht wirklich zu wissen, worüber ich schreibe.

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      • Danke für die ausführliche Antwort. Mir ist allerdings immer noch nicht klar, wieso ein strafender Gott nicht gleichzeitig liebend sein kann. Wenn Liebe und Strafe einander nicht ausschließen, dann ist der Schluss, die Liebe sei nicht bedingungslos, wenn bei unerwünschtem Verhalten eine Strafe folgt, einfach nicht zulässig.

        Wo genau ist das Problem, wenn Gott jeden Menschen zu jeder Zeit bedingungslos liebt, und trotzdem einen Teil von ihnen (wegen „Nicht-Glaubens“) bestraft? Das sieht für mich eher nach „Es kann nicht sein, was nicht sein darf“-Argument als nach einer tatsächlichen logischen Schlussfolgerung aus.

        In einem Punkt hast du allerdings recht. Mein Vergleich mit den Menschen hinkt, allerdings begründet Gott die Strafe sehr wohl. Dazu muss man allerdings das biblische Konzept von Schöpfung, Gottes Liebe, seiner absoluten Gerechtigkeit (aus jeder „Sünde“ folgt unweigerlich eine Strafe, Augen zudrücken gibt es nicht) etwas näher betrachten.

        Ein paar Grundannahmen müssen dazu vorab natürlich getroffen werden, wie z.B. Gott existiert wirklich (nicht nur in meiner Fantasie) und er offenbart sich selbst durch die Bibel. Nicht zu verwechseln damit, dass Menschen Gott (ihren) Gott in der Bibel porträtieren bzw. irgendwelche Eigenschaften zuschreiben.

        Gottes „Allmacht“ hat allerdings auch in der Bibel durchaus seine Grenzen und ist somit nicht buchstäblich zu verstehen. Ein allumfassender Allmachtsbegriff ist in sich ein Paradoxon. Man kann eine Vielzahl von logischen Widersprüchen konstruieren.

        Kann Gott einen Stein schaffen, der so schwer ist, dass er ihn selbst nicht mehr hoch heben kann? Ja? Nein? In beiden Fällen ist die Allmacht Gottes dahin.

        Allerdings sind solcherlei Spielereien Unfug und überhaupt frage ich mich, ob ein übersinnliches Wesen der Kategorie eines Monogottes überhaupt dieser Art von Logik unterworfen wäre. Vielleicht ist es auch einfach nur so, dass wir mit unserem nachgewiesenermaßen beschränktem Verstand und unserer demzufolge beschränkten Logik einem Gott einfach nicht beikommen können – zumindest insofern, als er tatsächlich allwissend, allmächtig usw. wäre.

        Mich würde allerdings interessieren, womit sie die oben getätigte Aussage belegen:

        „… lassen sich mit den biblischen Mythen und Legenden praktisch alle beliebigen Verhaltensweisen rechtfertigen“.

        Und die unter Punkt zwei gemachte Aussage ist definitv falsch: „2. Der biblisch-christliche Gott wird als … allgnädig dargestellt …” Einen allgnädigen Gott gibt es in der Bibel nicht. Die Gnade ist in der Bibel im Gegensatz zur Liebe sehr wohl an Bedingungen geknüpft.

        Kurz skizziert sieht das biblische Konzept von Gottes Gerechtigkeit, Liebe und Gnade so aus:

        1. Gott erwarten von allen Menschen die Einhaltung seiner Gebote. Begründung: Ihr seid von mir geschaffen, ich habe demzufolge das Recht das von euch zu verlangen. (Menschen verhalten sich übrigens ähnlich, sie erwarten auch, dass von ihnen erfundene, entwickelte und konstruierte Dinge das tun, was sie sollen.)
        2. Die Menschen (und zwar alle) erfüllen diese Erwartung nicht vollständig. Das Verstoßen gegen diese Erwartung nennt die Bibel Sünde (Das Wort bedeutet eigentlich „Zielverfehlung“).
        3. Die Folge ist, dass die Beziehung des Menschen zu Gott zerstört wird (in etwa wie zwischenmenschliche Beziehungen kaputt gehen, wenn man sich gegenseitig verletzt) und der Mensch Gottes Gegenwart nicht mehr ertragen kann. Daher landet er nach dem irdischen Leben an einem Ort, an dem Gott nicht ist („Hölle“, „zweiter Tod“).
        4. Weil Gott aber alle Menschen liebt, ist er bestrebt, ihnen dieses Schicksal zu ersparen. Er kann allerdings seine absolute Gerechtigkeit nicht verleugnen (hier ist z.B. so eine Grenze der Allmacht).
        5. Deswegen übernimmt er selbst die Strafe und begnadigt diejenigen, die diese Stellvertretung auf sich angewendet wissen wollen („sie glauben“).
        6. Gott zwingt niemanden, zu glauben, allerdings kommt derjenige dann nun mal nicht in den „Genuss“ seiner Gnade.

        Die Liebe ist also schon bedingungslos, die Gnade/Begnadigung allerdings nicht.

        Innerhalb des biblischen Systems ist das durchaus ein sinnvolles und in sich schlüssiges Denken. Ob man das glauben will, ist eine ganz andere Frage.

        Ein letzter Punkt. Dein letzter Absatz beantwortet nicht die Frage, die ich gestellt hatte, sondern weicht leider aus. Ich habe nichts unterstellt, sondern lediglich ehrlich gefragt, im übrigen ohne das Wörtchen „überhaupt“, das mir wiederum sofort eine Unterstellung unterstellt. 🙂
        Ich bin ob dieser Antwort allerdings geneigt zu vermuten, dass ich einen wunden Punkt getroffen habe.

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        • Wo genau ist das Problem, wenn Gott jeden Menschen zu jeder Zeit bedingungslos liebt, und trotzdem einen Teil von ihnen (wegen „Nicht-Glaubens“) bestraft? Das sieht für mich eher nach „Es kann nicht sein, was nicht sein darf“-Argument als nach einer tatsächlichen logischen Schlussfolgerung aus.

          Die logische Schlussfolgerung besteht darin, dass die angeblich bedingungslose Liebe eben doch an eine Bedingung (sich Gott unterwerfen) geknüpft und damit nicht mehr bedingungslos ist. Was die Sache noch zusätzlich verschlimmert, ist die Tatsache, dass laut biblisch-christlicher Mythologie die „bedingungslose“ Liebe Gottes nicht etwa eine optionale Angelegenheit ist, sondern eine erpresste Liebe: Entweder, du ordnest dich mir unter, dann (und nur dann) liebe ich dich; aber wenn du das nicht tust, bestrafe ich dich dafür zeitlich unbegrenzt.

