Fundstück der Woche: Auch die SPD Rhön-Grabfeld wirbt mit Todesfolterungsszene

Lesezeit: ~ 4 Min.

SPD Rhön-Grabfeld – es ist kaum zu glauben. Aber offenbar hält man es auch bei der SPD für sinnvoll und passend, auf Wahlplakaten zur Landtagswahl mit der Darstellung der Todesfolterungsszene auf dem Kreuzberg zu werben:

Quelle: Screenshot der Facebook-Seite der SPD Rhön-Grabfeld
Quelle: Screenshot Facebook SPD Rhön-Grabfeld*

Was um alles in der Welt verspricht sich die SPD Rhön-Grabfeld davon?

Wenn sich eine Partei entscheidet, mit Kreuzen für sich zu werben, dann könnte das zwei Gründe haben:

Entweder, sie handelt nach dem Motto: Der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler. Will heißen: Wir haben zwar selbst mit Kreuzen nichts am Hut, aber vielleicht ja unsere potentiellen Wähler.

Das hatte sich möglicherweise auch der politische Mitbewerber von den Freien Wählern gedacht, der im Landkreis Rhön-Grabfeld ebenfalls mit Kruzifixen für sich wirbt.

Das erscheint jedoch unwahrscheinlich. Denn die Zahl der Christen, die noch regelmäßig in die Kirche gehen, liegt bei nur noch rund 10 Prozent. Tendenz fallend. Und die werden schon noch Wert auf ein „C“ im Parteinamen legen. Überzeugt Gläubige werden sich jedenfalls wohl kaum von ein paar Kreuzen zur SPD Rhön-Grabfeld locken lassen.

Immer weniger Menschen, selbst von denen, die sich noch der christlichen Herde zugehörig fühlen, fallen noch auf die Legende von der christlichen Moral herein. Sie haben längst das christliche Heilsversprechen als Fiktion, Illusion, Einbildung, Schwindel durchschaut. Oder zumindest als irrelevant für ihre eigene Lebenswirklichkeit.

Übrig geblieben ist neben einem Häufchen religiöser Fundamentalisten und einem milliardenschweren Kirchenkonzern mit beispielloser Lobbyabteilung und großem Imageproblem ein bisschen religiös-traditionell verpackte Folklore fürs gemeine Schaf der christlichen Herde. Und einige Denkmäler, wie das auf dem Kreuzberg. Das drei Menschen zeigt, die gerade durch Todesfolterung am Kreuz hingerichtet werden.

Religiöse Magie vs. irdische Wirklichkeit

Sollte vor rund 2000 Jahren tatsächlich der Anführer einer jüdischen Endzeitsekte (wie unzählige andere Aufständische und Verbrecher damals) am Kreuz zu Tode gefoltert worden sein, dann steht dies in keinem Zusammenhang mit dem angeblichen Fehlverhalten von Menschen im 21. Jahrhundert.

Ob sich irgendein Wüstengott durch die temporäre Wochenend-Hinrichtung seines Sohnes bzw. seines eigenen zweiten Drittels mit der Menschheit versöhnt hat oder nicht, spielt für die irdische Wirklichkeit keine Rolle.

Es handelt sich dabei um eine Legende, basierend auf magischem und mythologischem Denken. Und entsprungen menschlicher Phantasie, Hoffnung und Angst.

Darüber, was diese Kreuzigung eigentlich konkret tatsächlich bewirkt haben soll, besteht selbst innerhalb der Kirche keine übereinstimmende  Meinung. Und den Durchschnitts-Wischi-Waschi-Christen juckt das sowieso schon lange nicht mehr.

Die Menschheit ist selbst dafür verantwortlich, ethische und rechtliche Standards für ein faires und friedliches Zusammenleben zu erarbeiten und diese im Sinne einer offenen und freien Gesellschaft weiterzuentwickeln. Einer Gesellschaft, in der selbstverständlich jeder alle beliebigen Götter, Geister und Gottessöhne verehren mag, die ihm verehrungsbedürftig erscheinen. Nur möge er das bitte auf eigene Kosten tun und die Öffentlichkeit damit verschonen.

Abstoßend und verstörend

Auf einen nicht religiös bzw. christlich indoktrinierten Menschen wirkt eine solche Darstellung wie auf diesem Plakat einfach nur abstoßend und verstörend. Anders bei Christen: Für die scheint der Anblick von drei gekreuzigten Menschen im Todeskampf völlig normal zu sein.