          Dazu kommt, dass „Liebe“ kein scharf definierter Begriff ist. Bei Bedarf kann aus religiöser Sicht auch physische Gewalt als Liebesbeweis gelten (siehe Sprüche 13.24 oder die Segnung von Atombomben).

          […] Ein paar Grundannahmen müssen dazu vorab natürlich getroffen werden, wie z.B. Gott existiert wirklich (nicht nur in meiner Fantasie) und er offenbart sich selbst durch die Bibel. Nicht zu verwechseln damit, dass Menschen Gott (ihren) Gott in der Bibel porträtieren bzw. irgendwelche Eigenschaften zuschreiben.

          An dieser Stelle erübrigt sich eigentlich eine weitere Diskussion, sofern du von diesen Prämissen ausgehst (wovon ich mal ausgehe ;)). Wenn du die Existenz eines Gottes (oder auch dessen „Offenbarung“ oder bestimmte göttliche Eigenschaften) behauptest, dann liegt die Beweislast bei dir. Die biblischen Mythen und Legenden taugen genausowenig als Gottesbeweis (Zirkelschluss) wie subjektive Empfindungen und Wunschvorstellungen.

          Wir sprechen also (bis zum Beweis des Gegenteils) über Produkte menschlicher Phantasie und Einbildung, die von Gläubigen für wahr gehalten (=geglaubt) werden.

          Unter dieser Prämisse hier ein paar Gedanken zu deinen Ausführungen (zu einigen Punkten liefere ich nur Links, weil die Antworten dort schon zu finden sind):

          Gottes „Allmacht“ hat allerdings auch in der Bibel durchaus seine Grenzen und ist somit nicht buchstäblich zu verstehen. Ein allumfassender Allmachtsbegriff ist in sich ein Paradoxon. Man kann eine Vielzahl von logischen Widersprüchen konstruieren.

          Kann Gott einen Stein schaffen, der so schwer ist, dass er ihn selbst nicht mehr hoch heben kann? Ja? Nein? In beiden Fällen ist die Allmacht Gottes dahin.

          Allerdings sind solcherlei Spielereien Unfug und überhaupt frage ich mich, ob ein übersinnliches Wesen der Kategorie eines Monogottes überhaupt dieser Art von Logik unterworfen wäre.

          Siehe hierzu: https://www.awq.de/2018/07/argument-9-gott-uebersteigt-den-verstand-und-unterliegt-nicht-der-logik-man-kann-diese-dinge-nicht-auf-ihn-anwenden/

          Diese Fragestellungen sind keine Spielereien, vielmehr entlarven sie die Paradoxie bestimmter Behauptungen. Nicht die Fragestellung ist Unfug, sondern die Behauptung, die sie in Frage stellt. Woher weißt du, welche biblischen Begriffe buchstäblich zu verstehen sind und welche nicht?

          Vielleicht ist es auch einfach nur so, dass wir mit unserem nachgewiesenermaßen beschränktem Verstand und unserer demzufolge beschränkten Logik einem Gott einfach nicht beikommen können – zumindest insofern, als er tatsächlich allwissend, allmächtig usw. wäre.

          Siehe hierzu: https://www.awq.de/2018/08/argument-27-ueber-einen-gott-koennen-wir-beschraenkten-menschen-nicht-urteilen-also-ist-es-unfug-ihn-ethisch-zu-kritisieren/

          Mich würde allerdings interessieren, womit sie die oben getätigte Aussage belegen:

          „… lassen sich mit den biblischen Mythen und Legenden praktisch alle beliebigen Verhaltensweisen rechtfertigen“.

          Für diese Aussage kann ich quasi beliebig viele Beispiele liefern. Allem voran die Kriminalgeschichte des Christentums, die gerade so auf 5000 Seiten passt. Siehe hierzu auch: https://www.awq.de/2017/07/buchtipp-die-legende-von-der-christlichen-moral-edmueller/. Du kannst mir gerne eine beliebige biblisch begründete Aussage nennen und ich nenne dir eine widersprüchliche biblische Argumentation.

          Und die unter Punkt zwei gemachte Aussage ist definitv falsch: „2. Der biblisch-christliche Gott wird als … allgnädig dargestellt …” Einen allgnädigen Gott gibt es in der Bibel nicht. Die Gnade ist in der Bibel im Gegensatz zur Liebe sehr wohl an Bedingungen geknüpft.

          Mir ist wohl bewusst, dass man die biblischen Texte auch so auslegen kann, dass dies dabei herauskommt (siehe vorherigen Punkt: Beliebigkeit). In der katholischen Lehre ist die Allgnade Gottes dogmatisch festgelegt (Gott ist unendlich barmherzig. Gott ist die absolute wohlwollende Güte. etc.).

          Kurz skizziert sieht das biblische Konzept von Gottes Gerechtigkeit, Liebe und Gnade so aus:

          1. Gott erwarten von allen Menschen die Einhaltung seiner Gebote. Begründung: Ihr seid von mir geschaffen, ich habe demzufolge das Recht das von euch zu verlangen. (Menschen verhalten sich übrigens ähnlich, sie erwarten auch, dass von ihnen erfundene, entwickelte und konstruierte Dinge das tun, was sie sollen.)

          Auch dieser Vergleich hinkt, denn Menschen sind genausowenig konstruierte Maschinen, wie Menschen (bis zum Beweis des Gegenteils) von einem Gott erschaffen und/oder als Marionetten eines bestimmten Gottes fungieren. Ethische Standards werden von Menschen ausgehandelt und vereinbart. Götter werden dafür nicht benötigt; göttliche Beziehungsprobleme sind dafür irrelevant.

          Das göttlich strafbewehrte „Vergehen“ ist, sich Gott nicht unterzuordnen (siehe Mk 16,16 und die 10 Gebote). Auch der biblische Jesus lässt keinen Zweifel daran: Wer nicht glaubt, landet *dafür* im Feuerofen.

          2. Die Menschen (und zwar alle) erfüllen diese Erwartung nicht vollständig. Das Verstoßen gegen diese Erwartung nennt die Bibel Sünde (Das Wort bedeutet eigentlich „Zielverfehlung“).

          Warum erschafft sich Gott die Menschen nicht einfach so, wie er sie gerne hätte? Siehe hierzu: https://www.awq.de/2018/08/epikur-theodizee-in-90-sekunden/

          3. Die Folge ist, dass die Beziehung des Menschen zu Gott zerstört wird (in etwa wie zwischenmenschliche Beziehungen kaputt gehen, wenn man sich gegenseitig verletzt) und der Mensch Gottes Gegenwart nicht mehr ertragen kann. Daher landet er nach dem irdischen Leben an einem Ort, an dem Gott nicht ist („Hölle“, „zweiter Tod“).

          Dies widerspricht der Behauptung, Gott sei allgegenwärtig. Außerdem stellt es die moralischen Standards Gottes in Frage, der seine bevorzugte Trockennasenaffenart ja auch einfach gleich so hätte erschaffen können, dass sie seinen Vorstellungen oder seinen Gerechtigkeitsansprüchen entspricht. Ein für diese Aussage vorausgesetztes Jenseits (im religiösen Sinne) zählt ebenfalls zu den Prämissen, die (bis zum Beweis des Gegenteils) lediglich auf menschlicher Imagination beruhen.

          4. Weil Gott aber alle Menschen liebt, ist er bestrebt, ihnen dieses Schicksal zu ersparen. Er kann allerdings seine absolute Gerechtigkeit nicht verleugnen (hier ist z.B. so eine Grenze der Allmacht).

          Wenn die göttliche Allmacht begrenzt wäre, wäre sie keine Allmacht. Eine Allmacht, die je nach Bedarf mal tatsächliche Allmacht und mal nur eingeschränkte/bedingte Allmacht sein soll, ist argumentativ ungültig, wenngleich auch solche Verbiegungen in der Theologie an der Tagesordnung sind (klassisches Beispiel: AT gilt/gilt nicht/gilt teilweise…).

          5. Deswegen übernimmt er selbst die Strafe und begnadigt diejenigen, die diese Stellvertretung auf sich angewendet wissen wollen („sie glauben“).

          Das halte ich für eine reichlich abstruse und ungerechte Vorstellung, die zahlreiche Fragen aufwirft, zum Beispiel: Was ist mit Menschen, die nie von diesem Gott gehört haben? Die in den Jahrtausenden gelebt haben, bevor sich Menschen Jehowa ausgedacht hatten? usw…

          6. Gott zwingt niemanden, zu glauben, allerdings kommt derjenige dann nun mal nicht in den „Genuss“ seiner Gnade.

          Das ist nur die halbe Wahrheit. Denn „nicht in den Genuss seiner Gnade“ ist in Wirklichkeit (also nicht in der wirklichen Wirklichkeit, sondern in der biblisch-christlichen Mythologie) zeitlich unbegrenzte physische und psychische Dauerbestrafung durch Höllenqualen bei vollem Bewusstsein (entschuldige bitte die Wiederholung, aber diese Bestrafung ist nun mal eine andere Nummer als nicht in den „Genuss einer Gnade“ zu kommen.)

          Die Liebe ist also schon bedingungslos, die Gnade/Begnadigung allerdings nicht.

          Das halte ich für einen typisch theologisch-rhetorischen Winkelzug, um die gewünschte Bedinungslosigkeit göttlicher Liebe irgendwie zu retten. Wenn Gottes Liebe von Gottes Gnade abhängt und diese Gnade an eine Bedingung geknüpft ist (und eine Nicht-Inanspruchnahme drastischst bestraft wird), dann ist die Liebe nicht bedingungslos. Wer nicht die Bedingungen erfüllt, um von Gott begnadigt zu werden, kommt auch nicht in den „Genuss“ seiner Liebe, sondern wird von ihm auf ewig bestraft.

          Ein letzter Punkt. Dein letzter Absatz beantwortet nicht die Frage, die ich gestellt hatte, sondern weicht leider aus. Ich habe nichts unterstellt, sondern lediglich ehrlich gefragt, im übrigen ohne das Wörtchen „überhaupt“, das mir wiederum sofort eine Unterstellung unterstellt. 🙂
          Ich bin ob dieser Antwort allerdings geneigt zu vermuten, dass ich einen wunden Punkt getroffen habe.

          Ob mit oder ohne „überhaupt“: Worauf zielt die Frage ab, ob ich die Bibel einmal gelesen habe, „komplett und gründlich“? Als Religionskritiker wird man öfter mit dieser Frage konfrontiert. Weiter geht die Argumentation dann in der Regel zum Beispiel mit: „Du hast die Bibel nicht gründlich genug gelesen“, „Du hast eine falsche Übersetzung verwendet“, „das musst du im (textlichen/zeitlichen) Kontext sehen“ usw. Um deine Frage zu beantworten: Ich habe die Bibel tatsächlich komplett gelesen und halte sie für das am meisten überschätzte Buch der Welt.

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          • Nun, zumindest hast Du gründlich über die Sache nachgedacht. Dir wird allerdings nicht entgangen sein, dass auch Du Deine Argumentation auf einer unbewiesenen Grundannahme aufbaust.

            Festzulegen, dass „bis zum Beweis des Gegenteils“ Gott als Phantasiegebilde gilt ist am Ende eben doch auch eine willkürliche Festlegung. Wer entscheidet eigentlich, dass die Beweislast ausgerechnet bei „den Gläubigen“ liegen sollte? Du kannst ebensowenig beweisen, dass es Gott nicht gibt, wie ich beweisen kann, dass es ihn gibt. Seriös wäre es, zu sagen, ich weiß es nicht, aber ich glaube nicht, dass es Gott gibt.

            Im Übrigen basieren weite Teile der Mathematik und fast die gesamte digitale Verschlüsselungstechnik auf einer (bisher) unbewiesenen Grundannahme (siehe z.B. https://de.wikipedia.org/wiki/P-NP-Problem). Sollten wir deswegen auf digitale Verschlüsselung verzichten? Manchmal ist es durchaus vernünftig (vorerst) unbewiesene Grundannahmen für wahr zu halten.

            Und mal im Ernst: die Argumentation mit der sogenannten Kriminalgeschichte ist doch an den Haaren herbei gezogen … Ich habe das Buch nicht gelesen und will deswegen gar nicht beurteilen, inwieweit die Schilderungen dieses Buches den Tatsachen entsprechen, fest steht, dass im Namen des Christentums eine Menge Gräueltaten begangen worden sind, da brauchen wir gar nicht über Details zu streiten.
            Aber das als Argument dafür zu gebrauchen, dass man mit der Bibel alles begründen könne, hält in keinster Weise den Regeln vernünftiger Argumentation stand. Falls dem so wäre, würde das voraussetzen, dass die angeblich biblischen Gründe für Gräueltaten allesamt tatsächlich logisch schlüssig wären und das sind sie überhaupt nicht, im Gegenteil.
            Um z.B. Kreuzzüge, Hexenverbrennungen usw. zu begründen muss man Bibelstellen aus ihren Zusammenhängen reißen und absichtlich verdrehen.