Und nicht nur das: Ganz offensichtlich hält man bei der SPD Rhön-Grabfeld diese Darstellung für eine geeignete visuelle Unterstreichung des Slogans „Stark für Rhön-Grabfeld“. Eine Kreuzigung ist nun wahrlich kein Zeichen von positiver Stärke. Weder aus Sicht der Gequälten, noch aus der Sicht der Täter.

Ob das jetzt ein Zeichen von Heimatverbundenheit sein soll (so die Erklärung der SPD Rhön-Grabfeld) oder ob die Antwort der SPD Rhön-Grabfeld auf die CSU-Söderkreuze noch mehr Kreuze sein sollen – ich frage mich:

Ist die SPD genauso in der Hand der Kirchenlobby wie die Parteien, die von sich aus damit auch noch werben? Oder konsumiert man bei der SPD Rhön-Grabfeld vielleicht noch andere Substanzen, außer Weihrauch und in Menschenfleisch per Zauberspruch verwandelte Backoblaten?

Rhön-Grabfeld hat wirklich viel zu bieten. Aber sind die Kruzifixe heute tatsächlich noch das identitätsstiftende Merkmal der Region, das sie vielleicht irgendwann mal gewesen sein mögen?

Säkularstaat!?

Quelle: Screenshot Facebook SPD Rhön-Grabfeld
Quelle: Screenshot
Facebook SPD Rhön-Grabfeld*

Es könnte natürlich auch sein, dass die SPD Rhön-Grabfeld meint, die Kreuze würden die Werte symbolisieren, die unsere heutige Gesellschaft ausmachen. Dabei mussten so gut wie alle Werte, von denen wir heute als offene und freie Gesellschaft profitieren, gegen den erbitterten Widerstand der Kirche hart erkämpft werden. Auch wenn die Kirche diese Werte heute gerne als „christliche Werte“ ausgibt.

Ich halte es geradezu für eine Verhöhnung des Säkularstaates, wenn politische Parteien mit Kreuzigungsdarstellungen werben. Staatliche Neutralität, also die Trennung von Religion und Politik sieht jedenfalls anders aus.

In einem Säkularstaat steht das Gesetz über der Religion. Wohin es führt, wenn dies nicht (mehr) der Fall ist, wissen wir aus der 10bändigen  Kriminalgeschichte des Christentums. Und durch Betrachtung der aktuellen Situation in den Ländern, in denen das Gesetz nicht über der Religion steht.

Man stelle sich vor, eine beliebige andere Glaubens- oder sonstige Gemeinschaft würde für sich zum Beispiel mit ihrem gepfählten oder geköpften „Gottessohn“ werben. Mit dem Hinweis darauf, dass diese Darstellung in ihrer Mythologie eine besondere Bedeutung habe. Und dass dies ihr Identifikationszeichen sei, das ihre Gemeinschaft, ihre Heimat symbolisiere.

Instrumentalisierung religiöser Symbole für politische Zwecke

SPD Rhön-Grabfeld, wenn eine Kreuzigungsszene das ist, womit ihr eure Heimatverbundenheit oder was auch immer zum Ausdruck bringen wollt, dann handelt ihr euch damit nicht nur die Kritik derer ein, die eine Instrumentalisierung religiöser Symbole für politische Zwecke ablehnen. Wie zum Beispiel die Kirche selbst.

Die in ihrer katholischen Abteilung übrigens gerade wiedermal, ich weiß gar nicht, ob Sie’s mitbekommen hatten, durch ihren jetzt zumindest schon mal oberflächlich aufgedeckten tausendfachen und jahrzehntelang von der Kirche vertuschten Kindesmissbrauchsskandal einen gewaltigen Imageschaden hat.

Umso absurder und verstörender finde ich es, dass eine Partei wie die SPD gerade jetzt auf die Idee kommt, mit dem Symbol gerade dieser durch und durch patriarchialisch-undemokratischen Institution mit ihrer menschenverachtenden Ideologie für sich zu werben.

Die Kruzifixe auf eurem Wahlplakat stehen meines Erachtens jedenfalls in einem bizarren Widerspruch zu eurem Slogan. Und zu so ziemlich allem, was ich von einer modernen, Menschen- und zukunftsorientierten Partei erwarten würde.

*Bildquelle: Screenshots der Facebook-Seite der SPD Rhön-Grabfeld, abgerufen am 8.10.2018

 

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