            Es kommt in Deinen Argumentationen häufiger vor, dass Du das, was tatsächlich in der Bibel steht, vermischst mit dem, was irgendwelche Leute in der Bibel gelesen zu haben glauben (und das schließt auch hohe Geistliche bis hin zum Papst mit ein). Ich habe mit den etablierten Kirchen (aller Konfessionen) ein ähnliches Problem wie du – weil sie Menschen in die Irre führen. Allerdings habe ich wohl einen anderen Blickwinkel auf die Frage, welche Art von Irre das ist. Ich bin der erste, der die Dogmatik der katholischen Kirche heftig kritisiert, weil sie die Aussagen der Bibel zum Teil bis zur Unkenntlichkeit verdreht.

            Das Konzept von der sog. Allmacht Gottes ist nämlich, wie ich oben bereits erläuterte, ebenso wie die sog. Allgnädigkeit nicht ganz biblisch. Und du willst offenbar nicht wahrhaben, dass die Liebe Gottes nicht an seine Gnade geknüpft ist. Weil Gnade nicht bedingungslos ist, heißt dass nicht, dass es die Liebe ebenso nicht wäre. Das hat nicht mit rhetorischen Winkelzügen zu tun. Wir reden hier von einer nicht zulässigen Schlussfolgerung.

            Mir ist zudem durchaus klar, dass meine Vergleiche hier und da hinken. Aber das ist nunmal das Problem mit (fast) allen Vergleichen. Jeder Vergleich kann überdehnt werden – aber das ist nicht die Schuld desjenigen, der den Vergleich benutzt, um eine andere Sache zu „veranschaulichen“. Eine Veranschaulichung ist nun mal keine absolute Analogie. Auch das sollte eigentlich bekannt sein.

            Schade, aber seriös diskutieren ist etwas anderes. Mich stört vor allem, dass Du Gläubigen vorwirfst, sie würden von erdachten Grundannahmen ausgehen („Es gibt (einen) Gott“) und selbst das gleiche tust („Es gibt keinen Gott“). Dass Du einfach den Gläubigen die Beweislast zuschiebst löst das Problem nicht, sondern zeigt meiner Ansicht nach, dass es mehr um Ideologie als um tatsächliche Wahrheitsfindung geht.

            Unbewiesene aber grundsätzlich mögliche Dinge anzunehmen ist im übrigen nicht unwissenschaftlich. Vielleicht solltest Du Dich mal mit der sog. Modallogik beschäftigen. Unwissenschaftlich und unseriös ist es aber, bestimmte Möglichkeiten von vornherein auszuschließen.
            Vielleicht ja weil sie nicht so recht in das eigene Weltbild passen wollen? Verblüffende Parallelen zur katholischen Kirche – nur eben auf der anderen Seite der Argumentationslinie.

            Viele Grüße

  5. „Festzulegen, dass ‚bis zum Beweis des Gegenteils‘ Gott als Fantasiegebilde gilt ist am Ende eben doch auch eine willkürliche Festlegung. Wer entscheidet eigentlich, dass die Beweislast ausgerechnet bei ‚den Gläubigen‘ liegen sollte? […]“

    Diese Behauptung ist eine Immunisierungsstrategie von Theistinnen/Theisten.

    Wer so etwas behauptet, zeigt, dass sie/er an dieser Stelle von Erkenntnistheorie keine Ahnung hat.

    Es könnte die Ansicht vertreten werden, dass zwischen Existenz und Nichtexistenz und ebenso zwischen Verifikation und Falsifikation eine gewisse Symmetrie bestehe und damit zwischen Theistinnen/Theisten und Atheistinnen/Atheisten eine Pattstellung.

    Logisch ist das richtig, erkenntnistheoretisch und wissenschaftslogisch jedoch nicht.

    Zwischen All- und Existenzaussagen besteht vielmehr im Hinblick auf die Wahrheitsfindung eine Asymmetrie: Allaussagen lassen sich nicht verifizieren, aber durch ein einziges Gegenbeispiel falsifizieren.

    Beispiel:

    Die Allaussage „Alle Schwäne sind weiß“ wäre durch die Entdeckung eines nicht weißen Schwanes falsifiziert.
    Und tatsächlich wurden schwarze Schwäne entdeckt und damit ist die Allaussage „Alle Schwäne sind weiß“ falsifiziert.

    Um hingegen die Allaussage „Alle Schwäne sind weiß“ zu verifizieren (vorausgesetzt, dass bis dato noch kein nicht weißer Schwan entdeckt worden ist), müsste das gesamte Universum seit seiner Entstehung permanent beobachtet werden und dies bis in alle Ewigkeit. Und das Multiversum, sofern es dieses gibt, auch.

    Existenzaussagen hingegen lassen sich durch ein einziges Beispiel verifizieren, aber nicht falsifizieren.
    So zumindest lautet die vermutlich von mindestens der absoluten Mehrheit der Erkenntnistheoretiker/-innen und Wissenschaftstheoretiker/-innen vertretene Position.

    Beispiel:

    Die Existenzaussage „… existiert“ wäre durch die Entdeckung von … oder zumindest durch das Vorlegen von zumindest einem intersubjektiv erfahrbaren Hinweis für die Existenz von … verifiziert.

    Um hingegen die Existenzaussage „… existiert“ zu falsifizieren (vorausgesetzt, dass bis dato … noch nicht entdeckt worden ist und auch kein intersubjektiv erfahrbarer Hinweis für die Existenz von … vorgelegt worden ist) müsste das gesamte Universum seit seiner Entstehung permanent beobachtet werden und dies bis in alle Ewigkeit. Und das Multiversum, sofern es dieses gibt, auch.
    So zumindest lautet die vermutlich von mindestens der absoluten Mehrheit der Erkenntnistheoretiker/-innen und Wissenschaftstheoretiker/-innen vertretene Position.

    Deshalb wird von der-/demjenigen, die/der eine Existenzaussage tätigt, ein Beleg verlangt.

    Andernfalls müsste ja alles für existent gehalten werden, dessen Existenz behauptet und nicht falsifiziert werden kann.
    Also letztlich alles, was Metaphysiker/-innen, Science-Fiction-Autorinnen/-Autoren und Scherzboldinnen/Scherzbolde aller Art sich ausgedacht haben und ausdenken werden.

    Die Begründungs-/Beleg-/Beweislast für eine Existenzaussage liegt bei der-/demjenigen, die/der eine Existenzaussage tätigt.

    Um Ihnen die Konsequenz, wenn es nicht so wäre, dass die Begründungs-/Beleg-/Beweislast bei bei der-/demjenigen, die/der eine Existenzaussage tätigt, läge, aufzuzeigen, muss ich Ihnen sagen, dass der Gott, an den Sie glauben, von Muxelpiff Piffelmuxel erschaffen wurde.

    Sie könnten nun entgegnen, dass der Gott, an den sie glauben, ewig sei.

    Worauf ich entgegnen könnte, dass auch Muxelpiff Piffelmuxel ewig sei.

    Sie können es drehen und wenden, wie Sie wollen: Sie werden ohne einen intersubjektiv erfahrbaren Hinweis für die Existenz des Gottes, an den Sie glauben, niemals darlegen können, dass der Gott, an den Sie glauben, existiert und Muxelpiff Piffelmuxel nicht.

    „[…] Du kannst ebensowenig beweisen, dass es Gott nicht gibt, wie ich beweisen kann, dass es ihn gibt. […]“

    Diese Behauptung ist ebenfalls eine Immunisierungsstrategie von Theistinnen/Theisten.

    Zum einen ist es kein Argument für die Existenz von etwas, bloß weil dessen Nichtexistenz (noch) nicht verifiziert worden ist.
    Mit der gleichen Berechtigung kann dann auch die Existenz von kleinen rosa Elefanten angenommen werden, die überall um uns herum sind, aber sich immer dann unsichtbar machen, wenn ein Mensch zu einem von ihnen hinsieht.
    Es trägt die-/derjenige die Begründungs-/Beleg-/Beweislast, die/der die Existenz von etwas behauptet, nicht die-/derjenige, die/der die Nichtexistenz von etwas behauptet (siehe oben).

    Zum anderen ist die Frage zu stellen, welcher Gott denn gemeint ist?

    Er muss definiert sein. Zu fordern, dass etwas falsifiziert oder verifiziert werden soll, das nicht definiert ist, ist Unsinn.

    Wenn (ein) Gott nicht definiert ist, dann handelt es sich um einen Gott ohne Eigenschaften.
    Keine Eigenschaften zu besitzen ist die Definition von Nichtexistenz.

    Und bitte jetzt keinen Exkurs in die negative Theologie, die nur behauptet zu wissen, was nicht eine Eigenschaft (eines) Gottes sei.
    Intellektuell armseliger geht es beinahe nicht mehr.
    „Eine Eigenschaft von mir oder (einem) Gott ist es nicht, blaue Haut mit grünen Flecken zu haben.“
    „Eine Eigenschaft von mir oder (einem) Gott ist es nicht, drei Augen und vier Ohren zu haben.“

    Damit haben Sie weder etwas über mich noch über (einen) Gott erkannt.
    Zu Wissen würde es erst werden, wenn Sie meiner angesichtig würden. Bis dahin ist es pure Spekulation.
    Aber in diesem Augenblick müssten Sie nicht mehr als „Wissen“ annehmen/vermuten, dass es nicht meine Eigenschaften seien, blaue Haut mit grünen Flecken und drei Augen und vier Ohren zu haben, sondern Sie könnten dann mit Bestimmtheit sagen, dass ich eine für den mitteleuropäischen Typ gewöhnliche Hautfarbe und zwei Augen und zwei Ohren habe.
    Über meine Charaktereigenschaften könnten Sie dann zwar nichts sagen, aber dies könnte sich mit der Zeit ändern.
    Vielleicht existiere ich ja in Wahrheit gar nicht (keine Sorge, ich tue es, weiß es und kann Ihnen dies mitteilen und deshalb wissen Sie es nun sowie jede/-r Andere auch, die/der diese Zeilen liest).

    Und (ein) Gott existiert nicht, da er sich Ihnen auf einer wenigstens intersubjektiv erfahrbaren Ebene nicht mitteilt.

    Wenn (ein) Gott so definiert ist, dass keine seiner Eigenschaften einen Einfluss auf die Welt (= den Kosmos/das Universum/das Weltall) hat, ist die Existenz (dieses) Gottes weder zu falsifizieren noch zu verifizieren.

    Wenn (ein) Gott nicht definiert oder so definiert ist, dass keine seiner Eigenschaften einen Einfluss auf die Welt hat, handelt es sich bei (diesem) Gott um ein Fantasieprodukt.

    Daraus folgt, um es mit Christopher Hitchens zu sagen: „Was ohne Beleg behauptet werden kann, kann auch ohne Beleg abgelehnt werden.“

    Wenn (ein) Gott so definiert ist, dass zumindest eine seiner Eigenschaften einen Einfluss auf die Welt hat, kann die Existenz oder die Nichtexistenz (dieses) Gottes verifiziert werden.

    Um es deutlich zu sagen:

    Es kommt darauf an, ob (ein) Gott definiert ist oder nicht.
    Ist (ein) Gott nicht definiert, muss seine Nichtexistenz nicht verifiziert werden und es handelt sich bei (diesem) Gott um ein Fantasieprodukt.
    Ist (ein) Gott definiert, aber keine seiner Eigenschaften hat einen Einfluss auf die Welt, ist die Existenz (dieses) Gottes weder zu falsifizieren noch zu verifizieren und es handelt sich bei (diesem) Gott um ein Fantasieprodukt.
    Ist (ein) Gott definiert und zumindest eine seiner Eigenschaften hat einen Einfluss auf die Welt, kann die Existenz oder die Nichtexistenz (dieses) Gottes mit diesen Eigenschaften anhand der Eigenschaften (dieses) Gottes verifiziert werden.

    „Im Übrigen basieren weite Teile der Mathematik und fast die gesamte digitale Verschlüsselungstechnik auf einer (bisher) unbewiesenen Grundannahme (siehe z. B. https://de.wikipedia.org/wiki/P-NP-Problem). […] Manchmal ist es durchaus vernünftig (vorerst) unbewiesene Grundannahmen für wahr zu halten.“

    Sie schreiben an anderer Stelle, dass Ihnen klar sei, dass Ihre Vergleiche hier und da hinken.

    Aber dieser Vergleich hinkt nicht einmal mehr, sondern er ist falsch.

    Das P-NP-Problem ist ein ungelöstes Problem der Mathematik und der theoretischen Informatik.

    Sowohl Mathematik als auch theoretische Informatik sind Strukturwissenschaften. Sie sagen nichts über die Welt, sondern entwerfen Strukturen, die bei der Beschreibung der Welt hilfreich sein können.

    Und sowohl Mathematik als auch theoretische Informatik sind in der Welt entstanden und vorhanden und haben keinen Ursprung außerhalb der Welt.
    Bei dem P-NP-Problem verhält es sich ebenso.
    Und es ist exakt bekannt, worum es bei dem P-NP-Problem geht.

    Beim P-NP-Problem geht es um die Frage, ob schwierige Probleme durch effiziente Algorithmen gelöst werden können und in welcher Beziehung die beiden Komplexitätsklassen P und NP zueinander stehen.
    Also ob es einen Algorithmus gibt, der schneller zur Lösung führt als systematisches ausprobieren.

    Wenn es sich bei NP-Problemen in Wahrheit um P-Probleme handelt, wären auch NP-Probleme effizient zu lösen.
    Es müssten nur noch die jeweiligen Algorithmen gefunden werden. Das hätte weit reichende Folgen, da beispielsweise moderne Verschlüsselungsverfahren auf einem NP-Problem basieren.

    In dem von Ihnen verlinkten Wikipedia-Artikel steht sogar, welche praktische Relevanz sowohl der Beweis, dass P = NP als auch der Beweis, dass P ≠ NP, hätte.

    Der Beweis, dass P = NP wäre folgenschwerer als der Beweis, dass P ≠ NP.

    Wenn P = NP wäre, können theoretisch Algorithmen gefunden werden, welche asymmetrische Verschlüsselungsverfahren effizient knacken können.

    Aber dass wir uns digitaler Verschlüsselungstechniken bedienen, ist vollkommen unabhängig davon, ob P = NP oder ob P ≠ NP ist.

    Zwar gehen derzeit die meisten Wissenschaftler/-innen davon aus, dass P ≠ NP ist.

    Aber bei Ihnen hört es sich so an, dass nur deshalb digitale Verschlüsselungstechniken verwendet werden, weil davon ausgegangen wird, dass P ≠ NP sei.

    Aber in Wahrheit sind die Unzulänglichkeiten der derzeit zur Verfügung stehenden kryptografischen Verfahren bekannt und deshalb wird an besseren kryptografischen Verfahren geforscht (Stichwort „Post-Quanten-Kryptografie“).

    Aber vor allem ist es so, dass digitale Verschlüsselungstechniken verwendet werden (können), obwohl (noch) nicht bewiesen ist, ob P = NP oder ob P ≠ NP ist.

    Oder nehmen wir Turbulenzen.
    Im Jahr 2005 war es noch so (wie der aktuelle Stand der Forschung ist, weiß ich nicht), dass die Gleichung, welche Turbulenzen beschreibt, seit etwa 150 Jahren bekannt war, aber die Gleichung weder numerisch noch mathematisch zu lösen war.

    Und dennoch ist es für Ingenieurinnen/Ingenieure kein Problem, Flugzeuge zu bauen, die sich trotz den Luftverwirbelungen am Himmel halten.

    Es muss nicht alles mathematisch bewiesen/gelöst sein, um zu technischen Anwendungen zu kommen.

    Aber (einen) Gott als unbewiesene Grundannahme zur Erklärung für etwas, das in der Welt entstanden und vorhanden ist, anzunehmen, ist unnötig.

    Zum Beispiel kann die Evolution, von der Theistinnen/Theisten manchmal behaupten, dass sie ein inhärentes System der Schöpfung sei, gänzlich ohne die Annahme einer Schöpfung verstanden werden.
    Schöpfung ist eine unnötige Zusatzannahme und fällt umgehend Ockhams Rasiermesser zum Opfer.
    Obendrein gibt es für die Existenz (eines) Gottes, der die Schöpfung vollzogen hat, nicht einen einzigen Hinweis.

    Und im Gegensatz zum P-NP-Problem zum Beispiel besteht über die Definition (eines) Gottes beziehungsweise über dessen Eigenschaften nicht einmal Einigkeit, weil es in der Welt nichts gibt, worauf sich eine Definition beziehen kann beziehungsweise aus dem seine Eigenschaften abgeleitet werden können und er auch aus keinem theoretischen Rahmen hervorgeht.

    Michael Schmidt-Salomon sagt, dass (ein) Gott eine unelegante Hypothese sei, um alternativ etwas, was (natur-)wissenschaftlich erklärt oder was noch nicht (natur-)wissenschaftlich erklärt worden ist, zu „erklären“.

    Ich sage, dass (ein) Gott eine unnötige Hypothese ist, um alternativ etwas, was (natur-)wissenschaftlich erklärt oder was noch nicht (natur-)wissenschaftlich erklärt worden ist, zu „erklären“.

    „[…] Dass Du einfach den Gläubigen die Beweislast zuschiebst, löst das Problem nicht, sondern zeigt meiner Ansicht nach, dass es mehr um Ideologie als um tatsächliche Wahrheitsfindung geht.“

    Falsch.
    Es gibt hinsichtlich der Wahrheitsfindung eine Existenzaussage betreffend gar kein Problem, da die Begründungs-/Beleg-/Beweislast für eine Existenzaussage bei der-/demjenigen liegt, die/der eine Existenzaussage tätigt (siehe oben).

    Dies nicht zu akzeptieren oder akzeptieren zu wollen, ist ideologisch begründet und entspricht den von Theistinnen/Theisten verwendeten Denkmethoden „Es kann nicht sein, was nicht sein darf“ und „Was nicht passt, wird passend gedacht“.

    „Unbewiesene, aber grundsätzlich mögliche Dinge anzunehmen ist im übrigen nicht unwissenschaftlich. […]“

    Das ist insoweit richtig, wenn ein Ding angenommen wird, das grundsätzlich überprüft werden und damit seine Existenz falsifiziert oder verifiziert werden kann.
    Also jedes Ding, das in der Welt entstanden und vorhanden oder vom dem angenommen wird, dass es in der Welt entstanden und vorhanden ist und dementsprechend durch Erforschen der Welt falsifiziert oder verifiziert werden kann.

    Zwei Beispiele:

    1. Äther

    Der Äther ist eine hypothetische Substanz, die im ausgehenden 17. Jahrhundert als Medium für die Ausbreitung von Licht angenommen wurde. Später wurde das Konzept aus der Optik auch auf Elektrodynamik und Gravitation übertragen, vor allem um auf Fernwirkung basierende Annahmen zu vermeiden.

    Diese Konzeptübertragungen ergaben unüberwindliche konzeptionelle Schwierigkeiten und Widersprüche zu experimentellen Resultaten. Die Idee eines Äthers konnte experimentell nicht bestätigt werden. So konnten die Maxwellschen Gleichungen niemals vollständig in Übereinstimmung mit den mechanischen Äthermodellen gebracht werden. Ebenso musste der Äther einerseits als materieller Festkörper definiert werden, andererseits sollte sein Widerstand gegenüber der Bewegung der Himmelskörper unmerklich gering sein. Die Existenz sowohl eines ruhenden als auch die eines mitgeführten Äthers wurden durch Experimente und Beobachtungen widerlegt: Der ruhende Äther wurde durch das Michelson-Morley-Experiment widerlegt, und eine Äthermitführung widersprach der Aberration des Lichtes. Diverse Hilfshypothesen, die eingeführt wurden, um das Konzept zu retten, widersprachen sich selbst und erschienen zudem als willkürlich.

    Der Äther wurde angenommen und ist empirisch falsifiziert.
    Und dies geht nur, weil seine Existenz zu überprüfen und damit zu falsifizieren oder zu verifizieren ist.

    2. Neutrino

    Beim radioaktiven Beta-Minus-Zerfall wurde zunächst nur ein ausgesandtes Elektron beobachtet. Zusammen mit dem verbleibenden Kern schien es sich somit um ein Zweikörperproblem zu handeln. Damit ließ sich das kontinuierliche Energiespektrum der Betaelektronen nur erklären, wenn man eine Verletzung des Energieerhaltungssatzes annahm. Das führte Wolfgang Pauli dazu, ein neues Elementarteilchen anzunehmen, das von den Detektoren unbeobachtet gleichzeitig mit dem Elektron aus dem Kern ausgesandt wird. Dieses Teilchen trägt einen Teil der beim Zerfall freiwerdenden Energie davon. Auf diese Weise können die Elektronen der Betastrahlung unterschiedlich viel kinetische Energie erhalten, ohne dass die Energieerhaltung verletzt ist.

    Das Neutrino wurde innerhalb eines theoretischen Rahmens vorhergesagt und tatsächlich nachgewiesen.
    Wenn also zum Beispiel ein Neutrino aufgespürt werden soll, ist aufgrund von theoretischen (Vor-)Annahmen eindeutig, wonach gesucht werden muss/soll.

    „[…] Vielleicht solltest Du Dich mal mit der sog. Modallogik beschäftigen. […]“

    Ich vermute, dass Sie damit auf den ontologischen „Gottesbeweis“ Kurt Gödels anspielen.

    Die Besonderheit von Gödels ontologischem „Gottesbeweis“ liegt darin, dass er für die Formulierung seines ontologischen „Gottesbeweises“ die Modallogik zweiter Ordnung verwendete.
    Und die Schritte dieses Argumentes kann ein dafür geeignetes Computerprogramm nachvollziehen und dadurch ist bewiesen worden, dass die Modallogik zweiter Ordnung bei diesem ontologischen „Gottesbeweis“ durchgehend richtig angewendet worden ist.

    Die erste Annahme dieses ontologischen „Gottesbeweises“ lautet: „Wenn man jede mögliche Eigenschaft gemeinsam mit ihrer Negation betrachtet, so ist genau eine von beiden positiv“.
    Und bereits dort scheitert dieser ontologische „Gottesbeweis“. Denn was „positiv“ in diesem Zusammenhang bedeuten soll, wird nicht erklärt.
    Nehmen wir das Eigenschaftspaar „Das Auto ist blau“/„Das Auto ist nicht blau“: Welche dieser Aussagen soll denn nun positiv sein, welche nicht? Was passiert, wenn das Paar „Das Auto ist gelb“/„Das Auto ist nicht gelb“ hinzukommt? Wie soll dieser Widerspruch aufgelöst werden?

    Und wenn sich schon solche einfachen Dinge nicht klären lassen, wie ist es dann mit dem Klassiker „Ich bin ein eifersüchtiger Gott“/„Ich bin kein eifersüchtiger Gott“?
    Da der Gott der Bibel sich selbst als eifersüchtig bezeichnet, muss das wohl die positive Eigenschaft sein. Oder doch irgendwie nicht? Lügt er? Ist Lügen deshalb eine positive Eigenschaft? Ohne Klarstellung, was „positiv“ in dem jeweiligen Rahmen bedeuten soll, bleibt die Festlegung willkürlich und ist daher wertlos.

    Dazu kommt der übliche Fehler aller ontologischen „Gottesbeweise“, der in diesem ontologischen „Gottesbeweis“ lautet: „Ein gottgleiches Wesen besitzt alle positiven Eigenschaften“, anderswo immer wieder formuliert als „(Ein) Gott ist der höchste Gedanke“.
    Hier wird die versteckte Annahme der Existenz (eines) Gottes in den Beweisgang eingebracht. Aber dies wird nicht begründet. Und wenn das Göttliche schon in die Argumentation eingebracht wird, kommt am Ende natürlich das Göttliche dabei heraus.
    Somit handelt es sich um einen Zirkelschluss.

    Ein weiteres Problem der ontologischen „Gottesbeweise“ ist die Frage, wie ein Wesen, das angeblich alle positiven Eigenschaften auf sich vereint, auch negative Eigenschaften hervorbringen kann?
    Denn dann gibt es mindestens eine schlechte Eigenschaft: eine nicht perfekte und mitunter grausame Welt geschaffen zu haben.
    Auch darauf haben Theistinnen/Theisten keine Antwort, sondern argumentieren bestenfalls, dass (ein) Gott dem Menschen den freien Willen gegeben habe.

    Also auch Gödels ontologischer „Gottesbeweis“ scheitert.
    Während die Modallogik zweiter Ordnung durchgehend richtig angewendet worden ist, lassen die in diesem ontologischen „Gottesbeweis“ enthaltenen Annahmen arg zu wünschen übrig.
    Haltbar ist weder die Annahme, dass von allen Aussage-Negation-Paaren genau eins „positiv“ sein soll, noch die implizite Annahme, dass das Göttliche existiere und gänzlich „positiv“ besetzt sei.
    Diese Annahmen kann ein Computer aber nicht als falsch identifizieren, da ihm dazu das Weltwissen fehlt.

    Gödel betrachtete seinen ontologischen „Gottesbeweis“ als mentales Manöver und nicht als ernsthaften theologischen Ansatz.
    Er wollte zeigen, dass mit der Modallogik durch geschickte Wahl der Annahmen so gut wie jede Behauptung bewiesen werden kann.

    Gödel hatte die Formulierung schon 1941 niedergeschrieben, dann aber 30 Jahre lang unter Verschluss gehalten.
    Er war ein guter Freund Albert Einsteins, der – obwohl er selbst kein Theist war – schon Zeit seines Lebens und trotz seiner Gegenwehr von Theistinnen/Theisten als Kronzeuge für die Existenz (eines) Gottes in Beschlag genommen wurde.
    Offenbar wollte Gödel verhindern, dass sein Name ähnlich missbraucht würde.

    „[…] Verblüffende Parallelen zur katholischen Kirche – nur eben auf der anderen Seite der Argumentationslinie.“

    Kein Kommentar.

    Antworten
    • Hallo Manu – exzellente Antwort! Bleibt nur noch – zur Abrundung – hinzuzufügen, dass weder die klassische Logik noch die Modallogik reine Existenzbehauptungen tätigen oder beweisen. Logik beschäftigt sich mit Folgerungsbeziehungen zwischen Aussagen unterschiedlicher Komplexität und zwar genau mit den Folgerungsbeziehungen, die sich auf Basis der logischen Operatoren wie z.B. „und“, „wenn … dann“ (Aussagenlogik), „für alle x …“ (Prädikatenlogik) oder „es ist möglich ….“ (Modallogik) ergeben. Informationen „über die Welt“, die über das hinausgehen, was in den Anwendungsregeln der Operatoren steckt, sind nicht Spielwiese der Logik. Elementare Logik reicht aber oft aus, um theologische Aussagen als Unfug zu entlarven.

      Antworten
    • Was hätte wohl Ockham dazu gesagt, dass sein Rasiermesser dazu benutzt wird, Gott für überflüssig zu erklären?

      Ich kann mit Ockham mitfühlen, denn ich habe mitunter den Eindruck, hier absichtlich missverstanden zu werden. Mein Bezug auf Gödel spielte keineswegs auf seinen Gottesbeweis an, dessen Grundannahmen ganz offensichtlich unsinnig sind, wollte man einen real existierenden Gott beweisen, der diese Bezeichnung auch verdient. Ockhams Rasiermesser ist im Übrigen auch in der Philosophie nicht unumstritten und taugt zur Beurteilung des Wahrheitsgehaltes einer Hypthese wenig, eher schon zur Beurteilung der Qualität ihrer Formulierung.

      Einen Gott zu konstruieren, dessen Existenz keinen Einfluss auf die Welt haben sollte, ist im Rahmen dieser Diskussion völliger Quatsch, weil damit die ganze Frage seiner Existenz an sich (für uns) irrelevant wird. Dagegen zu schlussfolgern, dass ein Gott, dessen Existenz sich auf die Welt, auswirkt, auch beweisbar sein müsse, ist genauso unsinnig. Damit wird nämlich implizit angenommen, dass mit wissenschaftlichen Methoden zumindest prinzipiell die gesamte Welt beschrieben werden könne.
      Wenn schon derjenige, der die Existenz Gottes postuliert, beweispflichtig sein soll, dann muss auch derjenige, der obige Grundannahme trifft, beweispflichtig sein.
      Einen Gott, der sich Menschen eventuell eben doch nur subjektiv – und nicht wie von Ihnen gefordert – intersubjektiv erfahrbar macht, bekommt man beispielsweise mit wissenschaftlichen Methoden nicht zu greifen. Ein solches Gedankenspiel werden Sie vermutlich wieder als Ausflucht interpretieren, aber gerade Ihnen sollten die Folgen von „Denkverboten“ doch klar sein.

      Ebenfalls klar ist, dass es ein schwieriges, evtl. unmögliches Unterfangen wird, den Begriff Gott exakt zu definieren. Gerade darin liegt ja ein nicht unerheblicher Teil des Problems mit Gottesbeweisen.

      Ich habe auch an keiner Stelle behauptet, dass Gott eine Erklärung für wissenschaftliche „Lücken“ wäre (auch wenn das früher getan wurde und auch heute von einigen Menschen getan wird). Das wäre in der Tat eine armselige Erklärung.
      Aber Wissenschaft beschreibt lediglich Zusammenhänge des von uns beobachtbaren Teils der Welt, kurz formuliert, das WIE aber nicht das WARUM oder gar das WOZU. Kurz gesagt: Gottesbeweise scheitern u.a. grundsätzlich an der Beschränktheit von wissenschaftlicher Methodik, zumindest insofern, als Gott nicht nur als „Ding, das in der Welt entstanden und vorhanden oder vom dem angenommen wird, dass es in der Welt entstanden und vorhanden ist“ verstanden wird.

      Eine solche Definition hätte allerdings die Bezeichnung Gott meines Erachtens nach nicht verdient. Dann schon eher die hier in diesem Blog sehr unsachlich und polemisch verwendeten Begriffe „fliegendes Spaghettimonster“ und ähnliche.
      An dieser Stelle möchte ich mich für meine ebenfalls unsachliche, polemische Bemerkung mit den Parallelen zur katholischen Kirche entschuldigen. Ich war zu dem Zeitpunkt ziemlich sauer über die (von mir empfundene) Arroganz, mit der auf dieser Website über Gläubige gesprochen wird, als wären sie sämtlich minderbemittelt (zumindest weniger als die Autoren dieser Beiträge) oder von unehrlichen Motiven geleitet. Wenn dem nicht so ist, wäre es vielleicht hilfreich, diesem Eindruck entgegenzutreten, indem man deutlich zum Ausdruck bringt, dass man auch in religiösen Fragen Andersdenkenden Respekt entgegenbringt.

      Es ist, nebenbei bemerkt, freundlich von Ihnen, mich über die Bedeutung des P-NP-Problems aufzuklären. Sie missverstehen aber meine Intentionen bei der Sache. Mir ging es nur darum ein Beispiel zu geben, dass es Fälle gibt, in denen es *vernünftig* ist, unbewiesene oder derzeit nicht beweisbare Annahmen für wahr zu halten. Natürlich existieren Algorithmen wie z.B. RSA unabhängig von einer Entscheidung der Frage, allerdings ist es vernünftig, dieses (nicht vorhandene) Wissen über das Verhältnis der beiden Komplexitätsklassen, zu einem (derzeitigen) Vorteil auszunutzen – mit allen Konsequenzen, die eine Entscheidung der Frage in der Zukunft zur Folge hätte. Mit dem Punkt, dass das P-NP-Problem „nur“ ein innermathematisches und keins der reellen Welt ist, hat das erst einmal nichts zu tun.

      Antworten
      • Es geht m.E. nicht um die Frage eines naturwissenschaftlichen Gottesbeweises – das hat Manu auch nicht gefordert. Es geht vielmehr um die Frage nach einem erkenntnistheoretisch (!) haltbaren Beweis für die Existenz einer oder mehrerer Gottheiten. Ein derartiger Beweis gilt nach Ansicht vieler Theologen (Thomas von Aquin, aktuell Edward Feser) als unverzichtbares Fundament „natürlicher“ oder „rationaler Theologie“. Für Feser besteht bei Verzicht auf einen Gottesbeweis bzw. eines diesbezüglichen Fehlschlages die Alternative in Agnostizismus oder Atheismus. Das macht er in seinem neuen Buch zu den seiner Ansicht nach 5 besten Gottesbeweisen sehr klar. (Meine Rezension dazu im Ketzerpodcast wird in den kommenden Tagen veröffentlicht werden). Ohne erkenntnistheoretisch akzeptablen Gottesbeweis: Was unterscheidet religiöse Aussagen von esoterischen zu Astrologie, Tarot, Vodoo, dem fliegenden Spaghettimonster, Pendel oder sonstigen „Wissensansprüchen“?

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